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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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Stich, und zog es vor, mit ihren Schätzen und ihrem, zum General erhobenen
Günstling Munoz nach Frankreich zu gehn. (October 1840).

Die Revolution machte vor dem Thkone der jungen Jsabella Halt. Das
republikanische Princip hatte damals noch nicht die Massen in Europa ergriffen,
am allerwenigsten in Spanien, dessen sogenannte Exaltado's aufrichtige, wenn
auch nicht immer einsichtige Anhänger des Constitutionalismus sind. Einer kurzen
provisorischen Regentschaft folgte bald die definitive Ernennung Espartero's zum
alleinigen Regenten, durch die neuerwählten Cortes (Mai 1841). Seine Ne¬
gierung, von kurzer, kaum zweijähriger Dauer, rechtfertigte jedoch die Hoffnungen,
welche die Liberalen aller Länder in leicht entzündlichen Enthusiasmus daran knüpf-
den, uicht.

Die Schwierigkeiten seiner Stellung hätten eine stärkere Begabung und ein
reineres Strebe", als das seinige, überwältigen können. Er ging anf der schwan¬
kenden Linie zwischen Recht und Gewalt, und beschleunigte daher seinen vielleicht
an. sich schon unvermeidliche,? Sturz. Er wünschte, gemäß der Constitution zu
regiere", hatte aber uicht Selbstverläugnung genug, sich ihren unvermeidlichen
Consequenzen zu unterwerfen. Seine Verwaltung war außerdem ohne Fähigkeit
und Energie, die Finanzen blieben in bodenloser Unordnung, das Heer schlecht
gekleidet, schlecht verpflegt und unregelmäßig bezahlt, die materiellen Hilfsauellen des
Landes ohne Aufmunterung und Antrieb. In unkluger Begünstigung einer altlibe¬
ralen Coterie und einer militärischen Camarilla ihm besonders ergebener Ober-
vfficiere, entfremdete er sich bald die frischesten und einflußreichsten Kräfte der
progresststischen Partei. Diese, durch unbillige Ausschließung von der Macht er¬
bittert, machten ihm uun ihrerseits eine unbillige Opposition, und gewannen bald
die Mehrheit im Congresse. Dem kurzen Kampf zwischen dem Regenten und
der parlamentarischen Gewalt folgte allgemeiner Aufstand, Abfall des Heeres und
nach Espartero's Flucht (Juli 1843) ein Provisorium, während dessen der Schein
der Macht noch in den Händen progressistischc.r Minister, die Wirklichkeit derselben
aber in denen moderirter Generale war. Die Feindseligkeiten zwischen den noch
kurz zuvor gegen den Regenten Verbündeten zögerten nicht, auszubrechen. Sie
waren heftig, aber nicht von langer Dauer. Die revolutionaire Strömung war
im Versiegen, Zuversicht und rücksichtslose Energie auf der moderirteu Muthlo-
sigkeit und Schwanken auf progressistischer Seite. Olozaga's kühner Versuch,
(November 1843) durch eine rasche Intrigue den drohenden Fall seiner Partei
zu hindern, schlug fehl, und beschleunigte nur deu Sturz seines Urhebers und der
ganzen progresststischen Verbindung. Die starke Hand des Narvaez, die schon
außerhalb des Cabinets die Geschicke Spaniens lenkte, faßte bald die Zügel des
Regiments (Mai 18ii).

Eine Periode heftiger Reaction trat ein. Die Mode'rados sanctionirten
ihren Sieg durch die Rückberufung der Königin Mutter, welche der mündig er-


Stich, und zog es vor, mit ihren Schätzen und ihrem, zum General erhobenen
Günstling Munoz nach Frankreich zu gehn. (October 1840).

Die Revolution machte vor dem Thkone der jungen Jsabella Halt. Das
republikanische Princip hatte damals noch nicht die Massen in Europa ergriffen,
am allerwenigsten in Spanien, dessen sogenannte Exaltado's aufrichtige, wenn
auch nicht immer einsichtige Anhänger des Constitutionalismus sind. Einer kurzen
provisorischen Regentschaft folgte bald die definitive Ernennung Espartero's zum
alleinigen Regenten, durch die neuerwählten Cortes (Mai 1841). Seine Ne¬
gierung, von kurzer, kaum zweijähriger Dauer, rechtfertigte jedoch die Hoffnungen,
welche die Liberalen aller Länder in leicht entzündlichen Enthusiasmus daran knüpf-
den, uicht.

Die Schwierigkeiten seiner Stellung hätten eine stärkere Begabung und ein
reineres Strebe», als das seinige, überwältigen können. Er ging anf der schwan¬
kenden Linie zwischen Recht und Gewalt, und beschleunigte daher seinen vielleicht
an. sich schon unvermeidliche,? Sturz. Er wünschte, gemäß der Constitution zu
regiere«, hatte aber uicht Selbstverläugnung genug, sich ihren unvermeidlichen
Consequenzen zu unterwerfen. Seine Verwaltung war außerdem ohne Fähigkeit
und Energie, die Finanzen blieben in bodenloser Unordnung, das Heer schlecht
gekleidet, schlecht verpflegt und unregelmäßig bezahlt, die materiellen Hilfsauellen des
Landes ohne Aufmunterung und Antrieb. In unkluger Begünstigung einer altlibe¬
ralen Coterie und einer militärischen Camarilla ihm besonders ergebener Ober-
vfficiere, entfremdete er sich bald die frischesten und einflußreichsten Kräfte der
progresststischen Partei. Diese, durch unbillige Ausschließung von der Macht er¬
bittert, machten ihm uun ihrerseits eine unbillige Opposition, und gewannen bald
die Mehrheit im Congresse. Dem kurzen Kampf zwischen dem Regenten und
der parlamentarischen Gewalt folgte allgemeiner Aufstand, Abfall des Heeres und
nach Espartero's Flucht (Juli 1843) ein Provisorium, während dessen der Schein
der Macht noch in den Händen progressistischc.r Minister, die Wirklichkeit derselben
aber in denen moderirter Generale war. Die Feindseligkeiten zwischen den noch
kurz zuvor gegen den Regenten Verbündeten zögerten nicht, auszubrechen. Sie
waren heftig, aber nicht von langer Dauer. Die revolutionaire Strömung war
im Versiegen, Zuversicht und rücksichtslose Energie auf der moderirteu Muthlo-
sigkeit und Schwanken auf progressistischer Seite. Olozaga's kühner Versuch,
(November 1843) durch eine rasche Intrigue den drohenden Fall seiner Partei
zu hindern, schlug fehl, und beschleunigte nur deu Sturz seines Urhebers und der
ganzen progresststischen Verbindung. Die starke Hand des Narvaez, die schon
außerhalb des Cabinets die Geschicke Spaniens lenkte, faßte bald die Zügel des
Regiments (Mai 18ii).

Eine Periode heftiger Reaction trat ein. Die Mode'rados sanctionirten
ihren Sieg durch die Rückberufung der Königin Mutter, welche der mündig er-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/187>, abgerufen am 22.12.2024.