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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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nicht erschreckt ihr Studenten, Pächter, Handwerker und Geschäftsleute, aber bleibet
fest bei Eurem Werke. Das Glück der Dynastie Han beginnt wieder neu aufzu¬
binden, und die fremde Dynastie der Mandschu ist ihrem Ende nahe: so ist der
Beschluß des Himmels, über deu sich niemand täuschen darf. Nach langer Einig¬
keit muß Zwietracht folgen. Damit die Verhältnisse wieder hergestellt werden
können auf sicherer Grundlage, haben unsere Fürsten durch Veröffentlichung von
Gesetzen ihr Wohlwollen geäußert, und ehe sie sich vor dem obersten Wesen in
den Staub geworfen, haben sie immer dem Unglücklichen geholfen. Nachdem sie
gelernt, Gott anzubeten, haben sie getrachtet das Volk von seinen Leiden zu
retten; sie Unterstütztenden Schwachen, widerstanden dem Starken, und beschützten
die Dörfer vor Räubern und Dieben. Sie thaten nicht wie die Generäle Tai-te
oder andere, welche die Kähne in den Flüssen auffingen, welche überall plünderten
und mordeten, und dann von den Wanderern Pässe und Geleitscheine forderten,
um sich in Sicherheit zu bringen. Als unsere Fürsten durch den Willen des
Himmels in Uung-gan einzogen, erstreckten sie ihre Güte ans alle Welt, und
indem sie das Volk als ihre Kinder betrachteten, befahlen sie der Armee sich des
Todtschlagens zu enthalten, und nichts ohne Erlaubniß zu nehmen; sie sind ge¬
recht und unparteiisch für die Menge; aber wer sich weigert zu gehorchen, wird
den Ofstcieren der Armee eingeliefert. Unsere Fürsten laden die Bewohner aller
Distrikte ein, sich zu fügen, damit sie die Belohnung verdienen, welche man ihrem
freiwilligen Beitritte nicht versagen wird. Sie erwarten jetzt mir die Häupter
der andern Provinzen, um ihre Truppe" zu vereinigen, und auf Peking lvszu-
marschiren, worauf sie das Reich unter sich theilen wollen."

Es handelt sich also um eine Föderation. Die Insurgenten haben be¬
griffen, daß Völker von so verschiedener Natur, ein so unermeßlich Reich, nicht
gut nach einem Gesetze und von einem Monarchen beherrscht werden können.
Sie wollen sich vereinigen und auf Peking losmcirschiren; im centralisirten Staate
muß ihnen natürlich alles daran gelegen sein, die Hauptstadt in ihren Besitz zu
bringen. Darum sehen wir die Insurgenten auch kaum gemachte Eroberungen
mit Gleichgiltigkeit wieder verlassen. Hieu-fung sucht sich zu helfen, wie er kann,
er ahmt den französischen Convent nach, und befiehlt Sai-schang-hu, innerhalb
vierzehn Tagen Uung-gan-tschu wieder zu nehmen, sonst würde den Generalen
Hiang-ing-on-lan-tai und Tim-san der Kopf abgeschnitten werden. Der Kaiser
selbst macht indessen daheim ein episches Gedicht zur Verherrlichung der tartari-
schen Generäle, denen er mit dem Richtschwerte droht. Hieu-fungs Befehle
helfen ebensowenig, als seine Versprechungen, die Revolution stürmt vorwärts.
Es unterliegt keinem Zweifel und die eben mitgetheilte Proclamation beweist es
auch, die Insurgenten sind Christen und es scheint, daß ein Protestant eine große
Rolle unter ihnen spielt. Vielleicht der geheimnißvolle Freund von Tim-te, jener
Schüler Gützlaffs, der, wie wir ja wissen wollen, nicht ohne Einfluß auf Tim-te


nicht erschreckt ihr Studenten, Pächter, Handwerker und Geschäftsleute, aber bleibet
fest bei Eurem Werke. Das Glück der Dynastie Han beginnt wieder neu aufzu¬
binden, und die fremde Dynastie der Mandschu ist ihrem Ende nahe: so ist der
Beschluß des Himmels, über deu sich niemand täuschen darf. Nach langer Einig¬
keit muß Zwietracht folgen. Damit die Verhältnisse wieder hergestellt werden
können auf sicherer Grundlage, haben unsere Fürsten durch Veröffentlichung von
Gesetzen ihr Wohlwollen geäußert, und ehe sie sich vor dem obersten Wesen in
den Staub geworfen, haben sie immer dem Unglücklichen geholfen. Nachdem sie
gelernt, Gott anzubeten, haben sie getrachtet das Volk von seinen Leiden zu
retten; sie Unterstütztenden Schwachen, widerstanden dem Starken, und beschützten
die Dörfer vor Räubern und Dieben. Sie thaten nicht wie die Generäle Tai-te
oder andere, welche die Kähne in den Flüssen auffingen, welche überall plünderten
und mordeten, und dann von den Wanderern Pässe und Geleitscheine forderten,
um sich in Sicherheit zu bringen. Als unsere Fürsten durch den Willen des
Himmels in Uung-gan einzogen, erstreckten sie ihre Güte ans alle Welt, und
indem sie das Volk als ihre Kinder betrachteten, befahlen sie der Armee sich des
Todtschlagens zu enthalten, und nichts ohne Erlaubniß zu nehmen; sie sind ge¬
recht und unparteiisch für die Menge; aber wer sich weigert zu gehorchen, wird
den Ofstcieren der Armee eingeliefert. Unsere Fürsten laden die Bewohner aller
Distrikte ein, sich zu fügen, damit sie die Belohnung verdienen, welche man ihrem
freiwilligen Beitritte nicht versagen wird. Sie erwarten jetzt mir die Häupter
der andern Provinzen, um ihre Truppe» zu vereinigen, und auf Peking lvszu-
marschiren, worauf sie das Reich unter sich theilen wollen."

Es handelt sich also um eine Föderation. Die Insurgenten haben be¬
griffen, daß Völker von so verschiedener Natur, ein so unermeßlich Reich, nicht
gut nach einem Gesetze und von einem Monarchen beherrscht werden können.
Sie wollen sich vereinigen und auf Peking losmcirschiren; im centralisirten Staate
muß ihnen natürlich alles daran gelegen sein, die Hauptstadt in ihren Besitz zu
bringen. Darum sehen wir die Insurgenten auch kaum gemachte Eroberungen
mit Gleichgiltigkeit wieder verlassen. Hieu-fung sucht sich zu helfen, wie er kann,
er ahmt den französischen Convent nach, und befiehlt Sai-schang-hu, innerhalb
vierzehn Tagen Uung-gan-tschu wieder zu nehmen, sonst würde den Generalen
Hiang-ing-on-lan-tai und Tim-san der Kopf abgeschnitten werden. Der Kaiser
selbst macht indessen daheim ein episches Gedicht zur Verherrlichung der tartari-
schen Generäle, denen er mit dem Richtschwerte droht. Hieu-fungs Befehle
helfen ebensowenig, als seine Versprechungen, die Revolution stürmt vorwärts.
Es unterliegt keinem Zweifel und die eben mitgetheilte Proclamation beweist es
auch, die Insurgenten sind Christen und es scheint, daß ein Protestant eine große
Rolle unter ihnen spielt. Vielleicht der geheimnißvolle Freund von Tim-te, jener
Schüler Gützlaffs, der, wie wir ja wissen wollen, nicht ohne Einfluß auf Tim-te


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/182>, abgerufen am 03.07.2024.