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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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möglich war, dieses Strohgcflecht so fest um das seine, papierdünnc Porzellan
zu legen, ohne das letztere förmlich in einander zu drucken. Alle diese Sachen
sind übrigens enorm theuer, und man kann die einfachsten Tassen kaum unter
fünf Gulden das Stück bekommen.

Sonst haben sie an Porzellan wenig Hübsches und noch weniger Eigenthüm¬
liches, doch fand ich besonders eine Theekanne, die mir sehr gefiel und die einen,
in einer Art Korb liegenden Fisch aus sehr geschickt benutzte Weise darstellte.
Ihre Eßmenagcn und Schüsseln, in ihren Formen vielleicht sogar von den Hol¬
ländern aufgegeben, sind ungemein einfach.

Mehrere Tische waren mit Bronzcwaarcn, meist Räuchergefäße und Aufsätze
in den wunderlichsten und sehr phantastischen Formen, bedeckt. An diesen ist aber
die Arbei das Kostbarste, und wer da ein uicht wirklicher Kenner ist, wird sie nach
ihrem Preis wenig zu schätzen wissen. Sie sollen alle einzeln aufgedämmert sein,
und das würde manche davon wirklich zum Kunstwerk erheben, was aber das Aeußere
angeht, so werden sie von den französischen Bronzearbeiten bei weitem übertroffen.
Sie stellen meist Elephanten, Büffel, Kraniche und auf diesen reitende Menschen
vor, die daun zum Abheben sind, um irgend einem Zweck, wahrscheinlich dem des
Raucherns, zu entsprechen. Ich konnte mich für diese Sachen nicht interessiren und
sie schienen auch wenig gekauft zu werden.

An diesem ersten Tage mußte ich mich denn auch richtig mit den lackirten
und Porzellanwaaren begnügen, so dicht umlagerte das schöne Geschlecht den
Theil der Tische, wo die Seidenwaaren ausgebreitet lagen, und damit das ganze
übrige Viertel; denn ihr rechter Flügel lehnte sich an den Tisch mit Spielsachen
und der linke an eine andere Tafel lackirter Waaren, alles Uebrige ohne Erbarmen
mit zum Centrum nehmend. Was ich von sonstigen Sachen sehen wollte, mußte
ich auf eine günstigere Zeit verschieben.

Am nächsten Morgen war schon etwas mehr Luft -- die Damen mußten
übrigeus doch sehr früh aufgestanden sein, an Hinankommen war aber noch immer
nicht zu denken, und erst am dritten Morgen gelang es mir einmal, einen flüch¬
tigen Blick auf das "Übriggebliebene" zu werfen. Zu einzelnen Kleidern, nach
Aufgabe, abgepaßte Stücke Seidenzeug, meistens mit klein carrirten Muster, fünf
und zwanzig Gulden das Kleid, bildeten das schwere Geschütz dieser sonst keineswegs
reichhaltigen Waare". Außerdem waren nur noch dreierlei Crepeschürzeu, die
einen himmelblau, die anderen wühlcrroth, und die dritten ebenfalls roth, aber auf
eine eigenthümliche Weise gearbeitet, daß das Zeug in einzelnen erhabenen
Punkten wie gepreßt aussah. Diese Arbeit, die ich aber ebenfalls nicht zu wür¬
digen verstand, 'soll ungemein mühsam sein, da alle die einzelnen kleinen Erhaben¬
heiten auch einzeln umwickelt uno daun gefärbt werden müssen. Ich verstand
aber zu wenig davon, mich dafür besonders zu interessiren, den Damen schienen sie aber
desto mehr zu gefallen, und am dritten Abend war auch nicht eine einzige mehr übrig.


möglich war, dieses Strohgcflecht so fest um das seine, papierdünnc Porzellan
zu legen, ohne das letztere förmlich in einander zu drucken. Alle diese Sachen
sind übrigens enorm theuer, und man kann die einfachsten Tassen kaum unter
fünf Gulden das Stück bekommen.

Sonst haben sie an Porzellan wenig Hübsches und noch weniger Eigenthüm¬
liches, doch fand ich besonders eine Theekanne, die mir sehr gefiel und die einen,
in einer Art Korb liegenden Fisch aus sehr geschickt benutzte Weise darstellte.
Ihre Eßmenagcn und Schüsseln, in ihren Formen vielleicht sogar von den Hol¬
ländern aufgegeben, sind ungemein einfach.

Mehrere Tische waren mit Bronzcwaarcn, meist Räuchergefäße und Aufsätze
in den wunderlichsten und sehr phantastischen Formen, bedeckt. An diesen ist aber
die Arbei das Kostbarste, und wer da ein uicht wirklicher Kenner ist, wird sie nach
ihrem Preis wenig zu schätzen wissen. Sie sollen alle einzeln aufgedämmert sein,
und das würde manche davon wirklich zum Kunstwerk erheben, was aber das Aeußere
angeht, so werden sie von den französischen Bronzearbeiten bei weitem übertroffen.
Sie stellen meist Elephanten, Büffel, Kraniche und auf diesen reitende Menschen
vor, die daun zum Abheben sind, um irgend einem Zweck, wahrscheinlich dem des
Raucherns, zu entsprechen. Ich konnte mich für diese Sachen nicht interessiren und
sie schienen auch wenig gekauft zu werden.

An diesem ersten Tage mußte ich mich denn auch richtig mit den lackirten
und Porzellanwaaren begnügen, so dicht umlagerte das schöne Geschlecht den
Theil der Tische, wo die Seidenwaaren ausgebreitet lagen, und damit das ganze
übrige Viertel; denn ihr rechter Flügel lehnte sich an den Tisch mit Spielsachen
und der linke an eine andere Tafel lackirter Waaren, alles Uebrige ohne Erbarmen
mit zum Centrum nehmend. Was ich von sonstigen Sachen sehen wollte, mußte
ich auf eine günstigere Zeit verschieben.

Am nächsten Morgen war schon etwas mehr Luft — die Damen mußten
übrigeus doch sehr früh aufgestanden sein, an Hinankommen war aber noch immer
nicht zu denken, und erst am dritten Morgen gelang es mir einmal, einen flüch¬
tigen Blick auf das „Übriggebliebene" zu werfen. Zu einzelnen Kleidern, nach
Aufgabe, abgepaßte Stücke Seidenzeug, meistens mit klein carrirten Muster, fünf
und zwanzig Gulden das Kleid, bildeten das schwere Geschütz dieser sonst keineswegs
reichhaltigen Waare». Außerdem waren nur noch dreierlei Crepeschürzeu, die
einen himmelblau, die anderen wühlcrroth, und die dritten ebenfalls roth, aber auf
eine eigenthümliche Weise gearbeitet, daß das Zeug in einzelnen erhabenen
Punkten wie gepreßt aussah. Diese Arbeit, die ich aber ebenfalls nicht zu wür¬
digen verstand, 'soll ungemein mühsam sein, da alle die einzelnen kleinen Erhaben¬
heiten auch einzeln umwickelt uno daun gefärbt werden müssen. Ich verstand
aber zu wenig davon, mich dafür besonders zu interessiren, den Damen schienen sie aber
desto mehr zu gefallen, und am dritten Abend war auch nicht eine einzige mehr übrig.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/261>, abgerufen am 24.07.2024.