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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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Or. Kerr einen Centner Gold gefunden habe. Wenige glaubten es. Die Meisten
hielten es für einen vortrefflichen Spaß. Der Montag kam, und mit ihm die
Beschämung aller Zweifler; denn Mittags fuhr ein Tandem von zwei Apfelschim¬
meln gezogen, vor die Expedition der "freien Presse", vor. Zwei große Klumpen
reines Gold lagen in dem Wagen; willig ließ man sie unter dem Hansen, der
sich rasch gesammelt hatte, herumgehen; und dieser betrachtete den Schatz mit
Staunen, Ungläubigkeit und Bewunderung, die noch zunahmen, als man einen
großen Blechkasten vorwies, der das Uebrige vou dem Centner Gold enthielt.
Der Eigenthümer aber gab das Gold der UnionSbauk, welche es wog, und wo sich
ein Bruttogewicht von ungefähr 300 Pfund herausstellte. Die ganze Masse gab
106 Pfd reines Gold, an Werth über 4000 Pfd. Sterling. Ein eingeborner
Schafhirt des Dr. Kerr entdeckte zufällig diese Goldmasse. Aus der Weide zog
etwas Glänzendes an einem Quarzblock seine Aufmerksamkeit auf sich; er schlug
ein Stück mit seinem Tomahawk ab, und entdeckte jetzt, welchen Schatz er gesun¬
den hatte.

Jedoch schon im Juni und Juli trat eine Reaction ein, und Viele kehrten
wieder nach der Stadt zurück, zum Theil in den traurigsten Umständen. Die
strenge Jahreszeit, die schweren Regengüsse, und die übertriebenen, und eben
wegen ihrer Uebertriebenheit sicherm Fehlschlagen ausgesetzten Hoffnungen machen
dies erklärlich. Ihre Phantasie hatte die Schwierigkeiten sich geringer vorgestellt,
an die Arbeit gar nicht gedacht, und den erwarteten Gewinn mit dem vergrö߬
ernden Ange der Habsucht angesehen; und als sich Alles so ganz anders her¬
ausstellte, waren die Getäuschten des Gvldsuchens satt, nach Sydney zurückgekehrt;
so war es wenigstens in Sydney. Die Folge war, daß die Göldgräbereien der
beste Ort wurden, Arbeiter zu miethen, oder dort billig zu leben, denn man hatte
Lebensmittel für eine Bevölkerung hingeschafft, die nun verschwunden war. "Viele
von den Zurückgekehrten warteten nur auf das Wiedereintreten des Frühjahrs,
um ihr Glück noch einmal zu versuchen; denn das Tvldsteber ist intermittircnd,
und wen es einmal gepackt hat, der wird trotz immer wiederholter Täuschungen da¬
mit behaftet bleiben, und der unglückliche Patient fürchtet nichts so sehr, als den
Mangel an Mitteln, sein Glück noch einmal zu versuchen. Die Reaction hatte
den guten Erfolg, daß die Schäfereibesitzer in Stand gesetzt wurden, die Schaf¬
schur vorzunehmen, da noch einige Monate verstrichen, ehe die Nachrichten von
dem Turon, die nächste Entdeckung in Ophir, die Abenteurer wieder anlockte.
In Neusüdwales waren die Göldgräbereien des Tnrhn bisher die bedeutendsten,
und zu einer Zeit sollen 20,000 Menschen daselbst beschäftigt gewesen sein. Dort
ist die Stadt Sofala mit einer Kirche entstanden, und am Schluß des Jahres
erhielten zwei Gasthäuser Concession, von denen das eine am Eröffnungstag
S00 Pfd. einnahm. Sofala liegt ungefähr 30 englische Meilen von Bathurst,
und 18 Meilen durch den Busch vou Ophir. Die Berge sind nicht so hoch,


Or. Kerr einen Centner Gold gefunden habe. Wenige glaubten es. Die Meisten
hielten es für einen vortrefflichen Spaß. Der Montag kam, und mit ihm die
Beschämung aller Zweifler; denn Mittags fuhr ein Tandem von zwei Apfelschim¬
meln gezogen, vor die Expedition der „freien Presse", vor. Zwei große Klumpen
reines Gold lagen in dem Wagen; willig ließ man sie unter dem Hansen, der
sich rasch gesammelt hatte, herumgehen; und dieser betrachtete den Schatz mit
Staunen, Ungläubigkeit und Bewunderung, die noch zunahmen, als man einen
großen Blechkasten vorwies, der das Uebrige vou dem Centner Gold enthielt.
Der Eigenthümer aber gab das Gold der UnionSbauk, welche es wog, und wo sich
ein Bruttogewicht von ungefähr 300 Pfund herausstellte. Die ganze Masse gab
106 Pfd reines Gold, an Werth über 4000 Pfd. Sterling. Ein eingeborner
Schafhirt des Dr. Kerr entdeckte zufällig diese Goldmasse. Aus der Weide zog
etwas Glänzendes an einem Quarzblock seine Aufmerksamkeit auf sich; er schlug
ein Stück mit seinem Tomahawk ab, und entdeckte jetzt, welchen Schatz er gesun¬
den hatte.

Jedoch schon im Juni und Juli trat eine Reaction ein, und Viele kehrten
wieder nach der Stadt zurück, zum Theil in den traurigsten Umständen. Die
strenge Jahreszeit, die schweren Regengüsse, und die übertriebenen, und eben
wegen ihrer Uebertriebenheit sicherm Fehlschlagen ausgesetzten Hoffnungen machen
dies erklärlich. Ihre Phantasie hatte die Schwierigkeiten sich geringer vorgestellt,
an die Arbeit gar nicht gedacht, und den erwarteten Gewinn mit dem vergrö߬
ernden Ange der Habsucht angesehen; und als sich Alles so ganz anders her¬
ausstellte, waren die Getäuschten des Gvldsuchens satt, nach Sydney zurückgekehrt;
so war es wenigstens in Sydney. Die Folge war, daß die Göldgräbereien der
beste Ort wurden, Arbeiter zu miethen, oder dort billig zu leben, denn man hatte
Lebensmittel für eine Bevölkerung hingeschafft, die nun verschwunden war. »Viele
von den Zurückgekehrten warteten nur auf das Wiedereintreten des Frühjahrs,
um ihr Glück noch einmal zu versuchen; denn das Tvldsteber ist intermittircnd,
und wen es einmal gepackt hat, der wird trotz immer wiederholter Täuschungen da¬
mit behaftet bleiben, und der unglückliche Patient fürchtet nichts so sehr, als den
Mangel an Mitteln, sein Glück noch einmal zu versuchen. Die Reaction hatte
den guten Erfolg, daß die Schäfereibesitzer in Stand gesetzt wurden, die Schaf¬
schur vorzunehmen, da noch einige Monate verstrichen, ehe die Nachrichten von
dem Turon, die nächste Entdeckung in Ophir, die Abenteurer wieder anlockte.
In Neusüdwales waren die Göldgräbereien des Tnrhn bisher die bedeutendsten,
und zu einer Zeit sollen 20,000 Menschen daselbst beschäftigt gewesen sein. Dort
ist die Stadt Sofala mit einer Kirche entstanden, und am Schluß des Jahres
erhielten zwei Gasthäuser Concession, von denen das eine am Eröffnungstag
S00 Pfd. einnahm. Sofala liegt ungefähr 30 englische Meilen von Bathurst,
und 18 Meilen durch den Busch vou Ophir. Die Berge sind nicht so hoch,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/296>, abgerufen am 22.12.2024.