Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Muth des Nachts um 1 Uhr abfuhren. Ich fand die Ufer der Flüsse an viele"
Stellen durch die Fluch unter Wasser gesetzt; dies, der Urwald und die unsichere
Beleuchtung verursachten eben kein angenehmes Gefühl, was mich aber nnr um
so mehr auf die Kolonie gespannt machte. Endlich, gegen 6 Uhr, liefen wir in
den Mathiasflnß ein, und landeten. Ich fand Hrn. E. Schröder, an den Füßen,
leidend, im Bette. Dieses Fußleiden scheint hier ein Jeder durchmachen zu müssen,
da ich mehrere Kolonisten daran habe laboriren sehen, doch ist es mehr unbequem
als schmerzhaft. -- Nachdem die Sonne den Nebel ganz heruntergedrückt hatte,
und ich den ganzen freien Platz mit seinen Gebäuden übersehen konnte, wurde
mir ganz leicht zu Muth, und Hoffnung für die Zukunft verdrängte das frühere
beängstigende Gefühl. -- Den andern Tag, den 30., machten Herr Schober,
Herr Anbv, Herr Pabst und ich einen Ritt durch den Mittelweg, die schweizer
Picade, wo ich schon ganz allerliebste Etablissements ans Hügeln und in Thälern
sah. Das Terrain wird von den Flußufern landeinwärts überall hügelig. --
Eine wirklich sehr hübsche Anlage ist die der Ziegelei von 11 Norwegern im
Süden von Schrödersort. -- Der Boden ist durchgängig ein fetter Lehmboden,
zum Theil, besonders auf Bergen, mit starkem Humus-bedeckt, und halte ich es
für eine reine Unmöglichkeit, daß hier nicht Jeder sein Fortkommen findet, der
nur etwas thätig sein will, er mag bauen, was er will: Kaffee, Zucker, Baum¬
wolle ze. Am letzten Sonntag machte ich von Se. Francisco ans einen Aus¬
flug nach Sahy. Hier fand ich in einem kleinen Gärtchen eines Franzosen, neben
einer Menge recht schöner europäischer Gemüse, Weinreben, die schon recht schone
Trauben getragen hatten, ein Dattelbäumchen, mehrere Feigenbäume, Quitten,
Apfelbäume, aber unveredelt, die Cochenille, die Vanille, Indigo, Lorbeer und
wenigstens 18 verschiedene Sorten der brasilianischen Kartoffel, Bananen und
Ananas in Menge, eben so wie Orangen- und Kaffeebäume. Ich habe von dem
Kaffee getrunken, er war sehr gut. Für einen Sachverständigen würde die Cul¬
tur der Olive und der Maulbeere gewiß gewinnreich werden, Mais und Mau-
diocca erwähne ich weiter nicht. -- Die Pernambuco-Baumwolleustaude wird von
vielen Brasilianern zum eigenen Bedarf gepflanzt, und habe ich sehr hübsche
Baumwolle aus dem Garten des Herrn Aubü gesehen, und doch ist dieser erst
dieses Frühjahr angelegt worden. Der Preis der Baumwolle, wie sie vom Baum
kommt, mit Körnern,- deren sehr viele sind, ist hier 4>---S Vintems t>-- c. 2 Sgr.)
das Pfund. In Zeit von einem Jahre kann es nöthig werden, für die Kolonie
eine Maschine zum Entkörnen der Baumwolle anzuschaffen. Noch'eine sehr nützliche
Pflanze ist der Niziuus, der einem jeden Colonisten, da er sehr leicht zu ziehen
ist, in Zeit von V Monaten hinreichendes Material zur Beleuchtung liefern kann.
Das Wasser habe ich überall auf der Kolonie sehr wohlschmeckend gefunden. Es
giebt eine Menge klarer Bäche, doch habe ich noch keinen gefunden, der meiner
Ansicht nach sich für ein Wasserwerk eignete.


Muth des Nachts um 1 Uhr abfuhren. Ich fand die Ufer der Flüsse an viele»
Stellen durch die Fluch unter Wasser gesetzt; dies, der Urwald und die unsichere
Beleuchtung verursachten eben kein angenehmes Gefühl, was mich aber nnr um
so mehr auf die Kolonie gespannt machte. Endlich, gegen 6 Uhr, liefen wir in
den Mathiasflnß ein, und landeten. Ich fand Hrn. E. Schröder, an den Füßen,
leidend, im Bette. Dieses Fußleiden scheint hier ein Jeder durchmachen zu müssen,
da ich mehrere Kolonisten daran habe laboriren sehen, doch ist es mehr unbequem
als schmerzhaft. — Nachdem die Sonne den Nebel ganz heruntergedrückt hatte,
und ich den ganzen freien Platz mit seinen Gebäuden übersehen konnte, wurde
mir ganz leicht zu Muth, und Hoffnung für die Zukunft verdrängte das frühere
beängstigende Gefühl. — Den andern Tag, den 30., machten Herr Schober,
Herr Anbv, Herr Pabst und ich einen Ritt durch den Mittelweg, die schweizer
Picade, wo ich schon ganz allerliebste Etablissements ans Hügeln und in Thälern
sah. Das Terrain wird von den Flußufern landeinwärts überall hügelig. —
Eine wirklich sehr hübsche Anlage ist die der Ziegelei von 11 Norwegern im
Süden von Schrödersort. — Der Boden ist durchgängig ein fetter Lehmboden,
zum Theil, besonders auf Bergen, mit starkem Humus-bedeckt, und halte ich es
für eine reine Unmöglichkeit, daß hier nicht Jeder sein Fortkommen findet, der
nur etwas thätig sein will, er mag bauen, was er will: Kaffee, Zucker, Baum¬
wolle ze. Am letzten Sonntag machte ich von Se. Francisco ans einen Aus¬
flug nach Sahy. Hier fand ich in einem kleinen Gärtchen eines Franzosen, neben
einer Menge recht schöner europäischer Gemüse, Weinreben, die schon recht schone
Trauben getragen hatten, ein Dattelbäumchen, mehrere Feigenbäume, Quitten,
Apfelbäume, aber unveredelt, die Cochenille, die Vanille, Indigo, Lorbeer und
wenigstens 18 verschiedene Sorten der brasilianischen Kartoffel, Bananen und
Ananas in Menge, eben so wie Orangen- und Kaffeebäume. Ich habe von dem
Kaffee getrunken, er war sehr gut. Für einen Sachverständigen würde die Cul¬
tur der Olive und der Maulbeere gewiß gewinnreich werden, Mais und Mau-
diocca erwähne ich weiter nicht. — Die Pernambuco-Baumwolleustaude wird von
vielen Brasilianern zum eigenen Bedarf gepflanzt, und habe ich sehr hübsche
Baumwolle aus dem Garten des Herrn Aubü gesehen, und doch ist dieser erst
dieses Frühjahr angelegt worden. Der Preis der Baumwolle, wie sie vom Baum
kommt, mit Körnern,- deren sehr viele sind, ist hier 4>—-S Vintems t>— c. 2 Sgr.)
das Pfund. In Zeit von einem Jahre kann es nöthig werden, für die Kolonie
eine Maschine zum Entkörnen der Baumwolle anzuschaffen. Noch'eine sehr nützliche
Pflanze ist der Niziuus, der einem jeden Colonisten, da er sehr leicht zu ziehen
ist, in Zeit von V Monaten hinreichendes Material zur Beleuchtung liefern kann.
Das Wasser habe ich überall auf der Kolonie sehr wohlschmeckend gefunden. Es
giebt eine Menge klarer Bäche, doch habe ich noch keinen gefunden, der meiner
Ansicht nach sich für ein Wasserwerk eignete.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0240" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93605"/>
          <p xml:id="ID_671" prev="#ID_670"> Muth des Nachts um 1 Uhr abfuhren.  Ich fand die Ufer der Flüsse an viele»<lb/>
Stellen durch die Fluch unter Wasser gesetzt; dies, der Urwald und die unsichere<lb/>
Beleuchtung verursachten eben kein angenehmes Gefühl, was mich aber nnr um<lb/>
so mehr auf die Kolonie gespannt machte.  Endlich, gegen 6 Uhr, liefen wir in<lb/>
den Mathiasflnß ein, und landeten.  Ich fand Hrn. E. Schröder, an den Füßen,<lb/>
leidend, im Bette.  Dieses Fußleiden scheint hier ein Jeder durchmachen zu müssen,<lb/>
da ich mehrere Kolonisten daran habe laboriren sehen, doch ist es mehr unbequem<lb/>
als schmerzhaft. &#x2014; Nachdem die Sonne den Nebel ganz heruntergedrückt hatte,<lb/>
und ich den ganzen freien Platz mit seinen Gebäuden übersehen konnte, wurde<lb/>
mir ganz leicht zu Muth, und Hoffnung für die Zukunft verdrängte das frühere<lb/>
beängstigende Gefühl. &#x2014; Den andern Tag, den 30., machten Herr Schober,<lb/>
Herr Anbv, Herr Pabst und ich einen Ritt durch den Mittelweg, die schweizer<lb/>
Picade, wo ich schon ganz allerliebste Etablissements ans Hügeln und in Thälern<lb/>
sah.  Das Terrain wird von den Flußufern landeinwärts überall hügelig. &#x2014;<lb/>
Eine wirklich sehr hübsche Anlage ist die der Ziegelei von 11 Norwegern im<lb/>
Süden von Schrödersort. &#x2014; Der Boden ist durchgängig ein fetter Lehmboden,<lb/>
zum Theil, besonders auf Bergen, mit starkem Humus-bedeckt, und halte ich es<lb/>
für eine reine Unmöglichkeit, daß hier nicht Jeder sein Fortkommen findet, der<lb/>
nur etwas thätig sein will, er mag bauen, was er will: Kaffee, Zucker, Baum¬<lb/>
wolle ze.  Am letzten Sonntag machte ich von Se. Francisco ans einen Aus¬<lb/>
flug nach Sahy.  Hier fand ich in einem kleinen Gärtchen eines Franzosen, neben<lb/>
einer Menge recht schöner europäischer Gemüse, Weinreben, die schon recht schone<lb/>
Trauben getragen hatten, ein Dattelbäumchen, mehrere Feigenbäume, Quitten,<lb/>
Apfelbäume, aber unveredelt, die Cochenille, die Vanille, Indigo, Lorbeer und<lb/>
wenigstens 18 verschiedene Sorten der brasilianischen Kartoffel, Bananen und<lb/>
Ananas in Menge, eben so wie Orangen- und Kaffeebäume.  Ich habe von dem<lb/>
Kaffee getrunken, er war sehr gut.  Für einen Sachverständigen würde die Cul¬<lb/>
tur der Olive und der Maulbeere gewiß gewinnreich werden, Mais und Mau-<lb/>
diocca erwähne ich weiter nicht. &#x2014; Die Pernambuco-Baumwolleustaude wird von<lb/>
vielen Brasilianern zum eigenen Bedarf gepflanzt, und habe ich sehr hübsche<lb/>
Baumwolle aus dem Garten des Herrn Aubü gesehen, und doch ist dieser erst<lb/>
dieses Frühjahr angelegt worden.  Der Preis der Baumwolle, wie sie vom Baum<lb/>
kommt, mit Körnern,- deren sehr viele sind, ist hier 4&gt;&#x2014;-S Vintems t&gt;&#x2014; c. 2 Sgr.)<lb/>
das Pfund.  In Zeit von einem Jahre kann es nöthig werden, für die Kolonie<lb/>
eine Maschine zum Entkörnen der Baumwolle anzuschaffen. Noch'eine sehr nützliche<lb/>
Pflanze ist der Niziuus, der einem jeden Colonisten, da er sehr leicht zu ziehen<lb/>
ist, in Zeit von V Monaten hinreichendes Material zur Beleuchtung liefern kann.<lb/>
Das Wasser habe ich überall auf der Kolonie sehr wohlschmeckend gefunden. Es<lb/>
giebt eine Menge klarer Bäche, doch habe ich noch keinen gefunden, der meiner<lb/>
Ansicht nach sich für ein Wasserwerk eignete.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0240] Muth des Nachts um 1 Uhr abfuhren. Ich fand die Ufer der Flüsse an viele» Stellen durch die Fluch unter Wasser gesetzt; dies, der Urwald und die unsichere Beleuchtung verursachten eben kein angenehmes Gefühl, was mich aber nnr um so mehr auf die Kolonie gespannt machte. Endlich, gegen 6 Uhr, liefen wir in den Mathiasflnß ein, und landeten. Ich fand Hrn. E. Schröder, an den Füßen, leidend, im Bette. Dieses Fußleiden scheint hier ein Jeder durchmachen zu müssen, da ich mehrere Kolonisten daran habe laboriren sehen, doch ist es mehr unbequem als schmerzhaft. — Nachdem die Sonne den Nebel ganz heruntergedrückt hatte, und ich den ganzen freien Platz mit seinen Gebäuden übersehen konnte, wurde mir ganz leicht zu Muth, und Hoffnung für die Zukunft verdrängte das frühere beängstigende Gefühl. — Den andern Tag, den 30., machten Herr Schober, Herr Anbv, Herr Pabst und ich einen Ritt durch den Mittelweg, die schweizer Picade, wo ich schon ganz allerliebste Etablissements ans Hügeln und in Thälern sah. Das Terrain wird von den Flußufern landeinwärts überall hügelig. — Eine wirklich sehr hübsche Anlage ist die der Ziegelei von 11 Norwegern im Süden von Schrödersort. — Der Boden ist durchgängig ein fetter Lehmboden, zum Theil, besonders auf Bergen, mit starkem Humus-bedeckt, und halte ich es für eine reine Unmöglichkeit, daß hier nicht Jeder sein Fortkommen findet, der nur etwas thätig sein will, er mag bauen, was er will: Kaffee, Zucker, Baum¬ wolle ze. Am letzten Sonntag machte ich von Se. Francisco ans einen Aus¬ flug nach Sahy. Hier fand ich in einem kleinen Gärtchen eines Franzosen, neben einer Menge recht schöner europäischer Gemüse, Weinreben, die schon recht schone Trauben getragen hatten, ein Dattelbäumchen, mehrere Feigenbäume, Quitten, Apfelbäume, aber unveredelt, die Cochenille, die Vanille, Indigo, Lorbeer und wenigstens 18 verschiedene Sorten der brasilianischen Kartoffel, Bananen und Ananas in Menge, eben so wie Orangen- und Kaffeebäume. Ich habe von dem Kaffee getrunken, er war sehr gut. Für einen Sachverständigen würde die Cul¬ tur der Olive und der Maulbeere gewiß gewinnreich werden, Mais und Mau- diocca erwähne ich weiter nicht. — Die Pernambuco-Baumwolleustaude wird von vielen Brasilianern zum eigenen Bedarf gepflanzt, und habe ich sehr hübsche Baumwolle aus dem Garten des Herrn Aubü gesehen, und doch ist dieser erst dieses Frühjahr angelegt worden. Der Preis der Baumwolle, wie sie vom Baum kommt, mit Körnern,- deren sehr viele sind, ist hier 4>—-S Vintems t>— c. 2 Sgr.) das Pfund. In Zeit von einem Jahre kann es nöthig werden, für die Kolonie eine Maschine zum Entkörnen der Baumwolle anzuschaffen. Noch'eine sehr nützliche Pflanze ist der Niziuus, der einem jeden Colonisten, da er sehr leicht zu ziehen ist, in Zeit von V Monaten hinreichendes Material zur Beleuchtung liefern kann. Das Wasser habe ich überall auf der Kolonie sehr wohlschmeckend gefunden. Es giebt eine Menge klarer Bäche, doch habe ich noch keinen gefunden, der meiner Ansicht nach sich für ein Wasserwerk eignete.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/240
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/240>, abgerufen am 22.07.2024.