Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.er seine Weissagungen von der künstigen Größe Griechenlands, über die uns Damit ist die Betrachtung der Gestalten im Vorgrunde beendigt. Dem Hinter Maos und den Gestalten des neben ihm stehenden Baumeisters und er seine Weissagungen von der künstigen Größe Griechenlands, über die uns Damit ist die Betrachtung der Gestalten im Vorgrunde beendigt. Dem Hinter Maos und den Gestalten des neben ihm stehenden Baumeisters und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0161" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94062"/> <p xml:id="ID_424" prev="#ID_423"> er seine Weissagungen von der künstigen Größe Griechenlands, über die uns<lb/> Herodot berichtet, ein die Fläche eines MarinorfelsenS. Homeros besang des<lb/> Griechenvolkes große Vergangenheit; Bakis, der zur Zeit der Perserkriege lebte,<lb/> weissagte ihm seine^ ruhmreiche Zukunft, und die fernen Küsten der Insel Salamis<lb/> am Horizonte des Bildes geben der Ahnung ihren geschichtlichen Inhalt.</p><lb/> <p xml:id="ID_425"> Damit ist die Betrachtung der Gestalten im Vorgrunde beendigt. Dem<lb/> Mittelgrunde gehört bereits der Bildhauer an, welcher mit seinen jugendlichen<lb/> Gehilfen aus der Höhe jenes Marmvrfelscns eine kolossale Statue des von Ho-<lb/> meros besungenen Achilleus meißelt. Augenblicklich hat er sich von der Arbeit<lb/> abgewendet und hebt die ausgebreiteten Arme, Segen erflehend, zu den olym¬<lb/> pischen Göttern empor. Ihm zur Seite liegt in beschauender Behaglichkeit eine<lb/> Jünglingsgestalt mit der Enle von Athen, ein Diener der Pallas Athene, ein<lb/> Philosoph in heiterer Fülle frischen Lebens.</p><lb/> <p xml:id="ID_426" next="#ID_427"> Hinter Maos und den Gestalten des neben ihm stehenden Baumeisters und<lb/> des Weisen mit den Tafeln des Solon zieht sich im Mittelgrunde eine Reihe<lb/> ernster männlicher Gestalten am Strande entlang, sämmtlich aufmerksam, den<lb/> homerischen Gesang in sich aufnehmend. Unter ihnen sehen wir die Philosophie<lb/> vertreten durch den ersten griechischen Philosophen, der geschichtlich System und<lb/> Schule stiftete, durch Pythagoras, die Geschichtschreibung durch Herodvtoö, den<lb/> Vater der Geschichte, die tragische Poesie durch Aeschylos und Sophokles, die<lb/> heitere Poesie durch den Jdyllensänger Thevtritos. Daran schließen sich einige<lb/> Gestalten des aus dem Kriege und von der Jagd heimkehrenden Volkes, und<lb/> Alle drängen sich zu dem Vortrage des Dichters, dem Born einer mildern, ver¬<lb/> edelnden Cultur. Auch ein Faun hat mit den Menschen seine Waldheimath ver¬<lb/> lassen und bemüht sich mit vorgestrecktem Ohr, den Gesang zu verstehen, aber<lb/> es gelingt ihm nicht, und seine von der Bildung noch nicht einmal beleckte Natur<lb/> macht sich in einer verächtlichen Bewegung der Zunge Luft. Er gehört jenem<lb/> ausschließlich sinnlichen Natnrdasein an, dessen Fesseln der Einfluß homerischer<lb/> Bildung dem griechischen Volke abzustreifen berufen ist. Wie soll er die Hoheit<lb/> dieser rein menschlichen Cultur begreifen! Er findet sich — wie gemeine Seelen<lb/> wol noch heute— mit ihr ab, indem er ihr ein verachtendes Schnippchen schlägt.<lb/> Einen andern Gegensatz zu dem heitern Ernste, der sich über die meisten Hörer<lb/> verbreitet, bildet der im Schalle« der Bildhauergruppe stehende düstere Priester¬<lb/> sänger, welcher voll Ingrimm der klaren Schönheit des Gedichtes lauscht. Es<lb/> ist ein Nachfolger des Orpheus, ein Mystiker, dessen Wesen der Künstler wun¬<lb/> derbar in dem von dunklem Bart'umkränzten Antlitz auszuprägen verstand. Die<lb/> strengen Züge tragen noch die Spuren des astatischen Priesterthums und geben<lb/> dem Kopfe im Verein mit tiefsinniger Verschlossenheit des Ausdrucks ein kräftig<lb/> individuelles Leben. Im Rücken des orphischen Mystikers entstehen großartige<lb/> Tempelbauten. Sie sind den olympischen Göttern, deren Cultus die homerischen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0161]
er seine Weissagungen von der künstigen Größe Griechenlands, über die uns
Herodot berichtet, ein die Fläche eines MarinorfelsenS. Homeros besang des
Griechenvolkes große Vergangenheit; Bakis, der zur Zeit der Perserkriege lebte,
weissagte ihm seine^ ruhmreiche Zukunft, und die fernen Küsten der Insel Salamis
am Horizonte des Bildes geben der Ahnung ihren geschichtlichen Inhalt.
Damit ist die Betrachtung der Gestalten im Vorgrunde beendigt. Dem
Mittelgrunde gehört bereits der Bildhauer an, welcher mit seinen jugendlichen
Gehilfen aus der Höhe jenes Marmvrfelscns eine kolossale Statue des von Ho-
meros besungenen Achilleus meißelt. Augenblicklich hat er sich von der Arbeit
abgewendet und hebt die ausgebreiteten Arme, Segen erflehend, zu den olym¬
pischen Göttern empor. Ihm zur Seite liegt in beschauender Behaglichkeit eine
Jünglingsgestalt mit der Enle von Athen, ein Diener der Pallas Athene, ein
Philosoph in heiterer Fülle frischen Lebens.
Hinter Maos und den Gestalten des neben ihm stehenden Baumeisters und
des Weisen mit den Tafeln des Solon zieht sich im Mittelgrunde eine Reihe
ernster männlicher Gestalten am Strande entlang, sämmtlich aufmerksam, den
homerischen Gesang in sich aufnehmend. Unter ihnen sehen wir die Philosophie
vertreten durch den ersten griechischen Philosophen, der geschichtlich System und
Schule stiftete, durch Pythagoras, die Geschichtschreibung durch Herodvtoö, den
Vater der Geschichte, die tragische Poesie durch Aeschylos und Sophokles, die
heitere Poesie durch den Jdyllensänger Thevtritos. Daran schließen sich einige
Gestalten des aus dem Kriege und von der Jagd heimkehrenden Volkes, und
Alle drängen sich zu dem Vortrage des Dichters, dem Born einer mildern, ver¬
edelnden Cultur. Auch ein Faun hat mit den Menschen seine Waldheimath ver¬
lassen und bemüht sich mit vorgestrecktem Ohr, den Gesang zu verstehen, aber
es gelingt ihm nicht, und seine von der Bildung noch nicht einmal beleckte Natur
macht sich in einer verächtlichen Bewegung der Zunge Luft. Er gehört jenem
ausschließlich sinnlichen Natnrdasein an, dessen Fesseln der Einfluß homerischer
Bildung dem griechischen Volke abzustreifen berufen ist. Wie soll er die Hoheit
dieser rein menschlichen Cultur begreifen! Er findet sich — wie gemeine Seelen
wol noch heute— mit ihr ab, indem er ihr ein verachtendes Schnippchen schlägt.
Einen andern Gegensatz zu dem heitern Ernste, der sich über die meisten Hörer
verbreitet, bildet der im Schalle« der Bildhauergruppe stehende düstere Priester¬
sänger, welcher voll Ingrimm der klaren Schönheit des Gedichtes lauscht. Es
ist ein Nachfolger des Orpheus, ein Mystiker, dessen Wesen der Künstler wun¬
derbar in dem von dunklem Bart'umkränzten Antlitz auszuprägen verstand. Die
strengen Züge tragen noch die Spuren des astatischen Priesterthums und geben
dem Kopfe im Verein mit tiefsinniger Verschlossenheit des Ausdrucks ein kräftig
individuelles Leben. Im Rücken des orphischen Mystikers entstehen großartige
Tempelbauten. Sie sind den olympischen Göttern, deren Cultus die homerischen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |