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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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verstand er merkwürdig', die Säumigen ohne Unterschied des Ranges auf eine
Weise anzutreiben, daß Keiner sich zum zweite" Male seiner Unzufriedenheit aussetzte.
Seine Befehle und Verweise, sowohl schriftliche wie mündliche, sind oft wahre Muster
classischer Kürze, ja classischer Derbheit, und mehr als ein Stabsofficier hat vor
der Fronte des Bataillons Worte von ihm hören müssen, denen man Mangel an
Kraft durchaus uicht vorwerfen kann. "Lüde is dee Kierl wie een Thnunkönig,
schrieen kaun see wie een Raab, aber et is doch tüchtig wat dahinner und see
kaun Gott verdammi Seggen, dat et so man eene Aare hat" *) ist das Urtheil
unserer Soldaten, welche ihn mit einer Mischung von Furcht und Bewunderung
betrachten. Bei Jdstedt commandirte er den rechten Flügel; seinem ungestümen
Vordringen, wobei er sich selbst mit tollkühnem Muthe dem feindlichen Feuer aus¬
setzte, konnten die Dänen nicht Stand halten; er nahm das Dorf Ober-Stoll,
wo der heftigste Kampf der ganzen Schlacht entbrannte, der dänische Obergeneral,
der Chef des Stabes, Oberst Lessal mit vielen dänischen Officieren sielen. Nur
der Durchbruch der Dänen durch das Centrum der Schleswig-holsteinischen Schlacht-
linie zwang den General Horst sich zurückzuziehen, was er mit dem höchsten Grade
von Widerwillen that; für ihn wäre sonst der Marsch nach Flensburg offen ge¬
wesen. Auch bei späteren kleinen Gefechten begünstigte ihn stets das Glück und
sein Wahlspruch: "Wer wagt, der gewinnt" scheint bei ihm Wahrheit zu werden,
wie überhaupt seine ganze Art und Weise manche Aehnlichkeit mit der des alten
Blücher besitzt. Im außerdienstlichen Verkehr ist der General ein sehr heiterer,
jovialer Mann, der muntere Witze und ein gutes Glas Wein liebt, und die größte
Freude hat, wenn Alles um ihn herum guten Muthes ist; dann ist er gutherzig
gegen alle Untergebenen und von chevaleresker Ritterlichkeit gegen die Frauen.
Bei den Soldaten ist er trotz seiner Strenge und des rastlosen Treibens, wodurch
er sie oft bis auf das Aeußerste anstrengt, sehr beliebt, besonders bei dem Kern
der Schleswig-Holsteiner selbst. Dafür hassen und fürchten ihn die liederlichen
unnützen Subjecte uuter deu eingetretenen Freiwillige", die in unserm Heere ein
anmuthiges Bummlerleben fortzusetzen glaubten; denn diese verfolgt er mit
äußerster Streuge, ja selbst oft Härte.

Hineinführen wird General v. d. Horst die Schleswig-holsteinische Armee in
das heißeste feindliche Feuer, sobald die ungünstige Witterung dies uns irgend
erlaubt; er wird sich unbekümmert um alle diplomatischen Noten und politischen
Verhältnisse schlagen, und immer wieder mit kühnem ungebeugtem Muthe schlagen,
so. lange er nur irgend Arme hinter sich hat. *





*) Klein ist der Kerl nur >vie ein Zaunkönig, schreien kann er wie ein Rabe, aber es
ist doch etlvaö Tüchtiges dahinter, und Gott verdamm mich kann er sagen, daß es so eine
Art hat.

verstand er merkwürdig', die Säumigen ohne Unterschied des Ranges auf eine
Weise anzutreiben, daß Keiner sich zum zweite» Male seiner Unzufriedenheit aussetzte.
Seine Befehle und Verweise, sowohl schriftliche wie mündliche, sind oft wahre Muster
classischer Kürze, ja classischer Derbheit, und mehr als ein Stabsofficier hat vor
der Fronte des Bataillons Worte von ihm hören müssen, denen man Mangel an
Kraft durchaus uicht vorwerfen kann. „Lüde is dee Kierl wie een Thnunkönig,
schrieen kaun see wie een Raab, aber et is doch tüchtig wat dahinner und see
kaun Gott verdammi Seggen, dat et so man eene Aare hat" *) ist das Urtheil
unserer Soldaten, welche ihn mit einer Mischung von Furcht und Bewunderung
betrachten. Bei Jdstedt commandirte er den rechten Flügel; seinem ungestümen
Vordringen, wobei er sich selbst mit tollkühnem Muthe dem feindlichen Feuer aus¬
setzte, konnten die Dänen nicht Stand halten; er nahm das Dorf Ober-Stoll,
wo der heftigste Kampf der ganzen Schlacht entbrannte, der dänische Obergeneral,
der Chef des Stabes, Oberst Lessal mit vielen dänischen Officieren sielen. Nur
der Durchbruch der Dänen durch das Centrum der Schleswig-holsteinischen Schlacht-
linie zwang den General Horst sich zurückzuziehen, was er mit dem höchsten Grade
von Widerwillen that; für ihn wäre sonst der Marsch nach Flensburg offen ge¬
wesen. Auch bei späteren kleinen Gefechten begünstigte ihn stets das Glück und
sein Wahlspruch: „Wer wagt, der gewinnt" scheint bei ihm Wahrheit zu werden,
wie überhaupt seine ganze Art und Weise manche Aehnlichkeit mit der des alten
Blücher besitzt. Im außerdienstlichen Verkehr ist der General ein sehr heiterer,
jovialer Mann, der muntere Witze und ein gutes Glas Wein liebt, und die größte
Freude hat, wenn Alles um ihn herum guten Muthes ist; dann ist er gutherzig
gegen alle Untergebenen und von chevaleresker Ritterlichkeit gegen die Frauen.
Bei den Soldaten ist er trotz seiner Strenge und des rastlosen Treibens, wodurch
er sie oft bis auf das Aeußerste anstrengt, sehr beliebt, besonders bei dem Kern
der Schleswig-Holsteiner selbst. Dafür hassen und fürchten ihn die liederlichen
unnützen Subjecte uuter deu eingetretenen Freiwillige«, die in unserm Heere ein
anmuthiges Bummlerleben fortzusetzen glaubten; denn diese verfolgt er mit
äußerster Streuge, ja selbst oft Härte.

Hineinführen wird General v. d. Horst die Schleswig-holsteinische Armee in
das heißeste feindliche Feuer, sobald die ungünstige Witterung dies uns irgend
erlaubt; er wird sich unbekümmert um alle diplomatischen Noten und politischen
Verhältnisse schlagen, und immer wieder mit kühnem ungebeugtem Muthe schlagen,
so. lange er nur irgend Arme hinter sich hat. *





*) Klein ist der Kerl nur >vie ein Zaunkönig, schreien kann er wie ein Rabe, aber es
ist doch etlvaö Tüchtiges dahinter, und Gott verdamm mich kann er sagen, daß es so eine
Art hat.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/28>, abgerufen am 20.06.2024.