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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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aber gefährlichen Spiel der Speculation keine Verwendung mehr finden konnten
oder wollten, wurden in der soliderer" Bodencultnr angelegt. Daher bemerkte
man außerhalb der Städte eine langsam fortschreitende, aber-solide Entwickelung.
In der Provinz Algier war vor vier Jahren noch das ganze Land zwischen dem
Meere und der Metidschah, von Algier bis Cvleah eine Wüste gewesen; 1846
war dieser Theil der Säbel von Straßen und Wegen durchschnitten; -18 Dörfer,
mehrere Hofe, und eine kleine Stadt Dnera waren daselbst entstanden, und die
arabische Stadt Cvleah war vergrößert und verschönert, und ganz französisch ge¬
worden. Die ländliche Bevölkerung der ganzen Provinz bestand aus 11,258
Köpfen, wovon 7000 Franzosen; sie hatten 7752 Hcctaren als Feld und Garten,
und 14,000 Heetaren als Wiese, Baumgärten'U. s. w. in Cultur. In der Provinz
Constantine machte das Arrondissement Philivpeville große Fortschritte. Die erst
vor 8 Jahren gegründete Stadt zählte bereits 6000 Einwohner und hatte eine
Zolleinnahme von 500,000 Fras. In der Umgebung bevölkerten sich die neuange¬
legter Dörfer, und man zählte bereits 111 besondere Wirthschaften zu einem
Werth von 439,000 Fres. Die ländliche Bevölkerung der Provinz, mit Ausnahme
der Districte von Bona und La Calle, über welche die Angaben fehlen, zählte
1377 Kopfe, die 1258 Hectaren als Feld und Gärten bebaut hatte", und circa
1500 Hectareu als Wiese bewirthschafteten. In der Provinz Orau machte in
diesem Jahre die Kolonisation die raschesten Fortschritte. Man legte zwei neue
Dörfer, Stidia und Se. Leonie an, und bevölkerte sie mit Auswanderern ans
Preußen, die ursprünglich nach Brasilien wollten, aber von den AnswandernngS-
agenten in Dünkirchen im Stiche gelassen worden waren. Leider vermissen wir
nähere Angaben über das Loos, das ihnen in dem neuen Vaterlande geworden.
Aus dem militärischen Posten Dschema-Gazanat wurde die kleine Stadt Nemours,
die 400 Einwohner zählte. Die übrigen Städte nahmen ebenfalls zu, und über¬
haupt ließen sich von den dieses Jahr eingewanderten 1-i,000 Europäern 7000
in der Provinz Oran nieder, während daS an natürlichen Hilfsquellen so reiche
Constantine nur um 918 Einwohner wuchs, und Algier deu verhältnißmäßig
geringen Zuwachs von 6000 neuen Einwohnern erhielt.

Im Ganzen war Ende 1846 die ländliche Bevölkerung Algriens (mit Aus¬
nahme von Bona und La Calle) 16,442 Köpfe stark, worunter 9167 Franzosen.
Die übrige europäische Bevölkerung bestand hauptsächlich ans Spaniern, Italienern,
Mahonneseru und Maltesern. Sie bebaute 12/is4 Hectaren Feld, 15,100 Hcc¬
taren Wiese und circa 2000 Hectaren mit Maulbeerbäumen und Weinstöcke", zu¬
sammen von einem Werth von 23 Millionen Fras.

Die Fortschritte waren allerdings nicht groß für eine 16jährige Occupntiou;
aber die Kolonie war wenigstens aus dem Provisorium herausgetreten, und die
Bevölkerung fing an, sich durch festere Bande a" die neue Heimath zu knüpfen.
Zwischen den Kolonisten entstanden Familienverbindnngen, welche die Verschieden-


aber gefährlichen Spiel der Speculation keine Verwendung mehr finden konnten
oder wollten, wurden in der soliderer» Bodencultnr angelegt. Daher bemerkte
man außerhalb der Städte eine langsam fortschreitende, aber-solide Entwickelung.
In der Provinz Algier war vor vier Jahren noch das ganze Land zwischen dem
Meere und der Metidschah, von Algier bis Cvleah eine Wüste gewesen; 1846
war dieser Theil der Säbel von Straßen und Wegen durchschnitten; -18 Dörfer,
mehrere Hofe, und eine kleine Stadt Dnera waren daselbst entstanden, und die
arabische Stadt Cvleah war vergrößert und verschönert, und ganz französisch ge¬
worden. Die ländliche Bevölkerung der ganzen Provinz bestand aus 11,258
Köpfen, wovon 7000 Franzosen; sie hatten 7752 Hcctaren als Feld und Garten,
und 14,000 Heetaren als Wiese, Baumgärten'U. s. w. in Cultur. In der Provinz
Constantine machte das Arrondissement Philivpeville große Fortschritte. Die erst
vor 8 Jahren gegründete Stadt zählte bereits 6000 Einwohner und hatte eine
Zolleinnahme von 500,000 Fras. In der Umgebung bevölkerten sich die neuange¬
legter Dörfer, und man zählte bereits 111 besondere Wirthschaften zu einem
Werth von 439,000 Fres. Die ländliche Bevölkerung der Provinz, mit Ausnahme
der Districte von Bona und La Calle, über welche die Angaben fehlen, zählte
1377 Kopfe, die 1258 Hectaren als Feld und Gärten bebaut hatte», und circa
1500 Hectareu als Wiese bewirthschafteten. In der Provinz Orau machte in
diesem Jahre die Kolonisation die raschesten Fortschritte. Man legte zwei neue
Dörfer, Stidia und Se. Leonie an, und bevölkerte sie mit Auswanderern ans
Preußen, die ursprünglich nach Brasilien wollten, aber von den AnswandernngS-
agenten in Dünkirchen im Stiche gelassen worden waren. Leider vermissen wir
nähere Angaben über das Loos, das ihnen in dem neuen Vaterlande geworden.
Aus dem militärischen Posten Dschema-Gazanat wurde die kleine Stadt Nemours,
die 400 Einwohner zählte. Die übrigen Städte nahmen ebenfalls zu, und über¬
haupt ließen sich von den dieses Jahr eingewanderten 1-i,000 Europäern 7000
in der Provinz Oran nieder, während daS an natürlichen Hilfsquellen so reiche
Constantine nur um 918 Einwohner wuchs, und Algier deu verhältnißmäßig
geringen Zuwachs von 6000 neuen Einwohnern erhielt.

Im Ganzen war Ende 1846 die ländliche Bevölkerung Algriens (mit Aus¬
nahme von Bona und La Calle) 16,442 Köpfe stark, worunter 9167 Franzosen.
Die übrige europäische Bevölkerung bestand hauptsächlich ans Spaniern, Italienern,
Mahonneseru und Maltesern. Sie bebaute 12/is4 Hectaren Feld, 15,100 Hcc¬
taren Wiese und circa 2000 Hectaren mit Maulbeerbäumen und Weinstöcke», zu¬
sammen von einem Werth von 23 Millionen Fras.

Die Fortschritte waren allerdings nicht groß für eine 16jährige Occupntiou;
aber die Kolonie war wenigstens aus dem Provisorium herausgetreten, und die
Bevölkerung fing an, sich durch festere Bande a» die neue Heimath zu knüpfen.
Zwischen den Kolonisten entstanden Familienverbindnngen, welche die Verschieden-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/141>, abgerufen am 29.06.2024.