Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

stände befinden, die es dem Pachter des Regicrnugshaudels gar nicht möglich
gewesen war zu bekommen.

Hierzu gehörten vor allen Dingen zwei Modelle, das eine eines japanischen
Hauses mit vollkommener innerer Einrichtung, Matten, Meubles, Geschirren und
Beigebäuden, und das andere das der sanfte", in welchen die jedesmalige
dreijährliche Gesandtschaft von Decima nach Ieddo, der Hauptstadt des Reichs,
geschafft wird. Fabel ist dabei, was man früher von dieser Gesandtschaft erzählte,
daß sie in einer festverschlossenen Sänfte mit niedergelassenen Jalousien eingepackt
und Hunderte von Meilen weit transportirt würde, ohne daß es dem Inliegenden
gestattet wäre, anch nur das Geringste von der umliegenden Landschaft zu sehen.
Die Sänfte ist im Gegentheil nicht allein mit vollkommen offenen Jalousien,
sondern dem Europäer auch gestattet, wenn ihm das Spaß macht, nebenher zu
gehn -- also an ein Einschließe gar nicht zu denken. seidene Polster und
Decken liegen darin, und das Dach ist, was nur Vornehme tragen dürfen, mit
Sammet belegt.

Was mich aber besonders interessirte, war eine Sammlung von Bildern, die
sich Dr. Mohnike gewußt hatte zu verschaffen, wie anßer diesen einzelne japanische
Bücher. Unter den letzteren ein botanisches Werk mit vortrefflichen Zeichnungen. Die
Bücher sind übrigens vollkommen ans die chinesische Act hergestellt -- ans sehr
dünnem, seidenartigem Papier, und nnr auf eiuer Seite gedruckt, während zwei
Seiten immer unaufgeschuitten zusauuneuhäugen. Natürlich gehen sie auch, wie
die chinesischen, von rechts nach links.

Die anderen schienen kleinere Volksbücher zu sein, mit Illustrationen und
Beschreibungen dazu, wie ich sie auch ganz ähnlich, nur uicht so sauber gedruckt,
von Chinesen gekauft habe. -- Es ist jammerschade, daß die Schrift für uns
aus unauflöslichen Hieroglyphen besteht.

Die Bilder dagegen waren faßlicher, und stellten meist Landschaften und
Straßenscenen, Arbeiter in ihren verschiedenen Beschäftigungen, Hafenplätze?c.
vor. Hierbei kommen aber auch ihr Kaiser und eine Masse geschichtlicher Bilder,
manche wirklich von vortrefflicher Zeichnung nud lebendiger Färbung, vor. Die
Perspective war übrigens selten vollkommen richtig, und manchmal zeigten sich
sogar, vielleicht von ungeübteren Händen gemacht, sehr grobe Fehler. Darin sind
übrigens die Chinesen groß; ich habe ein kleines Buch, auf dem eine Anzahl
Reiter hinter einem Fichtenwald vorgesprengt kommen. Die Fichten stehen zu
den vorn befindlichen Figuren in ziemlich richtigem Verhältniß, die hinten vor¬
kommenden Reiter müßten aber dennoch jeder wenigstens zweihundert Fuß hoch
sein. Jeder einzelne Kopf tritt wie eine Mondscheibe hinter der Waldung vor.

Eine andere Art von Spielerei in Bildern haben die Japaner mit ein¬
geklebten Jalousien, Klappen, Treppen, Coulissen ze., so daß mau das ganze
Bild flach zusammenlegen kaun, und dann die erste Zeichnung vor sich hat, die


stände befinden, die es dem Pachter des Regicrnugshaudels gar nicht möglich
gewesen war zu bekommen.

Hierzu gehörten vor allen Dingen zwei Modelle, das eine eines japanischen
Hauses mit vollkommener innerer Einrichtung, Matten, Meubles, Geschirren und
Beigebäuden, und das andere das der sanfte», in welchen die jedesmalige
dreijährliche Gesandtschaft von Decima nach Ieddo, der Hauptstadt des Reichs,
geschafft wird. Fabel ist dabei, was man früher von dieser Gesandtschaft erzählte,
daß sie in einer festverschlossenen Sänfte mit niedergelassenen Jalousien eingepackt
und Hunderte von Meilen weit transportirt würde, ohne daß es dem Inliegenden
gestattet wäre, anch nur das Geringste von der umliegenden Landschaft zu sehen.
Die Sänfte ist im Gegentheil nicht allein mit vollkommen offenen Jalousien,
sondern dem Europäer auch gestattet, wenn ihm das Spaß macht, nebenher zu
gehn — also an ein Einschließe gar nicht zu denken. seidene Polster und
Decken liegen darin, und das Dach ist, was nur Vornehme tragen dürfen, mit
Sammet belegt.

Was mich aber besonders interessirte, war eine Sammlung von Bildern, die
sich Dr. Mohnike gewußt hatte zu verschaffen, wie anßer diesen einzelne japanische
Bücher. Unter den letzteren ein botanisches Werk mit vortrefflichen Zeichnungen. Die
Bücher sind übrigens vollkommen ans die chinesische Act hergestellt — ans sehr
dünnem, seidenartigem Papier, und nnr auf eiuer Seite gedruckt, während zwei
Seiten immer unaufgeschuitten zusauuneuhäugen. Natürlich gehen sie auch, wie
die chinesischen, von rechts nach links.

Die anderen schienen kleinere Volksbücher zu sein, mit Illustrationen und
Beschreibungen dazu, wie ich sie auch ganz ähnlich, nur uicht so sauber gedruckt,
von Chinesen gekauft habe. — Es ist jammerschade, daß die Schrift für uns
aus unauflöslichen Hieroglyphen besteht.

Die Bilder dagegen waren faßlicher, und stellten meist Landschaften und
Straßenscenen, Arbeiter in ihren verschiedenen Beschäftigungen, Hafenplätze?c.
vor. Hierbei kommen aber auch ihr Kaiser und eine Masse geschichtlicher Bilder,
manche wirklich von vortrefflicher Zeichnung nud lebendiger Färbung, vor. Die
Perspective war übrigens selten vollkommen richtig, und manchmal zeigten sich
sogar, vielleicht von ungeübteren Händen gemacht, sehr grobe Fehler. Darin sind
übrigens die Chinesen groß; ich habe ein kleines Buch, auf dem eine Anzahl
Reiter hinter einem Fichtenwald vorgesprengt kommen. Die Fichten stehen zu
den vorn befindlichen Figuren in ziemlich richtigem Verhältniß, die hinten vor¬
kommenden Reiter müßten aber dennoch jeder wenigstens zweihundert Fuß hoch
sein. Jeder einzelne Kopf tritt wie eine Mondscheibe hinter der Waldung vor.

Eine andere Art von Spielerei in Bildern haben die Japaner mit ein¬
geklebten Jalousien, Klappen, Treppen, Coulissen ze., so daß mau das ganze
Bild flach zusammenlegen kaun, und dann die erste Zeichnung vor sich hat, die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0264" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186140"/>
          <p xml:id="ID_814" prev="#ID_813"> stände befinden, die es dem Pachter des Regicrnugshaudels gar nicht möglich<lb/>
gewesen war zu bekommen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_815"> Hierzu gehörten vor allen Dingen zwei Modelle, das eine eines japanischen<lb/>
Hauses mit vollkommener innerer Einrichtung, Matten, Meubles, Geschirren und<lb/>
Beigebäuden, und das andere das der sanfte», in welchen die jedesmalige<lb/>
dreijährliche Gesandtschaft von Decima nach Ieddo, der Hauptstadt des Reichs,<lb/>
geschafft wird. Fabel ist dabei, was man früher von dieser Gesandtschaft erzählte,<lb/>
daß sie in einer festverschlossenen Sänfte mit niedergelassenen Jalousien eingepackt<lb/>
und Hunderte von Meilen weit transportirt würde, ohne daß es dem Inliegenden<lb/>
gestattet wäre, anch nur das Geringste von der umliegenden Landschaft zu sehen.<lb/>
Die Sänfte ist im Gegentheil nicht allein mit vollkommen offenen Jalousien,<lb/>
sondern dem Europäer auch gestattet, wenn ihm das Spaß macht, nebenher zu<lb/>
gehn &#x2014; also an ein Einschließe gar nicht zu denken. seidene Polster und<lb/>
Decken liegen darin, und das Dach ist, was nur Vornehme tragen dürfen, mit<lb/>
Sammet belegt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_816"> Was mich aber besonders interessirte, war eine Sammlung von Bildern, die<lb/>
sich Dr. Mohnike gewußt hatte zu verschaffen, wie anßer diesen einzelne japanische<lb/>
Bücher. Unter den letzteren ein botanisches Werk mit vortrefflichen Zeichnungen. Die<lb/>
Bücher sind übrigens vollkommen ans die chinesische Act hergestellt &#x2014; ans sehr<lb/>
dünnem, seidenartigem Papier, und nnr auf eiuer Seite gedruckt, während zwei<lb/>
Seiten immer unaufgeschuitten zusauuneuhäugen. Natürlich gehen sie auch, wie<lb/>
die chinesischen, von rechts nach links.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_817"> Die anderen schienen kleinere Volksbücher zu sein, mit Illustrationen und<lb/>
Beschreibungen dazu, wie ich sie auch ganz ähnlich, nur uicht so sauber gedruckt,<lb/>
von Chinesen gekauft habe. &#x2014; Es ist jammerschade, daß die Schrift für uns<lb/>
aus unauflöslichen Hieroglyphen besteht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_818"> Die Bilder dagegen waren faßlicher, und stellten meist Landschaften und<lb/>
Straßenscenen, Arbeiter in ihren verschiedenen Beschäftigungen, Hafenplätze?c.<lb/>
vor. Hierbei kommen aber auch ihr Kaiser und eine Masse geschichtlicher Bilder,<lb/>
manche wirklich von vortrefflicher Zeichnung nud lebendiger Färbung, vor. Die<lb/>
Perspective war übrigens selten vollkommen richtig, und manchmal zeigten sich<lb/>
sogar, vielleicht von ungeübteren Händen gemacht, sehr grobe Fehler. Darin sind<lb/>
übrigens die Chinesen groß; ich habe ein kleines Buch, auf dem eine Anzahl<lb/>
Reiter hinter einem Fichtenwald vorgesprengt kommen. Die Fichten stehen zu<lb/>
den vorn befindlichen Figuren in ziemlich richtigem Verhältniß, die hinten vor¬<lb/>
kommenden Reiter müßten aber dennoch jeder wenigstens zweihundert Fuß hoch<lb/>
sein.  Jeder einzelne Kopf tritt wie eine Mondscheibe hinter der Waldung vor.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_819" next="#ID_820"> Eine andere Art von Spielerei in Bildern haben die Japaner mit ein¬<lb/>
geklebten Jalousien, Klappen, Treppen, Coulissen ze., so daß mau das ganze<lb/>
Bild flach zusammenlegen kaun, und dann die erste Zeichnung vor sich hat, die</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0264] stände befinden, die es dem Pachter des Regicrnugshaudels gar nicht möglich gewesen war zu bekommen. Hierzu gehörten vor allen Dingen zwei Modelle, das eine eines japanischen Hauses mit vollkommener innerer Einrichtung, Matten, Meubles, Geschirren und Beigebäuden, und das andere das der sanfte», in welchen die jedesmalige dreijährliche Gesandtschaft von Decima nach Ieddo, der Hauptstadt des Reichs, geschafft wird. Fabel ist dabei, was man früher von dieser Gesandtschaft erzählte, daß sie in einer festverschlossenen Sänfte mit niedergelassenen Jalousien eingepackt und Hunderte von Meilen weit transportirt würde, ohne daß es dem Inliegenden gestattet wäre, anch nur das Geringste von der umliegenden Landschaft zu sehen. Die Sänfte ist im Gegentheil nicht allein mit vollkommen offenen Jalousien, sondern dem Europäer auch gestattet, wenn ihm das Spaß macht, nebenher zu gehn — also an ein Einschließe gar nicht zu denken. seidene Polster und Decken liegen darin, und das Dach ist, was nur Vornehme tragen dürfen, mit Sammet belegt. Was mich aber besonders interessirte, war eine Sammlung von Bildern, die sich Dr. Mohnike gewußt hatte zu verschaffen, wie anßer diesen einzelne japanische Bücher. Unter den letzteren ein botanisches Werk mit vortrefflichen Zeichnungen. Die Bücher sind übrigens vollkommen ans die chinesische Act hergestellt — ans sehr dünnem, seidenartigem Papier, und nnr auf eiuer Seite gedruckt, während zwei Seiten immer unaufgeschuitten zusauuneuhäugen. Natürlich gehen sie auch, wie die chinesischen, von rechts nach links. Die anderen schienen kleinere Volksbücher zu sein, mit Illustrationen und Beschreibungen dazu, wie ich sie auch ganz ähnlich, nur uicht so sauber gedruckt, von Chinesen gekauft habe. — Es ist jammerschade, daß die Schrift für uns aus unauflöslichen Hieroglyphen besteht. Die Bilder dagegen waren faßlicher, und stellten meist Landschaften und Straßenscenen, Arbeiter in ihren verschiedenen Beschäftigungen, Hafenplätze?c. vor. Hierbei kommen aber auch ihr Kaiser und eine Masse geschichtlicher Bilder, manche wirklich von vortrefflicher Zeichnung nud lebendiger Färbung, vor. Die Perspective war übrigens selten vollkommen richtig, und manchmal zeigten sich sogar, vielleicht von ungeübteren Händen gemacht, sehr grobe Fehler. Darin sind übrigens die Chinesen groß; ich habe ein kleines Buch, auf dem eine Anzahl Reiter hinter einem Fichtenwald vorgesprengt kommen. Die Fichten stehen zu den vorn befindlichen Figuren in ziemlich richtigem Verhältniß, die hinten vor¬ kommenden Reiter müßten aber dennoch jeder wenigstens zweihundert Fuß hoch sein. Jeder einzelne Kopf tritt wie eine Mondscheibe hinter der Waldung vor. Eine andere Art von Spielerei in Bildern haben die Japaner mit ein¬ geklebten Jalousien, Klappen, Treppen, Coulissen ze., so daß mau das ganze Bild flach zusammenlegen kaun, und dann die erste Zeichnung vor sich hat, die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/264
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/264>, abgerufen am 04.07.2024.