Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.gegen Preußen, als für Oestreich; die Grundlinien der demnächstigen Handelspolitik gegen Preußen, als für Oestreich; die Grundlinien der demnächstigen Handelspolitik <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0141" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94042"/> <p xml:id="ID_365" prev="#ID_364" next="#ID_366"> gegen Preußen, als für Oestreich; die Grundlinien der demnächstigen Handelspolitik<lb/> waren scharf und stark gezogen und mit einer Emphase ausgesprochen, welche ein<lb/> entschiedenes Aufgeben unmöglich erscheinen lassen mußte. Die Beschlüsse der<lb/> Bmuberger Conferenz lassen allem Anschein nach den Plan eines entschiedenen<lb/> Anschlusses an Oestreich fallen, stoßen- — wenigstens eventuell — Preußen weg,<lb/> und suchen sür die volle Selbstständigkeit der betreffenden Mittelstaaten eine neue<lb/> Grundlage. Sehen wir recht/ so vollzieht sich jetzt vollständig der Parallelismus<lb/> zu den früheren politischen Anstrengungen. Der Septcmbcrvertrag Preußens mit<lb/> Hannover war anch ein Act politischer Nothwehr; Preußen hätte in früheren<lb/> Zeiten vielleicht zu besseren Bedingungen, sicherlich in einer bessern Weise die<lb/> norddeutschen Staaten in "den Zollverein ziehen können. Jener Vertrag ist die<lb/> entschiedenste Operation gegen Oestreich, welche Preußen seit 18i8 unternommen<lb/> hat; er war eine opferreiche Gewaltanstrengnng, um einen Ersatz sür die großen<lb/> Einbußen auf dem politischen Gebiet anzubahnen. Aus gerechter Besorgniß von<lb/> den allgegenwärtigen Gegenmiencn Oestreichs mußte Preußen die Gefühle der<lb/> handelspolitischen Bundesgenossen peinlich verletzen, aber es gewann doch eine<lb/> neue Brustwehr auf dem Felde, wo es noch immer eine starke Position behauptet.<lb/> Aber auch Oestreich erkannte die Bedeutung der Zolleinigung, gegen die es so<lb/> lauge gleichgiltig gewesen war; es fühlte, daß die materielle Einigung für Deutsch¬<lb/> lands bevorstehende Entwickelung fast mehr besagen wolle, als die politische;<lb/> es ahnte wol auch, daß mit der östreichischen Zolleinignng Gesammtöstreich in den<lb/> deutschen Bund einziehen werde, trotz englischer und französischer Proteste. Die<lb/> großen Erfolge auf dem politischen Gebiete verliehen der östreichischen Regierung<lb/> die Siegesahnung des Stärkern, wie sie ihr die Bundesgenossenschaft der mitt¬<lb/> leren und kleineren Staaten zuführten. Aber zum zweiten Male binnen wenigen<lb/> Jahren ist in den unedleren und kleineren deutscheu Regierungen das Streben<lb/> nach einer vollständigen Emancipation von dem nördlichen wie von dem östlichen<lb/> primus wor Mros hervorgetreten, und zum zweiten Male sucht sich Bayern an die<lb/> Spitze einer dritten Macht in Deutschland zu bringen. Wir erkennen in den<lb/> Beschlüssen der Bamberger Conferenz eine Wiederaufnahme des Gedankens an<lb/> einen Zusammenschluß des neben Oestreich und Preußen verselbstständigten<lb/> übrigen'Deutschlands, in welchem Bayern präponderiren muß; es ist der alte<lb/> bayerische Plan der deutschen Trias, dessen Verwirklichung jetzt ans dem han¬<lb/> delspolitischen Gebiete erstrebt wird. Man soll sich in Bamberg darüber<lb/> verständigt haben, bestimmte Forderungen, durch welche das Interesse der süd¬<lb/> deutschen Staaten insbesondere und vorzugsweise gewahrt erscheint, auf dem Ber¬<lb/> liner Kongresse an Preußen zu stellen, und wenn dieselben nicht zu erlangen seien,<lb/> «in selbstständiges Zollvereinsgebiet zu constituiren, falls sich für dasselbe eine<lb/> Ländermasse mit wenigstens 10 Millionen Einwohnern gewinnen lasse. Man hat<lb/> bereits den weitern Schritt gethan,, auch Abgeordnete der Regierungen von</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0141]
gegen Preußen, als für Oestreich; die Grundlinien der demnächstigen Handelspolitik
waren scharf und stark gezogen und mit einer Emphase ausgesprochen, welche ein
entschiedenes Aufgeben unmöglich erscheinen lassen mußte. Die Beschlüsse der
Bmuberger Conferenz lassen allem Anschein nach den Plan eines entschiedenen
Anschlusses an Oestreich fallen, stoßen- — wenigstens eventuell — Preußen weg,
und suchen sür die volle Selbstständigkeit der betreffenden Mittelstaaten eine neue
Grundlage. Sehen wir recht/ so vollzieht sich jetzt vollständig der Parallelismus
zu den früheren politischen Anstrengungen. Der Septcmbcrvertrag Preußens mit
Hannover war anch ein Act politischer Nothwehr; Preußen hätte in früheren
Zeiten vielleicht zu besseren Bedingungen, sicherlich in einer bessern Weise die
norddeutschen Staaten in "den Zollverein ziehen können. Jener Vertrag ist die
entschiedenste Operation gegen Oestreich, welche Preußen seit 18i8 unternommen
hat; er war eine opferreiche Gewaltanstrengnng, um einen Ersatz sür die großen
Einbußen auf dem politischen Gebiet anzubahnen. Aus gerechter Besorgniß von
den allgegenwärtigen Gegenmiencn Oestreichs mußte Preußen die Gefühle der
handelspolitischen Bundesgenossen peinlich verletzen, aber es gewann doch eine
neue Brustwehr auf dem Felde, wo es noch immer eine starke Position behauptet.
Aber auch Oestreich erkannte die Bedeutung der Zolleinigung, gegen die es so
lauge gleichgiltig gewesen war; es fühlte, daß die materielle Einigung für Deutsch¬
lands bevorstehende Entwickelung fast mehr besagen wolle, als die politische;
es ahnte wol auch, daß mit der östreichischen Zolleinignng Gesammtöstreich in den
deutschen Bund einziehen werde, trotz englischer und französischer Proteste. Die
großen Erfolge auf dem politischen Gebiete verliehen der östreichischen Regierung
die Siegesahnung des Stärkern, wie sie ihr die Bundesgenossenschaft der mitt¬
leren und kleineren Staaten zuführten. Aber zum zweiten Male binnen wenigen
Jahren ist in den unedleren und kleineren deutscheu Regierungen das Streben
nach einer vollständigen Emancipation von dem nördlichen wie von dem östlichen
primus wor Mros hervorgetreten, und zum zweiten Male sucht sich Bayern an die
Spitze einer dritten Macht in Deutschland zu bringen. Wir erkennen in den
Beschlüssen der Bamberger Conferenz eine Wiederaufnahme des Gedankens an
einen Zusammenschluß des neben Oestreich und Preußen verselbstständigten
übrigen'Deutschlands, in welchem Bayern präponderiren muß; es ist der alte
bayerische Plan der deutschen Trias, dessen Verwirklichung jetzt ans dem han¬
delspolitischen Gebiete erstrebt wird. Man soll sich in Bamberg darüber
verständigt haben, bestimmte Forderungen, durch welche das Interesse der süd¬
deutschen Staaten insbesondere und vorzugsweise gewahrt erscheint, auf dem Ber¬
liner Kongresse an Preußen zu stellen, und wenn dieselben nicht zu erlangen seien,
«in selbstständiges Zollvereinsgebiet zu constituiren, falls sich für dasselbe eine
Ländermasse mit wenigstens 10 Millionen Einwohnern gewinnen lasse. Man hat
bereits den weitern Schritt gethan,, auch Abgeordnete der Regierungen von
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |