Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

sehr stark zu der Meinung, in Neusüdwales, nicht 300 englische Meilen von Süd-
ney, in einer Goldregion gewesen zu sein; man kann ein Jahrhundert daselbst
wohnen, und nicht das Mindeste vom Vorhandensein von Gold erfahren." Dieser
Brief war am 3. März 1830 geschrieben, und gab vielleicht zu dem Gerüchte
Anlaß, das lange vor der Entdeckung in den Zeitungen umlief; aber schon Jahre
vorher hatten berühmte Geologen, wie z. B. Sir N. Murchison und der Geistliche
Mr. Clarke das Vorhandensein von Gold vorausgesagt. Mr. Clarke behauptet
sogar, er könne es finden, wolle es aber nicht wegen der nachtheiligen Folgen, ,
die der Fund auf eine Strafcolonie haben müsse. Von einem Schäfer weiß man,
daß er Gold in großen Quantitäten nach Sydney brachte, und sein Geheimniß
trotz aller Geologen für sich behielt. Aber am 3. April 1831 machte der oben¬
erwähnte Herr Hargrcavcs, der eben aus Kalifornien zurückgekehrt war, der Re¬
gierungsbehörde die Mittheilung, daß er ein reiches Goldfeld entdeckt habe, und
für 300 Pfund die Regierung zu Mitbesitzern dieses Geheimnisses machen wolle.
Auf die abschlägliche Antwort der Behörde überließ er die Höhe seiner Belohnung
der Freigebigkeit der Regierung, und nannte als das hauptsächlichste Goldlager Lewis
Ports, Summcrhill Creek, und Macquarie river in Bathurst und Wellington --
das jetzt sogenannte Ophir. Es ist dies eine tiefe Schlucht, auf deren Grnnde
der eben genannte Summerhill Creek von dem i --3000 Fuß hohen Canollus
herabfließt. So tief ist die Schlucht, daß die Goldgräber sehr wenig von der
Sonne zu sehen bekommen. Eine Seite der Schlucht bilden Quarz- und Thon¬
schieferfelsen, die an einigen Stellen in senkrechten Wänden abstürzen

Die Neuigkeit wurde bald, ruchbar, und als ein Mann mit einem Gold¬
klumpen von 30 Pfd. Sterling Werth, den er selbst gefunden, in Bathurst an¬
kam, da kannte die Aufregung keine Grenzen mehr. Alles wollte nach den Gold-
districkten. Commis und Beamte verließen den Schreibtisch, Handwerker ihre
Werkstätte, Kaufleute ihre Läden. Die Physiognomie der Stadt war wie mit
einem Schlag verändert. Wiegen zum Goldwäschen und Bergmerksgeräth ver¬
sperrte überall den Fußweg, halbfertige Hänser waren von den Maurern verlassen,
und die Mehrzahl der Läden geschlossen. Die Landstraße bot den abenteuerlich¬
sten Anblick dar;, das goldgierige Gewühl benutzte jedes Fuhrwerk zum Weiter¬
kommen, viele Hunderte gingen zu Fuß, und alle Stände mischten sich in den
wunderlichsten Aufzügen untereinander. Lebensmittel, und ihanptsächlich Mehl,
. stiegen zu unerhörten Preisen. Ein zweipfündiges Brod, das früher 3 ä. ge¬
kostet, kam jetzt 9ä,, und Mehl war in Ophir kaum für Geld zu haben. Ob¬
gleich die Nothwendigkeit, Lebensmittel mitzunehmen, Viele abhielt, nach dem
Goldlande zu gehen,'so befanden sich doch nach deu ersten zehn Tagen über i00
Personen in Ophir, und nach vierzehn Tagen hatte sich diese Zahl aus mindestens
2000 vermehrt.

Sonntag am 11. Juli verbreitete sich die Nachricht in Sydney, daß ein


36*

sehr stark zu der Meinung, in Neusüdwales, nicht 300 englische Meilen von Süd-
ney, in einer Goldregion gewesen zu sein; man kann ein Jahrhundert daselbst
wohnen, und nicht das Mindeste vom Vorhandensein von Gold erfahren." Dieser
Brief war am 3. März 1830 geschrieben, und gab vielleicht zu dem Gerüchte
Anlaß, das lange vor der Entdeckung in den Zeitungen umlief; aber schon Jahre
vorher hatten berühmte Geologen, wie z. B. Sir N. Murchison und der Geistliche
Mr. Clarke das Vorhandensein von Gold vorausgesagt. Mr. Clarke behauptet
sogar, er könne es finden, wolle es aber nicht wegen der nachtheiligen Folgen, ,
die der Fund auf eine Strafcolonie haben müsse. Von einem Schäfer weiß man,
daß er Gold in großen Quantitäten nach Sydney brachte, und sein Geheimniß
trotz aller Geologen für sich behielt. Aber am 3. April 1831 machte der oben¬
erwähnte Herr Hargrcavcs, der eben aus Kalifornien zurückgekehrt war, der Re¬
gierungsbehörde die Mittheilung, daß er ein reiches Goldfeld entdeckt habe, und
für 300 Pfund die Regierung zu Mitbesitzern dieses Geheimnisses machen wolle.
Auf die abschlägliche Antwort der Behörde überließ er die Höhe seiner Belohnung
der Freigebigkeit der Regierung, und nannte als das hauptsächlichste Goldlager Lewis
Ports, Summcrhill Creek, und Macquarie river in Bathurst und Wellington —
das jetzt sogenannte Ophir. Es ist dies eine tiefe Schlucht, auf deren Grnnde
der eben genannte Summerhill Creek von dem i —3000 Fuß hohen Canollus
herabfließt. So tief ist die Schlucht, daß die Goldgräber sehr wenig von der
Sonne zu sehen bekommen. Eine Seite der Schlucht bilden Quarz- und Thon¬
schieferfelsen, die an einigen Stellen in senkrechten Wänden abstürzen

Die Neuigkeit wurde bald, ruchbar, und als ein Mann mit einem Gold¬
klumpen von 30 Pfd. Sterling Werth, den er selbst gefunden, in Bathurst an¬
kam, da kannte die Aufregung keine Grenzen mehr. Alles wollte nach den Gold-
districkten. Commis und Beamte verließen den Schreibtisch, Handwerker ihre
Werkstätte, Kaufleute ihre Läden. Die Physiognomie der Stadt war wie mit
einem Schlag verändert. Wiegen zum Goldwäschen und Bergmerksgeräth ver¬
sperrte überall den Fußweg, halbfertige Hänser waren von den Maurern verlassen,
und die Mehrzahl der Läden geschlossen. Die Landstraße bot den abenteuerlich¬
sten Anblick dar;, das goldgierige Gewühl benutzte jedes Fuhrwerk zum Weiter¬
kommen, viele Hunderte gingen zu Fuß, und alle Stände mischten sich in den
wunderlichsten Aufzügen untereinander. Lebensmittel, und ihanptsächlich Mehl,
. stiegen zu unerhörten Preisen. Ein zweipfündiges Brod, das früher 3 ä. ge¬
kostet, kam jetzt 9ä,, und Mehl war in Ophir kaum für Geld zu haben. Ob¬
gleich die Nothwendigkeit, Lebensmittel mitzunehmen, Viele abhielt, nach dem
Goldlande zu gehen,'so befanden sich doch nach deu ersten zehn Tagen über i00
Personen in Ophir, und nach vierzehn Tagen hatte sich diese Zahl aus mindestens
2000 vermehrt.

Sonntag am 11. Juli verbreitete sich die Nachricht in Sydney, daß ein


36*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0295" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94736"/>
          <p xml:id="ID_913" prev="#ID_912"> sehr stark zu der Meinung, in Neusüdwales, nicht 300 englische Meilen von Süd-<lb/>
ney, in einer Goldregion gewesen zu sein; man kann ein Jahrhundert daselbst<lb/>
wohnen, und nicht das Mindeste vom Vorhandensein von Gold erfahren." Dieser<lb/>
Brief war am 3. März 1830 geschrieben, und gab vielleicht zu dem Gerüchte<lb/>
Anlaß, das lange vor der Entdeckung in den Zeitungen umlief; aber schon Jahre<lb/>
vorher hatten berühmte Geologen, wie z. B. Sir N. Murchison und der Geistliche<lb/>
Mr. Clarke das Vorhandensein von Gold vorausgesagt. Mr. Clarke behauptet<lb/>
sogar, er könne es finden, wolle es aber nicht wegen der nachtheiligen Folgen, ,<lb/>
die der Fund auf eine Strafcolonie haben müsse. Von einem Schäfer weiß man,<lb/>
daß er Gold in großen Quantitäten nach Sydney brachte, und sein Geheimniß<lb/>
trotz aller Geologen für sich behielt. Aber am 3. April 1831 machte der oben¬<lb/>
erwähnte Herr Hargrcavcs, der eben aus Kalifornien zurückgekehrt war, der Re¬<lb/>
gierungsbehörde die Mittheilung, daß er ein reiches Goldfeld entdeckt habe, und<lb/>
für 300 Pfund die Regierung zu Mitbesitzern dieses Geheimnisses machen wolle.<lb/>
Auf die abschlägliche Antwort der Behörde überließ er die Höhe seiner Belohnung<lb/>
der Freigebigkeit der Regierung, und nannte als das hauptsächlichste Goldlager Lewis<lb/>
Ports, Summcrhill Creek, und Macquarie river in Bathurst und Wellington &#x2014;<lb/>
das jetzt sogenannte Ophir. Es ist dies eine tiefe Schlucht, auf deren Grnnde<lb/>
der eben genannte Summerhill Creek von dem i &#x2014;3000 Fuß hohen Canollus<lb/>
herabfließt. So tief ist die Schlucht, daß die Goldgräber sehr wenig von der<lb/>
Sonne zu sehen bekommen. Eine Seite der Schlucht bilden Quarz- und Thon¬<lb/>
schieferfelsen, die an einigen Stellen in senkrechten Wänden abstürzen</p><lb/>
          <p xml:id="ID_914"> Die Neuigkeit wurde bald, ruchbar, und als ein Mann mit einem Gold¬<lb/>
klumpen von 30 Pfd. Sterling Werth, den er selbst gefunden, in Bathurst an¬<lb/>
kam, da kannte die Aufregung keine Grenzen mehr. Alles wollte nach den Gold-<lb/>
districkten. Commis und Beamte verließen den Schreibtisch, Handwerker ihre<lb/>
Werkstätte, Kaufleute ihre Läden. Die Physiognomie der Stadt war wie mit<lb/>
einem Schlag verändert. Wiegen zum Goldwäschen und Bergmerksgeräth ver¬<lb/>
sperrte überall den Fußweg, halbfertige Hänser waren von den Maurern verlassen,<lb/>
und die Mehrzahl der Läden geschlossen. Die Landstraße bot den abenteuerlich¬<lb/>
sten Anblick dar;, das goldgierige Gewühl benutzte jedes Fuhrwerk zum Weiter¬<lb/>
kommen, viele Hunderte gingen zu Fuß, und alle Stände mischten sich in den<lb/>
wunderlichsten Aufzügen untereinander. Lebensmittel, und ihanptsächlich Mehl,<lb/>
. stiegen zu unerhörten Preisen. Ein zweipfündiges Brod, das früher 3 ä. ge¬<lb/>
kostet, kam jetzt 9ä,, und Mehl war in Ophir kaum für Geld zu haben. Ob¬<lb/>
gleich die Nothwendigkeit, Lebensmittel mitzunehmen, Viele abhielt, nach dem<lb/>
Goldlande zu gehen,'so befanden sich doch nach deu ersten zehn Tagen über i00<lb/>
Personen in Ophir, und nach vierzehn Tagen hatte sich diese Zahl aus mindestens<lb/>
2000 vermehrt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_915" next="#ID_916"> Sonntag am 11. Juli verbreitete sich die Nachricht in Sydney, daß ein</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 36*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0295] sehr stark zu der Meinung, in Neusüdwales, nicht 300 englische Meilen von Süd- ney, in einer Goldregion gewesen zu sein; man kann ein Jahrhundert daselbst wohnen, und nicht das Mindeste vom Vorhandensein von Gold erfahren." Dieser Brief war am 3. März 1830 geschrieben, und gab vielleicht zu dem Gerüchte Anlaß, das lange vor der Entdeckung in den Zeitungen umlief; aber schon Jahre vorher hatten berühmte Geologen, wie z. B. Sir N. Murchison und der Geistliche Mr. Clarke das Vorhandensein von Gold vorausgesagt. Mr. Clarke behauptet sogar, er könne es finden, wolle es aber nicht wegen der nachtheiligen Folgen, , die der Fund auf eine Strafcolonie haben müsse. Von einem Schäfer weiß man, daß er Gold in großen Quantitäten nach Sydney brachte, und sein Geheimniß trotz aller Geologen für sich behielt. Aber am 3. April 1831 machte der oben¬ erwähnte Herr Hargrcavcs, der eben aus Kalifornien zurückgekehrt war, der Re¬ gierungsbehörde die Mittheilung, daß er ein reiches Goldfeld entdeckt habe, und für 300 Pfund die Regierung zu Mitbesitzern dieses Geheimnisses machen wolle. Auf die abschlägliche Antwort der Behörde überließ er die Höhe seiner Belohnung der Freigebigkeit der Regierung, und nannte als das hauptsächlichste Goldlager Lewis Ports, Summcrhill Creek, und Macquarie river in Bathurst und Wellington — das jetzt sogenannte Ophir. Es ist dies eine tiefe Schlucht, auf deren Grnnde der eben genannte Summerhill Creek von dem i —3000 Fuß hohen Canollus herabfließt. So tief ist die Schlucht, daß die Goldgräber sehr wenig von der Sonne zu sehen bekommen. Eine Seite der Schlucht bilden Quarz- und Thon¬ schieferfelsen, die an einigen Stellen in senkrechten Wänden abstürzen Die Neuigkeit wurde bald, ruchbar, und als ein Mann mit einem Gold¬ klumpen von 30 Pfd. Sterling Werth, den er selbst gefunden, in Bathurst an¬ kam, da kannte die Aufregung keine Grenzen mehr. Alles wollte nach den Gold- districkten. Commis und Beamte verließen den Schreibtisch, Handwerker ihre Werkstätte, Kaufleute ihre Läden. Die Physiognomie der Stadt war wie mit einem Schlag verändert. Wiegen zum Goldwäschen und Bergmerksgeräth ver¬ sperrte überall den Fußweg, halbfertige Hänser waren von den Maurern verlassen, und die Mehrzahl der Läden geschlossen. Die Landstraße bot den abenteuerlich¬ sten Anblick dar;, das goldgierige Gewühl benutzte jedes Fuhrwerk zum Weiter¬ kommen, viele Hunderte gingen zu Fuß, und alle Stände mischten sich in den wunderlichsten Aufzügen untereinander. Lebensmittel, und ihanptsächlich Mehl, . stiegen zu unerhörten Preisen. Ein zweipfündiges Brod, das früher 3 ä. ge¬ kostet, kam jetzt 9ä,, und Mehl war in Ophir kaum für Geld zu haben. Ob¬ gleich die Nothwendigkeit, Lebensmittel mitzunehmen, Viele abhielt, nach dem Goldlande zu gehen,'so befanden sich doch nach deu ersten zehn Tagen über i00 Personen in Ophir, und nach vierzehn Tagen hatte sich diese Zahl aus mindestens 2000 vermehrt. Sonntag am 11. Juli verbreitete sich die Nachricht in Sydney, daß ein 36*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/295
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/295>, abgerufen am 22.12.2024.