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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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südlicher Natur, die über die ganze Landschaft ausgeströmt sind, wie in einem
Brennpunkt sich vereinigen. Noch bewahrt Richter diese Zeichnung seines
Freundes wie ein Heiligthum aus, und er hat mir oft gesagt, daß diese Skizze
den entscheidendsten Einfluß auf ihn hatte; denn er fühlte nun deutlich, daß
der Natur ohne Menschen der Schlußstein fehlen würde, und, man möchte
sagen, daß eine Landschaft ohne menschliche Gestalten ein Räthsel ohne Aus¬
lösung sei, denn in der gegenseitigen Beziehung erklärt sich wechselseitig Na¬
tur und Menschenleben." .Richter war aber kein Mann, der fremder Hilfe
bedürfte, um auszusprechen, was ihn innerlich bewegte, und ging sicher seinen
eigenen Weg. So finden wir in allen seine Bildern die Einheit des Menschen
mit der ihn umgebenden Natur mit einer Tiefe der Empfindung und einer
Fülle der inviduellen Mannich sättigten ausgedrückt, welche denselben ihren
eigenthümlichen Platz zwischen Landschaft und Genre anweist, oder, richtiger
gesagt, beide miteinander verschmilzt und zu einer höhern Harmonie verklärt.
Recht bezeichnend für diesen Charakter ist eine Aeußerung Schinkel's über ein
ihm sehr liebes Bild von Civitella, welche wir ebenfalls v. Quandt verdanken.
"Es steigt in diesem Bilde ein Zug von Landleuten den Felsen hinan, auf
welchem die alte kleine Burg Civitella liegt, und die Caravans schließt eine
schöne Schnitterin, die sich im Gehen flüchtig umschaut. Schinkel sagte, er
könne es sich nicht anders denken, als daß aus dieser Gestalt das ganze Bild
hervorgegangen sei, ein solcher Zusammenhang findet zwischen allen Theilen
des Bildes statt, und wirklich scheint das schöne Landmädchen so das Central¬
gestirn des bildlichen Gedankens zu sein, daß alles Uebrige sich nur auf sie
bezieht."

Die wichtigsten Bilder, welche Richter gemalt hat, hat v. Quandt auf¬
gezählt, und sie mögen auch hier genannt werden, um selbst die, welche nur nach
Zahl und Maß urtheilen, zu überzeugen, daß Richter, der in weiteren Kreisen
fast nur durch seine kleineren Compositionen bekannt ist, auch unter den Malern
eine bedeutende Stellung einnimmt. In Rom malte er nach dem Watz-
mann das Thal von Amalfi für Dr. Hillig, die Gegend von Rocca,ti
Mezzo für den Baron Speck-Sternburg. Nach seiner Rückkehr ins Vaterland
im Jahre 1826 malte er das Lauterbrunner Thal, und bald darauf für
v. Quandt L'Ariccia und Civitella, später für den sächsischen Kunstverein
eine zweite Ansicht von Rocca ti Mezzo und eine Gegend bei Palestrina.
Hierauf folgten im Jahre 1830 Ansichten von Bajae und ein Erntezug
italienischer Landleute; 1834 ein Ave Maria am Fuß des Monte servile,
eine Osteria bei Tivoli, und der Brunnen bei Grotta Ferrata; 183S ein
Bild aus der Campagna von Rom für Hrn. v. Breterlow. Im Jahre 1837
malte er eine Gegend bei Außig, und dann die Ueberfahrt am Schrecken¬
stein für v. Quandt; 1838 Pilger, die sich im heißen Mittag im Schatten


südlicher Natur, die über die ganze Landschaft ausgeströmt sind, wie in einem
Brennpunkt sich vereinigen. Noch bewahrt Richter diese Zeichnung seines
Freundes wie ein Heiligthum aus, und er hat mir oft gesagt, daß diese Skizze
den entscheidendsten Einfluß auf ihn hatte; denn er fühlte nun deutlich, daß
der Natur ohne Menschen der Schlußstein fehlen würde, und, man möchte
sagen, daß eine Landschaft ohne menschliche Gestalten ein Räthsel ohne Aus¬
lösung sei, denn in der gegenseitigen Beziehung erklärt sich wechselseitig Na¬
tur und Menschenleben." .Richter war aber kein Mann, der fremder Hilfe
bedürfte, um auszusprechen, was ihn innerlich bewegte, und ging sicher seinen
eigenen Weg. So finden wir in allen seine Bildern die Einheit des Menschen
mit der ihn umgebenden Natur mit einer Tiefe der Empfindung und einer
Fülle der inviduellen Mannich sättigten ausgedrückt, welche denselben ihren
eigenthümlichen Platz zwischen Landschaft und Genre anweist, oder, richtiger
gesagt, beide miteinander verschmilzt und zu einer höhern Harmonie verklärt.
Recht bezeichnend für diesen Charakter ist eine Aeußerung Schinkel's über ein
ihm sehr liebes Bild von Civitella, welche wir ebenfalls v. Quandt verdanken.
„Es steigt in diesem Bilde ein Zug von Landleuten den Felsen hinan, auf
welchem die alte kleine Burg Civitella liegt, und die Caravans schließt eine
schöne Schnitterin, die sich im Gehen flüchtig umschaut. Schinkel sagte, er
könne es sich nicht anders denken, als daß aus dieser Gestalt das ganze Bild
hervorgegangen sei, ein solcher Zusammenhang findet zwischen allen Theilen
des Bildes statt, und wirklich scheint das schöne Landmädchen so das Central¬
gestirn des bildlichen Gedankens zu sein, daß alles Uebrige sich nur auf sie
bezieht."

Die wichtigsten Bilder, welche Richter gemalt hat, hat v. Quandt auf¬
gezählt, und sie mögen auch hier genannt werden, um selbst die, welche nur nach
Zahl und Maß urtheilen, zu überzeugen, daß Richter, der in weiteren Kreisen
fast nur durch seine kleineren Compositionen bekannt ist, auch unter den Malern
eine bedeutende Stellung einnimmt. In Rom malte er nach dem Watz-
mann das Thal von Amalfi für Dr. Hillig, die Gegend von Rocca,ti
Mezzo für den Baron Speck-Sternburg. Nach seiner Rückkehr ins Vaterland
im Jahre 1826 malte er das Lauterbrunner Thal, und bald darauf für
v. Quandt L'Ariccia und Civitella, später für den sächsischen Kunstverein
eine zweite Ansicht von Rocca ti Mezzo und eine Gegend bei Palestrina.
Hierauf folgten im Jahre 1830 Ansichten von Bajae und ein Erntezug
italienischer Landleute; 1834 ein Ave Maria am Fuß des Monte servile,
eine Osteria bei Tivoli, und der Brunnen bei Grotta Ferrata; 183S ein
Bild aus der Campagna von Rom für Hrn. v. Breterlow. Im Jahre 1837
malte er eine Gegend bei Außig, und dann die Ueberfahrt am Schrecken¬
stein für v. Quandt; 1838 Pilger, die sich im heißen Mittag im Schatten


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[0214] südlicher Natur, die über die ganze Landschaft ausgeströmt sind, wie in einem Brennpunkt sich vereinigen. Noch bewahrt Richter diese Zeichnung seines Freundes wie ein Heiligthum aus, und er hat mir oft gesagt, daß diese Skizze den entscheidendsten Einfluß auf ihn hatte; denn er fühlte nun deutlich, daß der Natur ohne Menschen der Schlußstein fehlen würde, und, man möchte sagen, daß eine Landschaft ohne menschliche Gestalten ein Räthsel ohne Aus¬ lösung sei, denn in der gegenseitigen Beziehung erklärt sich wechselseitig Na¬ tur und Menschenleben." .Richter war aber kein Mann, der fremder Hilfe bedürfte, um auszusprechen, was ihn innerlich bewegte, und ging sicher seinen eigenen Weg. So finden wir in allen seine Bildern die Einheit des Menschen mit der ihn umgebenden Natur mit einer Tiefe der Empfindung und einer Fülle der inviduellen Mannich sättigten ausgedrückt, welche denselben ihren eigenthümlichen Platz zwischen Landschaft und Genre anweist, oder, richtiger gesagt, beide miteinander verschmilzt und zu einer höhern Harmonie verklärt. Recht bezeichnend für diesen Charakter ist eine Aeußerung Schinkel's über ein ihm sehr liebes Bild von Civitella, welche wir ebenfalls v. Quandt verdanken. „Es steigt in diesem Bilde ein Zug von Landleuten den Felsen hinan, auf welchem die alte kleine Burg Civitella liegt, und die Caravans schließt eine schöne Schnitterin, die sich im Gehen flüchtig umschaut. Schinkel sagte, er könne es sich nicht anders denken, als daß aus dieser Gestalt das ganze Bild hervorgegangen sei, ein solcher Zusammenhang findet zwischen allen Theilen des Bildes statt, und wirklich scheint das schöne Landmädchen so das Central¬ gestirn des bildlichen Gedankens zu sein, daß alles Uebrige sich nur auf sie bezieht." Die wichtigsten Bilder, welche Richter gemalt hat, hat v. Quandt auf¬ gezählt, und sie mögen auch hier genannt werden, um selbst die, welche nur nach Zahl und Maß urtheilen, zu überzeugen, daß Richter, der in weiteren Kreisen fast nur durch seine kleineren Compositionen bekannt ist, auch unter den Malern eine bedeutende Stellung einnimmt. In Rom malte er nach dem Watz- mann das Thal von Amalfi für Dr. Hillig, die Gegend von Rocca,ti Mezzo für den Baron Speck-Sternburg. Nach seiner Rückkehr ins Vaterland im Jahre 1826 malte er das Lauterbrunner Thal, und bald darauf für v. Quandt L'Ariccia und Civitella, später für den sächsischen Kunstverein eine zweite Ansicht von Rocca ti Mezzo und eine Gegend bei Palestrina. Hierauf folgten im Jahre 1830 Ansichten von Bajae und ein Erntezug italienischer Landleute; 1834 ein Ave Maria am Fuß des Monte servile, eine Osteria bei Tivoli, und der Brunnen bei Grotta Ferrata; 183S ein Bild aus der Campagna von Rom für Hrn. v. Breterlow. Im Jahre 1837 malte er eine Gegend bei Außig, und dann die Ueberfahrt am Schrecken¬ stein für v. Quandt; 1838 Pilger, die sich im heißen Mittag im Schatten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/214>, abgerufen am 22.07.2024.