Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.vom Verdeck toute kriegerischer Trommel- und Pfeifenklang zu uns herüber. Eine Kaum hatte unser Dämpfer den Rauch ans seinem Schlot gelassen, so um¬ vom Verdeck toute kriegerischer Trommel- und Pfeifenklang zu uns herüber. Eine Kaum hatte unser Dämpfer den Rauch ans seinem Schlot gelassen, so um¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0091" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185967"/> <p xml:id="ID_250" prev="#ID_249"> vom Verdeck toute kriegerischer Trommel- und Pfeifenklang zu uns herüber. Eine<lb/> Strecke dahinter lagen zwei große Kricgödampfer der französischen Republik mit<lb/> ihrer Tricvlorflagge, Daß die Franzosen es verstehen, schöne Schiffe zu bauen,<lb/> wenn sie bisher auch weniger glücklich in ihrer Führung waren, konnte man anch<lb/> diesen Dampfern schon beim Vorüberfahren ansehen, und nicht ohne Neid erkannten<lb/> der Capitain und die übrigen Officiere des Jupiter diese Vorzüge an. Vou deu<lb/> Franzosen weit getrennt ankerte eine Flotille Ihrer Majestät der Königin Victoria.<lb/> Ein mächtiger Dreidecker von 1t>0 Kanonen trug die Admiralsflagge, zwei Segel¬<lb/> fregatten und ein Dampfer bildeten sein stattliches Gefolge. Mit einigen Schüssen<lb/> begrüßte unser Jupiter die Flagge seiner Königin und hißte am Vordertop seiue<lb/> Flagge mit dem Zeichen ans, daß er die königliche Post an Bord führe, (wenn<lb/> er auch sonst der Peninsular-Compagnie gehörte) und ein dumpftöueuder Schuß<lb/> erscholl zum Gegengruß von dem Bord des Admiralschisses. Englische Kanonen¬<lb/> schüsse können die Bewohner Lissabons gar hänfig hören.</p><lb/> <p xml:id="ID_251" next="#ID_252"> Kaum hatte unser Dämpfer den Rauch ans seinem Schlot gelassen, so um¬<lb/> ringten eine Menge von Böten das Schiff. Zuerst kam die Douane an Bord<lb/> und ein Posten Douaniers blieb auf dem Deck, um zu verhindern, daß keine<lb/> Waaren heimlich an'S Land gebracht würden. Auch ein Sanirätsvffieier prüfte<lb/> die Papiere des Schiffs und der Passagiere, bevor er den freien Verkehr mit<lb/> dem Lande gestattete. So streng auch Alles ausgeforscht wurde, und so genau<lb/> auch die Douaniers in dem großen Gebäude am Commerz-Platz alle Sachen der<lb/> Passagiere, die sich an das Land setzen ließen, untersuchten, so wird doch vielleicht<lb/> in keinem Lande so viel und so offen geschmnggelt, als in Portugal. Alle Be¬<lb/> amte, hoch wie niedrig, werden bei der constanten kläglichen Ebbe aller Staats-<lb/> casstn äußerst unregelmäßig bezahlt und sind deshalb ans Betrug und Bestechung<lb/> offenbar angewiesen, wenn sie es nicht vorziehen, als ehrliche Leute zu verhungern.<lb/> ES ist möglich, daß so große Ehrlichkeit i» Portugal zuweilen vorkommt, ich habe<lb/> keinen derartigen Fall erfahren können; dagegen viele Geschichten, welche zeigen,<lb/> mit welcher Naivetät diese Bestechungen auf die unverschämteste Weise betrieben<lb/> werden. Da ich selbst alle meine Sachen im Schiff ließ, und auch die Nächte auf<lb/> demselben zubrachte, so war ich aller Dvuanen- und Polizei-Scherereien über¬<lb/> hoben, und konnte als ruhiger Zuschauer gemächlich die vielen komischen Scenen,<lb/> die sich mit meinen früheren Reisegefährten zutrugen, betrachten. Und doch anch<lb/> hier mußte ich auf's Neue empfinden, welchen Rang ein Deutscher — wenn er<lb/> uicht eben ein Preuße oder Oestreicher ist,— indem großen europäischen Weltver¬<lb/> kehr einnimmt. Von allen Passagieren unsres Dämpfers, die in Lissabon blieben,<lb/> wurde keiner von den Zoll- und Polizei-Behörden so willkürlich behandelt, so<lb/> mit nutzlosen Förmlichkeiten gequält, so verächtlich' über die Achseln angesehen, wie<lb/> ein armer deutscher Handwerker der von einem deutschen Meister nach Lissabon<lb/> engagirt war. Selbst die widerlichen maltesischen Handelsleute, das ärgste, un-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0091]
vom Verdeck toute kriegerischer Trommel- und Pfeifenklang zu uns herüber. Eine
Strecke dahinter lagen zwei große Kricgödampfer der französischen Republik mit
ihrer Tricvlorflagge, Daß die Franzosen es verstehen, schöne Schiffe zu bauen,
wenn sie bisher auch weniger glücklich in ihrer Führung waren, konnte man anch
diesen Dampfern schon beim Vorüberfahren ansehen, und nicht ohne Neid erkannten
der Capitain und die übrigen Officiere des Jupiter diese Vorzüge an. Vou deu
Franzosen weit getrennt ankerte eine Flotille Ihrer Majestät der Königin Victoria.
Ein mächtiger Dreidecker von 1t>0 Kanonen trug die Admiralsflagge, zwei Segel¬
fregatten und ein Dampfer bildeten sein stattliches Gefolge. Mit einigen Schüssen
begrüßte unser Jupiter die Flagge seiner Königin und hißte am Vordertop seiue
Flagge mit dem Zeichen ans, daß er die königliche Post an Bord führe, (wenn
er auch sonst der Peninsular-Compagnie gehörte) und ein dumpftöueuder Schuß
erscholl zum Gegengruß von dem Bord des Admiralschisses. Englische Kanonen¬
schüsse können die Bewohner Lissabons gar hänfig hören.
Kaum hatte unser Dämpfer den Rauch ans seinem Schlot gelassen, so um¬
ringten eine Menge von Böten das Schiff. Zuerst kam die Douane an Bord
und ein Posten Douaniers blieb auf dem Deck, um zu verhindern, daß keine
Waaren heimlich an'S Land gebracht würden. Auch ein Sanirätsvffieier prüfte
die Papiere des Schiffs und der Passagiere, bevor er den freien Verkehr mit
dem Lande gestattete. So streng auch Alles ausgeforscht wurde, und so genau
auch die Douaniers in dem großen Gebäude am Commerz-Platz alle Sachen der
Passagiere, die sich an das Land setzen ließen, untersuchten, so wird doch vielleicht
in keinem Lande so viel und so offen geschmnggelt, als in Portugal. Alle Be¬
amte, hoch wie niedrig, werden bei der constanten kläglichen Ebbe aller Staats-
casstn äußerst unregelmäßig bezahlt und sind deshalb ans Betrug und Bestechung
offenbar angewiesen, wenn sie es nicht vorziehen, als ehrliche Leute zu verhungern.
ES ist möglich, daß so große Ehrlichkeit i» Portugal zuweilen vorkommt, ich habe
keinen derartigen Fall erfahren können; dagegen viele Geschichten, welche zeigen,
mit welcher Naivetät diese Bestechungen auf die unverschämteste Weise betrieben
werden. Da ich selbst alle meine Sachen im Schiff ließ, und auch die Nächte auf
demselben zubrachte, so war ich aller Dvuanen- und Polizei-Scherereien über¬
hoben, und konnte als ruhiger Zuschauer gemächlich die vielen komischen Scenen,
die sich mit meinen früheren Reisegefährten zutrugen, betrachten. Und doch anch
hier mußte ich auf's Neue empfinden, welchen Rang ein Deutscher — wenn er
uicht eben ein Preuße oder Oestreicher ist,— indem großen europäischen Weltver¬
kehr einnimmt. Von allen Passagieren unsres Dämpfers, die in Lissabon blieben,
wurde keiner von den Zoll- und Polizei-Behörden so willkürlich behandelt, so
mit nutzlosen Förmlichkeiten gequält, so verächtlich' über die Achseln angesehen, wie
ein armer deutscher Handwerker der von einem deutschen Meister nach Lissabon
engagirt war. Selbst die widerlichen maltesischen Handelsleute, das ärgste, un-
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