Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0158" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94059"/> <quote> <lg xml:id="POEMID_66" type="poem"> <l> So viel auf dem Kopfe<lb/> Sie streichelt ihm Härchen,<lb/> So viel aus den Augen<lb/> Entfielen ihr Zährchen.</l> <l> Vor zog er das Tüchlein<lb/> Und wischt' ihr das Stirnader:<lb/> „„Was weinst du, was klagst du,<lb/> Mein goldenes Dirnchen?""</l> <l> „Was sollt' ich nicht weinen,<lb/> Was sollt' ich nicht jammern?<lb/> Nicht will mir das Vortuch<lb/> Den Wuchs mehr umspannen.</l> <l> Nicht will es mein Vortuch,<lb/> Nicht will es mein Röckchen,<lb/> Das hab' ich bekommen<lb/> Von dir, o mein Häuschen."</l> <l> Er sührt sie zum Lädchen,<lb/> Sie haltend am Händchen:<lb/> „„Verläng're dein Röckchen,<lb/> Ich kaufe dir Bändchen.""</l> <l> „Ich wollt's wol verlängern,<lb/> Doch wird es nicht gehen —<lb/> Ach, hätt' ich dich nimmer<lb/> Und nimmer gesehen!"</l> </lg> </quote><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_67" type="poem"> <head> Zu spät.</head> <l> Scheine, Bläßchen, scheine, Mondchen,<lb/> In den Hof hinein,<lb/> Daß ich dein, mein Mädchen, werde,<lb/> Bilde dir nicht ein. Als ich noch zu euch gegangen,<lb/> War ich dir zu schlecht,<lb/> Die Frau Mutter sprach: Willkommen<lb/> Dir war's niemals recht. - Jetzo hast du keinen Andern,<lb/> Jetzt gefall' ich dir,<lb/> Aber zehn Mal lieber fällt' ich<lb/> Meinen Rappen mir. Meinen weißen Mantel will ich<lb/> Auf den Rappen thun,<lb/> Beide warten schon — mein Mädchen,<lb/> Sprich, was sagst du nun? „Ach, was soll ich, Aermste, sagen?<lb/> Hab's dahin gebracht;<lb/> Hab' ich doch den weißen Mantel<lb/> Selber dir gemacht." </l> </lg> </quote><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0158]
So viel auf dem Kopfe
Sie streichelt ihm Härchen,
So viel aus den Augen
Entfielen ihr Zährchen. Vor zog er das Tüchlein
Und wischt' ihr das Stirnader:
„„Was weinst du, was klagst du,
Mein goldenes Dirnchen?"" „Was sollt' ich nicht weinen,
Was sollt' ich nicht jammern?
Nicht will mir das Vortuch
Den Wuchs mehr umspannen. Nicht will es mein Vortuch,
Nicht will es mein Röckchen,
Das hab' ich bekommen
Von dir, o mein Häuschen." Er sührt sie zum Lädchen,
Sie haltend am Händchen:
„„Verläng're dein Röckchen,
Ich kaufe dir Bändchen."" „Ich wollt's wol verlängern,
Doch wird es nicht gehen —
Ach, hätt' ich dich nimmer
Und nimmer gesehen!"
Zu spät. Scheine, Bläßchen, scheine, Mondchen,
In den Hof hinein,
Daß ich dein, mein Mädchen, werde,
Bilde dir nicht ein. Als ich noch zu euch gegangen,
War ich dir zu schlecht,
Die Frau Mutter sprach: Willkommen
Dir war's niemals recht. - Jetzo hast du keinen Andern,
Jetzt gefall' ich dir,
Aber zehn Mal lieber fällt' ich
Meinen Rappen mir. Meinen weißen Mantel will ich
Auf den Rappen thun,
Beide warten schon — mein Mädchen,
Sprich, was sagst du nun? „Ach, was soll ich, Aermste, sagen?
Hab's dahin gebracht;
Hab' ich doch den weißen Mantel
Selber dir gemacht."
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