Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.dem Ministerium und ward durch eine sehr wenig bekannte Persönlichkeit, den Einige Wochen nach der Eröffnung der Cortes kehrte auch Narvaez, der Am 5. December brachte der Telegraph der spanischen Hauptstadt die Nach¬ dem Ministerium und ward durch eine sehr wenig bekannte Persönlichkeit, den Einige Wochen nach der Eröffnung der Cortes kehrte auch Narvaez, der Am 5. December brachte der Telegraph der spanischen Hauptstadt die Nach¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0380" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94821"/> <p xml:id="ID_1138" prev="#ID_1137"> dem Ministerium und ward durch eine sehr wenig bekannte Persönlichkeit, den<lb/> Senator Reinoso, ersetzt. Da die Cortes zum S. November einberufen waren,<lb/> so suchte die Negierung sich durch einen umfassenden Senatorenschub Anhänger<lb/> zu sichern. Am 3-1. October wurde die Liste von öl neuen Senatoren in der<lb/> Gazeta veröffentlicht, unter denen sich unter Andern der Marquis v. Valdegamas<lb/> und sechs gemäßigte Progresststen befanden, letzteres ein Beweis, daß man noch<lb/> immer es für nöthig hielt, wenigstens den Schein einer constitutionellen Politik<lb/> zu beobachten. Die Progresststen wurden dnrch diese Bewilligung übrigens nicht<lb/> in ihrer Opposition gesänftigt, sondern richteten namentlich wegen des Concordatcs<lb/> und der Verfolgungen der Presse die bittersten Angriffe gegen die Minister.<lb/> Einen schweren Verlust hatte diese Partei durch deu Austritt Cortiua's aus ihren<lb/> Reihen erlitten, der, nachdem er schon seit einiger Zeit.conscrvativere Neigungen<lb/> gezeigt hatte, bei den letzten Wahlen offen'von seinen bisherigen Genossen zu¬<lb/> rücktrat, ohne sich deshalb ausdrücklich einer andern politischen Verbindung anzu¬<lb/> schließen. Man schrieb dieses Verhalten einer Annäherung Cortiua's an die<lb/> Politik, der Königin Mutter zu, wofür indeß Beweise noch nicht vorliege«. Es<lb/> ist daher erlaubt, zu zweifeln, daß ein Mann, dessen öffentliche Laufbahn bis<lb/> jetzt ein ehrenvoller und unverzagter Kampf für die freien Institutionen seines<lb/> Landes gewesen ist, sich den gefährlichsten Feinden derselben in einem Augenblicke<lb/> anschließen sollte, wo alle Mittel zu ihrem Sturz in Bewegung gesetzt werden. "</p><lb/> <p xml:id="ID_1139"> Einige Wochen nach der Eröffnung der Cortes kehrte auch Narvaez, der<lb/> seither in Paris und theilweise in England sich aufgehalten hatte, nach Madrid<lb/> zurück, um seineu Platz im Senat einzunehmen. Das Ministerium war so in<lb/> Sorge vor diesem schweigsamen, aber furchtbaren Gegner, daß es ans die Nach¬<lb/> richt seiner bevorstehenden Ankunft den General Armero, einen Bruder des Marine-<lb/> ministers und tödtlichen Feind des Herzogs von Valencia, zum Militairgonverneur<lb/> von Madrid ernannte. Ans demselben Grnnde erfreute sich der General Pavia,<lb/> ein bei der Armee wenig geachteter Officier, der entschiedensten Begünstigung der<lb/> Gewalthaber. Narvaez war offenbar in genauer Kenntniß der Dinge, die in<lb/> Paris im Begriff waren, vollbracht zu werden; er sah eben so deutlich ihre Rück¬<lb/> wirkung auf Spanien voraus. Aus der Art seines Abschiedes von Paris und<lb/> noch mehr aus seinem Austreten im Senat scheint jedoch hervorzugehen, daß er<lb/> uicht geneigt war, das Werkzeug der Politik Louis Napoleon's in Spanien zu<lb/> werden. Wenige Tage vor dem Eintreffen der Nachricht über die Ereignisse des<lb/> zweiten December in Madrid äußerte der Herzog vou Valencia gelegentlich im<lb/> Senat, die Zeit sei nahe, wo alle Freunde der liberalen Institutionen Spaniens<lb/> sich zu deren Vertheidigung zusammenschaaren müßten, Worte, welche den Un¬<lb/> willen des Hofes gegen Narvaez aufs Höchste steigerten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1140" next="#ID_1141"> Am 5. December brachte der Telegraph der spanischen Hauptstadt die Nach¬<lb/> richt des bonapartistischen Staatsstreichs. B. Murillo theilte sie im Kongreß mit</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0380]
dem Ministerium und ward durch eine sehr wenig bekannte Persönlichkeit, den
Senator Reinoso, ersetzt. Da die Cortes zum S. November einberufen waren,
so suchte die Negierung sich durch einen umfassenden Senatorenschub Anhänger
zu sichern. Am 3-1. October wurde die Liste von öl neuen Senatoren in der
Gazeta veröffentlicht, unter denen sich unter Andern der Marquis v. Valdegamas
und sechs gemäßigte Progresststen befanden, letzteres ein Beweis, daß man noch
immer es für nöthig hielt, wenigstens den Schein einer constitutionellen Politik
zu beobachten. Die Progresststen wurden dnrch diese Bewilligung übrigens nicht
in ihrer Opposition gesänftigt, sondern richteten namentlich wegen des Concordatcs
und der Verfolgungen der Presse die bittersten Angriffe gegen die Minister.
Einen schweren Verlust hatte diese Partei durch deu Austritt Cortiua's aus ihren
Reihen erlitten, der, nachdem er schon seit einiger Zeit.conscrvativere Neigungen
gezeigt hatte, bei den letzten Wahlen offen'von seinen bisherigen Genossen zu¬
rücktrat, ohne sich deshalb ausdrücklich einer andern politischen Verbindung anzu¬
schließen. Man schrieb dieses Verhalten einer Annäherung Cortiua's an die
Politik, der Königin Mutter zu, wofür indeß Beweise noch nicht vorliege«. Es
ist daher erlaubt, zu zweifeln, daß ein Mann, dessen öffentliche Laufbahn bis
jetzt ein ehrenvoller und unverzagter Kampf für die freien Institutionen seines
Landes gewesen ist, sich den gefährlichsten Feinden derselben in einem Augenblicke
anschließen sollte, wo alle Mittel zu ihrem Sturz in Bewegung gesetzt werden. "
Einige Wochen nach der Eröffnung der Cortes kehrte auch Narvaez, der
seither in Paris und theilweise in England sich aufgehalten hatte, nach Madrid
zurück, um seineu Platz im Senat einzunehmen. Das Ministerium war so in
Sorge vor diesem schweigsamen, aber furchtbaren Gegner, daß es ans die Nach¬
richt seiner bevorstehenden Ankunft den General Armero, einen Bruder des Marine-
ministers und tödtlichen Feind des Herzogs von Valencia, zum Militairgonverneur
von Madrid ernannte. Ans demselben Grnnde erfreute sich der General Pavia,
ein bei der Armee wenig geachteter Officier, der entschiedensten Begünstigung der
Gewalthaber. Narvaez war offenbar in genauer Kenntniß der Dinge, die in
Paris im Begriff waren, vollbracht zu werden; er sah eben so deutlich ihre Rück¬
wirkung auf Spanien voraus. Aus der Art seines Abschiedes von Paris und
noch mehr aus seinem Austreten im Senat scheint jedoch hervorzugehen, daß er
uicht geneigt war, das Werkzeug der Politik Louis Napoleon's in Spanien zu
werden. Wenige Tage vor dem Eintreffen der Nachricht über die Ereignisse des
zweiten December in Madrid äußerte der Herzog vou Valencia gelegentlich im
Senat, die Zeit sei nahe, wo alle Freunde der liberalen Institutionen Spaniens
sich zu deren Vertheidigung zusammenschaaren müßten, Worte, welche den Un¬
willen des Hofes gegen Narvaez aufs Höchste steigerten.
Am 5. December brachte der Telegraph der spanischen Hauptstadt die Nach¬
richt des bonapartistischen Staatsstreichs. B. Murillo theilte sie im Kongreß mit
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |