Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.hinabsteigt, weil "mhersuchen muß nach einem Paß und endlich im Gais 2,800 F. hinabsteigt, weil »mhersuchen muß nach einem Paß und endlich im Gais 2,800 F. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0097" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94538"/> <p xml:id="ID_241" prev="#ID_240" next="#ID_242"> hinabsteigt, weil »mhersuchen muß nach einem Paß und endlich im Gais 2,800 F.<lb/> hoch ankommt, »in beinah rückwärts S00 Fuß herunter nach dem Flecken Appen-<lb/> zell zu gelangen. Weiche saustgcbogene Wicsenthälcr wechseln vorher mit felsigen<lb/> Waldschluchten, prächtige Rnndstchtcn mit völligem Mangel an Aussicht; kleineren<lb/> und größeren Wasserfällen zur Rechten des Weges begegnen wir in Menge, wäh¬<lb/> rend Kato aus weicher Erde des links ansteigenden Berges die Straße gegraben,<lb/> bald aus hartem Felsen gesprengt werden mußte, Jetzt rauscht ein kleiner Fluß<lb/> wenige Fuß tiefer als unser Weg; Mühlen, Fabriken haben sich daran gestellt,<lb/> um sein Wasser emsig zu.schöpfe», ja sie haben wol noch Raum für kleine Aecker<lb/> und Miniatnrgärten gefunden. Plötzlich wendet sich der Weg, eine gedeckte Brücke<lb/> im Hängewerk überspringt den tückischen Waldbach, welcher so eben noch ein fried¬<lb/> lich spielender Knabe schien und unser Wagen wird kaum von de1> keuchenden<lb/> Rossen erschleppt auf der steil auftlimincnden Straße, zu welcher die wilden<lb/> Waffer aus hanshoher Tiefe heranfranschen, wo sie sich zwischen nackten<lb/> Felsen ein schmales Bett erzwingen, so schmal, daß kaum hier und da eine ver¬<lb/> kümmerte Tanne, welche vorwitzig hinnntertlctierte ans dem Walde der Höhe,><lb/> Zeugniß giebt von den drohenden Gefahren des Wasserkampfes, worein man ziemlich<lb/> senkrecht hinabblickt. Keine menschliche Wohnung vor und rückwärts; die schwebende<lb/> Holzbrücke hinter uns, die wohlgepflcgte Straße unter uns sind die einzigen Zeichen<lb/> menschlicher Cultur: sonst ringsum dichte Fichten- und Tannenwälder, spärlich mit<lb/> Laubholz untermischt, auf den auch den schweizer Bvrbergen eigenen scharfen<lb/> Gipfelspitzen zum Himmel anfragend; mir vielleicht durch eine Lücke ein grüner<lb/> Hag ersichtlich, worauf eine graue Sennhütte ihrer Sommcrbe.wvhner harrt.<lb/> Einzelne Schneestreifen schimmern noch drüben aus dem Nachtdnnkel; hier, dicht am<lb/> Wege trieft noch der letzte ungeschmolzcne Nest des Eiskatarakts, welchen wir im<lb/> Winter mächtig und prächtig die halbe Hohe des Berges herabgestürzt und in seinem<lb/> Sturze erstarrt sahen. Die schweißbedeckten Pferde dampfen, ein kalter Schnee¬<lb/> wind pfeift aus der Lücke, welcher wir entgegenfahren in die brennende Sonnenhitze<lb/> Herein, welche um uns brütet., Da wendet sich von Neuem der Weg, der Wald<lb/> endet zur Rechten, linkshin tritt er zu'den höheren Gipfeln zurück, vorwärts fliegt<lb/> der Blick auf eiues der schönen, sauberen, lichten, wohlhäbigen schweizer Dörfer,<lb/> rechtshin fallen die Berge zu Thal, in Aeckern, Wiesen, Waldstücken schon früh¬<lb/> lingsgrün und prachtvoll geschmückt. Dörfer, Häuser, Thurmspitzen, blinken wo¬<lb/> hin wir schauen und dahinter stehen die zerklüfteten Felsmassen der prachtvollen<lb/> Säntiskette, noch tief eingehüllt in dicken Winterschnee, nur dort in ticfgrauer<lb/> Nacktheit, wo an den senkrechten Wänden, Hörnern und Schluchten sogar die<lb/> leichte Flocke nicht zu hasten vermochte. Dort neben dem Säntis steht der Alt¬<lb/> mann, die Ebenalp, der hohe Kasten, der Kamvrn, die Sigleton in eisiger Maje¬<lb/> stät mitten im aufkeimenden,Grün, scheinbar so nah, daß wir in wenig Stunden<lb/> ihre Gipfel erreicht haben könnten. Doch selbst in gerader Richtung, wenn wir die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0097]
hinabsteigt, weil »mhersuchen muß nach einem Paß und endlich im Gais 2,800 F.
hoch ankommt, »in beinah rückwärts S00 Fuß herunter nach dem Flecken Appen-
zell zu gelangen. Weiche saustgcbogene Wicsenthälcr wechseln vorher mit felsigen
Waldschluchten, prächtige Rnndstchtcn mit völligem Mangel an Aussicht; kleineren
und größeren Wasserfällen zur Rechten des Weges begegnen wir in Menge, wäh¬
rend Kato aus weicher Erde des links ansteigenden Berges die Straße gegraben,
bald aus hartem Felsen gesprengt werden mußte, Jetzt rauscht ein kleiner Fluß
wenige Fuß tiefer als unser Weg; Mühlen, Fabriken haben sich daran gestellt,
um sein Wasser emsig zu.schöpfe», ja sie haben wol noch Raum für kleine Aecker
und Miniatnrgärten gefunden. Plötzlich wendet sich der Weg, eine gedeckte Brücke
im Hängewerk überspringt den tückischen Waldbach, welcher so eben noch ein fried¬
lich spielender Knabe schien und unser Wagen wird kaum von de1> keuchenden
Rossen erschleppt auf der steil auftlimincnden Straße, zu welcher die wilden
Waffer aus hanshoher Tiefe heranfranschen, wo sie sich zwischen nackten
Felsen ein schmales Bett erzwingen, so schmal, daß kaum hier und da eine ver¬
kümmerte Tanne, welche vorwitzig hinnntertlctierte ans dem Walde der Höhe,>
Zeugniß giebt von den drohenden Gefahren des Wasserkampfes, worein man ziemlich
senkrecht hinabblickt. Keine menschliche Wohnung vor und rückwärts; die schwebende
Holzbrücke hinter uns, die wohlgepflcgte Straße unter uns sind die einzigen Zeichen
menschlicher Cultur: sonst ringsum dichte Fichten- und Tannenwälder, spärlich mit
Laubholz untermischt, auf den auch den schweizer Bvrbergen eigenen scharfen
Gipfelspitzen zum Himmel anfragend; mir vielleicht durch eine Lücke ein grüner
Hag ersichtlich, worauf eine graue Sennhütte ihrer Sommcrbe.wvhner harrt.
Einzelne Schneestreifen schimmern noch drüben aus dem Nachtdnnkel; hier, dicht am
Wege trieft noch der letzte ungeschmolzcne Nest des Eiskatarakts, welchen wir im
Winter mächtig und prächtig die halbe Hohe des Berges herabgestürzt und in seinem
Sturze erstarrt sahen. Die schweißbedeckten Pferde dampfen, ein kalter Schnee¬
wind pfeift aus der Lücke, welcher wir entgegenfahren in die brennende Sonnenhitze
Herein, welche um uns brütet., Da wendet sich von Neuem der Weg, der Wald
endet zur Rechten, linkshin tritt er zu'den höheren Gipfeln zurück, vorwärts fliegt
der Blick auf eiues der schönen, sauberen, lichten, wohlhäbigen schweizer Dörfer,
rechtshin fallen die Berge zu Thal, in Aeckern, Wiesen, Waldstücken schon früh¬
lingsgrün und prachtvoll geschmückt. Dörfer, Häuser, Thurmspitzen, blinken wo¬
hin wir schauen und dahinter stehen die zerklüfteten Felsmassen der prachtvollen
Säntiskette, noch tief eingehüllt in dicken Winterschnee, nur dort in ticfgrauer
Nacktheit, wo an den senkrechten Wänden, Hörnern und Schluchten sogar die
leichte Flocke nicht zu hasten vermochte. Dort neben dem Säntis steht der Alt¬
mann, die Ebenalp, der hohe Kasten, der Kamvrn, die Sigleton in eisiger Maje¬
stät mitten im aufkeimenden,Grün, scheinbar so nah, daß wir in wenig Stunden
ihre Gipfel erreicht haben könnten. Doch selbst in gerader Richtung, wenn wir die
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