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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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und Schillingen, und mit Birkenfeld, wo nach Gulden und Kreuzern gerechnet
wird, giebt es neue Schwierigkeiten. -- Uebrigens gewinnt der Conrantfuß im
Herzogthume immer weiteres Feld, und es ist zu hoffen, daß er den Goldfuß
allmählich ganz verdrängen wird. --. Papiergeld zu machen, ist Oldenburg bis
dahin glücklicher Weise noch nicht in der Lage gewesen.

Den gerügten Mängeln konnten leicht noch andere an die Seite gestellt
werden; indeß ist von der anderen Seite anzuerkennen, daß nicht allein die ein¬
sichtigen Männer'des Landes in letzter Zeit der trägen Bewegung Oldenburgs
bewußt geworden sind, sondern auch, daß man jetzt immer mehr bestrebt ist,
das Versäumte nachzuholen. Anfänge von Fabrikwesen -sind an verschiedenen
Orten vorhanden. So besitzt das Herzogthum, außer den schon längere Zeit
bestehenden Gäusefederfabriken in dem Flecken Lohne, deren Erzeugnisse bis nach
Moskau gehn/in dem Flecken Varel an der Jahde ein Klein-El derselb, das
verschiedene Zweige der Industrie mit Glück cultivirt. Seit einigen Jahren be¬
steht eine Dampsschiffverbindnng zwischen Oldenburg, Bremen und Bremerhavcn
auf der unteren Hunde und der Weser, und die Eisenbahn von Bremen über
Oldenburg' nach Ostfriesland wird hoffentlich nicht lange mehr auf sich warten
lassen. Wenn aber erst das Herzogthum eine Masche des großen europäischen
Eisenbahnnetzes sein, wenn die Locomotive die öden Haidestrecken durchbrausen
und die einsamen Bewohner das seuersprühende Roß von Eisen staunend erblicken
werden, das Roß, das sie plötzlich mit der übrigen Welt in leichte Verbindung
setzen wird; dann bricht eine neue Aera für Oldenburg an, da schreitet dieses be¬
hagliche, wackere Völkchen einer neuen Entwickelung entgegen.

Eine große materielle Aufgabe, die Oldenburg außerdem noch zu lösen hat,
vielleicht die größte, die ihm in Erwägung der Natur seines Landes geboten
werden kaun, ist die Nutzbarmachung seiner Moore durch Anlegung von Canälen
und Moorcolonien nach Art der Holländer; es würde dadurch in ausgedehnten
Landstrecken, die jetzt mir eine Wüste sind, ein reges Leben, eine reichfließende
Quelle des Erwerbes eröffnet werden. Man hat zu diesem Behufe einen Canal
zwischen Hunde und Ems in Vorschlag gebracht, auf welchem Wege das größte
Moor des Laubes durchschnitten und eine Verbindung zwischen zwei schiffbaren
Flüssen erzielt würde. Vor der Hand ist freilich die Lösung dieser großen Aus¬
gabe noch zurückgelegt worden um sich erst an kleineren Moorcolonien zu ver¬
suchen; mit dem Gelingen dieser wird hoffentlich der Muth zum Bau des Hnute-
Ems-Canals wachsen, und mit der Ausführung desselben eine bis dahin ver¬
schlossene Goldader des Landes eröffnet werden.

Und so Scheit' ich von den Oldenburgern mit der Hoffnung, daß ich, wenn
ich nach einigen Jahren zum Besuche des mir lieb gewordenen Landes wieder¬
kehren werde, die Eisenbahn nach Ostfriesland vollendet, und die Moorcolonien
im großen Maßstabe in Angriff genommen sehe. Was auch noch über das


und Schillingen, und mit Birkenfeld, wo nach Gulden und Kreuzern gerechnet
wird, giebt es neue Schwierigkeiten. — Uebrigens gewinnt der Conrantfuß im
Herzogthume immer weiteres Feld, und es ist zu hoffen, daß er den Goldfuß
allmählich ganz verdrängen wird. —. Papiergeld zu machen, ist Oldenburg bis
dahin glücklicher Weise noch nicht in der Lage gewesen.

Den gerügten Mängeln konnten leicht noch andere an die Seite gestellt
werden; indeß ist von der anderen Seite anzuerkennen, daß nicht allein die ein¬
sichtigen Männer'des Landes in letzter Zeit der trägen Bewegung Oldenburgs
bewußt geworden sind, sondern auch, daß man jetzt immer mehr bestrebt ist,
das Versäumte nachzuholen. Anfänge von Fabrikwesen -sind an verschiedenen
Orten vorhanden. So besitzt das Herzogthum, außer den schon längere Zeit
bestehenden Gäusefederfabriken in dem Flecken Lohne, deren Erzeugnisse bis nach
Moskau gehn/in dem Flecken Varel an der Jahde ein Klein-El derselb, das
verschiedene Zweige der Industrie mit Glück cultivirt. Seit einigen Jahren be¬
steht eine Dampsschiffverbindnng zwischen Oldenburg, Bremen und Bremerhavcn
auf der unteren Hunde und der Weser, und die Eisenbahn von Bremen über
Oldenburg' nach Ostfriesland wird hoffentlich nicht lange mehr auf sich warten
lassen. Wenn aber erst das Herzogthum eine Masche des großen europäischen
Eisenbahnnetzes sein, wenn die Locomotive die öden Haidestrecken durchbrausen
und die einsamen Bewohner das seuersprühende Roß von Eisen staunend erblicken
werden, das Roß, das sie plötzlich mit der übrigen Welt in leichte Verbindung
setzen wird; dann bricht eine neue Aera für Oldenburg an, da schreitet dieses be¬
hagliche, wackere Völkchen einer neuen Entwickelung entgegen.

Eine große materielle Aufgabe, die Oldenburg außerdem noch zu lösen hat,
vielleicht die größte, die ihm in Erwägung der Natur seines Landes geboten
werden kaun, ist die Nutzbarmachung seiner Moore durch Anlegung von Canälen
und Moorcolonien nach Art der Holländer; es würde dadurch in ausgedehnten
Landstrecken, die jetzt mir eine Wüste sind, ein reges Leben, eine reichfließende
Quelle des Erwerbes eröffnet werden. Man hat zu diesem Behufe einen Canal
zwischen Hunde und Ems in Vorschlag gebracht, auf welchem Wege das größte
Moor des Laubes durchschnitten und eine Verbindung zwischen zwei schiffbaren
Flüssen erzielt würde. Vor der Hand ist freilich die Lösung dieser großen Aus¬
gabe noch zurückgelegt worden um sich erst an kleineren Moorcolonien zu ver¬
suchen; mit dem Gelingen dieser wird hoffentlich der Muth zum Bau des Hnute-
Ems-Canals wachsen, und mit der Ausführung desselben eine bis dahin ver¬
schlossene Goldader des Landes eröffnet werden.

Und so Scheit' ich von den Oldenburgern mit der Hoffnung, daß ich, wenn
ich nach einigen Jahren zum Besuche des mir lieb gewordenen Landes wieder¬
kehren werde, die Eisenbahn nach Ostfriesland vollendet, und die Moorcolonien
im großen Maßstabe in Angriff genommen sehe. Was auch noch über das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/514>, abgerufen am 04.07.2024.