Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.baten improvisiren. Daß es unter dieser Klasse von Politikern nicht immer Immer näher und näher rückt der entscheidende Tag heran, -- immer leb¬ Jetzt noch 8 Tage -- jetzt noch 6 -- man Hort deu Puls des Volkslebens Je mehr der Tag sich seinem Ende zuneigt, um so mehr steigt das Ge¬ baten improvisiren. Daß es unter dieser Klasse von Politikern nicht immer Immer näher und näher rückt der entscheidende Tag heran, — immer leb¬ Jetzt noch 8 Tage — jetzt noch 6 — man Hort deu Puls des Volkslebens Je mehr der Tag sich seinem Ende zuneigt, um so mehr steigt das Ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0031" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185907"/> <p xml:id="ID_76" prev="#ID_75"> baten improvisiren. Daß es unter dieser Klasse von Politikern nicht immer<lb/> so ganz friedlich abgeht, versteht sich wol von selbst.</p><lb/> <p xml:id="ID_77"> Immer näher und näher rückt der entscheidende Tag heran, — immer leb¬<lb/> hafter wird der Kampf, denn die Hauptschläge werden natürlich immer bis zuletzt<lb/> verschoben. Jetzt ist die Zeit der Placate, worin eine Partei die andere zu über¬<lb/> bieten sucht, — und der Wahlzcttel, die nun schockweise in die Häuser geworfen<lb/> werden, die Einem auf der Straße um den Kopf schwirren, und die mau über¬<lb/> all findet, wo man sie nicht sucht. Diese Zettel enthalten in der Regel das<lb/> Abdeichen der Partei, z. B. einen Hickvry-Baum, das Symbol der Demokra¬<lb/> tie. — und die Namen der von der Partei des betreffenden Wahldistricts ausgestellten<lb/> Electoreu (bekanntlich ist die Präsidentenwahl eine indirecte). Nicht selten kommt<lb/> es aber vor, daß solche Wahlzettel mit den entgegengesetzten Symbolen versehen<lb/> sind, um die Stimmen unvorsichtiger Gegner zu erbeuten.</p><lb/> <p xml:id="ID_78"> Jetzt noch 8 Tage — jetzt noch 6 — man Hort deu Puls des Volkslebens<lb/> klopfen! — Es giebt keinen andern Gegenstand des Gespräches mehr, als:<lb/> ,t>u; vleetion". Was Du auch mit einem Amerikaner zu verhandeln hast, überall<lb/> heißt es: „^l'den- tliiz vlection, Klr!" — Nun endlich bricht der große Tag an,<lb/> der rechte Schalttag des amerikanischen Volkes, der gleich dem des Kalenders nnr<lb/> alle vier Jahre wiederkehrt. Schon früh Morgens dröhnen Kanonenschläge,<lb/> begleitet von dem fortwährenden Geknatter des kleinen Gewehrs — der zahllosen<lb/> „5>>i>ol.eng' er^ins", ohne welche hier kein Fest denkbar ist, am wenigsten ein<lb/> politisches. Nun wird eS an deu verschiedenen Wahlplätzcn lebendig. Wagen<lb/> kommen und gehen, die Straßen nach allen Richtungen durchkreuzend, um<lb/> kranke, oder säumige Mitglieder der betreffenden Partei abzuholen. Nachmittags<lb/> verdichten sich die Massen und lagern vor deu Urnen gleich Bienenschwärmen vor<lb/> dem Korbe. Daß bei diesem Gedränge, namentlich wenn der Spiritus bei<lb/> Einzelnen zu wirken anfängt, auch mitunter Tollheiten und ernstliche Conflicte<lb/> vorkommen, ist wol nicht zu verwundern; ja es geschieht zuweilen, daß Messer<lb/> und Pistolen zur Hilfe genommen werde», und daß der Wahlpvsten zu eiuer<lb/> wirklichen Wahlstatt wird. Doch kommt dies in der That seltener vor, als man<lb/> bei der bekannten Naschheit der Amerikaner und bei der allgemeinen Sitte (oder<lb/> Unsitte), Waffen zu tragen, erwarten sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_79" next="#ID_80"> Je mehr der Tag sich seinem Ende zuneigt, um so mehr steigt das Ge¬<lb/> tümmel an den Urnen, denn Jeder will nun uoch sein Sonvcrainctätsrecht aus¬<lb/> üben. Natürlich steigt damit auch die Verwirrung und das Getöse. Jetzt mengt<lb/> sich auch uoch die Polizei hinein; — da wird Einer arretirt, der in seinem all¬<lb/> zugroßen Eifer des Guten zu viel that, indem er zwei oder drei Mal abstimmte;<lb/> dort wird Einer zurückgewiesen, um seine Legitimationspapiere zu holen. Endlich<lb/> schlägt es 6 Uhr die stimmt'after werden geschlossen, und nur beginnt die Zählung<lb/> in den verschiedenen Wahldistricten. Mit ängstlicher Spannung harrt die versammelte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0031]
baten improvisiren. Daß es unter dieser Klasse von Politikern nicht immer
so ganz friedlich abgeht, versteht sich wol von selbst.
Immer näher und näher rückt der entscheidende Tag heran, — immer leb¬
hafter wird der Kampf, denn die Hauptschläge werden natürlich immer bis zuletzt
verschoben. Jetzt ist die Zeit der Placate, worin eine Partei die andere zu über¬
bieten sucht, — und der Wahlzcttel, die nun schockweise in die Häuser geworfen
werden, die Einem auf der Straße um den Kopf schwirren, und die mau über¬
all findet, wo man sie nicht sucht. Diese Zettel enthalten in der Regel das
Abdeichen der Partei, z. B. einen Hickvry-Baum, das Symbol der Demokra¬
tie. — und die Namen der von der Partei des betreffenden Wahldistricts ausgestellten
Electoreu (bekanntlich ist die Präsidentenwahl eine indirecte). Nicht selten kommt
es aber vor, daß solche Wahlzettel mit den entgegengesetzten Symbolen versehen
sind, um die Stimmen unvorsichtiger Gegner zu erbeuten.
Jetzt noch 8 Tage — jetzt noch 6 — man Hort deu Puls des Volkslebens
klopfen! — Es giebt keinen andern Gegenstand des Gespräches mehr, als:
,t>u; vleetion". Was Du auch mit einem Amerikaner zu verhandeln hast, überall
heißt es: „^l'den- tliiz vlection, Klr!" — Nun endlich bricht der große Tag an,
der rechte Schalttag des amerikanischen Volkes, der gleich dem des Kalenders nnr
alle vier Jahre wiederkehrt. Schon früh Morgens dröhnen Kanonenschläge,
begleitet von dem fortwährenden Geknatter des kleinen Gewehrs — der zahllosen
„5>>i>ol.eng' er^ins", ohne welche hier kein Fest denkbar ist, am wenigsten ein
politisches. Nun wird eS an deu verschiedenen Wahlplätzcn lebendig. Wagen
kommen und gehen, die Straßen nach allen Richtungen durchkreuzend, um
kranke, oder säumige Mitglieder der betreffenden Partei abzuholen. Nachmittags
verdichten sich die Massen und lagern vor deu Urnen gleich Bienenschwärmen vor
dem Korbe. Daß bei diesem Gedränge, namentlich wenn der Spiritus bei
Einzelnen zu wirken anfängt, auch mitunter Tollheiten und ernstliche Conflicte
vorkommen, ist wol nicht zu verwundern; ja es geschieht zuweilen, daß Messer
und Pistolen zur Hilfe genommen werde», und daß der Wahlpvsten zu eiuer
wirklichen Wahlstatt wird. Doch kommt dies in der That seltener vor, als man
bei der bekannten Naschheit der Amerikaner und bei der allgemeinen Sitte (oder
Unsitte), Waffen zu tragen, erwarten sollte.
Je mehr der Tag sich seinem Ende zuneigt, um so mehr steigt das Ge¬
tümmel an den Urnen, denn Jeder will nun uoch sein Sonvcrainctätsrecht aus¬
üben. Natürlich steigt damit auch die Verwirrung und das Getöse. Jetzt mengt
sich auch uoch die Polizei hinein; — da wird Einer arretirt, der in seinem all¬
zugroßen Eifer des Guten zu viel that, indem er zwei oder drei Mal abstimmte;
dort wird Einer zurückgewiesen, um seine Legitimationspapiere zu holen. Endlich
schlägt es 6 Uhr die stimmt'after werden geschlossen, und nur beginnt die Zählung
in den verschiedenen Wahldistricten. Mit ängstlicher Spannung harrt die versammelte
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