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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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Menge der von Zeit zu Zeit aufgerufenen Nachrichten über tels Resultat. Jubel und
Gelächter der siegenden Partei, Pistolenschüsse und die unvermeidlichen sdootinss-
begleiten jeden Ausruf. Da endlich das Ergebniß in den einzelnen Vier¬
teln der Stadt nicht mehr zweifelhaft ist, so werden jetzt an öffentlichen Plätzen un¬
geheure Freudenfeuer angezündet, denen alte Harztonnen ze. Nahrung liefern.
Jetzt entscheiden sich anch schon die kleineren Wetten, die sich nur auf die Stimmen-
zahl in den einzelnen Districten bezogen. Bald wird das Gesammtergebniß der
Stadt bekannt: der Jnbel steigt die ganze Nacht hindurch, und die eifrigsten Po¬
litiker gehen gar nicht zur Ruhe, sondern belagern die Telegraphen- und Zeitungö-
bnrcaux, um die unaufhörlich einlaufenden Nachrichten aus der Nähe und Ferne
gleich frisch zu erHaschen. So emsig arbeiten die Zauberdrähte, und so trefflich
sind die Vorkehrungen an den von der Linie entfernt liegenden Wahlposten ge¬
troffen, daß in der Frühe des nächsten Morgens die Blätter schon das Resultat
der Abstimmung in dem größten Theile der Union verkünden. Ein Paar Tage
lang sind die Spalten noch mit neueren Nachrichten, Berichtigungen, Widerrufen
und Bestätigungen gefüllt; ein Paar Tage lang zeigen die Besiegten verblüffte,
lange Gesichter, namentlich die, welche außer dem gehofften Triumph auch noch
bedeutende Summen durch Wetten verloren. (Ich hörte von Einem, der sein
ganzes Vermögen -- 11,000 Dollars -- verwettet hatte.) Daun ist wieder Alles
wie zuvor, höchstens wird dann und wann durch ein SicgeSbanket, einen Triumph¬
zug ?c. die Ruhe nach dem Sturm unterbrochen. Die Besiegten sagen: "Hexe
eine; bstter!" und stecken geduldig deu Spott ein, der ihnen in reichem Maße
zu Theil wird. Einer der beliebtesten Witze auf diesem Gebiete ist der vom
"8alt-river." Das ist nämlich ein sehr launischer Fluß voller Untiefen und
Hindernisse, der den Schiffern viel zu schassen macht und an dem sie sehr oft
sitzen bleiben. Mau sagt darum vou der unterlegenen Partei, sie habe eine
Fahrt auf dem 8alt-rio<zr gemacht, und sie muß über dieses Thema die mannich-
faltigsten Variationen hören. So verkauften z. B. in den Straßen New-Uorks
industrielle Jungen Fahrbillets für den Salt-i-ivor, und machten gute Geschäfte
damit.

Die öffentliche Vorstellung ist nnn vollendet, -- jetzt aber geht das Spiel
hinter den Coulissen an. Von dem Augenblicke der Erwählung, -- ja man kann
sagen der Nominativ", ist der Auserkorene der unglückliche Adressat einer Fluth
von Petitionen und Bewerbungen. Es beginnt jetzt ein allgemeines Wettrennen
nach allen möglichen Stellen, und der Präsident in "pv muß alle seine Energie
zusammennehmen, um in dieser Sündfluth nicht unterzugehen. --

Das Ambiren und Schleichen bei uns hat nichts Originelles, das ist, wie
überall in der Welt.




Menge der von Zeit zu Zeit aufgerufenen Nachrichten über tels Resultat. Jubel und
Gelächter der siegenden Partei, Pistolenschüsse und die unvermeidlichen sdootinss-
begleiten jeden Ausruf. Da endlich das Ergebniß in den einzelnen Vier¬
teln der Stadt nicht mehr zweifelhaft ist, so werden jetzt an öffentlichen Plätzen un¬
geheure Freudenfeuer angezündet, denen alte Harztonnen ze. Nahrung liefern.
Jetzt entscheiden sich anch schon die kleineren Wetten, die sich nur auf die Stimmen-
zahl in den einzelnen Districten bezogen. Bald wird das Gesammtergebniß der
Stadt bekannt: der Jnbel steigt die ganze Nacht hindurch, und die eifrigsten Po¬
litiker gehen gar nicht zur Ruhe, sondern belagern die Telegraphen- und Zeitungö-
bnrcaux, um die unaufhörlich einlaufenden Nachrichten aus der Nähe und Ferne
gleich frisch zu erHaschen. So emsig arbeiten die Zauberdrähte, und so trefflich
sind die Vorkehrungen an den von der Linie entfernt liegenden Wahlposten ge¬
troffen, daß in der Frühe des nächsten Morgens die Blätter schon das Resultat
der Abstimmung in dem größten Theile der Union verkünden. Ein Paar Tage
lang sind die Spalten noch mit neueren Nachrichten, Berichtigungen, Widerrufen
und Bestätigungen gefüllt; ein Paar Tage lang zeigen die Besiegten verblüffte,
lange Gesichter, namentlich die, welche außer dem gehofften Triumph auch noch
bedeutende Summen durch Wetten verloren. (Ich hörte von Einem, der sein
ganzes Vermögen — 11,000 Dollars — verwettet hatte.) Daun ist wieder Alles
wie zuvor, höchstens wird dann und wann durch ein SicgeSbanket, einen Triumph¬
zug ?c. die Ruhe nach dem Sturm unterbrochen. Die Besiegten sagen: „Hexe
eine; bstter!" und stecken geduldig deu Spott ein, der ihnen in reichem Maße
zu Theil wird. Einer der beliebtesten Witze auf diesem Gebiete ist der vom
„8alt-river." Das ist nämlich ein sehr launischer Fluß voller Untiefen und
Hindernisse, der den Schiffern viel zu schassen macht und an dem sie sehr oft
sitzen bleiben. Mau sagt darum vou der unterlegenen Partei, sie habe eine
Fahrt auf dem 8alt-rio<zr gemacht, und sie muß über dieses Thema die mannich-
faltigsten Variationen hören. So verkauften z. B. in den Straßen New-Uorks
industrielle Jungen Fahrbillets für den Salt-i-ivor, und machten gute Geschäfte
damit.

Die öffentliche Vorstellung ist nnn vollendet, — jetzt aber geht das Spiel
hinter den Coulissen an. Von dem Augenblicke der Erwählung, — ja man kann
sagen der Nominativ», ist der Auserkorene der unglückliche Adressat einer Fluth
von Petitionen und Bewerbungen. Es beginnt jetzt ein allgemeines Wettrennen
nach allen möglichen Stellen, und der Präsident in »pv muß alle seine Energie
zusammennehmen, um in dieser Sündfluth nicht unterzugehen. —

Das Ambiren und Schleichen bei uns hat nichts Originelles, das ist, wie
überall in der Welt.




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[0032] Menge der von Zeit zu Zeit aufgerufenen Nachrichten über tels Resultat. Jubel und Gelächter der siegenden Partei, Pistolenschüsse und die unvermeidlichen sdootinss- begleiten jeden Ausruf. Da endlich das Ergebniß in den einzelnen Vier¬ teln der Stadt nicht mehr zweifelhaft ist, so werden jetzt an öffentlichen Plätzen un¬ geheure Freudenfeuer angezündet, denen alte Harztonnen ze. Nahrung liefern. Jetzt entscheiden sich anch schon die kleineren Wetten, die sich nur auf die Stimmen- zahl in den einzelnen Districten bezogen. Bald wird das Gesammtergebniß der Stadt bekannt: der Jnbel steigt die ganze Nacht hindurch, und die eifrigsten Po¬ litiker gehen gar nicht zur Ruhe, sondern belagern die Telegraphen- und Zeitungö- bnrcaux, um die unaufhörlich einlaufenden Nachrichten aus der Nähe und Ferne gleich frisch zu erHaschen. So emsig arbeiten die Zauberdrähte, und so trefflich sind die Vorkehrungen an den von der Linie entfernt liegenden Wahlposten ge¬ troffen, daß in der Frühe des nächsten Morgens die Blätter schon das Resultat der Abstimmung in dem größten Theile der Union verkünden. Ein Paar Tage lang sind die Spalten noch mit neueren Nachrichten, Berichtigungen, Widerrufen und Bestätigungen gefüllt; ein Paar Tage lang zeigen die Besiegten verblüffte, lange Gesichter, namentlich die, welche außer dem gehofften Triumph auch noch bedeutende Summen durch Wetten verloren. (Ich hörte von Einem, der sein ganzes Vermögen — 11,000 Dollars — verwettet hatte.) Daun ist wieder Alles wie zuvor, höchstens wird dann und wann durch ein SicgeSbanket, einen Triumph¬ zug ?c. die Ruhe nach dem Sturm unterbrochen. Die Besiegten sagen: „Hexe eine; bstter!" und stecken geduldig deu Spott ein, der ihnen in reichem Maße zu Theil wird. Einer der beliebtesten Witze auf diesem Gebiete ist der vom „8alt-river." Das ist nämlich ein sehr launischer Fluß voller Untiefen und Hindernisse, der den Schiffern viel zu schassen macht und an dem sie sehr oft sitzen bleiben. Mau sagt darum vou der unterlegenen Partei, sie habe eine Fahrt auf dem 8alt-rio<zr gemacht, und sie muß über dieses Thema die mannich- faltigsten Variationen hören. So verkauften z. B. in den Straßen New-Uorks industrielle Jungen Fahrbillets für den Salt-i-ivor, und machten gute Geschäfte damit. Die öffentliche Vorstellung ist nnn vollendet, — jetzt aber geht das Spiel hinter den Coulissen an. Von dem Augenblicke der Erwählung, — ja man kann sagen der Nominativ», ist der Auserkorene der unglückliche Adressat einer Fluth von Petitionen und Bewerbungen. Es beginnt jetzt ein allgemeines Wettrennen nach allen möglichen Stellen, und der Präsident in »pv muß alle seine Energie zusammennehmen, um in dieser Sündfluth nicht unterzugehen. — Das Ambiren und Schleichen bei uns hat nichts Originelles, das ist, wie überall in der Welt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/32>, abgerufen am 24.07.2024.