Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

General ist ein Denkmal errichtet worden, und an die gefallenen Soldaten erinnert
die Inschrift ans einer Marmortafel unweit der ?urts V-riet: ^ux braves north
avoient Oortswnlinö su 1836 et 1837. In merkantilischer Beziehung' ist Kon¬
stantine für die Franzosen von keinem großen Werth, wol aber in militärischer.
Durch die Einnahme dieser Stadt sind sie in dem sichern Besitz einer weiten Strecke
des schönsten, von der Natur fast überreich gesegneten Landes gekommen, wo Hun-
derttausende europäische Colonisten eine neue Heimat!) finden können und den
guten Ruf, welchen das fruchtbare Land zu der Römer Zeit hatte, wiederherstellen.
Freilich werden darüber noch Decennien hingehen, und die ersten Colonisten
müssen ein Leben voll Entbehrungen und Opfer führen, und der Franzose eignet
sich besser zum Erwerben, als zu ruhiger, restguirter Arbeit, dazu fehlt ihm
Ausdauer und der zähe, unerschütterliche Wille. Doch ist die Colonie bereits
jetzt in sehr erfreulichem Fortschritt begriffen, und die Production nimmt jährlich zu.

Vor mir lag eine lachende Landschaft, von den Strahlen der Morgensonne
wann beleuchtet, schön und üppig, wie ein irdisches Paradies.

Hohe Dattelpalmen bald allein, bald in größeren oder kleineren Gruppen
vereinigt, standen überall umher, und schon durch sie allein erhielt die Gegeud
den echt morgenländischen Charakter, Wäldchen von hochstämmigen Orangenbäumen,
theils mit goldenen Früchten, theils noch mit den weißen süßduftenden Blüthen,
bedeckt, waren an den niederen geschützten Stellen des Thales sichtbar. Blü¬
hende Sträucher aller Art, prächtige Granaten, mit ihren dunkel-purpurnen
Blüthenkelchen, Aloen, Cactusse, Stachelfeigen, Johannisbrodbäume, und
manche Arten von Gesträuchen, deren Namen ich als Nichtbotnniker nicht kannte,
faßten den Weg ein,, während die Felder und Wiesen mit dem buntfarbigsten
Blumenflor wie mit einem dichten Sammetteppich ,in den verschiedensten Mustern
bedeckt waren, der schnellrauschende Fluß Rummel, dessen Wasser dicht bei Kon¬
stantine einen so großartigen Wasserfall bilden, durchschlängelte in merklich mäan¬
drischen Krümmungen das ganze schöne Thal. Ihm verdankt dasselbe den üppigen
Pflanzenwuchs; seiue abgeleiteten Gewässer geben der ganzen Pflanzenwelt die
Kraft, der oft furchtbaren Hitze zu trotzen. Einen eigenthümlichen lCharakter
gaben der ganzen Landschaft die vielen weißen "Minarets ", die man häufig unter
dem Schatten hochstämmiger Cypressen aus den Kuppen kleiner Hügel liegen sah,
es waren die Grabmäler berühmter "Marabuts", denen das Volk dieselben
ihrer besondern Frömmigkeit und Heiligkeit wegen gesetzt hatte; auch an einigen
arabischen "Donars" (Dörfer) kamen wir vorbei. Die Zelte derselben sahen
besser und weniger nomadenhaft aus, als ich sie bisher in Algerien noch gesehen,
hatte. Ihre Bewohner schienen ihrem nomadenartigen Leben schon mehr entsagt,
und sich dem Ackerbau hingegeben zu haben. Manche Felder waren sehr gut
und fast nach europäischer Sitte mit Gerste oder Mais bestellt, andere trugen
Bohnen, Melonen und ähnliche Gartengewächse. Auch an eini.gen Ansiedlungen


General ist ein Denkmal errichtet worden, und an die gefallenen Soldaten erinnert
die Inschrift ans einer Marmortafel unweit der ?urts V-riet: ^ux braves north
avoient Oortswnlinö su 1836 et 1837. In merkantilischer Beziehung' ist Kon¬
stantine für die Franzosen von keinem großen Werth, wol aber in militärischer.
Durch die Einnahme dieser Stadt sind sie in dem sichern Besitz einer weiten Strecke
des schönsten, von der Natur fast überreich gesegneten Landes gekommen, wo Hun-
derttausende europäische Colonisten eine neue Heimat!) finden können und den
guten Ruf, welchen das fruchtbare Land zu der Römer Zeit hatte, wiederherstellen.
Freilich werden darüber noch Decennien hingehen, und die ersten Colonisten
müssen ein Leben voll Entbehrungen und Opfer führen, und der Franzose eignet
sich besser zum Erwerben, als zu ruhiger, restguirter Arbeit, dazu fehlt ihm
Ausdauer und der zähe, unerschütterliche Wille. Doch ist die Colonie bereits
jetzt in sehr erfreulichem Fortschritt begriffen, und die Production nimmt jährlich zu.

Vor mir lag eine lachende Landschaft, von den Strahlen der Morgensonne
wann beleuchtet, schön und üppig, wie ein irdisches Paradies.

Hohe Dattelpalmen bald allein, bald in größeren oder kleineren Gruppen
vereinigt, standen überall umher, und schon durch sie allein erhielt die Gegeud
den echt morgenländischen Charakter, Wäldchen von hochstämmigen Orangenbäumen,
theils mit goldenen Früchten, theils noch mit den weißen süßduftenden Blüthen,
bedeckt, waren an den niederen geschützten Stellen des Thales sichtbar. Blü¬
hende Sträucher aller Art, prächtige Granaten, mit ihren dunkel-purpurnen
Blüthenkelchen, Aloen, Cactusse, Stachelfeigen, Johannisbrodbäume, und
manche Arten von Gesträuchen, deren Namen ich als Nichtbotnniker nicht kannte,
faßten den Weg ein,, während die Felder und Wiesen mit dem buntfarbigsten
Blumenflor wie mit einem dichten Sammetteppich ,in den verschiedensten Mustern
bedeckt waren, der schnellrauschende Fluß Rummel, dessen Wasser dicht bei Kon¬
stantine einen so großartigen Wasserfall bilden, durchschlängelte in merklich mäan¬
drischen Krümmungen das ganze schöne Thal. Ihm verdankt dasselbe den üppigen
Pflanzenwuchs; seiue abgeleiteten Gewässer geben der ganzen Pflanzenwelt die
Kraft, der oft furchtbaren Hitze zu trotzen. Einen eigenthümlichen lCharakter
gaben der ganzen Landschaft die vielen weißen „Minarets ", die man häufig unter
dem Schatten hochstämmiger Cypressen aus den Kuppen kleiner Hügel liegen sah,
es waren die Grabmäler berühmter „Marabuts", denen das Volk dieselben
ihrer besondern Frömmigkeit und Heiligkeit wegen gesetzt hatte; auch an einigen
arabischen „Donars" (Dörfer) kamen wir vorbei. Die Zelte derselben sahen
besser und weniger nomadenhaft aus, als ich sie bisher in Algerien noch gesehen,
hatte. Ihre Bewohner schienen ihrem nomadenartigen Leben schon mehr entsagt,
und sich dem Ackerbau hingegeben zu haben. Manche Felder waren sehr gut
und fast nach europäischer Sitte mit Gerste oder Mais bestellt, andere trugen
Bohnen, Melonen und ähnliche Gartengewächse. Auch an eini.gen Ansiedlungen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0338" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94779"/>
          <p xml:id="ID_1009" prev="#ID_1008"> General ist ein Denkmal errichtet worden, und an die gefallenen Soldaten erinnert<lb/>
die Inschrift ans einer Marmortafel unweit der ?urts V-riet: ^ux braves north<lb/>
avoient Oortswnlinö su 1836 et 1837. In merkantilischer Beziehung' ist Kon¬<lb/>
stantine für die Franzosen von keinem großen Werth, wol aber in militärischer.<lb/>
Durch die Einnahme dieser Stadt sind sie in dem sichern Besitz einer weiten Strecke<lb/>
des schönsten, von der Natur fast überreich gesegneten Landes gekommen, wo Hun-<lb/>
derttausende europäische Colonisten eine neue Heimat!) finden können und den<lb/>
guten Ruf, welchen das fruchtbare Land zu der Römer Zeit hatte, wiederherstellen.<lb/>
Freilich werden darüber noch Decennien hingehen, und die ersten Colonisten<lb/>
müssen ein Leben voll Entbehrungen und Opfer führen, und der Franzose eignet<lb/>
sich besser zum Erwerben, als zu ruhiger, restguirter Arbeit, dazu fehlt ihm<lb/>
Ausdauer und der zähe, unerschütterliche Wille. Doch ist die Colonie bereits<lb/>
jetzt in sehr erfreulichem Fortschritt begriffen, und die Production nimmt jährlich zu.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1010"> Vor mir lag eine lachende Landschaft, von den Strahlen der Morgensonne<lb/>
wann beleuchtet, schön und üppig, wie ein irdisches Paradies.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1011" next="#ID_1012"> Hohe Dattelpalmen bald allein, bald in größeren oder kleineren Gruppen<lb/>
vereinigt, standen überall umher, und schon durch sie allein erhielt die Gegeud<lb/>
den echt morgenländischen Charakter, Wäldchen von hochstämmigen Orangenbäumen,<lb/>
theils mit goldenen Früchten, theils noch mit den weißen süßduftenden Blüthen,<lb/>
bedeckt, waren an den niederen geschützten Stellen des Thales sichtbar. Blü¬<lb/>
hende Sträucher aller Art, prächtige Granaten, mit ihren dunkel-purpurnen<lb/>
Blüthenkelchen, Aloen, Cactusse, Stachelfeigen, Johannisbrodbäume, und<lb/>
manche Arten von Gesträuchen, deren Namen ich als Nichtbotnniker nicht kannte,<lb/>
faßten den Weg ein,, während die Felder und Wiesen mit dem buntfarbigsten<lb/>
Blumenflor wie mit einem dichten Sammetteppich ,in den verschiedensten Mustern<lb/>
bedeckt waren, der schnellrauschende Fluß Rummel, dessen Wasser dicht bei Kon¬<lb/>
stantine einen so großartigen Wasserfall bilden, durchschlängelte in merklich mäan¬<lb/>
drischen Krümmungen das ganze schöne Thal. Ihm verdankt dasselbe den üppigen<lb/>
Pflanzenwuchs; seiue abgeleiteten Gewässer geben der ganzen Pflanzenwelt die<lb/>
Kraft, der oft furchtbaren Hitze zu trotzen. Einen eigenthümlichen lCharakter<lb/>
gaben der ganzen Landschaft die vielen weißen &#x201E;Minarets ", die man häufig unter<lb/>
dem Schatten hochstämmiger Cypressen aus den Kuppen kleiner Hügel liegen sah,<lb/>
es waren die Grabmäler berühmter &#x201E;Marabuts", denen das Volk dieselben<lb/>
ihrer besondern Frömmigkeit und Heiligkeit wegen gesetzt hatte; auch an einigen<lb/>
arabischen &#x201E;Donars" (Dörfer) kamen wir vorbei. Die Zelte derselben sahen<lb/>
besser und weniger nomadenhaft aus, als ich sie bisher in Algerien noch gesehen,<lb/>
hatte. Ihre Bewohner schienen ihrem nomadenartigen Leben schon mehr entsagt,<lb/>
und sich dem Ackerbau hingegeben zu haben. Manche Felder waren sehr gut<lb/>
und fast nach europäischer Sitte mit Gerste oder Mais bestellt, andere trugen<lb/>
Bohnen, Melonen und ähnliche Gartengewächse.  Auch an eini.gen Ansiedlungen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0338] General ist ein Denkmal errichtet worden, und an die gefallenen Soldaten erinnert die Inschrift ans einer Marmortafel unweit der ?urts V-riet: ^ux braves north avoient Oortswnlinö su 1836 et 1837. In merkantilischer Beziehung' ist Kon¬ stantine für die Franzosen von keinem großen Werth, wol aber in militärischer. Durch die Einnahme dieser Stadt sind sie in dem sichern Besitz einer weiten Strecke des schönsten, von der Natur fast überreich gesegneten Landes gekommen, wo Hun- derttausende europäische Colonisten eine neue Heimat!) finden können und den guten Ruf, welchen das fruchtbare Land zu der Römer Zeit hatte, wiederherstellen. Freilich werden darüber noch Decennien hingehen, und die ersten Colonisten müssen ein Leben voll Entbehrungen und Opfer führen, und der Franzose eignet sich besser zum Erwerben, als zu ruhiger, restguirter Arbeit, dazu fehlt ihm Ausdauer und der zähe, unerschütterliche Wille. Doch ist die Colonie bereits jetzt in sehr erfreulichem Fortschritt begriffen, und die Production nimmt jährlich zu. Vor mir lag eine lachende Landschaft, von den Strahlen der Morgensonne wann beleuchtet, schön und üppig, wie ein irdisches Paradies. Hohe Dattelpalmen bald allein, bald in größeren oder kleineren Gruppen vereinigt, standen überall umher, und schon durch sie allein erhielt die Gegeud den echt morgenländischen Charakter, Wäldchen von hochstämmigen Orangenbäumen, theils mit goldenen Früchten, theils noch mit den weißen süßduftenden Blüthen, bedeckt, waren an den niederen geschützten Stellen des Thales sichtbar. Blü¬ hende Sträucher aller Art, prächtige Granaten, mit ihren dunkel-purpurnen Blüthenkelchen, Aloen, Cactusse, Stachelfeigen, Johannisbrodbäume, und manche Arten von Gesträuchen, deren Namen ich als Nichtbotnniker nicht kannte, faßten den Weg ein,, während die Felder und Wiesen mit dem buntfarbigsten Blumenflor wie mit einem dichten Sammetteppich ,in den verschiedensten Mustern bedeckt waren, der schnellrauschende Fluß Rummel, dessen Wasser dicht bei Kon¬ stantine einen so großartigen Wasserfall bilden, durchschlängelte in merklich mäan¬ drischen Krümmungen das ganze schöne Thal. Ihm verdankt dasselbe den üppigen Pflanzenwuchs; seiue abgeleiteten Gewässer geben der ganzen Pflanzenwelt die Kraft, der oft furchtbaren Hitze zu trotzen. Einen eigenthümlichen lCharakter gaben der ganzen Landschaft die vielen weißen „Minarets ", die man häufig unter dem Schatten hochstämmiger Cypressen aus den Kuppen kleiner Hügel liegen sah, es waren die Grabmäler berühmter „Marabuts", denen das Volk dieselben ihrer besondern Frömmigkeit und Heiligkeit wegen gesetzt hatte; auch an einigen arabischen „Donars" (Dörfer) kamen wir vorbei. Die Zelte derselben sahen besser und weniger nomadenhaft aus, als ich sie bisher in Algerien noch gesehen, hatte. Ihre Bewohner schienen ihrem nomadenartigen Leben schon mehr entsagt, und sich dem Ackerbau hingegeben zu haben. Manche Felder waren sehr gut und fast nach europäischer Sitte mit Gerste oder Mais bestellt, andere trugen Bohnen, Melonen und ähnliche Gartengewächse. Auch an eini.gen Ansiedlungen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/338
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/338>, abgerufen am 22.12.2024.