Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.Mich aus dieser Uebersicht erhellt, daß in den östlichen Provinzen die Ge- Indeß hat die Wahl zwischen der Städte- und der Gemeindeordmuig der Mich aus dieser Uebersicht erhellt, daß in den östlichen Provinzen die Ge- Indeß hat die Wahl zwischen der Städte- und der Gemeindeordmuig der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0224" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186100"/> <p xml:id="ID_673"> Mich aus dieser Uebersicht erhellt, daß in den östlichen Provinzen die Ge-<lb/> mcindeorganisation gerade da unterblieben war, wo sie am nothwendigsten war,<lb/> und daß hier die Ausführung des Gesetzes v. 1860 kein anderes factisches Re¬<lb/> sultat gehabt hat, als die gute alte Städteordnung in zahlreichen Orten außer<lb/> Kraft zu setzen. Wer es ert'anne hatte, daß der Geist, der dieses große Gesetz<lb/> durchweht, sich zu der Gemeindeordnung v. 1860 verhält, wie die frische freie<lb/> Bergluft zu der Atmosphäre einer Polizeistube; wer sich daran erinnerte, daß die<lb/> Städte überhaupt nur durch deu Wunsch, den zerfallenden Landgemeinden zu<lb/> einer Organisation zu verhelfen, sich bestimmen ließen, die großen Hallen der<lb/> Städteordnung mit den eingeschränkte» Mumm des neuen Gesetzes zu vertauschen;<lb/> wer nun bemerkte, daß, als über das letztere der Stab gebrochen war, die so<lb/> überaus restaurativuslustige Partei an alles Mögliche, nur nicht an die Wieder¬<lb/> herstellung der alten Städteordnung dachte: der mochte sich wol zu der Meinung<lb/> hinneigen, daß das in deu letzten zwei Jahren in Bezug auf die Städteordnung<lb/> gewonnene Resultat, wenn nicht gerade ein beabsichtigtes, so doch mindestens ein<lb/> der herrschenden Partei sehr erwünschtes war. Und diese Meinung hat in den<lb/> Ereignissen nach der Sistirnngsvrdre eine starke Stütze gewonnen. Die Ordre<lb/> v. 19. Juni18!>2 sistirt nämlich ohne Ausnahme die Ausführung des Gesetzes<lb/> überall, wo sie noch nicht beendigt war. El» Ministerialrescript v. 21. Juni<lb/> bezeichnet als das Moment, mit welchem die Ausführung als beendigt anzusehen<lb/> ist, die darüber in dem Amtsblatt erfolgte officielle Anzeige, fügt aber auffallender<lb/> Weise hinzu, daß eine solche AnttSblattöbekanutmachuug fernerhin nur mit<lb/> ministerieller Zustimmung erfolgen dürfe; woraus die Absicht hervorleuch¬<lb/> tete, mit Ausführung der Gemeindeordnung, trotz der Sistiruugsordre, dennoch<lb/> an einigen Orten vorzugehen. In der That forderte dasselbe Rescript die Re¬<lb/> gierungen zu einer Berichterstattung über diejenigen Fälle ans, wo ihrer Meinung<lb/> nach die Einführung des Gesetzes v. 18!-0 ,,i» der That bereits beendet worden<lb/> und die betreffende Bekanntmachung durch das Amtsblatt noch zulässig sei, oder<lb/> w eun sonst . . . »ach Lage einzelner Fälle besondere Anordnungen nothwendig<lb/> erscheinen." U»d diese Nichtbcachtinig der Sistirnngordre für gewisse Orte be¬<lb/> zeichnet das Rescript, mit der dem Herr» Minister des Innern eigenthümliche»<lb/> Logik, als „Ausführung" derselben. Die Folge, daß noch bis in den November<lb/> hinein in einzelnen Städten, in denen die Beseitigung der Städteordmmg sich ver¬<lb/> zögert hatte, wie in Königsberg, Tilsit, Reiße, trotz der Sistiruugsordre mit<lb/> Einführung der auf Grund der Gemeindeordnung gewählten Behörven vorgegangen<lb/> wurde. Daß die Einführung der Gemeindeordnung am 19. Juni 1832 da<lb/> „in der That bereits beendet worden," wo erst vier Monate später die betreffen¬<lb/> den Behörden in Wirksamkeit treten konnten, wird schwerlich Glauben finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_674" next="#ID_675"> Indeß hat die Wahl zwischen der Städte- und der Gemeindeordmuig der<lb/> Regierung doch einige Qual bereitet, und die Art und Weise, in der sich das</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0224]
Mich aus dieser Uebersicht erhellt, daß in den östlichen Provinzen die Ge-
mcindeorganisation gerade da unterblieben war, wo sie am nothwendigsten war,
und daß hier die Ausführung des Gesetzes v. 1860 kein anderes factisches Re¬
sultat gehabt hat, als die gute alte Städteordnung in zahlreichen Orten außer
Kraft zu setzen. Wer es ert'anne hatte, daß der Geist, der dieses große Gesetz
durchweht, sich zu der Gemeindeordnung v. 1860 verhält, wie die frische freie
Bergluft zu der Atmosphäre einer Polizeistube; wer sich daran erinnerte, daß die
Städte überhaupt nur durch deu Wunsch, den zerfallenden Landgemeinden zu
einer Organisation zu verhelfen, sich bestimmen ließen, die großen Hallen der
Städteordnung mit den eingeschränkte» Mumm des neuen Gesetzes zu vertauschen;
wer nun bemerkte, daß, als über das letztere der Stab gebrochen war, die so
überaus restaurativuslustige Partei an alles Mögliche, nur nicht an die Wieder¬
herstellung der alten Städteordnung dachte: der mochte sich wol zu der Meinung
hinneigen, daß das in deu letzten zwei Jahren in Bezug auf die Städteordnung
gewonnene Resultat, wenn nicht gerade ein beabsichtigtes, so doch mindestens ein
der herrschenden Partei sehr erwünschtes war. Und diese Meinung hat in den
Ereignissen nach der Sistirnngsvrdre eine starke Stütze gewonnen. Die Ordre
v. 19. Juni18!>2 sistirt nämlich ohne Ausnahme die Ausführung des Gesetzes
überall, wo sie noch nicht beendigt war. El» Ministerialrescript v. 21. Juni
bezeichnet als das Moment, mit welchem die Ausführung als beendigt anzusehen
ist, die darüber in dem Amtsblatt erfolgte officielle Anzeige, fügt aber auffallender
Weise hinzu, daß eine solche AnttSblattöbekanutmachuug fernerhin nur mit
ministerieller Zustimmung erfolgen dürfe; woraus die Absicht hervorleuch¬
tete, mit Ausführung der Gemeindeordnung, trotz der Sistiruugsordre, dennoch
an einigen Orten vorzugehen. In der That forderte dasselbe Rescript die Re¬
gierungen zu einer Berichterstattung über diejenigen Fälle ans, wo ihrer Meinung
nach die Einführung des Gesetzes v. 18!-0 ,,i» der That bereits beendet worden
und die betreffende Bekanntmachung durch das Amtsblatt noch zulässig sei, oder
w eun sonst . . . »ach Lage einzelner Fälle besondere Anordnungen nothwendig
erscheinen." U»d diese Nichtbcachtinig der Sistirnngordre für gewisse Orte be¬
zeichnet das Rescript, mit der dem Herr» Minister des Innern eigenthümliche»
Logik, als „Ausführung" derselben. Die Folge, daß noch bis in den November
hinein in einzelnen Städten, in denen die Beseitigung der Städteordmmg sich ver¬
zögert hatte, wie in Königsberg, Tilsit, Reiße, trotz der Sistiruugsordre mit
Einführung der auf Grund der Gemeindeordnung gewählten Behörven vorgegangen
wurde. Daß die Einführung der Gemeindeordnung am 19. Juni 1832 da
„in der That bereits beendet worden," wo erst vier Monate später die betreffen¬
den Behörden in Wirksamkeit treten konnten, wird schwerlich Glauben finden.
Indeß hat die Wahl zwischen der Städte- und der Gemeindeordmuig der
Regierung doch einige Qual bereitet, und die Art und Weise, in der sich das
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