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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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so kommt es nicht selten vor, daß verheirathete Officiere von Linienregimentern,
die starke Familie haben, sich aus ökonomischen Rücksichten zur Grenze versetzen
lassen; besouders wenn sie eine Hauptmannsstelle, die viel Vortheile darbietet,
dort erhalten können. Wenngleich die deutsche Sprache, wie in der ganzen
östreichischen Armee, so auch bei den Grenzern die officielle ist, in der alle schrift¬
lichen Verhandlungen geführt werden, die Commandos geschehen u. s. w., so ist
es doch ganz nothwendig, daß ein Grenzofficier die Sprache des Regimentes,
also croatisch, slavonisch, serbisch, wallachisch oder ungarisch versteht. In ihrer
äußeren Erscheinung merkt man den meisten Officieren den Aufenthalt in entle¬
genen kleinen Orten unter rohen halbcivilisirten Menschen deutlich an. Für ein
höheres Aufrücken in der Armee hält man den Dienst in den Grenzregimentern
gewöhnlich nicht geeignet, und von jeher haben nur sehr wenige Generäle ihre
militärische Laufbahn in denselben begonnen. Oberst eines Grenzregimentes zu
werden, ist die höchste Stufe, die ein Grenzofficier zu erreichen strebt. Auch der
jetzige Baums Jellachich diente früher in anderen Linien-Cavalerieregimentern,
bis er sich als Oberst an die Grenze versetzen ließ. Die Uniform der Grenzsol¬
daten, so wie sie im Dienste sind, besteht in blauen engen ungarischen Hosen mit
kleinen Schnürstiefeln, wie sie die ganze ungarische Infanterie trägt, einer brannen
Uniform mit, je nach dem Regimente, rothen, blauen, grünen, grauen, gelben,
farbigen Aufschlägen einer gewöhnlichen Infanterie, Tzschako und schwarzem Leder¬
zeug. Die Bewaffnung ist eine Flinte und ein langes Bajonnet, militärische
Haltung haben die Grenzsoldaten trotz ihrer langen Dienstzeit selten, und da
große Sorgfalt auf Kleidungsstücke und Waffen anch nicht ihre Sache ist, so
gewähren ihre Paraden keinen sonderlichen Anblick. Auch ihr Exerciren ist nur
mangelhaft, besonders in größeren Massen, und man sieht es ihnen an, daß sie
nicht gewöhnt sind, hänstg in Regimentern, ja nur Bataillonen vereint, zusammen zu
exerciren. Viel gewandter und besser ist ihr Tirailliren. Preußische Landwehren,
auch andere deutsche Truppen, dürften in diesem kleinen Krieg den Grenzern
gegenüber einen sehr schweren Stand haben, obgleich wir aus der anderen Seite
auch wieder überzeugt sind., daß außer den Szeklerregimentern kein anderes
Grenzregiment einem mit Entschlossenheit vollführten Bajonnetangriff, oder einer
tüchtigen Cavalerieattaque gehörigen Widerstand leisten wird. Die Fertigkeit im
Schießen ist bei den meisten Grenzern nicht so weit her, wie man gern von ihnen
rühmen möchte, jedes nnr gut ausgebildete Jägercorps schießt besser, und zumal
die Flinten der Grenzer nur von sehr mäßiger Beschaffenheit sind.

Bei allen diesen Mängeln sind die Grenzregimenter doch für Oestreich von
großem Werth. Im Frieden kostet ihre UnterlMnng nicht viel und im Kriege
hatte man bisher eine sehr abgehärtete, gewandte leichte Infanterie, die den
übrigen Linientruppen manchen beschwerlichen und aufreibenden Dienst abnahm.
Was für, Rußland die Kosaken, das sind für Oestreich seine Grenzer.


so kommt es nicht selten vor, daß verheirathete Officiere von Linienregimentern,
die starke Familie haben, sich aus ökonomischen Rücksichten zur Grenze versetzen
lassen; besouders wenn sie eine Hauptmannsstelle, die viel Vortheile darbietet,
dort erhalten können. Wenngleich die deutsche Sprache, wie in der ganzen
östreichischen Armee, so auch bei den Grenzern die officielle ist, in der alle schrift¬
lichen Verhandlungen geführt werden, die Commandos geschehen u. s. w., so ist
es doch ganz nothwendig, daß ein Grenzofficier die Sprache des Regimentes,
also croatisch, slavonisch, serbisch, wallachisch oder ungarisch versteht. In ihrer
äußeren Erscheinung merkt man den meisten Officieren den Aufenthalt in entle¬
genen kleinen Orten unter rohen halbcivilisirten Menschen deutlich an. Für ein
höheres Aufrücken in der Armee hält man den Dienst in den Grenzregimentern
gewöhnlich nicht geeignet, und von jeher haben nur sehr wenige Generäle ihre
militärische Laufbahn in denselben begonnen. Oberst eines Grenzregimentes zu
werden, ist die höchste Stufe, die ein Grenzofficier zu erreichen strebt. Auch der
jetzige Baums Jellachich diente früher in anderen Linien-Cavalerieregimentern,
bis er sich als Oberst an die Grenze versetzen ließ. Die Uniform der Grenzsol¬
daten, so wie sie im Dienste sind, besteht in blauen engen ungarischen Hosen mit
kleinen Schnürstiefeln, wie sie die ganze ungarische Infanterie trägt, einer brannen
Uniform mit, je nach dem Regimente, rothen, blauen, grünen, grauen, gelben,
farbigen Aufschlägen einer gewöhnlichen Infanterie, Tzschako und schwarzem Leder¬
zeug. Die Bewaffnung ist eine Flinte und ein langes Bajonnet, militärische
Haltung haben die Grenzsoldaten trotz ihrer langen Dienstzeit selten, und da
große Sorgfalt auf Kleidungsstücke und Waffen anch nicht ihre Sache ist, so
gewähren ihre Paraden keinen sonderlichen Anblick. Auch ihr Exerciren ist nur
mangelhaft, besonders in größeren Massen, und man sieht es ihnen an, daß sie
nicht gewöhnt sind, hänstg in Regimentern, ja nur Bataillonen vereint, zusammen zu
exerciren. Viel gewandter und besser ist ihr Tirailliren. Preußische Landwehren,
auch andere deutsche Truppen, dürften in diesem kleinen Krieg den Grenzern
gegenüber einen sehr schweren Stand haben, obgleich wir aus der anderen Seite
auch wieder überzeugt sind., daß außer den Szeklerregimentern kein anderes
Grenzregiment einem mit Entschlossenheit vollführten Bajonnetangriff, oder einer
tüchtigen Cavalerieattaque gehörigen Widerstand leisten wird. Die Fertigkeit im
Schießen ist bei den meisten Grenzern nicht so weit her, wie man gern von ihnen
rühmen möchte, jedes nnr gut ausgebildete Jägercorps schießt besser, und zumal
die Flinten der Grenzer nur von sehr mäßiger Beschaffenheit sind.

Bei allen diesen Mängeln sind die Grenzregimenter doch für Oestreich von
großem Werth. Im Frieden kostet ihre UnterlMnng nicht viel und im Kriege
hatte man bisher eine sehr abgehärtete, gewandte leichte Infanterie, die den
übrigen Linientruppen manchen beschwerlichen und aufreibenden Dienst abnahm.
Was für, Rußland die Kosaken, das sind für Oestreich seine Grenzer.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/198>, abgerufen am 27.06.2024.