Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.pflanzten und die langen schwarzen Barken Venedigs spähend ans die Stunde Unter den vielen interessanten Punkten der dalmatischen Küste ist in der Da, wo die Felsenberge, welche Dalmatien vom türkischen Besitz trennen, pflanzten und die langen schwarzen Barken Venedigs spähend ans die Stunde Unter den vielen interessanten Punkten der dalmatischen Küste ist in der Da, wo die Felsenberge, welche Dalmatien vom türkischen Besitz trennen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0146" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/91885"/> <p xml:id="ID_400" prev="#ID_399"> pflanzten und die langen schwarzen Barken Venedigs spähend ans die Stunde<lb/> warteten, wo die Herren des Festlandes wieder den Kindern der See die Küste<lb/> als Bente würden überlassen müssen. Seit dem 15. Jahrhundert beherrschte Venedig<lb/> die Küste von Dalmatien, im Kampf mit slavischen Seeräubern und im Streit mit den<lb/> neuen Herren des südöstlichen Europas, den Türken. Jahrhunderte lang dauerte der<lb/> Krieg zwischen dem Halbmond und dem Löwen des heiligen Marcus; kein Punkt<lb/> der Küste, der nicht in diesem Zeitraum fünf- bis sechsmal seine Herren gewechselt<lb/> hätte, kein Punkt der Küste, der in diesem Jahrhundert nicht die Schiffe aller<lb/> herrschenden Nationen Europas mit Furcht oder Hoffnung hätte auf der Höhe<lb/> der See kreuze» sehen. Zuletzt seit der französischen Revolution kämpften England<lb/> und Frankreich ihren langen Kampf anch an der Küste von Dalmatien aus, und<lb/> russische Hilfstruppen standen auf deu slavischen Grenzbergen, bis zuletzt die Habs¬<lb/> burger, Erben Venedigs durch ihr Glück, den Doppeladler seine Fänge anch über<lb/> Berg und See dieser Küste ausstrecken ließen. Aber anch ihnen ist das Land<lb/> kein sicherer Besitz, und Niemand kann eine Garantie für die Dauer desselben<lb/> übernehmen, unsicher und zweifelhaft wird das Schicksal dieses Küstenlandes sein,<lb/> so lange es nicht zu staatlicher Einheit verbunden ist mit dem Festland, dessen<lb/> Küste es bildet, und so lauge dies Festland selbst nicht einen Staat bildet, dessen<lb/> Handel und Seemacht groß genug ist, das adriatische Meer zu beherrschen und<lb/> im Mittelmeer ein Rival der Engländer und Franzosen zu sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_401"> Unter den vielen interessanten Punkten der dalmatischen Küste ist in der<lb/> letzten Zeit wohl am häufigsten der Hafen von Cattaro genannt worden. Es<lb/> ging das Gerücht im vorigen Jahre, Rußland habe sich diesen Punkt zu einem<lb/> Stationsplatz für eine Flotte des Mittelmeers vou Oestreich erbeten. als Gegen-<lb/> geschenk für die ungarische Hilfe; das Gerücht hat sich wieder verloren und uoch<lb/> ist uicht sicher, ob dies Festsetzen Rußlands in näherer oder fernerer Zeit bevor¬<lb/> steht, sicher ist, daß es unvermeidlich werden wird für Nußland wie für Oestreich,<lb/> und deshalb mögen Ihre Leser mir, dem Reisenden, in deu Hafen vou Cattaro<lb/> folgen. Deun es lohnt, ihn kennen zu lernen und die Bedeutung, welche er für<lb/> die Zukunft Europas haben wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_402" next="#ID_403"> Da, wo die Felsenberge, welche Dalmatien vom türkischen Besitz trennen,<lb/> dicht und massenhaft heranrücken an die dunkelgrüne See, wo das östreichische<lb/> Gebiet sich so schmal zuspitzt, daß der türkische Slave die Fahrzeuge auf der hohen<lb/> See zähle» kaun, einige Meilen unterhalb Ragusa, ist die Küste zerrissen durch<lb/> das Meer, und eine große vielgeschwuugene Bucht reicht bis dicht an die Greuz-<lb/> berge heran. Vor ihrer Einfahrt ist offenes Meer, man sieht im Süden nach<lb/> der Gegend der Straße von Otranto, im Westen in die weite Adria heraus, welche<lb/> durch die in gleicher Richtung mit dem dalmatischen Ufer hinftreichende Küste von<lb/> Mittelitalien begrenzt wird. Von Ragusa und dem übrigen Dalmatien ist dieser<lb/> Küstenpunkt gerrennt dnrch türkisches Gebiet, welches wunderlicher Weise hier über</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0146]
pflanzten und die langen schwarzen Barken Venedigs spähend ans die Stunde
warteten, wo die Herren des Festlandes wieder den Kindern der See die Küste
als Bente würden überlassen müssen. Seit dem 15. Jahrhundert beherrschte Venedig
die Küste von Dalmatien, im Kampf mit slavischen Seeräubern und im Streit mit den
neuen Herren des südöstlichen Europas, den Türken. Jahrhunderte lang dauerte der
Krieg zwischen dem Halbmond und dem Löwen des heiligen Marcus; kein Punkt
der Küste, der nicht in diesem Zeitraum fünf- bis sechsmal seine Herren gewechselt
hätte, kein Punkt der Küste, der in diesem Jahrhundert nicht die Schiffe aller
herrschenden Nationen Europas mit Furcht oder Hoffnung hätte auf der Höhe
der See kreuze» sehen. Zuletzt seit der französischen Revolution kämpften England
und Frankreich ihren langen Kampf anch an der Küste von Dalmatien aus, und
russische Hilfstruppen standen auf deu slavischen Grenzbergen, bis zuletzt die Habs¬
burger, Erben Venedigs durch ihr Glück, den Doppeladler seine Fänge anch über
Berg und See dieser Küste ausstrecken ließen. Aber anch ihnen ist das Land
kein sicherer Besitz, und Niemand kann eine Garantie für die Dauer desselben
übernehmen, unsicher und zweifelhaft wird das Schicksal dieses Küstenlandes sein,
so lange es nicht zu staatlicher Einheit verbunden ist mit dem Festland, dessen
Küste es bildet, und so lauge dies Festland selbst nicht einen Staat bildet, dessen
Handel und Seemacht groß genug ist, das adriatische Meer zu beherrschen und
im Mittelmeer ein Rival der Engländer und Franzosen zu sein.
Unter den vielen interessanten Punkten der dalmatischen Küste ist in der
letzten Zeit wohl am häufigsten der Hafen von Cattaro genannt worden. Es
ging das Gerücht im vorigen Jahre, Rußland habe sich diesen Punkt zu einem
Stationsplatz für eine Flotte des Mittelmeers vou Oestreich erbeten. als Gegen-
geschenk für die ungarische Hilfe; das Gerücht hat sich wieder verloren und uoch
ist uicht sicher, ob dies Festsetzen Rußlands in näherer oder fernerer Zeit bevor¬
steht, sicher ist, daß es unvermeidlich werden wird für Nußland wie für Oestreich,
und deshalb mögen Ihre Leser mir, dem Reisenden, in deu Hafen vou Cattaro
folgen. Deun es lohnt, ihn kennen zu lernen und die Bedeutung, welche er für
die Zukunft Europas haben wird.
Da, wo die Felsenberge, welche Dalmatien vom türkischen Besitz trennen,
dicht und massenhaft heranrücken an die dunkelgrüne See, wo das östreichische
Gebiet sich so schmal zuspitzt, daß der türkische Slave die Fahrzeuge auf der hohen
See zähle» kaun, einige Meilen unterhalb Ragusa, ist die Küste zerrissen durch
das Meer, und eine große vielgeschwuugene Bucht reicht bis dicht an die Greuz-
berge heran. Vor ihrer Einfahrt ist offenes Meer, man sieht im Süden nach
der Gegend der Straße von Otranto, im Westen in die weite Adria heraus, welche
durch die in gleicher Richtung mit dem dalmatischen Ufer hinftreichende Küste von
Mittelitalien begrenzt wird. Von Ragusa und dem übrigen Dalmatien ist dieser
Küstenpunkt gerrennt dnrch türkisches Gebiet, welches wunderlicher Weise hier über
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