Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.Was an dem östreichischen Heere zu rühmen und zu tadeln ist, Beides stammt Es ist zu fürchten und jeder urteilsfähige östreichische Officier erkennt die Man hegt diese Besorgniß in den höhern militärischen Regionen noch mehr, *) Gegenwärtig ist die Errichtung eigener Strafbcitaillonc angeregt und wird, wie zu hoffenbetrieben. 11*
Was an dem östreichischen Heere zu rühmen und zu tadeln ist, Beides stammt Es ist zu fürchten und jeder urteilsfähige östreichische Officier erkennt die Man hegt diese Besorgniß in den höhern militärischen Regionen noch mehr, *) Gegenwärtig ist die Errichtung eigener Strafbcitaillonc angeregt und wird, wie zu hoffenbetrieben. 11*
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Was an dem östreichischen Heere zu rühmen und zu tadeln ist, Beides stammt
aus.jenem gefährlichen Princip der Isolirung des k. k. Soldaten. Von den
Mängeln des Heeres ist zuerst hervorzuheben, daß die Armee nicht als Ort der
Ehre, sondern anch als Anstalt der Strafe, ja der Schande betrachtet wird.
Jeder aufgegriffene Vagabond, den man sonst im Arbeitshaus annehmen müßte,
jeder unbändige oder nichtsnutzige Bursche, der seiner Gemeinde oder Familie
zur Last fiel, wird für lange Jahre dem Heere einverleibt. Der östreichische Soldat
selbst mochte den gemeinsten Kamerad schastsdiebstahl, die empörendste Rohheit,
die schändlichste. Desertion begangen haben, er bekam 50—100 Stockstreiche,
oder mußte Spießruthen laufen, fünf bis zehnmal ans und ab durch 300 Mann,
dann zog man ihm, war er körperlich noch zur^ Dienste tüchtig, seine Uniform
wieder an und nach wie vor blieb er im Gliede stehen, ohne sich von seinem
braven Kameraden äußerlich nnr im Mindesten zu unterscheiden.*) Nur die
Cavalerie oder Artillerie, Jäger, Grenadiere und andere abgesonderte Corps
pflegen solche Individuen, die wegen grober Vergehen schon Negimentsstrafe er¬
litten haben, an die Linieninfanterie abzugeben, wo man sie besser unter dem Stock
halten kann. In letzterer Zeit hat man unbegreiflicher Weise die Armee so¬
gar als politische Strafanstalt benutzt. Viele Tausend von ungarischen Honveds,
gleichviel ob sie früher Officicrchargen bekleidet haben, dienen gezwungen als
Gemeine mit Aussicht ans Beförderung, gleiches Schicksal haben die gefangenen
und aufgegriffenen Italiener, dazu viele Prager und Wiener Studenten, die, weil
ihre politischen Gesinnungen nicht gefielen, ohne Weiteres zur Strafe in die
Montur gesteckt wurden.
Es ist zu fürchten und jeder urteilsfähige östreichische Officier erkennt die
Gefahr, daß, wenn in der nächsten Zukunft bei einem allgemeinen Kriege viele
revolutionäre oder vielmehr nationale Sympathien aufgeregt werden, über die
Hälfte der östreichischen Regimenter sich auflösen und den größten Theil ihrer'
Mannschaft zum Feinde senden wird. Diese gewaltsam gepreßten Ungarn,
Italiener, deutsche Studenten, ja selbst viele Slaven, wenn man sie jetzt auch in
den Festungen despotisch in strenger Zucht halten kann, fechten nicht für das
österreichische Kaiserhaus, welches sie grimmig hassen, gegen Legionen, die von
den Helden ihrer Phantasie befehligt werden.
Man hegt diese Besorgniß in den höhern militärischen Regionen noch mehr,
als bei den einzelnen Regimentern, weil man dort die Bemerkung gemacht hat,
daß die Umwandlung der aufsätzigen Elemente eines Regiments in loyale im
Allgemeinen sehr schnell und in einer gewissen Ordnung vor sich geht. Am schnellsten
werden nach der Meinung der Negimentsofficiere die liberalen Studenten aus
*) Gegenwärtig ist die Errichtung eigener Strafbcitaillonc angeregt und wird, wie zu
hoffenbetrieben.
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