Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.Tische kommt das Gespräch auch auf die Stockschläge, die im östreichischen Heer Mit der übrigen Bevölkerung kommen die östreichischen Officiere im Allge¬ Grcnzvoten. I. 1851. 39
Tische kommt das Gespräch auch auf die Stockschläge, die im östreichischen Heer Mit der übrigen Bevölkerung kommen die östreichischen Officiere im Allge¬ Grcnzvoten. I. 1851. 39
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Tische kommt das Gespräch auch auf die Stockschläge, die im östreichischen Heer
noch herrschen, und die Gouvernante des Hauses, eine Schweizerin ans Genf,
erklärt sich mit Lebhaftigkeit gegen solche Herabwürdigung des Menschen, obgleich
sowohl der gnädige Herr wie die Frau es ganz natürlich finden, daß das gemeine
Pack mit Schlägen tractirt werde. „Schaums, meine Gnädige," sagt der Oest¬
reicher zur Schweizerin ganz naiv, „i boab oans schon früher manche 25 mit
dem Haslinger anf das Gesäß aufgezählt bekommen, und bin doch noch ein
ganzer Kerl geworden." Die Damen erröthen, und die Hausfrau ruft erstaunt
ans: „Aber wie geht denn das zu?. Was sagte Ihr Herr Vater dazu?" „Ja
Schaums, mein Vater der ist halt nit viel gefragt worden; der war so ein armer
Holzhacker in Böhmen, und hat wohl selbst oft welche aufladen müssen. Ich hab
an 8 Jahre als Gemeiner und 10 Jahr als Corporal gedient und bin anno
1848, als an Officieren viel Mangel war, da die Ungarn und Welschen fast
Alle pfntsch gingen, Lieutenant geworden," und damit schenkte er sich ein neues
Glas Bordeauxwein ein und trank es wohlgefällig ans. Die Edelfrau soll empört
darüber, mit einem so gemeinen Plebejer an einem Tisch sitzen zu müssen, sich
bittweise an den östreichischen General gewandt haben, sie wolle nötigenfalls
gern auch zwei Officiere ins Quartier nehmen, wenn diese nnr von gutem Adel
wären. Ob ihre Bitte gewährt worden, wissen wir nicht. Ueberhaupt spöttelt der
mecklenburgische Adel viel über die große Zahl bürgerlicher Officiere, besonders
bei der Artillerie und Infanterie, und findet es seltsam, daß diese ihre Kamera¬
den, die Grafen und Barone sind, so ohne Weiteres mit „Du" anreden dürfen.
Ein echter preußischer Gardeossicier, wo möglich vom ersten Garderegiment,
das keine Bürgerlichen unter sich duldet, ist in seinen Augen das Ideal eines
deutschen Kriegers.
Mit der übrigen Bevölkerung kommen die östreichischen Officiere im Allge¬
meinen gut durch. Sie sind großentheils genügsam, nicht verwöhnt, und wenn
man sie nicht auf Politik bringt, umgängliche Leute. Auf Oestreichs Macht halten
sie viel, und behaupten gern, kein Staat könne ihnen widerstehen, und Preußen, das
nicht einmal wisse, was es wolle, am allerwenigsten. Ein östreichischer Haupt-
mann, mit den ich eine Strecke anf der Eisenbahn zusammen fuhr, sprach sich sehr
aufrichtig darüber ans. „Bei uns im Wien," sagte er, „da wissen die Leut, was
sie wollen, und darum geht es anch; in Berlin aber wollen's hente so und morgen
so, und darum geht Alles bei Ihnen zurück. Im Jahr 1849 da stand es schlimm
mit uns, und Preußen hätte viel machen können; jetzt aber haben wir halt das Ober¬
messer, und unser Kaiser kann thun, was er will. In Bologna haben wir Truppen
und in Florenz, und Krakau gehört uns, und aus Rastadt und Kassel haben die
Herren Preußen mit langer Nase abziehen müssen, und wir sind hineingezogen;
und jetzt gehen wir nach Rendsburg, und bleiben dort, so lange der Kaiser be¬
fiehlt. Schaums, das kommt halt Alles vom Willen." — Die östreichischen Officiere
Grcnzvoten. I. 1851. 39
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