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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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gcinz dem Habitus freundlicher städtischer Privatleuten, und sind großentheils nicht
ohne Geschmack construirt, sämmtlich massiv, von gebrannten Mauersteinen, mit
Ziegeldächern, in vier Stockwerken von nenn bis zehn Fuß Hohe ausgeführt, und
enthalten in jedem Stockwerk eine bis drei Wohnungen. Die ländlichen Eta¬
blissements ans Bremerhöhe erinnern an den heitern Styl schweizerischer Land-
häuser, sind von Stallungen für kleine Viehstände und von einzelnen Landpar¬
zellen zur Bebaung mit Nntzgewächseu umgeben.

Die Wohnungen sind von verschiedenem Umfange. Die kleinsten bestehen
nur aus Stube, Koch- und Vorraum, die mittleren aus Stube, Kammer, Küche
und Vorraum, die größeren aus denselben Theilen, wie die mittleren, und einer
Stube mehr. ' Um den grundsätzlichen Reinertrag von sechs Procent des in
zweckmäßigster Weise veranlagten Capitals zu erreichen, stellen sich die Mieths¬
preise für die erste Klasse auf 30 bis 36 Thlr. (je nach den Stockwerken), für
die zweite Klasse aus 40 bis 48 Thlr., für die dritte Klasse auf !i0bis'62 Thlr.
jährlich. Die Räume sind genügend hoch, frei, wohnlich und behaglich ein¬
gerichtet.

Mit jedem Miether wird ein besonderer Miethsvertrag abgeschlossen,, und die
sämmtlichen Miether eines Hauses bilden eine Genossenschaft, deren Mitglieder
aus ihrer Mitte jährlich einen, der Gesellschaft wie den Miethsgenossen verantwort¬
lichen Vicewirth wählen. Etwaige Streitigkeiten werden durch Schiedsgerichte
entschieden, deren drei Mitglieder für jeden besondern Fall durch die General-
Versammlung der Gesellschaft, den Vorstand der Gesellschaft und die betreffende
Miethsgenossenschaft zu wählen sind. Letztere ist gebildet, sobald alle Wohnungen
eines Hauses vermiethet (oder der Miethspreis einer etwa leer stehenden Woh¬
nung durch die Genossen übernommen) wurden. Von dem auf sechs Procent
des Anlagecapitals festgestellten Reinertrage werden regelmäßig zwei Procent zur
Tilgung (Amortisation) und der Rest mit höchstens vier Procent zur Verzinsung
der Actien verwendet. Das in Zeit von 30 Jahren, nach Bildung einer Ge¬
nossenschaft, also getilgte (amortisirte) Anlagecapital sällt der Genossenschaft der
Miether nach Ablauf des genannten Zeitraums als Eigenthum zu. Entweder
wird dann das Grundstück selbst den Mitgliedern gemeinschaftlich überwiesen oder
jedem einzelnen Teilnehmer (oder dessen Erben) eine vorher zu bestimmende,
verhältnißmäßige Abfindungssumme baar ausgezahlt. Beschließt die Genossenschaft
das Letztere, so verbleibt das Eigenthumsrecht der Baugesellschaft.

Im October des vorigen Jahres befanden sich unter den us Miethern
der Berliner Genossenschastshäuser S6 Handwerksmeister; 27 Handwerksgesellen;
29 Fabrik- und Handarbeiter, Boten, Kutscherund dergleichen Personen; 19 Urter-
t'caude, namentlich Postexpedienten, Postconducteure, Briefträger und Schutz¬
männer; zwei Handlungsgehilfen: ein Thierarzt und eilf Witwen. Außerdem
wohnten in deu verschiedenen Häusern zusammen 80 Personen als Einlieger,


gcinz dem Habitus freundlicher städtischer Privatleuten, und sind großentheils nicht
ohne Geschmack construirt, sämmtlich massiv, von gebrannten Mauersteinen, mit
Ziegeldächern, in vier Stockwerken von nenn bis zehn Fuß Hohe ausgeführt, und
enthalten in jedem Stockwerk eine bis drei Wohnungen. Die ländlichen Eta¬
blissements ans Bremerhöhe erinnern an den heitern Styl schweizerischer Land-
häuser, sind von Stallungen für kleine Viehstände und von einzelnen Landpar¬
zellen zur Bebaung mit Nntzgewächseu umgeben.

Die Wohnungen sind von verschiedenem Umfange. Die kleinsten bestehen
nur aus Stube, Koch- und Vorraum, die mittleren aus Stube, Kammer, Küche
und Vorraum, die größeren aus denselben Theilen, wie die mittleren, und einer
Stube mehr. ' Um den grundsätzlichen Reinertrag von sechs Procent des in
zweckmäßigster Weise veranlagten Capitals zu erreichen, stellen sich die Mieths¬
preise für die erste Klasse auf 30 bis 36 Thlr. (je nach den Stockwerken), für
die zweite Klasse aus 40 bis 48 Thlr., für die dritte Klasse auf !i0bis'62 Thlr.
jährlich. Die Räume sind genügend hoch, frei, wohnlich und behaglich ein¬
gerichtet.

Mit jedem Miether wird ein besonderer Miethsvertrag abgeschlossen,, und die
sämmtlichen Miether eines Hauses bilden eine Genossenschaft, deren Mitglieder
aus ihrer Mitte jährlich einen, der Gesellschaft wie den Miethsgenossen verantwort¬
lichen Vicewirth wählen. Etwaige Streitigkeiten werden durch Schiedsgerichte
entschieden, deren drei Mitglieder für jeden besondern Fall durch die General-
Versammlung der Gesellschaft, den Vorstand der Gesellschaft und die betreffende
Miethsgenossenschaft zu wählen sind. Letztere ist gebildet, sobald alle Wohnungen
eines Hauses vermiethet (oder der Miethspreis einer etwa leer stehenden Woh¬
nung durch die Genossen übernommen) wurden. Von dem auf sechs Procent
des Anlagecapitals festgestellten Reinertrage werden regelmäßig zwei Procent zur
Tilgung (Amortisation) und der Rest mit höchstens vier Procent zur Verzinsung
der Actien verwendet. Das in Zeit von 30 Jahren, nach Bildung einer Ge¬
nossenschaft, also getilgte (amortisirte) Anlagecapital sällt der Genossenschaft der
Miether nach Ablauf des genannten Zeitraums als Eigenthum zu. Entweder
wird dann das Grundstück selbst den Mitgliedern gemeinschaftlich überwiesen oder
jedem einzelnen Teilnehmer (oder dessen Erben) eine vorher zu bestimmende,
verhältnißmäßige Abfindungssumme baar ausgezahlt. Beschließt die Genossenschaft
das Letztere, so verbleibt das Eigenthumsrecht der Baugesellschaft.

Im October des vorigen Jahres befanden sich unter den us Miethern
der Berliner Genossenschastshäuser S6 Handwerksmeister; 27 Handwerksgesellen;
29 Fabrik- und Handarbeiter, Boten, Kutscherund dergleichen Personen; 19 Urter-
t'caude, namentlich Postexpedienten, Postconducteure, Briefträger und Schutz¬
männer; zwei Handlungsgehilfen: ein Thierarzt und eilf Witwen. Außerdem
wohnten in deu verschiedenen Häusern zusammen 80 Personen als Einlieger,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/21>, abgerufen am 04.07.2024.