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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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währen soll, da die früher von Birma abgerissenen und weit wohlhabenderen
Provinzen jetzt noch nicht einmal durch ihre Einkünfte die Besetzungskostcn decken.
Wie die neue Eroberung zu größerer Sicherheit verhelfen kann, ist ebenfalls
schwer zu entdecken. Pegu ist weder von Birma förmlich abgetreten, noch über¬
haupt schon im vollständigen Besitz der Engländer, denn der Gouverneur spricht
in seiner Proclamation von der Nothwendigkeit, die noch darin befindlichen birma¬
nischen Truppen zu vertreibe", was bei der energielosen Kriegführung Geueral
Godwin's einige Zeit kosten wird. Anstatt den Krieg abzukürzen, kann die Ein¬
verleibung von Pegu ihn nur verlängern, denn die äußerst langsamen Fortschritte
der Engländer in dem nun schon zwölf Monate dauernden Feldzug haben den
ohnedies schon sehr übermüthigen birmanischen Hof gewiß nicht nachgiebiger ge¬
macht, und die gewaltsame Abreißung einer Provinz kann die Collisionspunkte
mit einer Regierung nnr vermehren, welche durch die Unfähigkeit des comman-
direnden Generals und die Saumseligkeit seiner Kriegführung nnr einen sehr
unvollkommenen Begriff von der Macht Englands bekommen hat. ES ist dies
nicht das erste Mal, daß sich die gewichtigsten Stimmen der Presse gegen jede
fernere Vergrößerung des Kolonialreiches erheben; schon bei der Erwerbung
Seindiah und des Pendschabs vernahm man ähnliche Aeußerungen, denn der Eng¬
länder ist ein zu guter Kaufmann, um über dem nichtigen Ruhm nutzloser Er¬
oberungen die Kosten, die der Krieg verursacht, zu vergessen.

Auf diese Neigung des Engländers hat auch die Friedensgesellschaft haupt¬
sächlich gerechnet, als sie ihre Operationen anfing, sie hat aber ihr Ziel weit
Überschossen, und durch ihre Uebertreibungen in der letzten Zeit nur dazu bei¬
getragen, ihr Streben lächerlich zu machen, und den politischen Einfluß ihrer
Führer zu untergraben, wie sich jeden Tag mehr zeigt. Selbst in der radicalen
Presse erheben sich Stimmen gegen Cobden's hyperchristlichen FricdeuSsanatismnö,
und er muß sich diese Woche von der befreundeten Weekly Deöpatch eine Straf¬
predigt gefallen lassen, M bei aller Anerkennung seiner sonstigen Verdienste die
großen Einseitigkeiten seines agitatorischen Strebens stark hervorhebt. "Mr. Cobden,"
heißt es in diesem Artikel, "leidet an gewissen Mängeln der Erziehung, deren
Abgewöhnung seinen Geist sicher gesünder macheu würde. Er verachtet Alles,
was er nicht weiß. Er kaun sich nicht zu dem Glauben bewegen, daß Etwas,
das er nicht besitzt, des Habens werth ist. Er macht die klassische Bildung
lächerlich, von der er nichts weiß, und nur weil er weder ihren Geist noch ihren
Nutzen versteht. Seine Verachtung vor dem Studium der Metaphysik hat er oft
an den Tag gelegt, während die Verständigen ihn bedauerten, daß er nicht mehr
davon weiß. Ein wenig von der Schärfe im Denken, welche die Uebung in dieser
Disciplin hervorbringt, hätte ihm viele seiner kleinlichen Verstoße gegen gesunde
Vernunft erspart. Seine Begriffe vom militairischen Ruhm sind geradezu pueril.
Wir stehen gar nicht an zu behaupten, daß die größten Eigenschaften des mensch-


währen soll, da die früher von Birma abgerissenen und weit wohlhabenderen
Provinzen jetzt noch nicht einmal durch ihre Einkünfte die Besetzungskostcn decken.
Wie die neue Eroberung zu größerer Sicherheit verhelfen kann, ist ebenfalls
schwer zu entdecken. Pegu ist weder von Birma förmlich abgetreten, noch über¬
haupt schon im vollständigen Besitz der Engländer, denn der Gouverneur spricht
in seiner Proclamation von der Nothwendigkeit, die noch darin befindlichen birma¬
nischen Truppen zu vertreibe», was bei der energielosen Kriegführung Geueral
Godwin's einige Zeit kosten wird. Anstatt den Krieg abzukürzen, kann die Ein¬
verleibung von Pegu ihn nur verlängern, denn die äußerst langsamen Fortschritte
der Engländer in dem nun schon zwölf Monate dauernden Feldzug haben den
ohnedies schon sehr übermüthigen birmanischen Hof gewiß nicht nachgiebiger ge¬
macht, und die gewaltsame Abreißung einer Provinz kann die Collisionspunkte
mit einer Regierung nnr vermehren, welche durch die Unfähigkeit des comman-
direnden Generals und die Saumseligkeit seiner Kriegführung nnr einen sehr
unvollkommenen Begriff von der Macht Englands bekommen hat. ES ist dies
nicht das erste Mal, daß sich die gewichtigsten Stimmen der Presse gegen jede
fernere Vergrößerung des Kolonialreiches erheben; schon bei der Erwerbung
Seindiah und des Pendschabs vernahm man ähnliche Aeußerungen, denn der Eng¬
länder ist ein zu guter Kaufmann, um über dem nichtigen Ruhm nutzloser Er¬
oberungen die Kosten, die der Krieg verursacht, zu vergessen.

Auf diese Neigung des Engländers hat auch die Friedensgesellschaft haupt¬
sächlich gerechnet, als sie ihre Operationen anfing, sie hat aber ihr Ziel weit
Überschossen, und durch ihre Uebertreibungen in der letzten Zeit nur dazu bei¬
getragen, ihr Streben lächerlich zu machen, und den politischen Einfluß ihrer
Führer zu untergraben, wie sich jeden Tag mehr zeigt. Selbst in der radicalen
Presse erheben sich Stimmen gegen Cobden's hyperchristlichen FricdeuSsanatismnö,
und er muß sich diese Woche von der befreundeten Weekly Deöpatch eine Straf¬
predigt gefallen lassen, M bei aller Anerkennung seiner sonstigen Verdienste die
großen Einseitigkeiten seines agitatorischen Strebens stark hervorhebt. „Mr. Cobden,"
heißt es in diesem Artikel, „leidet an gewissen Mängeln der Erziehung, deren
Abgewöhnung seinen Geist sicher gesünder macheu würde. Er verachtet Alles,
was er nicht weiß. Er kaun sich nicht zu dem Glauben bewegen, daß Etwas,
das er nicht besitzt, des Habens werth ist. Er macht die klassische Bildung
lächerlich, von der er nichts weiß, und nur weil er weder ihren Geist noch ihren
Nutzen versteht. Seine Verachtung vor dem Studium der Metaphysik hat er oft
an den Tag gelegt, während die Verständigen ihn bedauerten, daß er nicht mehr
davon weiß. Ein wenig von der Schärfe im Denken, welche die Uebung in dieser
Disciplin hervorbringt, hätte ihm viele seiner kleinlichen Verstoße gegen gesunde
Vernunft erspart. Seine Begriffe vom militairischen Ruhm sind geradezu pueril.
Wir stehen gar nicht an zu behaupten, daß die größten Eigenschaften des mensch-


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[0402] währen soll, da die früher von Birma abgerissenen und weit wohlhabenderen Provinzen jetzt noch nicht einmal durch ihre Einkünfte die Besetzungskostcn decken. Wie die neue Eroberung zu größerer Sicherheit verhelfen kann, ist ebenfalls schwer zu entdecken. Pegu ist weder von Birma förmlich abgetreten, noch über¬ haupt schon im vollständigen Besitz der Engländer, denn der Gouverneur spricht in seiner Proclamation von der Nothwendigkeit, die noch darin befindlichen birma¬ nischen Truppen zu vertreibe», was bei der energielosen Kriegführung Geueral Godwin's einige Zeit kosten wird. Anstatt den Krieg abzukürzen, kann die Ein¬ verleibung von Pegu ihn nur verlängern, denn die äußerst langsamen Fortschritte der Engländer in dem nun schon zwölf Monate dauernden Feldzug haben den ohnedies schon sehr übermüthigen birmanischen Hof gewiß nicht nachgiebiger ge¬ macht, und die gewaltsame Abreißung einer Provinz kann die Collisionspunkte mit einer Regierung nnr vermehren, welche durch die Unfähigkeit des comman- direnden Generals und die Saumseligkeit seiner Kriegführung nnr einen sehr unvollkommenen Begriff von der Macht Englands bekommen hat. ES ist dies nicht das erste Mal, daß sich die gewichtigsten Stimmen der Presse gegen jede fernere Vergrößerung des Kolonialreiches erheben; schon bei der Erwerbung Seindiah und des Pendschabs vernahm man ähnliche Aeußerungen, denn der Eng¬ länder ist ein zu guter Kaufmann, um über dem nichtigen Ruhm nutzloser Er¬ oberungen die Kosten, die der Krieg verursacht, zu vergessen. Auf diese Neigung des Engländers hat auch die Friedensgesellschaft haupt¬ sächlich gerechnet, als sie ihre Operationen anfing, sie hat aber ihr Ziel weit Überschossen, und durch ihre Uebertreibungen in der letzten Zeit nur dazu bei¬ getragen, ihr Streben lächerlich zu machen, und den politischen Einfluß ihrer Führer zu untergraben, wie sich jeden Tag mehr zeigt. Selbst in der radicalen Presse erheben sich Stimmen gegen Cobden's hyperchristlichen FricdeuSsanatismnö, und er muß sich diese Woche von der befreundeten Weekly Deöpatch eine Straf¬ predigt gefallen lassen, M bei aller Anerkennung seiner sonstigen Verdienste die großen Einseitigkeiten seines agitatorischen Strebens stark hervorhebt. „Mr. Cobden," heißt es in diesem Artikel, „leidet an gewissen Mängeln der Erziehung, deren Abgewöhnung seinen Geist sicher gesünder macheu würde. Er verachtet Alles, was er nicht weiß. Er kaun sich nicht zu dem Glauben bewegen, daß Etwas, das er nicht besitzt, des Habens werth ist. Er macht die klassische Bildung lächerlich, von der er nichts weiß, und nur weil er weder ihren Geist noch ihren Nutzen versteht. Seine Verachtung vor dem Studium der Metaphysik hat er oft an den Tag gelegt, während die Verständigen ihn bedauerten, daß er nicht mehr davon weiß. Ein wenig von der Schärfe im Denken, welche die Uebung in dieser Disciplin hervorbringt, hätte ihm viele seiner kleinlichen Verstoße gegen gesunde Vernunft erspart. Seine Begriffe vom militairischen Ruhm sind geradezu pueril. Wir stehen gar nicht an zu behaupten, daß die größten Eigenschaften des mensch-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/402>, abgerufen am 27.12.2024.