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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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einander wechselnden Gesichtern herauszufinden, könnte ein wenig Trunkenheit
viele Verbrechen verursachen. Es giebt jedoch überall Leute, die um jeden Preis
trinken müssen, und für diese sind die heimlichen Grogschenken in jedem Gold¬
distrikt vorhanden, die in abgelegenen Winkeln sich vor den Nachforschungen der
Polizei verstecken. Dennoch giebt es Beispiele, ^vo ein Betrunkener seine Gold¬
flasche verloren, und sie von dem Finder freiwillig wiederbekommen hatte. Für
den- gesetzlosesten uuter deu Golddistrikteu gilt Bakkarat, aber auch hier kamen
in vier Wochen mir ein Mord und zwei oder drei gewaltsame Diebstähle vor --
gewiß ein wahres Paradies der Unschuld gegen die Placers in Californien.

Wir wollen nun uoch dem Goldgräber Schritt für Schritt auf deu Schau¬
platz seiner Thätigkeit folgen. Eine Gesellschaft, die gemeinsam arbeiten will, hat
glücklich alle Schwierigkeiten der Reise überwunden, und ist auf dem Goldfelde
augelangt. Wenn sie nicht so glücklich ist, in dem Augenblicke der Eröffnung
neuer Gruben, oder wenn Stellen noch unbesetzt siud, eingetroffen zu sein, so
muß sie erst eine aufsuchen oder "prvspectiren." Einige von der Gesellschaft
nehmen,das Eigenthum derselben unter ihre Obhut, während die Anderen mit
der Spitzhacke, dem Spaten und der Prospectirpfanne die Prvspectirreise an¬
treten. Diese Pfanne ist weiter nichts, als eine große runde flache Schüssel von
Weißblech, in welche sie, wenn sie einen geeigneten Ort gesunden zu haben glau¬
ben, einen Spaten voll Erde und Steine werfen und dies nach dem Bach hin¬
untertragen, wo sie die Schüssel ins Wasser tauchen und derb schütteln, damit
die Goldkörner durch die obere Schicht der in Bewegung erhaltenen Erde und
Steine hinabsinken können. Dann halt man die Schüssel so, daß das abfließende
Wasser die geschüttelte Erde mit fortnimmt, taucht die Schüssel wieder in's Was¬
ser, und wiederholt deu frühern einfachen Proceß, bis alle Erde weggeschwemmt
ist, und nnr das Gold übrig bleibt. Findet man eine die Arbeit lohnende
Quantität Gold in der Prvbeschaufel, so sucht man sich am Ufer des Baches
einen geeigneten Platz zur Aufstellung der Wiege aus. Diese Wiege ist ganz
wie unsere Kinderwiege.geformt, nur daß sie noch einen aufrechtstehenden Hand¬
griff hat, ,und dient nur dazu, ein an dem einen Ende befindliches eisernes
Sieb in Bewegung zu setzen. Uuter diesem Siebe ist ein abwärts geneigtes Bret
befestigt, welches zwei quernberlaufende Leisten der Länge nach in drei fast gleiche
Theile theilen. Die Erde und die Steine werden in das Sieb geworfen,- und
die Wiege muß nun kräftig in Bewegung gesetzt, und Wasser beständig znge-,
gössen werden, um den Schlamm, deu Thon und die Erde gehörig von den
Steinen zu scheiden. Ist dies geschehen, so lehrt der erste Blick, ob sich größere
Stücke Gold unter den Steinen befinden -- obgleich die Gefahr, sie ungeprüft
wegzuwerfen nicht sehr groß ^ ist, da sehr selten welche vorkommen. Nun wird
das Sieb von neuem gefüllt und dieselbe Procedur wiederholt, bis sich genng
Schlamm an den Leisten angesetzt hat, den mau sorgfältig abkratzt. Aus


einander wechselnden Gesichtern herauszufinden, könnte ein wenig Trunkenheit
viele Verbrechen verursachen. Es giebt jedoch überall Leute, die um jeden Preis
trinken müssen, und für diese sind die heimlichen Grogschenken in jedem Gold¬
distrikt vorhanden, die in abgelegenen Winkeln sich vor den Nachforschungen der
Polizei verstecken. Dennoch giebt es Beispiele, ^vo ein Betrunkener seine Gold¬
flasche verloren, und sie von dem Finder freiwillig wiederbekommen hatte. Für
den- gesetzlosesten uuter deu Golddistrikteu gilt Bakkarat, aber auch hier kamen
in vier Wochen mir ein Mord und zwei oder drei gewaltsame Diebstähle vor —
gewiß ein wahres Paradies der Unschuld gegen die Placers in Californien.

Wir wollen nun uoch dem Goldgräber Schritt für Schritt auf deu Schau¬
platz seiner Thätigkeit folgen. Eine Gesellschaft, die gemeinsam arbeiten will, hat
glücklich alle Schwierigkeiten der Reise überwunden, und ist auf dem Goldfelde
augelangt. Wenn sie nicht so glücklich ist, in dem Augenblicke der Eröffnung
neuer Gruben, oder wenn Stellen noch unbesetzt siud, eingetroffen zu sein, so
muß sie erst eine aufsuchen oder „prvspectiren." Einige von der Gesellschaft
nehmen,das Eigenthum derselben unter ihre Obhut, während die Anderen mit
der Spitzhacke, dem Spaten und der Prospectirpfanne die Prvspectirreise an¬
treten. Diese Pfanne ist weiter nichts, als eine große runde flache Schüssel von
Weißblech, in welche sie, wenn sie einen geeigneten Ort gesunden zu haben glau¬
ben, einen Spaten voll Erde und Steine werfen und dies nach dem Bach hin¬
untertragen, wo sie die Schüssel ins Wasser tauchen und derb schütteln, damit
die Goldkörner durch die obere Schicht der in Bewegung erhaltenen Erde und
Steine hinabsinken können. Dann halt man die Schüssel so, daß das abfließende
Wasser die geschüttelte Erde mit fortnimmt, taucht die Schüssel wieder in's Was¬
ser, und wiederholt deu frühern einfachen Proceß, bis alle Erde weggeschwemmt
ist, und nnr das Gold übrig bleibt. Findet man eine die Arbeit lohnende
Quantität Gold in der Prvbeschaufel, so sucht man sich am Ufer des Baches
einen geeigneten Platz zur Aufstellung der Wiege aus. Diese Wiege ist ganz
wie unsere Kinderwiege.geformt, nur daß sie noch einen aufrechtstehenden Hand¬
griff hat, ,und dient nur dazu, ein an dem einen Ende befindliches eisernes
Sieb in Bewegung zu setzen. Uuter diesem Siebe ist ein abwärts geneigtes Bret
befestigt, welches zwei quernberlaufende Leisten der Länge nach in drei fast gleiche
Theile theilen. Die Erde und die Steine werden in das Sieb geworfen,- und
die Wiege muß nun kräftig in Bewegung gesetzt, und Wasser beständig znge-,
gössen werden, um den Schlamm, deu Thon und die Erde gehörig von den
Steinen zu scheiden. Ist dies geschehen, so lehrt der erste Blick, ob sich größere
Stücke Gold unter den Steinen befinden — obgleich die Gefahr, sie ungeprüft
wegzuwerfen nicht sehr groß ^ ist, da sehr selten welche vorkommen. Nun wird
das Sieb von neuem gefüllt und dieselbe Procedur wiederholt, bis sich genng
Schlamm an den Leisten angesetzt hat, den mau sorgfältig abkratzt. Aus


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[0302] einander wechselnden Gesichtern herauszufinden, könnte ein wenig Trunkenheit viele Verbrechen verursachen. Es giebt jedoch überall Leute, die um jeden Preis trinken müssen, und für diese sind die heimlichen Grogschenken in jedem Gold¬ distrikt vorhanden, die in abgelegenen Winkeln sich vor den Nachforschungen der Polizei verstecken. Dennoch giebt es Beispiele, ^vo ein Betrunkener seine Gold¬ flasche verloren, und sie von dem Finder freiwillig wiederbekommen hatte. Für den- gesetzlosesten uuter deu Golddistrikteu gilt Bakkarat, aber auch hier kamen in vier Wochen mir ein Mord und zwei oder drei gewaltsame Diebstähle vor — gewiß ein wahres Paradies der Unschuld gegen die Placers in Californien. Wir wollen nun uoch dem Goldgräber Schritt für Schritt auf deu Schau¬ platz seiner Thätigkeit folgen. Eine Gesellschaft, die gemeinsam arbeiten will, hat glücklich alle Schwierigkeiten der Reise überwunden, und ist auf dem Goldfelde augelangt. Wenn sie nicht so glücklich ist, in dem Augenblicke der Eröffnung neuer Gruben, oder wenn Stellen noch unbesetzt siud, eingetroffen zu sein, so muß sie erst eine aufsuchen oder „prvspectiren." Einige von der Gesellschaft nehmen,das Eigenthum derselben unter ihre Obhut, während die Anderen mit der Spitzhacke, dem Spaten und der Prospectirpfanne die Prvspectirreise an¬ treten. Diese Pfanne ist weiter nichts, als eine große runde flache Schüssel von Weißblech, in welche sie, wenn sie einen geeigneten Ort gesunden zu haben glau¬ ben, einen Spaten voll Erde und Steine werfen und dies nach dem Bach hin¬ untertragen, wo sie die Schüssel ins Wasser tauchen und derb schütteln, damit die Goldkörner durch die obere Schicht der in Bewegung erhaltenen Erde und Steine hinabsinken können. Dann halt man die Schüssel so, daß das abfließende Wasser die geschüttelte Erde mit fortnimmt, taucht die Schüssel wieder in's Was¬ ser, und wiederholt deu frühern einfachen Proceß, bis alle Erde weggeschwemmt ist, und nnr das Gold übrig bleibt. Findet man eine die Arbeit lohnende Quantität Gold in der Prvbeschaufel, so sucht man sich am Ufer des Baches einen geeigneten Platz zur Aufstellung der Wiege aus. Diese Wiege ist ganz wie unsere Kinderwiege.geformt, nur daß sie noch einen aufrechtstehenden Hand¬ griff hat, ,und dient nur dazu, ein an dem einen Ende befindliches eisernes Sieb in Bewegung zu setzen. Uuter diesem Siebe ist ein abwärts geneigtes Bret befestigt, welches zwei quernberlaufende Leisten der Länge nach in drei fast gleiche Theile theilen. Die Erde und die Steine werden in das Sieb geworfen,- und die Wiege muß nun kräftig in Bewegung gesetzt, und Wasser beständig znge-, gössen werden, um den Schlamm, deu Thon und die Erde gehörig von den Steinen zu scheiden. Ist dies geschehen, so lehrt der erste Blick, ob sich größere Stücke Gold unter den Steinen befinden — obgleich die Gefahr, sie ungeprüft wegzuwerfen nicht sehr groß ^ ist, da sehr selten welche vorkommen. Nun wird das Sieb von neuem gefüllt und dieselbe Procedur wiederholt, bis sich genng Schlamm an den Leisten angesetzt hat, den mau sorgfältig abkratzt. Aus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/302>, abgerufen am 22.12.2024.