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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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sollen übrigens die Italiener, unter denen anch freilich viele bildsaubere Burschen
sind, bei dem weiblichen Geschlecht sowohl auf dem Lande wie in den Städten vor'
zugsweise Glück machen; freilich die Sprache der Liebe wird überall verstanden.

Die hier an der Elbe und Ostsee liegende östreichische Heeresabtheilung gibt
Gelegenheit, die verschiedenen Nationalitäten der Armee kennen zu lernen. Wie
zum Hohn für unsere deutsche Sache, hat man uns lauter nicht deutsche Regi¬
menter Hieher geschickt. Vielleicht fürchtete man anch in Wien, daß deutsch
sprechende Soldaten hier zu viel von den liberalen Ideen, die in Norddeutschland
durchweg im Mittelstande herrschen, einfangen möchten. Thörichte Furcht, als ob
es bei den andern Truppen nicht ebenso der Fall wäre! Die Demokratie wird
von London aus sich uicht nehmen lassen, aufreizende Schriften in ihrer Landes¬
sprache unter die ungarischen und italienischen Regimenter zu vertheilen, und die
Qnartiergeber hier würden willig die Hand dazu bieten. Das Regiment Erzherzog
Albrecht besteht größtenteils ans Italienern, besonders Lombarden, hübsche,
gewandte Leute, obgleich verwöhnt und schwächlich aussehend. Den glühenden Haß,
den sie Alle gegen die östreichische Herrschaft hegen, verhehlen die Soldaten ihren
Qnarticrgebern gar nicht. Viele derselben haben -58 und 49 in Italien gegen
die Truppen des Kaisers gekämpft, und würden, wie sie geradezu sagen, mit Freuden
dies auch wieder thun, hätten sie nur passende Gelegenheit dazu. Große Sehn¬
sucht haben diese armen Leute nach dem wohlfeilen Wein, den sie hier schmerzlich
entbehren müssen. Das Regiment Schwarzenberg, unbestritten das stattlichste,
besteht aus lauter Ungarn, prächtigen Leuten, denen das kriegerische Feuer aus den
Augen blitzt. Viele von ihnen sind ehemalige Honveds, die beim Erblicken eines
Bildes von Kossuth im Q-uartier stets in ein begeistertes ,Mon KcissMi, oljen!"
ausgebrochen sind. Das Regiment Nugcut hat lauter Gallicier, feste, stämmige,
wenn auch uicht schöne Leute, die gewiß tüchtige Soldaten siud. In politischer
Beziehung sind diese vollständig indifferent, und schlagen darauf los, wohin man
ihnen befiehlt. Obgleich diese Burschen uicht im Mindesten verwöhnt sind, und
Speisen mit großer Begierde verschlingen, die in Mecklenburg jeder Bettler ver¬
schmähen würde, so hat man sie wegen ihres Schmutzes und rohen Betragens
doch am wenigsten gern zur Einquartierung. -- Das Regiment Wellington besteht
aus Böhmen, uuter denen Manche deutsch sprechen; auffallend viel häßliche,
kleine, verkümmert aussehende Menschen. Eilt Bataillon Kaiserjäger, großenteils
aus Welschtyrol, hübsche, lustige, frische Burschen, die sehr gefallen, zumal sie meist
anch deutsch sprechen und oft wunderhübsch, jodeln. Auch ihre graue und grüne
Uniform mit den kecken Jägerhütcu findet den Beifall schöner Augen. Die Aus-
rüstung der Jnfanterie ist gut und tüchtig, und in militärischer Hinsicht machen
die Regimenter einen vortheilhaften Eindruck. Ganz ausgezeichnet sind anch die
trefflich eingeübten und sehr vollzähligen Musikchöre derselbe". Viel weniger
wie die Infanterie gefällt ihrer äußern Erscheinung nach die Artillerie, deren


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sollen übrigens die Italiener, unter denen anch freilich viele bildsaubere Burschen
sind, bei dem weiblichen Geschlecht sowohl auf dem Lande wie in den Städten vor'
zugsweise Glück machen; freilich die Sprache der Liebe wird überall verstanden.

Die hier an der Elbe und Ostsee liegende östreichische Heeresabtheilung gibt
Gelegenheit, die verschiedenen Nationalitäten der Armee kennen zu lernen. Wie
zum Hohn für unsere deutsche Sache, hat man uns lauter nicht deutsche Regi¬
menter Hieher geschickt. Vielleicht fürchtete man anch in Wien, daß deutsch
sprechende Soldaten hier zu viel von den liberalen Ideen, die in Norddeutschland
durchweg im Mittelstande herrschen, einfangen möchten. Thörichte Furcht, als ob
es bei den andern Truppen nicht ebenso der Fall wäre! Die Demokratie wird
von London aus sich uicht nehmen lassen, aufreizende Schriften in ihrer Landes¬
sprache unter die ungarischen und italienischen Regimenter zu vertheilen, und die
Qnartiergeber hier würden willig die Hand dazu bieten. Das Regiment Erzherzog
Albrecht besteht größtenteils ans Italienern, besonders Lombarden, hübsche,
gewandte Leute, obgleich verwöhnt und schwächlich aussehend. Den glühenden Haß,
den sie Alle gegen die östreichische Herrschaft hegen, verhehlen die Soldaten ihren
Qnarticrgebern gar nicht. Viele derselben haben -58 und 49 in Italien gegen
die Truppen des Kaisers gekämpft, und würden, wie sie geradezu sagen, mit Freuden
dies auch wieder thun, hätten sie nur passende Gelegenheit dazu. Große Sehn¬
sucht haben diese armen Leute nach dem wohlfeilen Wein, den sie hier schmerzlich
entbehren müssen. Das Regiment Schwarzenberg, unbestritten das stattlichste,
besteht aus lauter Ungarn, prächtigen Leuten, denen das kriegerische Feuer aus den
Augen blitzt. Viele von ihnen sind ehemalige Honveds, die beim Erblicken eines
Bildes von Kossuth im Q-uartier stets in ein begeistertes ,Mon KcissMi, oljen!"
ausgebrochen sind. Das Regiment Nugcut hat lauter Gallicier, feste, stämmige,
wenn auch uicht schöne Leute, die gewiß tüchtige Soldaten siud. In politischer
Beziehung sind diese vollständig indifferent, und schlagen darauf los, wohin man
ihnen befiehlt. Obgleich diese Burschen uicht im Mindesten verwöhnt sind, und
Speisen mit großer Begierde verschlingen, die in Mecklenburg jeder Bettler ver¬
schmähen würde, so hat man sie wegen ihres Schmutzes und rohen Betragens
doch am wenigsten gern zur Einquartierung. — Das Regiment Wellington besteht
aus Böhmen, uuter denen Manche deutsch sprechen; auffallend viel häßliche,
kleine, verkümmert aussehende Menschen. Eilt Bataillon Kaiserjäger, großenteils
aus Welschtyrol, hübsche, lustige, frische Burschen, die sehr gefallen, zumal sie meist
anch deutsch sprechen und oft wunderhübsch, jodeln. Auch ihre graue und grüne
Uniform mit den kecken Jägerhütcu findet den Beifall schöner Augen. Die Aus-
rüstung der Jnfanterie ist gut und tüchtig, und in militärischer Hinsicht machen
die Regimenter einen vortheilhaften Eindruck. Ganz ausgezeichnet sind anch die
trefflich eingeübten und sehr vollzähligen Musikchöre derselbe«. Viel weniger
wie die Infanterie gefällt ihrer äußern Erscheinung nach die Artillerie, deren


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/319>, abgerufen am 28.06.2024.