Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.Man nennt die russischen Pferde nicht gutartig, aber nach dem gutwilligen Die Reiterei kommt mir zu pedantisch einexercirt vor; sie defilirte im Trabe, Die Mannschaft nimmt sich im Ganzen gut aus; aber ich kann weder ihren Diese Notiz würde viel zu lang werden, wenn ich alle einzelnen Bewegungen Wir folgten Sr. Majestät querfeldein zu den Equipagen, wo wir uns ver¬ Diese Suwars bekomme,? keinen Sold, und werden aus den Distrikten und Am 3. Juni hatten wir ein Feldmanöver von Reiterei und reitender Artil¬ Man nennt die russischen Pferde nicht gutartig, aber nach dem gutwilligen Die Reiterei kommt mir zu pedantisch einexercirt vor; sie defilirte im Trabe, Die Mannschaft nimmt sich im Ganzen gut aus; aber ich kann weder ihren Diese Notiz würde viel zu lang werden, wenn ich alle einzelnen Bewegungen Wir folgten Sr. Majestät querfeldein zu den Equipagen, wo wir uns ver¬ Diese Suwars bekomme,? keinen Sold, und werden aus den Distrikten und Am 3. Juni hatten wir ein Feldmanöver von Reiterei und reitender Artil¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0195" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94636"/> <p xml:id="ID_562"> Man nennt die russischen Pferde nicht gutartig, aber nach dem gutwilligen<lb/> Eifer zu urtheilen, mit dem sie sich ins Geschirr legten, wenn eine Kanone im<lb/> Sand oder im Moor festgefahren war, muß ich das für. Verleumdung halten.</p><lb/> <p xml:id="ID_563"> Die Reiterei kommt mir zu pedantisch einexercirt vor; sie defilirte im Trabe,<lb/> und der Kaiser ließ sie mehrere Evolutionen ausführen, die sie als gewandte<lb/> Reiter zeigten. Aber um ihre Art zu reiten zu erlernen, müssen die Harken des<lb/> Pferdes sehr in Anspruch genommen werden, was natürlich nur die Schnelligkeit<lb/> vermindern kann, und daher dem Choc seine ungestüme Stoßkraft nehmen muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_564"> Die Mannschaft nimmt sich im Ganzen gut aus; aber ich kann weder ihren<lb/> Sitz, noch ihre Art zu satteln bewundern. Sie sitzen zu weit hinten auf dem<lb/> Pferde, und dasselbe gilt von ihrem eigenen Schwerpunkte. Die Sättel berühren<lb/> das Widerrist nicht, aber der Gurt ist um den Bauch, anstatt um das Brustbein<lb/> gelegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_565"> Diese Notiz würde viel zu lang werden, wenn ich alle einzelnen Bewegungen<lb/> beschreiben oder uur aufzählen wollte, und ich will nur erwähnen, daß der Kaiser<lb/> wiederholt seine Zufriedenheit aussprach, worauf stets die herkömmliche Antwort<lb/> folgte: „Wir thuen unser Bestes, und werden versuchen es besser zu machen."</p><lb/> <p xml:id="ID_566"> Wir folgten Sr. Majestät querfeldein zu den Equipagen, wo wir uns ver¬<lb/> abschiedeten, und fanden uns nächsten Morgen wieder aus Ugazdow Platz ein,<lb/> wo 16,000 Mann Infanterie mir der dazu gehörigen Cavalerie und Artillerie<lb/> inspicirt wurden, worauf zwei Pulks irregulaire Reiterei ein Scharmützel nach<lb/> orientalischer Reitermanier aufführten. Die halsbrecherischen Evolutionen waren<lb/> von einigen kleinen Unfällen begleitet, einem gewandtem Kerl aber gelang es sich<lb/> dadurch auszuzeichnen, daß er vor dem Kaiser kopfüber vom Pferde stürzte, und<lb/> mit einem vortrefflich nachgemachten Zucken und Beinzappeln sich als Sterbender<lb/> darstellte. Mitleidig ritt der Kaiser auf den scheinbar Todten zu, der unmittelbar<lb/> vor den Füßen seines Pferdes aufsprang, eines vorüberjagenden Kameraden Pferd<lb/> beim Schwänze ergriff, während des Laufens immer kürzer faßte, mit der Gewandt¬<lb/> heit eines Affen hinten aufsprang und im Triumph davon jagte, so daß selbst der<lb/> Kaiser nicht ganz seinen Ernst bewahren konnte, zumal da er bereits zum zwei¬<lb/> ten Mal so getäuscht worden war.</p><lb/> <p xml:id="ID_567"> Diese Suwars bekomme,? keinen Sold, und werden aus den Distrikten und<lb/> Dörfern der östlichen Grenzprovinzen ausgehoben. Sie sind Orientalen in Reli¬<lb/> gion, Kleidung und Bewaffnung; sie reiten ihre eigenen Pferde — dürre, scharf--<lb/> knochiche kurzhälsige Klepper — Sleppenpferde, die sehr abgehärtet und aus¬<lb/> dauernd sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_568" next="#ID_569"> Am 3. Juni hatten wir ein Feldmanöver von Reiterei und reitender Artil¬<lb/> lerie auf dem Mokatowerplatze, wo Alle ihre Sache gut machten, mit Ausnahme<lb/> eines kleinen Mißverständnisses, wo die reitende Artillerie einmal auf ihre eigene<lb/> irregulaire Reiterei feuerte, die sich als Blänkler vor ihr ausgebreitet hatte. Doch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0195]
Man nennt die russischen Pferde nicht gutartig, aber nach dem gutwilligen
Eifer zu urtheilen, mit dem sie sich ins Geschirr legten, wenn eine Kanone im
Sand oder im Moor festgefahren war, muß ich das für. Verleumdung halten.
Die Reiterei kommt mir zu pedantisch einexercirt vor; sie defilirte im Trabe,
und der Kaiser ließ sie mehrere Evolutionen ausführen, die sie als gewandte
Reiter zeigten. Aber um ihre Art zu reiten zu erlernen, müssen die Harken des
Pferdes sehr in Anspruch genommen werden, was natürlich nur die Schnelligkeit
vermindern kann, und daher dem Choc seine ungestüme Stoßkraft nehmen muß.
Die Mannschaft nimmt sich im Ganzen gut aus; aber ich kann weder ihren
Sitz, noch ihre Art zu satteln bewundern. Sie sitzen zu weit hinten auf dem
Pferde, und dasselbe gilt von ihrem eigenen Schwerpunkte. Die Sättel berühren
das Widerrist nicht, aber der Gurt ist um den Bauch, anstatt um das Brustbein
gelegt.
Diese Notiz würde viel zu lang werden, wenn ich alle einzelnen Bewegungen
beschreiben oder uur aufzählen wollte, und ich will nur erwähnen, daß der Kaiser
wiederholt seine Zufriedenheit aussprach, worauf stets die herkömmliche Antwort
folgte: „Wir thuen unser Bestes, und werden versuchen es besser zu machen."
Wir folgten Sr. Majestät querfeldein zu den Equipagen, wo wir uns ver¬
abschiedeten, und fanden uns nächsten Morgen wieder aus Ugazdow Platz ein,
wo 16,000 Mann Infanterie mir der dazu gehörigen Cavalerie und Artillerie
inspicirt wurden, worauf zwei Pulks irregulaire Reiterei ein Scharmützel nach
orientalischer Reitermanier aufführten. Die halsbrecherischen Evolutionen waren
von einigen kleinen Unfällen begleitet, einem gewandtem Kerl aber gelang es sich
dadurch auszuzeichnen, daß er vor dem Kaiser kopfüber vom Pferde stürzte, und
mit einem vortrefflich nachgemachten Zucken und Beinzappeln sich als Sterbender
darstellte. Mitleidig ritt der Kaiser auf den scheinbar Todten zu, der unmittelbar
vor den Füßen seines Pferdes aufsprang, eines vorüberjagenden Kameraden Pferd
beim Schwänze ergriff, während des Laufens immer kürzer faßte, mit der Gewandt¬
heit eines Affen hinten aufsprang und im Triumph davon jagte, so daß selbst der
Kaiser nicht ganz seinen Ernst bewahren konnte, zumal da er bereits zum zwei¬
ten Mal so getäuscht worden war.
Diese Suwars bekomme,? keinen Sold, und werden aus den Distrikten und
Dörfern der östlichen Grenzprovinzen ausgehoben. Sie sind Orientalen in Reli¬
gion, Kleidung und Bewaffnung; sie reiten ihre eigenen Pferde — dürre, scharf--
knochiche kurzhälsige Klepper — Sleppenpferde, die sehr abgehärtet und aus¬
dauernd sind.
Am 3. Juni hatten wir ein Feldmanöver von Reiterei und reitender Artil¬
lerie auf dem Mokatowerplatze, wo Alle ihre Sache gut machten, mit Ausnahme
eines kleinen Mißverständnisses, wo die reitende Artillerie einmal auf ihre eigene
irregulaire Reiterei feuerte, die sich als Blänkler vor ihr ausgebreitet hatte. Doch
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