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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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alle Zwecke der Architektur, der Wohnung, des Schmuckes in behaglicher und
anmuthiger Häuslichkeit. Bei Betrachtung derselben verfahre ich zunächst wieder
geschichtlich. Der erste Versuch, ein architektonisches Ornament herzustellen, wurde
mit einer auf dem Dampfmaschinen-Gebäude an der Friedrichsbrücke aufzustellen¬
den Akroterie nach Schinkel's Zeichnung gemacht. Dann folgte bald der, einen
Fuß und sechs Zoll hohe, vierhundert Fuß lange Rinnleisten an der Se. Nicolai-
kirche zu Potsdam nebst 24- korinthischen Capitälen von 2 Fuß Durchmesser im
Jnnern, ferner die Chorbrüstuug und sämmtliche Reliefs und Ornamente an der
Kanzel und Orgel. Das durchbrochene Gitter aus der Bauschule, das Relief
im vordern Giebelfelde der neuen Sternwarte, so wie die acht großen, zwei¬
flügeliger Fenster im Observatorium derselben, die cannelirteu dorischen und io¬
nischen Säulen in den Fenstern des Ministeriums des Innern sind von Zink
gegossen. Unter den vielen Balcons, Consolen, Vasen, Akroterien, Thürver¬
zierungen u. s. w. an Privathäusern ist die Bekleidung der Fel^abe des Güsse-
feld'schen Hauses in der Poststraße zu nennen, welche bei einer Frontlänge von
mehr als fünfzig Fuß und fünfzehn Fuß Höhe des Untergeschosses sieben Bogen¬
stellungen, sämmtlich aus gegossenem Zink, umfaßt. Eben so sind am russischen
Gesandtschaftshotel die Thüreinfassung nebst Verdachung, das große Wappen an
der Attika, so wie der ganze Balcon, ein schwerer und solider Bautheil mit
geschmackvollen Arabeszirungen und einem Czarenkvpf im Medaillon der Mitte,
gegossen. Im Immer" des königlichen Schlosses fand der Zink vielfache Anwen¬
dung. Mehrere vergoldete Tischfüße, der große Nahmen zu Bendemann's Ge¬
mälde, Jeremias auf den Trümmern von Jerusalem, die Thürornamente im
Rittersaal, die Candelaber in deu Parade-Kammern, die Thüren und Superporteu
in der Bildergalerie, die Candelaber zur Gasbeleuchtung an der Wendeltreppe
und im Schweizersaal, so wie die Armleuchter daselbst an deu Wände" und
mehreren Gesims-Restaurationen im Hofe sind sämmtlich in diesem Metalle aus¬
geführt. Als umfangreiche Arbeit ist das Hauptgesims der Universität mit drei
Fuß Ausladung in einer Länge von gegen ziveitauseud Fuß zu erwähnen, und
als eben so schön wie interessant die Thurmspitzen der Klosterkirche mit den
Galerien und dem großen Giebelfenster derselben. Die Klosterkirche, Berlin's
älteste Kirche, ein im reinsten gothischen Style ausgeführtes Gebäude, wurde vor
einigen Jahren restaurirt, und erhielt ihren Hauptschmuck durch jene trefflichen Ar¬
beiten in Zinkguß. Namentlich ragt die vierundzwanzig Fuß hohe Mittelspitze
in vollendeter Feinheit der durchbrochene" Rosetten-Arbeit zwischen den Nippen her-
vor, die oben den sich öffnende" Blumenkelch tragen mit Knauf und Kreuz. Die
Nebeuthürme mit gothischen Spitzen und allerlei Zierrath, so wie die Formen
des Fensters stehen jener graziösen Arbeit würdig zur Seite. Nach der Straße
zu hat mau später den Platz, auf welchem die Kirche steht, durch einen Arcaden-
gaug begränzt, was an sich ein sehr hübscher Gedanke wäre, hätte mau uicht


Grenzboten. I. ->8ö2.

alle Zwecke der Architektur, der Wohnung, des Schmuckes in behaglicher und
anmuthiger Häuslichkeit. Bei Betrachtung derselben verfahre ich zunächst wieder
geschichtlich. Der erste Versuch, ein architektonisches Ornament herzustellen, wurde
mit einer auf dem Dampfmaschinen-Gebäude an der Friedrichsbrücke aufzustellen¬
den Akroterie nach Schinkel's Zeichnung gemacht. Dann folgte bald der, einen
Fuß und sechs Zoll hohe, vierhundert Fuß lange Rinnleisten an der Se. Nicolai-
kirche zu Potsdam nebst 24- korinthischen Capitälen von 2 Fuß Durchmesser im
Jnnern, ferner die Chorbrüstuug und sämmtliche Reliefs und Ornamente an der
Kanzel und Orgel. Das durchbrochene Gitter aus der Bauschule, das Relief
im vordern Giebelfelde der neuen Sternwarte, so wie die acht großen, zwei¬
flügeliger Fenster im Observatorium derselben, die cannelirteu dorischen und io¬
nischen Säulen in den Fenstern des Ministeriums des Innern sind von Zink
gegossen. Unter den vielen Balcons, Consolen, Vasen, Akroterien, Thürver¬
zierungen u. s. w. an Privathäusern ist die Bekleidung der Fel^abe des Güsse-
feld'schen Hauses in der Poststraße zu nennen, welche bei einer Frontlänge von
mehr als fünfzig Fuß und fünfzehn Fuß Höhe des Untergeschosses sieben Bogen¬
stellungen, sämmtlich aus gegossenem Zink, umfaßt. Eben so sind am russischen
Gesandtschaftshotel die Thüreinfassung nebst Verdachung, das große Wappen an
der Attika, so wie der ganze Balcon, ein schwerer und solider Bautheil mit
geschmackvollen Arabeszirungen und einem Czarenkvpf im Medaillon der Mitte,
gegossen. Im Immer« des königlichen Schlosses fand der Zink vielfache Anwen¬
dung. Mehrere vergoldete Tischfüße, der große Nahmen zu Bendemann's Ge¬
mälde, Jeremias auf den Trümmern von Jerusalem, die Thürornamente im
Rittersaal, die Candelaber in deu Parade-Kammern, die Thüren und Superporteu
in der Bildergalerie, die Candelaber zur Gasbeleuchtung an der Wendeltreppe
und im Schweizersaal, so wie die Armleuchter daselbst an deu Wände« und
mehreren Gesims-Restaurationen im Hofe sind sämmtlich in diesem Metalle aus¬
geführt. Als umfangreiche Arbeit ist das Hauptgesims der Universität mit drei
Fuß Ausladung in einer Länge von gegen ziveitauseud Fuß zu erwähnen, und
als eben so schön wie interessant die Thurmspitzen der Klosterkirche mit den
Galerien und dem großen Giebelfenster derselben. Die Klosterkirche, Berlin's
älteste Kirche, ein im reinsten gothischen Style ausgeführtes Gebäude, wurde vor
einigen Jahren restaurirt, und erhielt ihren Hauptschmuck durch jene trefflichen Ar¬
beiten in Zinkguß. Namentlich ragt die vierundzwanzig Fuß hohe Mittelspitze
in vollendeter Feinheit der durchbrochene« Rosetten-Arbeit zwischen den Nippen her-
vor, die oben den sich öffnende« Blumenkelch tragen mit Knauf und Kreuz. Die
Nebeuthürme mit gothischen Spitzen und allerlei Zierrath, so wie die Formen
des Fensters stehen jener graziösen Arbeit würdig zur Seite. Nach der Straße
zu hat mau später den Platz, auf welchem die Kirche steht, durch einen Arcaden-
gaug begränzt, was an sich ein sehr hübscher Gedanke wäre, hätte mau uicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/339>, abgerufen am 26.06.2024.