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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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größer sei, als meine Macht, oder sich weiter erstrecke, als mein Arm." Noch
schwelgt er im Gefühl' seiner Größe, da sterben plötzlich alle seine Unterthanen.
Unvorbereitet zum Tode, wendet er sich vorwurfsvoll an Lucifer, der sich damit
entschuldigt, daß es Gottes Werk sei. Die Welt geht unter und es erfolgt
das jüngste Gericht.

In diesem werden nicht nur alle Menschen erlöst, sondern auch Lucifer mit
seinen Heerschaaren. . Satan erhält seinen alten Thron und seinen frühern Glanz
wieder. "Für die Menschen," sagt der Sohn Gottes, "trug ich den Tod, für
die Teufel trage ich die Sünde, und Tod und Sünde sind die Pein, welche ich
für die Liebe bezahle, die mich vom Himmel hinunterführte, um Meuschen und
Teufel zu erlösen". -- Die Weltseele in eigener Person spricht sich über die Me¬
taphysik des Himmelsaus: "Wie der Mensch sich zu sich selbst verhält, so ist seine
göttliche Idee; aber der Gott, welcher ist, ist nicht der Gott, den die Menschen
anbeten; er ist nicht nur unaussprechlich, sondern auch unbegreiflich". Zwei Punkte
nehmen die Menschen ein im Raum und in der Zeit: halb sind sie Materie,,
halb Form. So ist Gottes Existenz ihr Gegensatz, und Alles ist entweder Gott
oder Nichts, lZswA nMi liondvinx iäsntieal.,. . . Ideal und Wirklichkeit be¬
gegnen sich nur einmal, da, wo reine Unmöglichkeiten Thatsachen sind ("das Un¬
zulängliche, hier ist's Ereigniß") . . . Weltseele und Nothwendigkeit, obgleich im
Leben zweierlei, sind im Wesen eins. Zeit und Leben sind identisch.


"Lud inso muob Sö nilturs is äestro^sa
.In Koa's "ssumption to alpins egtsts
Ol sa ssveoi-ü soul, noosssit^
ünäs in extreme original notlünZness." --

Aus den Festus folgten eine Reihe ähnlicher Gedichte; wir heben das neueste
heraus:

Die Engelwelt. -- Die Scene beginnt mit jder Sphärenmusik, die
in das Herz der Natur eindringt, wie "eine silberne Stickerei am Gewand eines
Mädchens, Alles umgrenzend und verschönernd." -- In einem der reinsten und
glücklichsten Sterne ist eine Versammlung der auserlesensten Engel, die in Fest¬
kleidern um einen goldenen Tisch sitzen, Brod essen, welches aus goldenem Weizen
gebacken ist, den Wein des Lebens trinken und sich mit anderen himmlischen Ver¬
gnügungen der spährischen Ordnung beschäftigen. Zu ihnen gesellt sich ein strah¬
lender Jüngling, "unsterblich wie der Morgen", aber bestaubt vom Wege, den
er zurückgelegt hat; nach den ersten Begrüßungen erhebt er sich und erzählt in
einem sanften Tone, "gleich der Stimme nachdenklichen Schweigens", die Ge¬
schichte von der Schöpfung der Erde und ihrem Fall. Er erzählt sie anders,
als wir sie aus der Bibel kennen, und wir sollten ihm doch wol glauben, da er
Niemand Geringeres.ist, als der Erlöser selbst. "Unbekannt den Engeln, in der
Mitte eines strahlenden Ringes von Welten, ist oder war vielmehr ein lichter


größer sei, als meine Macht, oder sich weiter erstrecke, als mein Arm." Noch
schwelgt er im Gefühl' seiner Größe, da sterben plötzlich alle seine Unterthanen.
Unvorbereitet zum Tode, wendet er sich vorwurfsvoll an Lucifer, der sich damit
entschuldigt, daß es Gottes Werk sei. Die Welt geht unter und es erfolgt
das jüngste Gericht.

In diesem werden nicht nur alle Menschen erlöst, sondern auch Lucifer mit
seinen Heerschaaren. . Satan erhält seinen alten Thron und seinen frühern Glanz
wieder. „Für die Menschen," sagt der Sohn Gottes, „trug ich den Tod, für
die Teufel trage ich die Sünde, und Tod und Sünde sind die Pein, welche ich
für die Liebe bezahle, die mich vom Himmel hinunterführte, um Meuschen und
Teufel zu erlösen". — Die Weltseele in eigener Person spricht sich über die Me¬
taphysik des Himmelsaus: „Wie der Mensch sich zu sich selbst verhält, so ist seine
göttliche Idee; aber der Gott, welcher ist, ist nicht der Gott, den die Menschen
anbeten; er ist nicht nur unaussprechlich, sondern auch unbegreiflich". Zwei Punkte
nehmen die Menschen ein im Raum und in der Zeit: halb sind sie Materie,,
halb Form. So ist Gottes Existenz ihr Gegensatz, und Alles ist entweder Gott
oder Nichts, lZswA nMi liondvinx iäsntieal.,. . . Ideal und Wirklichkeit be¬
gegnen sich nur einmal, da, wo reine Unmöglichkeiten Thatsachen sind („das Un¬
zulängliche, hier ist's Ereigniß") . . . Weltseele und Nothwendigkeit, obgleich im
Leben zweierlei, sind im Wesen eins. Zeit und Leben sind identisch.


„Lud inso muob Sö nilturs is äestro^sa
.In Koa's «ssumption to alpins egtsts
Ol sa ssveoi-ü soul, noosssit^
ünäs in extreme original notlünZness." —

Aus den Festus folgten eine Reihe ähnlicher Gedichte; wir heben das neueste
heraus:

Die Engelwelt. — Die Scene beginnt mit jder Sphärenmusik, die
in das Herz der Natur eindringt, wie „eine silberne Stickerei am Gewand eines
Mädchens, Alles umgrenzend und verschönernd." — In einem der reinsten und
glücklichsten Sterne ist eine Versammlung der auserlesensten Engel, die in Fest¬
kleidern um einen goldenen Tisch sitzen, Brod essen, welches aus goldenem Weizen
gebacken ist, den Wein des Lebens trinken und sich mit anderen himmlischen Ver¬
gnügungen der spährischen Ordnung beschäftigen. Zu ihnen gesellt sich ein strah¬
lender Jüngling, „unsterblich wie der Morgen", aber bestaubt vom Wege, den
er zurückgelegt hat; nach den ersten Begrüßungen erhebt er sich und erzählt in
einem sanften Tone, „gleich der Stimme nachdenklichen Schweigens", die Ge¬
schichte von der Schöpfung der Erde und ihrem Fall. Er erzählt sie anders,
als wir sie aus der Bibel kennen, und wir sollten ihm doch wol glauben, da er
Niemand Geringeres.ist, als der Erlöser selbst. „Unbekannt den Engeln, in der
Mitte eines strahlenden Ringes von Welten, ist oder war vielmehr ein lichter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/400>, abgerufen am 22.12.2024.