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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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Dafür sorgt der Verein wahrhaft väterlich für das Fortkommen seiner Kolo¬
nisten; er übt vorläufig die oberste Verwaltung in der Colonie durch den von
ihm erwählten Director, gegenwärtig ein Herr von Frankenberg, früher Haupt¬
mann in Schleswig-holsteinischen Diensten, bewährt als guter Officier und Mann
von Charakter; wogegen die Kolonisten in allen Communalaugelegeuheiten sich selbst
regieren; der Verein sorgt in den ersten Jahren der Kolonisation für wohlfeile
Nahrungsmittel, für die übrigen Lebensbedürfnisse, Acker- und Handwerksgeräth,
für Sämereien u. s. w. zu billigen Preisen, und hat zu diesem Zweck gleich im
Anfang Magazine und einen Pflanzengarten angelegt; er hat bereits einen Pre¬
diger, Apotheker, Arzt und Schullehrer hingesandt, hat sich verpflichtet, zum Auf¬
bau der ersten Kirchen und Schulen und eines Hospitals wenigstens die Hälfte
herzugeben, außerdem Landstraßen,.Mahl- und Sägemühlen auf seine Kosten zu
errichten, die Aerzte und Lehrer, Behuf unentgeltlicher Verpflegung und Erzie¬
hung der Aermeren, zu dotiren. Diese verständigen Maßregeln stehen nicht auf
dem Papier, sondern find kräftig ins Leben getreten. Das Verhältniß der jungen
Colonie zu dem Verein ist ein vortreffliches, Wohlwollen ans der einen Seite und
Vertrauen auf der andern, so groß, daß es eine wahre Freude ist, die Berichte
und Privatbriefe der einzelnen Kolonisten zu lesen.

Unter dem 26. Grad südlicher Breite liegt die Insel mit der Stadt San
Francisco am Eingänge einer Bucht, welche der atlantische Ocean in das Fest¬
land von Brasilien eingeschulten hat. In den hintern Theil der Bucht fallen
außer dem San Francisco zahlreiche kleine Küstenflüsse, welche das Gebiet des
Vereins durchschneiden. Das Land ist größtenteils mit dichtem Urwald bedeckt,
dessen dunkele Schatten und phantastische Formen den ersten Ansiedlern einiges
Herzklopfen gemacht haben. Dort ist an dem kleinen Mathias>Fluß, eine Viertel-
Tagereise von San Francisco, die erste Ansiedelung des Vereins, Schrödersort,
aufgebaut. An drei Straßen, der norwegischen, schweizerischen und deutsche",
ziehen sich bis jetzt die Ansiedelungen der Kolonie hin. Das Klima ist im Winter
bedeutend wärmer als bei uns, im Sommer wenig heißer, die Luft rein und
gesund; die Culturen der tropischen Zone und unsrer gemäßigten sind hier neben
einander möglich. Das Terrain des Vereins ist im Stande, weit mehr als
20,000 Ansiedler zu fassen, und eine Erweiterung desselben nicht unwahrscheinlich.
Der Kaiser von Brasilien und seine Regierung haben dem Director der Colonie
bei seinem Besuche in Rio zahlreiche Versicherungen ihres Wohlwollens und ihrer
Sympathien mit dem Unternehmen gegeben. Wir können nicht besser in das
Leben der Colonie einführen, als wenn wir einen Auszug aus dem Bericht,
welchen Director v. Frankenberg nach seiner Ankunft in der Colonie dem Verein
machte, mittheilen.

"Sehr lieb war es mir, zu hören, daß Herr E. Schröder noch auf der
Colonie sei; er schickte uns den folgenden Tag ein Boot, mit dem wir mit der


Dafür sorgt der Verein wahrhaft väterlich für das Fortkommen seiner Kolo¬
nisten; er übt vorläufig die oberste Verwaltung in der Colonie durch den von
ihm erwählten Director, gegenwärtig ein Herr von Frankenberg, früher Haupt¬
mann in Schleswig-holsteinischen Diensten, bewährt als guter Officier und Mann
von Charakter; wogegen die Kolonisten in allen Communalaugelegeuheiten sich selbst
regieren; der Verein sorgt in den ersten Jahren der Kolonisation für wohlfeile
Nahrungsmittel, für die übrigen Lebensbedürfnisse, Acker- und Handwerksgeräth,
für Sämereien u. s. w. zu billigen Preisen, und hat zu diesem Zweck gleich im
Anfang Magazine und einen Pflanzengarten angelegt; er hat bereits einen Pre¬
diger, Apotheker, Arzt und Schullehrer hingesandt, hat sich verpflichtet, zum Auf¬
bau der ersten Kirchen und Schulen und eines Hospitals wenigstens die Hälfte
herzugeben, außerdem Landstraßen,.Mahl- und Sägemühlen auf seine Kosten zu
errichten, die Aerzte und Lehrer, Behuf unentgeltlicher Verpflegung und Erzie¬
hung der Aermeren, zu dotiren. Diese verständigen Maßregeln stehen nicht auf
dem Papier, sondern find kräftig ins Leben getreten. Das Verhältniß der jungen
Colonie zu dem Verein ist ein vortreffliches, Wohlwollen ans der einen Seite und
Vertrauen auf der andern, so groß, daß es eine wahre Freude ist, die Berichte
und Privatbriefe der einzelnen Kolonisten zu lesen.

Unter dem 26. Grad südlicher Breite liegt die Insel mit der Stadt San
Francisco am Eingänge einer Bucht, welche der atlantische Ocean in das Fest¬
land von Brasilien eingeschulten hat. In den hintern Theil der Bucht fallen
außer dem San Francisco zahlreiche kleine Küstenflüsse, welche das Gebiet des
Vereins durchschneiden. Das Land ist größtenteils mit dichtem Urwald bedeckt,
dessen dunkele Schatten und phantastische Formen den ersten Ansiedlern einiges
Herzklopfen gemacht haben. Dort ist an dem kleinen Mathias>Fluß, eine Viertel-
Tagereise von San Francisco, die erste Ansiedelung des Vereins, Schrödersort,
aufgebaut. An drei Straßen, der norwegischen, schweizerischen und deutsche»,
ziehen sich bis jetzt die Ansiedelungen der Kolonie hin. Das Klima ist im Winter
bedeutend wärmer als bei uns, im Sommer wenig heißer, die Luft rein und
gesund; die Culturen der tropischen Zone und unsrer gemäßigten sind hier neben
einander möglich. Das Terrain des Vereins ist im Stande, weit mehr als
20,000 Ansiedler zu fassen, und eine Erweiterung desselben nicht unwahrscheinlich.
Der Kaiser von Brasilien und seine Regierung haben dem Director der Colonie
bei seinem Besuche in Rio zahlreiche Versicherungen ihres Wohlwollens und ihrer
Sympathien mit dem Unternehmen gegeben. Wir können nicht besser in das
Leben der Colonie einführen, als wenn wir einen Auszug aus dem Bericht,
welchen Director v. Frankenberg nach seiner Ankunft in der Colonie dem Verein
machte, mittheilen.

„Sehr lieb war es mir, zu hören, daß Herr E. Schröder noch auf der
Colonie sei; er schickte uns den folgenden Tag ein Boot, mit dem wir mit der


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[0239] Dafür sorgt der Verein wahrhaft väterlich für das Fortkommen seiner Kolo¬ nisten; er übt vorläufig die oberste Verwaltung in der Colonie durch den von ihm erwählten Director, gegenwärtig ein Herr von Frankenberg, früher Haupt¬ mann in Schleswig-holsteinischen Diensten, bewährt als guter Officier und Mann von Charakter; wogegen die Kolonisten in allen Communalaugelegeuheiten sich selbst regieren; der Verein sorgt in den ersten Jahren der Kolonisation für wohlfeile Nahrungsmittel, für die übrigen Lebensbedürfnisse, Acker- und Handwerksgeräth, für Sämereien u. s. w. zu billigen Preisen, und hat zu diesem Zweck gleich im Anfang Magazine und einen Pflanzengarten angelegt; er hat bereits einen Pre¬ diger, Apotheker, Arzt und Schullehrer hingesandt, hat sich verpflichtet, zum Auf¬ bau der ersten Kirchen und Schulen und eines Hospitals wenigstens die Hälfte herzugeben, außerdem Landstraßen,.Mahl- und Sägemühlen auf seine Kosten zu errichten, die Aerzte und Lehrer, Behuf unentgeltlicher Verpflegung und Erzie¬ hung der Aermeren, zu dotiren. Diese verständigen Maßregeln stehen nicht auf dem Papier, sondern find kräftig ins Leben getreten. Das Verhältniß der jungen Colonie zu dem Verein ist ein vortreffliches, Wohlwollen ans der einen Seite und Vertrauen auf der andern, so groß, daß es eine wahre Freude ist, die Berichte und Privatbriefe der einzelnen Kolonisten zu lesen. Unter dem 26. Grad südlicher Breite liegt die Insel mit der Stadt San Francisco am Eingänge einer Bucht, welche der atlantische Ocean in das Fest¬ land von Brasilien eingeschulten hat. In den hintern Theil der Bucht fallen außer dem San Francisco zahlreiche kleine Küstenflüsse, welche das Gebiet des Vereins durchschneiden. Das Land ist größtenteils mit dichtem Urwald bedeckt, dessen dunkele Schatten und phantastische Formen den ersten Ansiedlern einiges Herzklopfen gemacht haben. Dort ist an dem kleinen Mathias>Fluß, eine Viertel- Tagereise von San Francisco, die erste Ansiedelung des Vereins, Schrödersort, aufgebaut. An drei Straßen, der norwegischen, schweizerischen und deutsche», ziehen sich bis jetzt die Ansiedelungen der Kolonie hin. Das Klima ist im Winter bedeutend wärmer als bei uns, im Sommer wenig heißer, die Luft rein und gesund; die Culturen der tropischen Zone und unsrer gemäßigten sind hier neben einander möglich. Das Terrain des Vereins ist im Stande, weit mehr als 20,000 Ansiedler zu fassen, und eine Erweiterung desselben nicht unwahrscheinlich. Der Kaiser von Brasilien und seine Regierung haben dem Director der Colonie bei seinem Besuche in Rio zahlreiche Versicherungen ihres Wohlwollens und ihrer Sympathien mit dem Unternehmen gegeben. Wir können nicht besser in das Leben der Colonie einführen, als wenn wir einen Auszug aus dem Bericht, welchen Director v. Frankenberg nach seiner Ankunft in der Colonie dem Verein machte, mittheilen. „Sehr lieb war es mir, zu hören, daß Herr E. Schröder noch auf der Colonie sei; er schickte uns den folgenden Tag ein Boot, mit dem wir mit der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/239>, abgerufen am 22.07.2024.