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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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verschämteste Gesindel der Welt, wurde mit sichtbar größerer Achtung behandelt,
als dieser arme Hesse, der sonst guter Leute Kind und in ganz anständiger Klei¬
dung war. Aber freilich das englische General-Consulat hatte einen Beamten auf
die Douane gesandt, der sich Aller, die mit englischen Passen versehen waren,
mit Rath und That annehmen mußte; und was ein Engländer in Spanien und
Portugal will, das geschieht gewiß. Vou der Existenz des Kurfürstenthums
Hessen wußten übrigens auch die höheren Beamten auf der Douane kein Wort.

Das Erste, was dem Fremden im Hafen von Lissabon und noch mehr in
der Stadt ausfallen wird, sind die vielen Neger. Selbst in Algier grinsen den
Fremden uicht so viele schwarze Gesichter mit krausen Wvllköpfen an, wie hier.
Die frühere enge Verbindung Portugals mit dem Sclavenstaat Brasilien muß
bewirkt haben, daß man unter den Lastträgern, Kutschern, Bootsführern fast mehr
schwarze als weiße Gesichter sieht. Auch zu höheren Stellen haben sich dieselben
wacker emporgearbeitet. Ich trat in 'einen Laden, Papier zu kaufen, der Laden¬
gehilse war ein Vvllblntueger, sehr elegant mit brennend rother Halsbinde, blauer
Weste, und mächtigen weißen Vatermördern angethan, die von dem schwarzen Ge¬
sicht angenehm abstachen. Er war ein höchst elegant gepichter schwarzer Dandy mit
einem sehr lächerlichen, affectirter Benehmen.

Außer den Negern findet mau als Wasserträger und bei anderen körperlich
angreifenden Arbeiten viele "Gallego's" (Gallicier) auf deu Straße" von Lissabon,
schlanke, starke Männer von einem fast nordischen Ausdruck in Gesichtsbildung
und Körperbau, die sich vou deu kleinen schwächliche", ausgebrannten Portugiesen
ans den ersten Blick unterscheiden. -- Aber diese Portugiesen! Eine häßlichere
Bevölkerung wie die von Lissabon habe ich nie in meinem Leben gesehen. Man
vermißte hier schmerzlich die nervigen Spanierinnen mit ihren zierlichen Füßchen,
dem elastisch stolzen Gang, den edelen ovalen Gesichtern und blitzenden Augen,
die ich in Cadix Tage laug bewundert hatte. Fast alle Portugiesinnen, die
ich sah, vou der vornehmen Edeldame, die sich in ihrer alterthümlichen, reich
vergoldeten Kutsche daher schleppen ließ, bis ans das Dienstmädchen im Gasthofe,
waren geradezu häßlich. Selten nnr traf man erträgliche Gesichter, noch seltener
hübsche, und Schönheiten, wie man sie in Cadix zu Dutzenden sieht, habe ich
während meines Aufenthaltes in Portugals Hauptstadt weder auf deu Gassen,
noch im Theater, noch in den Häusern gesehen. Sie mögen vorhanden sein, aber
sie sind schwer zu finden. Der Wuchs der meisten Frauen ist klein und untersetzt,
der Gang zu watschelig, um graciös zu sein; dazu häufig ein rundes Gesicht, eine
dicke, aufgestutzte Nase, plumpe, aufgeworfene Lippen und eine unreine gelbliche
Hautfarbe. Nur die schwarzen Haare sind reich und schön, und die dunkelen
Augen zeigen den lebendigen südlichen Ausdruck, obgleich auch diese mir in Spanien
viel strahlender und feuriger erschiene"; auch fehlt die reizende Nationaltracht der
Spanierinnen hier gänzlich, und alle Frauen, vornehm wie gering, waren ganz in


verschämteste Gesindel der Welt, wurde mit sichtbar größerer Achtung behandelt,
als dieser arme Hesse, der sonst guter Leute Kind und in ganz anständiger Klei¬
dung war. Aber freilich das englische General-Consulat hatte einen Beamten auf
die Douane gesandt, der sich Aller, die mit englischen Passen versehen waren,
mit Rath und That annehmen mußte; und was ein Engländer in Spanien und
Portugal will, das geschieht gewiß. Vou der Existenz des Kurfürstenthums
Hessen wußten übrigens auch die höheren Beamten auf der Douane kein Wort.

Das Erste, was dem Fremden im Hafen von Lissabon und noch mehr in
der Stadt ausfallen wird, sind die vielen Neger. Selbst in Algier grinsen den
Fremden uicht so viele schwarze Gesichter mit krausen Wvllköpfen an, wie hier.
Die frühere enge Verbindung Portugals mit dem Sclavenstaat Brasilien muß
bewirkt haben, daß man unter den Lastträgern, Kutschern, Bootsführern fast mehr
schwarze als weiße Gesichter sieht. Auch zu höheren Stellen haben sich dieselben
wacker emporgearbeitet. Ich trat in 'einen Laden, Papier zu kaufen, der Laden¬
gehilse war ein Vvllblntueger, sehr elegant mit brennend rother Halsbinde, blauer
Weste, und mächtigen weißen Vatermördern angethan, die von dem schwarzen Ge¬
sicht angenehm abstachen. Er war ein höchst elegant gepichter schwarzer Dandy mit
einem sehr lächerlichen, affectirter Benehmen.

Außer den Negern findet mau als Wasserträger und bei anderen körperlich
angreifenden Arbeiten viele „Gallego's" (Gallicier) auf deu Straße» von Lissabon,
schlanke, starke Männer von einem fast nordischen Ausdruck in Gesichtsbildung
und Körperbau, die sich vou deu kleinen schwächliche», ausgebrannten Portugiesen
ans den ersten Blick unterscheiden. — Aber diese Portugiesen! Eine häßlichere
Bevölkerung wie die von Lissabon habe ich nie in meinem Leben gesehen. Man
vermißte hier schmerzlich die nervigen Spanierinnen mit ihren zierlichen Füßchen,
dem elastisch stolzen Gang, den edelen ovalen Gesichtern und blitzenden Augen,
die ich in Cadix Tage laug bewundert hatte. Fast alle Portugiesinnen, die
ich sah, vou der vornehmen Edeldame, die sich in ihrer alterthümlichen, reich
vergoldeten Kutsche daher schleppen ließ, bis ans das Dienstmädchen im Gasthofe,
waren geradezu häßlich. Selten nnr traf man erträgliche Gesichter, noch seltener
hübsche, und Schönheiten, wie man sie in Cadix zu Dutzenden sieht, habe ich
während meines Aufenthaltes in Portugals Hauptstadt weder auf deu Gassen,
noch im Theater, noch in den Häusern gesehen. Sie mögen vorhanden sein, aber
sie sind schwer zu finden. Der Wuchs der meisten Frauen ist klein und untersetzt,
der Gang zu watschelig, um graciös zu sein; dazu häufig ein rundes Gesicht, eine
dicke, aufgestutzte Nase, plumpe, aufgeworfene Lippen und eine unreine gelbliche
Hautfarbe. Nur die schwarzen Haare sind reich und schön, und die dunkelen
Augen zeigen den lebendigen südlichen Ausdruck, obgleich auch diese mir in Spanien
viel strahlender und feuriger erschiene»; auch fehlt die reizende Nationaltracht der
Spanierinnen hier gänzlich, und alle Frauen, vornehm wie gering, waren ganz in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/92>, abgerufen am 28.12.2024.