Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.zu verirren drohte. Er verwarf daher auch die Consegueuzen der französischen Unter seine" in Brüssel erschienenen Werken erwähnen wir die "'l'vorm ^ Das Geschick schien den großen Plan einer friedlichen Verjüngung Italiens, Doch der Gang jener friedlichen, von so vielen Hoffnungen getragenen zu verirren drohte. Er verwarf daher auch die Consegueuzen der französischen Unter seine» in Brüssel erschienenen Werken erwähnen wir die „'l'vorm ^ Das Geschick schien den großen Plan einer friedlichen Verjüngung Italiens, Doch der Gang jener friedlichen, von so vielen Hoffnungen getragenen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0213" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186089"/> <p xml:id="ID_638" prev="#ID_637"> zu verirren drohte. Er verwarf daher auch die Consegueuzen der französischen<lb/> und deutschen Schulen, welche die menschliche Bcrnunst von der Herrschaft des<lb/> kirchlichen Dogmas befreit habe». Sein ganzes Bestreben war ein politisches, ein<lb/> Bestreben, dem sein Geist eben so, wie sein Herz, gehörten; er verfolgte ein<lb/> Problem, das seine Politik verwirklichen sollte, das auf dem geistigen Gebiete<lb/> aber nicht gelöst werden kann. In seinen religiösen Anschauungen hatte er viel<lb/> Verwandtschaft mit deu Iansenistcn, wie denn auch Pascal sein Lieblingsschrift¬<lb/> steller war.</p><lb/> <p xml:id="ID_639"> Unter seine» in Brüssel erschienenen Werken erwähnen wir die „'l'vorm ^<lb/> 8ol'r»NÄturaIv (1838), I'wia'»cku/,in>no all'8tniUu ücilg, in»8vin.l (18-is), öl I'ii-<lb/> mato moralv « civile äeßMaUu,in (<8z3), dem die „?roi«Aomkva" zur zwei¬<lb/> ten Ausgabe 18/,ki folgten. Ferner das Buch >,<Jot lZnuno." Im ?rimlilo<lb/> stellte er als sein Programm auf: „Italien bedarf eines Bundes seiner Staaten;<lb/> für diese Staaten Reformen; für diesen Bund einen geistlichen Chef: den Pabst;<lb/> einen militärischen: deu König von Sardinien, den Hüter der Alpen; eine Haupt¬<lb/> stadt: Rom; einen Waffenplatz: Turin; und vor Allen bedarf es für die italieni-<lb/> schen Fürsten des Gefühls der Nationalität, für die vom Ausland beherrschten<lb/> Provinzen des Beispiels vereinigter Kräfte, der Geduld und der Zeit."</p><lb/> <p xml:id="ID_640"> Das Geschick schien den großen Plan einer friedlichen Verjüngung Italiens,<lb/> den Gioberti hegte, zu begünstigen. Auf den strengen, jeder Reform abgeneigten<lb/> Gregor XVl., der übrigens merkwürdiger Weise den bei ihm verklagten Schriften<lb/> Givberti'S, statt sie zu verdammen, Lob gespendet hatte, folgte 1846 Pius IX.<lb/> und begann zum Erstaunen der Welt jene liberale Mission, der eine so traurige<lb/> Umkehr folgen sollte. Carl Albert verließ das System der Unterdrückung und<lb/> Unterordnung an Oesterreich und schloß sich mehr und mehr den neuen Ideen an.<lb/> Eine Entzündung der Geister sür Givberti'ö Politik, durch die hinreißende Macht<lb/> seiner Schriften angeregt, verbreitete sich dnrch die Nation und gewann ihre<lb/> edelsten Kräfte. Sogar die Jesuiten zeigten sich, angezogen dnrch den Salz von<lb/> der weltlichen Herrschaft der Kirche, Gioberti geneigt, eine Freundschaft, die<lb/> dieser jedoch dnrch sein Werk über den „modernen Jesuiten" (18/i7) energisch<lb/> zurückwies, und der dieser berühmten Schrift und der späteren Ereignisse wegen<lb/> der bitterste Haß seitens des mächtigen Ordens folgte.</p><lb/> <p xml:id="ID_641"> Doch der Gang jener friedlichen, von so vielen Hoffnungen getragenen<lb/> Bewegung sollte durch furchtbare Katastrophen in wilde Kämpfe gestürzt, dnrch<lb/> schreckliche Unfälle unterbrochen werden. Das grausame Willkürregiment der<lb/> neapolitanischen Regierung rief die Aufstände von Palermo und Neapel hervor,<lb/> welche nun die regelmäßigeren Fortschritte in Mittel- und Oberitalien fast zu hastig<lb/> vorwärts drängten. In diese schon sehr gespannte Lage schlug der gewaltige<lb/> Anstoß der Februarrevolution, der die Erhebung der Lombardei und den Krieg<lb/> zwischen Piemont und Oesterreich zur unmittelbaren Folge hatte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0213]
zu verirren drohte. Er verwarf daher auch die Consegueuzen der französischen
und deutschen Schulen, welche die menschliche Bcrnunst von der Herrschaft des
kirchlichen Dogmas befreit habe». Sein ganzes Bestreben war ein politisches, ein
Bestreben, dem sein Geist eben so, wie sein Herz, gehörten; er verfolgte ein
Problem, das seine Politik verwirklichen sollte, das auf dem geistigen Gebiete
aber nicht gelöst werden kann. In seinen religiösen Anschauungen hatte er viel
Verwandtschaft mit deu Iansenistcn, wie denn auch Pascal sein Lieblingsschrift¬
steller war.
Unter seine» in Brüssel erschienenen Werken erwähnen wir die „'l'vorm ^
8ol'r»NÄturaIv (1838), I'wia'»cku/,in>no all'8tniUu ücilg, in»8vin.l (18-is), öl I'ii-
mato moralv « civile äeßMaUu,in (<8z3), dem die „?roi«Aomkva" zur zwei¬
ten Ausgabe 18/,ki folgten. Ferner das Buch >,<Jot lZnuno." Im ?rimlilo
stellte er als sein Programm auf: „Italien bedarf eines Bundes seiner Staaten;
für diese Staaten Reformen; für diesen Bund einen geistlichen Chef: den Pabst;
einen militärischen: deu König von Sardinien, den Hüter der Alpen; eine Haupt¬
stadt: Rom; einen Waffenplatz: Turin; und vor Allen bedarf es für die italieni-
schen Fürsten des Gefühls der Nationalität, für die vom Ausland beherrschten
Provinzen des Beispiels vereinigter Kräfte, der Geduld und der Zeit."
Das Geschick schien den großen Plan einer friedlichen Verjüngung Italiens,
den Gioberti hegte, zu begünstigen. Auf den strengen, jeder Reform abgeneigten
Gregor XVl., der übrigens merkwürdiger Weise den bei ihm verklagten Schriften
Givberti'S, statt sie zu verdammen, Lob gespendet hatte, folgte 1846 Pius IX.
und begann zum Erstaunen der Welt jene liberale Mission, der eine so traurige
Umkehr folgen sollte. Carl Albert verließ das System der Unterdrückung und
Unterordnung an Oesterreich und schloß sich mehr und mehr den neuen Ideen an.
Eine Entzündung der Geister sür Givberti'ö Politik, durch die hinreißende Macht
seiner Schriften angeregt, verbreitete sich dnrch die Nation und gewann ihre
edelsten Kräfte. Sogar die Jesuiten zeigten sich, angezogen dnrch den Salz von
der weltlichen Herrschaft der Kirche, Gioberti geneigt, eine Freundschaft, die
dieser jedoch dnrch sein Werk über den „modernen Jesuiten" (18/i7) energisch
zurückwies, und der dieser berühmten Schrift und der späteren Ereignisse wegen
der bitterste Haß seitens des mächtigen Ordens folgte.
Doch der Gang jener friedlichen, von so vielen Hoffnungen getragenen
Bewegung sollte durch furchtbare Katastrophen in wilde Kämpfe gestürzt, dnrch
schreckliche Unfälle unterbrochen werden. Das grausame Willkürregiment der
neapolitanischen Regierung rief die Aufstände von Palermo und Neapel hervor,
welche nun die regelmäßigeren Fortschritte in Mittel- und Oberitalien fast zu hastig
vorwärts drängten. In diese schon sehr gespannte Lage schlug der gewaltige
Anstoß der Februarrevolution, der die Erhebung der Lombardei und den Krieg
zwischen Piemont und Oesterreich zur unmittelbaren Folge hatte.
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