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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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Mund öffnete, sie war nicht blos im Innersten erschüttert worden, sondern völlig um¬
gewandelt. Der Anblick von Polycucts Märtyrerthum hat sie zur Christin gemacht,
mit den heftigsten Worten fordert sie von ihrem Vater ihren Tod und wie sie mit
einem schwärmerischen, fast visionairen Ausdruck die Arme ausgebreitet, den Blick gen
Himmel gerichtet, mit einem unbeschreiblichen Ton die berühmten Worte aussprach:
je vois, je "ins, vrois -- da verbreitete sich eine überirdische Seligkeit über ihr
Gesicht, und zugleich mischte sich ein Staunen hinein, als wenn das Gefühl, das sie
dmchdrcmg, ein nieempfundcnes wäre. Noch einmal fällt sie in ihren heftigen Ton
zurück, aber jenes Entzücken kehrt immer wieder und bleibt endlich auf ihrem Gesicht
neben, und mit einem wahrhaft himmlischen Lächeln reicht sie dem nun auch bekehrten
Vater die Hand, mit der Frende einer Verklärten hört sie Sever sein Wohlwollen gegen
die Christen aussprechen. -- Der Vorhang fiel und ein langer Zwischenact folgte, in
welchem ich vollkommen empfand, wie sehr der Feuilletonist des ovaler "Zeh tliestres
von diesem Abend Recht hatte, von der atmosplivre etouilsnte und der vlislsur lligns
6es trepiques zu reden, der das Publicum, um die Rachel zu sehen, trotzen müsse.
Indessen auch der längste Zwischcnact geht zu Ende, und nach der ersten vorbereitenden
Scene (des zweiten Actes) trat Athalie aus. Welche Verwandelung! Die Züge, die
eben noch so, sanft und zart gerundet waren, erschienen nun in der ganzen Schärfe und
Eckigkeit des höheren Alters, obwol mit unvcrkeiinbaren Spuren einer einstigen großartigen
Schönheit. Von langen, grauen Locken umwallt, zeigte sich das Gesicht länger als zuvor,
wozu auch die hohe Zackenkrone beitrug, es war ein Gesicht, in das Verbrechen und
Leidenschaft tiefe Furchen gepflügt hatten, aber aus den großen schwarzen Augen blitzte ein
ungebeugter, gewaltiger Geist.' Ihre Bewegungen waren fast männlich,, aber keinen Augen¬
blick hörten sie auf, imposant u.ut königlich zu sein; ihr Costum war reich und weit, ein
.duukelviolettes Unterkleid, ein rother Mantel mit Goldstickerei darüber. Am wunder¬
barsten war die Veränderung ihrer Stimme, die nun eine Tiefe und Fülle und Macht
des Kiangs hatte, von der in der ersten Tragödie, auch in den Momenten äußerster
Leidenschaft keine Spur gewesen war; noch mehr als die Bewegungen war die Stimme
männlich. Mit der Herablassung der ans dem, Thron geborenen Frau, die gewohnt ist, die
Anerkennung die,sie spendet, als Gnade empfangen zu sehen, spricht sie dem Feldherrn
Abner ihr Zutrauen aus, eine unsägliche Verachtung legte sie in die Worte: 5e ne xreixZs
Point pour .jugs un peuple temeraire, sie blies den Mund auf und stieß das Wort
peuplk gewaltsam aus, als sei sie unwillig, es nur nennen zu müssen; ihre Thaten
rühmt sie mit dem vollen Bewußtsein eines großen Geistes und bei der Stelle: 5elln,
!e kier 5eKu tremble llsns Samarie schwoll ihre Stimme zu einem donnernden Ton.
dann erzählt sie ihren Traum: ihre Mutter Jesabel sei ihr erschienen, geschmückt und
geschminkt wie sie im Leben pflegte -- pour reparer ach ans I'irreparslils autrsM.
An dieser einzigen Stelle zeigte sie sich als Weib, sie sprach die letzten Worte lächelnd
mit einem Ausdruck in dem etwas Spott aber weit mehr Bedauern lag, und bei der
Erzählung, wie die Gestalt ihrer Mutter sich in einen blutigen im Koth geschleiften von
Hunde" zerfleischten Leichnam verwandelt habe, überwältigen sie Entsetzen und Ekel, und
sie verhüllt sich ein Schluß. Den Traum, der mit ihrer eigenen Ermordung endigt,
hat sie sich vergebens aus dem Sinn schlagen wollen; in-us as es souvvnir mon sine
posseäee " "j eux lois KN öormant revu ki" meme lass; äeux lois MKS tristes
7<ZUX ont vu 86 retrsoer u. s. w. -- dies zweimalige äeux lois stieß sie mit einer
erschütternden Gewalt aus, die den Hörer im Innersten empfinden machte, welch furcht¬
bares Wunder es mußte gewesen sein, das diesen hohen Geist so aus seinen Fugen ge¬
bracht hatte. Nun erzählt sie hastig in kurzen Sätzen wie sie im Tempel das Kind
gesehn, das ihr im Traum den Dolch in's Herz stieß -- und während, des folgenden
Gesprächs zwischen Abner und Mathan, von denen dieser zum raschen Handeln, jener
zur Untersuchung rieth, starrt sie unbeweglich in düsterer Unruhe vor sich hin und nur


Mund öffnete, sie war nicht blos im Innersten erschüttert worden, sondern völlig um¬
gewandelt. Der Anblick von Polycucts Märtyrerthum hat sie zur Christin gemacht,
mit den heftigsten Worten fordert sie von ihrem Vater ihren Tod und wie sie mit
einem schwärmerischen, fast visionairen Ausdruck die Arme ausgebreitet, den Blick gen
Himmel gerichtet, mit einem unbeschreiblichen Ton die berühmten Worte aussprach:
je vois, je «ins, vrois — da verbreitete sich eine überirdische Seligkeit über ihr
Gesicht, und zugleich mischte sich ein Staunen hinein, als wenn das Gefühl, das sie
dmchdrcmg, ein nieempfundcnes wäre. Noch einmal fällt sie in ihren heftigen Ton
zurück, aber jenes Entzücken kehrt immer wieder und bleibt endlich auf ihrem Gesicht
neben, und mit einem wahrhaft himmlischen Lächeln reicht sie dem nun auch bekehrten
Vater die Hand, mit der Frende einer Verklärten hört sie Sever sein Wohlwollen gegen
die Christen aussprechen. — Der Vorhang fiel und ein langer Zwischenact folgte, in
welchem ich vollkommen empfand, wie sehr der Feuilletonist des ovaler «Zeh tliestres
von diesem Abend Recht hatte, von der atmosplivre etouilsnte und der vlislsur lligns
6es trepiques zu reden, der das Publicum, um die Rachel zu sehen, trotzen müsse.
Indessen auch der längste Zwischcnact geht zu Ende, und nach der ersten vorbereitenden
Scene (des zweiten Actes) trat Athalie aus. Welche Verwandelung! Die Züge, die
eben noch so, sanft und zart gerundet waren, erschienen nun in der ganzen Schärfe und
Eckigkeit des höheren Alters, obwol mit unvcrkeiinbaren Spuren einer einstigen großartigen
Schönheit. Von langen, grauen Locken umwallt, zeigte sich das Gesicht länger als zuvor,
wozu auch die hohe Zackenkrone beitrug, es war ein Gesicht, in das Verbrechen und
Leidenschaft tiefe Furchen gepflügt hatten, aber aus den großen schwarzen Augen blitzte ein
ungebeugter, gewaltiger Geist.' Ihre Bewegungen waren fast männlich,, aber keinen Augen¬
blick hörten sie auf, imposant u.ut königlich zu sein; ihr Costum war reich und weit, ein
.duukelviolettes Unterkleid, ein rother Mantel mit Goldstickerei darüber. Am wunder¬
barsten war die Veränderung ihrer Stimme, die nun eine Tiefe und Fülle und Macht
des Kiangs hatte, von der in der ersten Tragödie, auch in den Momenten äußerster
Leidenschaft keine Spur gewesen war; noch mehr als die Bewegungen war die Stimme
männlich. Mit der Herablassung der ans dem, Thron geborenen Frau, die gewohnt ist, die
Anerkennung die,sie spendet, als Gnade empfangen zu sehen, spricht sie dem Feldherrn
Abner ihr Zutrauen aus, eine unsägliche Verachtung legte sie in die Worte: 5e ne xreixZs
Point pour .jugs un peuple temeraire, sie blies den Mund auf und stieß das Wort
peuplk gewaltsam aus, als sei sie unwillig, es nur nennen zu müssen; ihre Thaten
rühmt sie mit dem vollen Bewußtsein eines großen Geistes und bei der Stelle: 5elln,
!e kier 5eKu tremble llsns Samarie schwoll ihre Stimme zu einem donnernden Ton.
dann erzählt sie ihren Traum: ihre Mutter Jesabel sei ihr erschienen, geschmückt und
geschminkt wie sie im Leben pflegte — pour reparer ach ans I'irreparslils autrsM.
An dieser einzigen Stelle zeigte sie sich als Weib, sie sprach die letzten Worte lächelnd
mit einem Ausdruck in dem etwas Spott aber weit mehr Bedauern lag, und bei der
Erzählung, wie die Gestalt ihrer Mutter sich in einen blutigen im Koth geschleiften von
Hunde» zerfleischten Leichnam verwandelt habe, überwältigen sie Entsetzen und Ekel, und
sie verhüllt sich ein Schluß. Den Traum, der mit ihrer eigenen Ermordung endigt,
hat sie sich vergebens aus dem Sinn schlagen wollen; in-us as es souvvnir mon sine
posseäee « »j eux lois KN öormant revu ki» meme lass; äeux lois MKS tristes
7<ZUX ont vu 86 retrsoer u. s. w. — dies zweimalige äeux lois stieß sie mit einer
erschütternden Gewalt aus, die den Hörer im Innersten empfinden machte, welch furcht¬
bares Wunder es mußte gewesen sein, das diesen hohen Geist so aus seinen Fugen ge¬
bracht hatte. Nun erzählt sie hastig in kurzen Sätzen wie sie im Tempel das Kind
gesehn, das ihr im Traum den Dolch in's Herz stieß — und während, des folgenden
Gesprächs zwischen Abner und Mathan, von denen dieser zum raschen Handeln, jener
zur Untersuchung rieth, starrt sie unbeweglich in düsterer Unruhe vor sich hin und nur


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[0291] Mund öffnete, sie war nicht blos im Innersten erschüttert worden, sondern völlig um¬ gewandelt. Der Anblick von Polycucts Märtyrerthum hat sie zur Christin gemacht, mit den heftigsten Worten fordert sie von ihrem Vater ihren Tod und wie sie mit einem schwärmerischen, fast visionairen Ausdruck die Arme ausgebreitet, den Blick gen Himmel gerichtet, mit einem unbeschreiblichen Ton die berühmten Worte aussprach: je vois, je «ins, vrois — da verbreitete sich eine überirdische Seligkeit über ihr Gesicht, und zugleich mischte sich ein Staunen hinein, als wenn das Gefühl, das sie dmchdrcmg, ein nieempfundcnes wäre. Noch einmal fällt sie in ihren heftigen Ton zurück, aber jenes Entzücken kehrt immer wieder und bleibt endlich auf ihrem Gesicht neben, und mit einem wahrhaft himmlischen Lächeln reicht sie dem nun auch bekehrten Vater die Hand, mit der Frende einer Verklärten hört sie Sever sein Wohlwollen gegen die Christen aussprechen. — Der Vorhang fiel und ein langer Zwischenact folgte, in welchem ich vollkommen empfand, wie sehr der Feuilletonist des ovaler «Zeh tliestres von diesem Abend Recht hatte, von der atmosplivre etouilsnte und der vlislsur lligns 6es trepiques zu reden, der das Publicum, um die Rachel zu sehen, trotzen müsse. Indessen auch der längste Zwischcnact geht zu Ende, und nach der ersten vorbereitenden Scene (des zweiten Actes) trat Athalie aus. Welche Verwandelung! Die Züge, die eben noch so, sanft und zart gerundet waren, erschienen nun in der ganzen Schärfe und Eckigkeit des höheren Alters, obwol mit unvcrkeiinbaren Spuren einer einstigen großartigen Schönheit. Von langen, grauen Locken umwallt, zeigte sich das Gesicht länger als zuvor, wozu auch die hohe Zackenkrone beitrug, es war ein Gesicht, in das Verbrechen und Leidenschaft tiefe Furchen gepflügt hatten, aber aus den großen schwarzen Augen blitzte ein ungebeugter, gewaltiger Geist.' Ihre Bewegungen waren fast männlich,, aber keinen Augen¬ blick hörten sie auf, imposant u.ut königlich zu sein; ihr Costum war reich und weit, ein .duukelviolettes Unterkleid, ein rother Mantel mit Goldstickerei darüber. Am wunder¬ barsten war die Veränderung ihrer Stimme, die nun eine Tiefe und Fülle und Macht des Kiangs hatte, von der in der ersten Tragödie, auch in den Momenten äußerster Leidenschaft keine Spur gewesen war; noch mehr als die Bewegungen war die Stimme männlich. Mit der Herablassung der ans dem, Thron geborenen Frau, die gewohnt ist, die Anerkennung die,sie spendet, als Gnade empfangen zu sehen, spricht sie dem Feldherrn Abner ihr Zutrauen aus, eine unsägliche Verachtung legte sie in die Worte: 5e ne xreixZs Point pour .jugs un peuple temeraire, sie blies den Mund auf und stieß das Wort peuplk gewaltsam aus, als sei sie unwillig, es nur nennen zu müssen; ihre Thaten rühmt sie mit dem vollen Bewußtsein eines großen Geistes und bei der Stelle: 5elln, !e kier 5eKu tremble llsns Samarie schwoll ihre Stimme zu einem donnernden Ton. dann erzählt sie ihren Traum: ihre Mutter Jesabel sei ihr erschienen, geschmückt und geschminkt wie sie im Leben pflegte — pour reparer ach ans I'irreparslils autrsM. An dieser einzigen Stelle zeigte sie sich als Weib, sie sprach die letzten Worte lächelnd mit einem Ausdruck in dem etwas Spott aber weit mehr Bedauern lag, und bei der Erzählung, wie die Gestalt ihrer Mutter sich in einen blutigen im Koth geschleiften von Hunde» zerfleischten Leichnam verwandelt habe, überwältigen sie Entsetzen und Ekel, und sie verhüllt sich ein Schluß. Den Traum, der mit ihrer eigenen Ermordung endigt, hat sie sich vergebens aus dem Sinn schlagen wollen; in-us as es souvvnir mon sine posseäee « »j eux lois KN öormant revu ki» meme lass; äeux lois MKS tristes 7<ZUX ont vu 86 retrsoer u. s. w. — dies zweimalige äeux lois stieß sie mit einer erschütternden Gewalt aus, die den Hörer im Innersten empfinden machte, welch furcht¬ bares Wunder es mußte gewesen sein, das diesen hohen Geist so aus seinen Fugen ge¬ bracht hatte. Nun erzählt sie hastig in kurzen Sätzen wie sie im Tempel das Kind gesehn, das ihr im Traum den Dolch in's Herz stieß — und während, des folgenden Gesprächs zwischen Abner und Mathan, von denen dieser zum raschen Handeln, jener zur Untersuchung rieth, starrt sie unbeweglich in düsterer Unruhe vor sich hin und nur

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/291>, abgerufen am 22.12.2024.