Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.is all recht; da kann'k rieth gegen hebben, Herr Doctor; da laut Aus dem geringen Drange nach Auswanderung, den man, wenigstens in Der große Contrast, den Marsch und Geest in Bezug auf Boden, Vege¬ is all recht; da kann'k rieth gegen hebben, Herr Doctor; da laut Aus dem geringen Drange nach Auswanderung, den man, wenigstens in Der große Contrast, den Marsch und Geest in Bezug auf Boden, Vege¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0427" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94328"/> <p xml:id="ID_1220" prev="#ID_1219"> is all recht; da kann'k rieth gegen hebben, Herr Doctor; da laut<lb/> abers doch mine arme Fro und min Wurms van Kinner nix to<lb/> dohn, dat ick mi besupe; da muldet Spetschal doch versorgen. (Das<lb/> ist ganz recht; da kann ich Nichts dagegen haben, H. D.; aber meine arme Frau<lb/> und meine Würmer von Kindern können doch Nichts dazu, daß ich mich betrinke;<lb/> für sie muß doch das Spital — so wird die Armenbehörde genannt — sorgen.)<lb/> Daß jener Mann Kartoffeln und Brod ohne Butter als einen hohen Grad von<lb/> Armuth bezeichnet, ist übrigens charakteristisch für dieses wohlhäbige Land, wo der<lb/> Bettler niemals bloßes Brod, sondern Butterbrod verlangt. Freilich bedarf das<lb/> schwere oldenburger Brod eher einer fettigen Zuthat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1221"> Aus dem geringen Drange nach Auswanderung, den man, wenigstens in<lb/> den älteren Theilen drs Herzogthums bemerkt, geht jedenfalls hervor, daß sich<lb/> der Oldenburger in seiner Heimath wohl fühlt, und doch ist in dem benachbarten<lb/> Bremerhaven, wo Jahr aus Jahr ein prächtige Dreimaster mit Deutschlaud-<lb/> müden sich füllen, so bequeme Gelegenheit geboten. Nur der oldenburger<lb/> Münsterländer, der beweglicher von Natur ist, und sich, ein entschiedener Katholik,<lb/> vielleicht nicht ohne Mißbehagen unter dem Scepter eines altprotestantischen Fürsten<lb/> sieht, liebt es, auf der andern Seite der Erde eine neue Heimath zu suchen, ob¬<lb/> gleich er, wenn er ehrlich sein will, gestehen-muß, daß es ihm in der alten<lb/> wohl ergangen. Oldenburg ist ein Land, wo die Finanzen von Klein und Groß<lb/> bis zum Staatshaushalt hinauf wohl bestellt sind. Das Herzogthum hat unter<lb/> dem Herzoge Peter Friedrich Ludwig, dem Vater des jetzt regierenden Gro߬<lb/> herzogs, seine Schulden bis auf den letzten Heller getilgt. Wenn seitdem durch<lb/> Wegebauten eine Schuld von 1,200,000 Thlru.'gemacht wurde, so ist dies eine<lb/> wenig erhebliche Summe für ein Land, dessen Jahreseinnahme 100,000 Thlr.<lb/> mehr beträgt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1222" next="#ID_1223"> Der große Contrast, den Marsch und Geest in Bezug auf Boden, Vege¬<lb/> tation, Vieh und Leben der Menschen zeigen, erstreckt sich übrigens nicht so weit<lb/> aus die körperliche Beschaffenheit der Bewohner, daß ein besonderer Unterschied<lb/> ins Auge fiele, wenigstens in den älteren Theilen des Herzogthums nicht. Der<lb/> Geestbewohner ist groß, blühend von Farbe, blond, blauäugig und, trotz des<lb/> magern Bodens, wohlgenährt, und der Marschbewohner desgleichen. Ueberdies<lb/> sind die Friesen- und Sachsenstämme dort so durch einander gerüttelt, daß auch<lb/> in dieser Beziehung kein besonderer Typus ausgeprägt erscheint. Slavische, und<lb/> romanische Beimischung hat der Oldenburger nicht erfahren; man findet bei ihm<lb/> germanisches Vollblut, woraus er aber uicht gerade stolz zu sein braucht; denn<lb/> nach meiner Meinung ist eine gute Racenkreuzung auch bei Völkern eine vortheil¬<lb/> hafte Sache. Ein redendes Beispiel sind die Engländer, wo die normannisch¬<lb/> sächsische Kreuzung einen Stamm erzeugt hat, dessen Vortrefflichkeit Niemand<lb/> verkennen wird. Ich bilde mir ein, daß die Oldenburger, wenn auch sie gute</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0427]
is all recht; da kann'k rieth gegen hebben, Herr Doctor; da laut
abers doch mine arme Fro und min Wurms van Kinner nix to
dohn, dat ick mi besupe; da muldet Spetschal doch versorgen. (Das
ist ganz recht; da kann ich Nichts dagegen haben, H. D.; aber meine arme Frau
und meine Würmer von Kindern können doch Nichts dazu, daß ich mich betrinke;
für sie muß doch das Spital — so wird die Armenbehörde genannt — sorgen.)
Daß jener Mann Kartoffeln und Brod ohne Butter als einen hohen Grad von
Armuth bezeichnet, ist übrigens charakteristisch für dieses wohlhäbige Land, wo der
Bettler niemals bloßes Brod, sondern Butterbrod verlangt. Freilich bedarf das
schwere oldenburger Brod eher einer fettigen Zuthat.
Aus dem geringen Drange nach Auswanderung, den man, wenigstens in
den älteren Theilen drs Herzogthums bemerkt, geht jedenfalls hervor, daß sich
der Oldenburger in seiner Heimath wohl fühlt, und doch ist in dem benachbarten
Bremerhaven, wo Jahr aus Jahr ein prächtige Dreimaster mit Deutschlaud-
müden sich füllen, so bequeme Gelegenheit geboten. Nur der oldenburger
Münsterländer, der beweglicher von Natur ist, und sich, ein entschiedener Katholik,
vielleicht nicht ohne Mißbehagen unter dem Scepter eines altprotestantischen Fürsten
sieht, liebt es, auf der andern Seite der Erde eine neue Heimath zu suchen, ob¬
gleich er, wenn er ehrlich sein will, gestehen-muß, daß es ihm in der alten
wohl ergangen. Oldenburg ist ein Land, wo die Finanzen von Klein und Groß
bis zum Staatshaushalt hinauf wohl bestellt sind. Das Herzogthum hat unter
dem Herzoge Peter Friedrich Ludwig, dem Vater des jetzt regierenden Gro߬
herzogs, seine Schulden bis auf den letzten Heller getilgt. Wenn seitdem durch
Wegebauten eine Schuld von 1,200,000 Thlru.'gemacht wurde, so ist dies eine
wenig erhebliche Summe für ein Land, dessen Jahreseinnahme 100,000 Thlr.
mehr beträgt.
Der große Contrast, den Marsch und Geest in Bezug auf Boden, Vege¬
tation, Vieh und Leben der Menschen zeigen, erstreckt sich übrigens nicht so weit
aus die körperliche Beschaffenheit der Bewohner, daß ein besonderer Unterschied
ins Auge fiele, wenigstens in den älteren Theilen des Herzogthums nicht. Der
Geestbewohner ist groß, blühend von Farbe, blond, blauäugig und, trotz des
magern Bodens, wohlgenährt, und der Marschbewohner desgleichen. Ueberdies
sind die Friesen- und Sachsenstämme dort so durch einander gerüttelt, daß auch
in dieser Beziehung kein besonderer Typus ausgeprägt erscheint. Slavische, und
romanische Beimischung hat der Oldenburger nicht erfahren; man findet bei ihm
germanisches Vollblut, woraus er aber uicht gerade stolz zu sein braucht; denn
nach meiner Meinung ist eine gute Racenkreuzung auch bei Völkern eine vortheil¬
hafte Sache. Ein redendes Beispiel sind die Engländer, wo die normannisch¬
sächsische Kreuzung einen Stamm erzeugt hat, dessen Vortrefflichkeit Niemand
verkennen wird. Ich bilde mir ein, daß die Oldenburger, wenn auch sie gute
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |