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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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etwa nur 12,000 in den Handel; daher wird er oft und unverschämt von den
Kaufleuten verfälscht.

Zwischen den rothen und weißen Weinen muß das Weingebirge von Bu-
da-Pest genannt werden. Dort ist der stärkste Weinbau in Ungarn, und beide
Weine, weißer und rother, werden im Pester Comitat in großen Massen ge¬
wonnen. Die Weinausbeute des Comitats beträgt durchschnittlich 1,200,000 Ei¬
mer. Unter den unzähligen guten Lagen des weißen Weines behauptet deu ersten
Platz der Wein des Steinbruchs bei Pest, auf Saudsteiugrund, ein Wein von
grüngelber Farbe. Er hat etwas von der Säure des Oestreichers, aber das volle
ungarische Feuer und einen eigenthümlichen Wohlgeschmack; ist hart, dauerhaft,
zum Export besonders geeignet und steht in Pest selbst höher im Preise, als
alle seine Nachbarn. Den Gegensatz zu ihm bildet der weiße Wein von Tot-
Falu, sehr weich und mild, und schou im zweiten Jahre genießbar.

Die rothen Weine des Comitats liegen meist stromabwärts der Donau von
Szt. Eudrv über Ofen auf Stuhlweißenburg zu. Aber wie das französische
Bordeaux dem ganzen Wein seiner Provinz seinen Namen aufgedrückt hat, so ist
auch der rothe Wein dieses großen Striches unter dem Namen rother Ofener
bekannt. Bnda selbst ist mit Weingärten umgeben, und die Villen der reichen
Bürger dehnen sich bis Szt. Endrü, und wieder über Promontorium bis Alt-
und Klein-T<5t6up, Pons-Megyer ze. aus. Zu Szt. Endrv wird viel Ausbruch
gemacht, indem man guten alten Wein über trockne Beeren gießt. Die Wein¬
cultur ist hier meist in den Händen der Bürger und kleinen Leute, und der rothe
Ofener das beliebteste Getränk in deu zahllosen Weinschenken der Schwesterstädte.^)

Im Süden Ungarns herrscht der rothe Wein, während der Nvrdeuuud Westen
mehr von weißem erzeugt. In den südlichen Landestheilen wächst die Rebe im heißen
Sonnenlicht schon halb wild, und geringe Mühe des Menschen wird von der üppigen
Natur reichlich belohnt. Deshalb hat in diesen weiten Landschaften der Wein auch
eiuen mehr gleichförmigen Charakter, und einzelne besonders günstige Lagen oder
höhere Culturen ausgenommen, wird man eine gewisse latente Süßigkeit, ein
ungezähmtes Feuer an allen erkennen, an den meisten eine zu große Schwere, an
vielen eiuen wilden Beigeschmack nach Farbestoff und dem Erdboden, welcher durch
deu Mangel an höherer Cultur hervorgebracht wird. Alle edlen Rothweine
Ungarns zeichnen sich dadurch aus, daß sie, dem Malaga ähnlich, mit der Zeit
einen sehr feinen Pechgeruch erhalte", der mit dem bei den einzelnen Sorten



Bei sämmtlichen guten Weinlageu des Ungar, welche hier aufgezählt werden, ist wohl
zu bemerken, daß nicht alle Weine, welche an derselben Stelle wachsen, die vortrefflichen Ei¬
genschaften haben. Im Gegentheil, die Cultur ist noch so mangelhaft, daß oft dicht neben
den edelsten Neben das schlechteste Zeug gekeltert wird, und der gemeine Ofener, Steinbruchcr,
Presburger, welcher mit demselben Recht so genannt wird, wie der beste, ist oft ein sehr un¬
würdiger Trank.

etwa nur 12,000 in den Handel; daher wird er oft und unverschämt von den
Kaufleuten verfälscht.

Zwischen den rothen und weißen Weinen muß das Weingebirge von Bu-
da-Pest genannt werden. Dort ist der stärkste Weinbau in Ungarn, und beide
Weine, weißer und rother, werden im Pester Comitat in großen Massen ge¬
wonnen. Die Weinausbeute des Comitats beträgt durchschnittlich 1,200,000 Ei¬
mer. Unter den unzähligen guten Lagen des weißen Weines behauptet deu ersten
Platz der Wein des Steinbruchs bei Pest, auf Saudsteiugrund, ein Wein von
grüngelber Farbe. Er hat etwas von der Säure des Oestreichers, aber das volle
ungarische Feuer und einen eigenthümlichen Wohlgeschmack; ist hart, dauerhaft,
zum Export besonders geeignet und steht in Pest selbst höher im Preise, als
alle seine Nachbarn. Den Gegensatz zu ihm bildet der weiße Wein von Tot-
Falu, sehr weich und mild, und schou im zweiten Jahre genießbar.

Die rothen Weine des Comitats liegen meist stromabwärts der Donau von
Szt. Eudrv über Ofen auf Stuhlweißenburg zu. Aber wie das französische
Bordeaux dem ganzen Wein seiner Provinz seinen Namen aufgedrückt hat, so ist
auch der rothe Wein dieses großen Striches unter dem Namen rother Ofener
bekannt. Bnda selbst ist mit Weingärten umgeben, und die Villen der reichen
Bürger dehnen sich bis Szt. Endrü, und wieder über Promontorium bis Alt-
und Klein-T<5t6up, Pons-Megyer ze. aus. Zu Szt. Endrv wird viel Ausbruch
gemacht, indem man guten alten Wein über trockne Beeren gießt. Die Wein¬
cultur ist hier meist in den Händen der Bürger und kleinen Leute, und der rothe
Ofener das beliebteste Getränk in deu zahllosen Weinschenken der Schwesterstädte.^)

Im Süden Ungarns herrscht der rothe Wein, während der Nvrdeuuud Westen
mehr von weißem erzeugt. In den südlichen Landestheilen wächst die Rebe im heißen
Sonnenlicht schon halb wild, und geringe Mühe des Menschen wird von der üppigen
Natur reichlich belohnt. Deshalb hat in diesen weiten Landschaften der Wein auch
eiuen mehr gleichförmigen Charakter, und einzelne besonders günstige Lagen oder
höhere Culturen ausgenommen, wird man eine gewisse latente Süßigkeit, ein
ungezähmtes Feuer an allen erkennen, an den meisten eine zu große Schwere, an
vielen eiuen wilden Beigeschmack nach Farbestoff und dem Erdboden, welcher durch
deu Mangel an höherer Cultur hervorgebracht wird. Alle edlen Rothweine
Ungarns zeichnen sich dadurch aus, daß sie, dem Malaga ähnlich, mit der Zeit
einen sehr feinen Pechgeruch erhalte«, der mit dem bei den einzelnen Sorten



Bei sämmtlichen guten Weinlageu des Ungar, welche hier aufgezählt werden, ist wohl
zu bemerken, daß nicht alle Weine, welche an derselben Stelle wachsen, die vortrefflichen Ei¬
genschaften haben. Im Gegentheil, die Cultur ist noch so mangelhaft, daß oft dicht neben
den edelsten Neben das schlechteste Zeug gekeltert wird, und der gemeine Ofener, Steinbruchcr,
Presburger, welcher mit demselben Recht so genannt wird, wie der beste, ist oft ein sehr un¬
würdiger Trank.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/44>, abgerufen am 22.07.2024.