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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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wären leicht wegzuschaffen. In dieser Scene, welche mit Gefangennahme der Kinder
Lea's endigt, verwirren die verschiedenen Stimmungen, welche vom Kriegsschauplatz
gebracht werden, anch die Zuschauer. Der Kampf der Parteien dauert zu lange,
und es würde förderlich für die Aufführung sein, wenn die ganze erste Hälfte
dieser Scene getilgt würde und man nnr den Haß der Einleiten und die Ge¬
fangennahme der Kinder als Folge der Verlornen Schlacht sähe.

Alle Personen sind mit wenigen, ja mageren Umrissen charakterisier, am
ungenügendsten Eleazar. Und in den Situationen ist den Menschen oft nicht
Zeit gelassen, das ihrer Stimmung und ihren Verhältnissen Entsprechende zu
thun und zu sage". Nur einige Beispiele statt vieler. Im Anfang ist festliche
Stille vor dem Hause des Mattathias. Juda tritt auf, einen todten Löwen
über der Schulter; er wirft den Löwen in eine Felsschlucht, Niemand auf der
Scene äußert Frende oder Verwunderung darüber, daß der Feind der Herden
getödtet sei, nicht die kleinen Brüder, nicht die Kränze windenden Mädchen. Die
Mutter begrüßt deu eintretenden Juda mit den Worten: "Zu deines Vaters Fest
kommst du allein u. s. w." Bei diesem Moment tan" die Regie verbessern, was
der Dichter weggelassen hat, etwa durch das stnnime Spiel der Nebenpersonen, die
sie in Gruppe" um Juda und den Felsspalt bewegen wird, oder noch lieber dadurch,
daß sie den Löwen ganz wegläßt. Aber nicht immer ist dergleichen ein leichtes Ver¬
sehen, oft versäumt der Dichter deshalb seine Personen in den einzelnen Situationen
das für sie Naheliegende, Zweckmäßige, Verständige sagen und thun zu lassen,
weil er die jedesmaligen Seelenzustände derselben nicht deutlich und genau genug
empfindet. Als z. B. ,am Ende des ersten Actes Eleazar nach Jerusalem zieht,
dort die Oberpriesterwürde für sich zu erwerben, spricht Juda kein Wort dagegen,
nicht einmal ein Wort der Warnung. Es ist wahr, er ist dem Bruder fremd,
er kaun mit orientalischer Ergebenheit den Willen der Eltern respectiren, er ist
überhaupt kein Manu vo" vielen Worten, aber in diesem Fall muß er, der Klare,
Verständige, Patriotische doch sprechen. Einer von seinem Geschlecht will aus
thörichter Lerblcuduug in die Schlingen der Feinde laufen, er kann als abtrünniger
Bruder des Juda der guten Sache unendlich schaden, er stürzt sich in Gefahren,
die ihn selbst verderben müssen, und gegen das Alles sollte der große, kräftige,
weise Sinn des Juda auch nicht ein Wort finden? Kein Wort, den Knaben, den
eitlen Thoren stark und überlegen zurecht zu weisen, wenigstens die Familie
zu warnen? -- Und ferner, als im zweiten Act Eleazar als Anhänger der Syrer,
als Verführter und Ueberläufer am Todtenbett des Vaters und beim Ausbruch
des Aufstandes gegenwärtig ist, hat Juda wieder kein Wort, keine Handlung für
diese", jetzt, wo es unpolitisch,, unrecht, unverantwortlich ist, den Schwächling
wieder an den Syrcrhof zurückzulassen; versucht er weder durch Gewalt uoch
Grüude ihn abzuhalten. -- Und ähnliche Unvollkommenheiten der Empfindung


wären leicht wegzuschaffen. In dieser Scene, welche mit Gefangennahme der Kinder
Lea's endigt, verwirren die verschiedenen Stimmungen, welche vom Kriegsschauplatz
gebracht werden, anch die Zuschauer. Der Kampf der Parteien dauert zu lange,
und es würde förderlich für die Aufführung sein, wenn die ganze erste Hälfte
dieser Scene getilgt würde und man nnr den Haß der Einleiten und die Ge¬
fangennahme der Kinder als Folge der Verlornen Schlacht sähe.

Alle Personen sind mit wenigen, ja mageren Umrissen charakterisier, am
ungenügendsten Eleazar. Und in den Situationen ist den Menschen oft nicht
Zeit gelassen, das ihrer Stimmung und ihren Verhältnissen Entsprechende zu
thun und zu sage». Nur einige Beispiele statt vieler. Im Anfang ist festliche
Stille vor dem Hause des Mattathias. Juda tritt auf, einen todten Löwen
über der Schulter; er wirft den Löwen in eine Felsschlucht, Niemand auf der
Scene äußert Frende oder Verwunderung darüber, daß der Feind der Herden
getödtet sei, nicht die kleinen Brüder, nicht die Kränze windenden Mädchen. Die
Mutter begrüßt deu eintretenden Juda mit den Worten: „Zu deines Vaters Fest
kommst du allein u. s. w." Bei diesem Moment tan» die Regie verbessern, was
der Dichter weggelassen hat, etwa durch das stnnime Spiel der Nebenpersonen, die
sie in Gruppe» um Juda und den Felsspalt bewegen wird, oder noch lieber dadurch,
daß sie den Löwen ganz wegläßt. Aber nicht immer ist dergleichen ein leichtes Ver¬
sehen, oft versäumt der Dichter deshalb seine Personen in den einzelnen Situationen
das für sie Naheliegende, Zweckmäßige, Verständige sagen und thun zu lassen,
weil er die jedesmaligen Seelenzustände derselben nicht deutlich und genau genug
empfindet. Als z. B. ,am Ende des ersten Actes Eleazar nach Jerusalem zieht,
dort die Oberpriesterwürde für sich zu erwerben, spricht Juda kein Wort dagegen,
nicht einmal ein Wort der Warnung. Es ist wahr, er ist dem Bruder fremd,
er kaun mit orientalischer Ergebenheit den Willen der Eltern respectiren, er ist
überhaupt kein Manu vo» vielen Worten, aber in diesem Fall muß er, der Klare,
Verständige, Patriotische doch sprechen. Einer von seinem Geschlecht will aus
thörichter Lerblcuduug in die Schlingen der Feinde laufen, er kann als abtrünniger
Bruder des Juda der guten Sache unendlich schaden, er stürzt sich in Gefahren,
die ihn selbst verderben müssen, und gegen das Alles sollte der große, kräftige,
weise Sinn des Juda auch nicht ein Wort finden? Kein Wort, den Knaben, den
eitlen Thoren stark und überlegen zurecht zu weisen, wenigstens die Familie
zu warnen? — Und ferner, als im zweiten Act Eleazar als Anhänger der Syrer,
als Verführter und Ueberläufer am Todtenbett des Vaters und beim Ausbruch
des Aufstandes gegenwärtig ist, hat Juda wieder kein Wort, keine Handlung für
diese», jetzt, wo es unpolitisch,, unrecht, unverantwortlich ist, den Schwächling
wieder an den Syrcrhof zurückzulassen; versucht er weder durch Gewalt uoch
Grüude ihn abzuhalten. — Und ähnliche Unvollkommenheiten der Empfindung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/16>, abgerufen am 27.12.2024.