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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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unter einander verbinden, aus welchen der Damm besteht, und mit zerfallenem
Granitsande wurden die Lücken ausgefüllt. Hinter diesem unzerstörbaren Walle
ward ein Teich geschaffen, ö,000 Fuß lang, 300 breit und 60 tief, und die Wasser
des Brvckenfeldes füllten ihn bereitwillig. Durch einen Graben, der an der östlichen
Seite des Nehberges mehrere Stunden lang hinabgeleitet worden, bekommen die
Andreasberger Bergwerke das nöthige Wasser in geregelter Weise, und im Teiche
selbst ist oberhalb eine Niederung seines Randes vorhanden, die, sobald das Bassin
überfüllt ist, die wilde Fluth ausläßt und der in der Nähe fließenden Oder zuführt.
Auch der 3767 Lachter lange Rehberger Graben ist durch Holzbau und Granit-
mafsen geschützt. Er endet in einem i00 Lachter langen Canal, welcher dnrch den
Röhrenberg geht; nachdem sein Wasser über die Andreasberger Kunsträder hin¬
weggerollt ist, füllt es unterhalb dieser Bergstadt die sogenannte Sperrlntter,
die der Oder ihr Wasser, nachdem es seine Dienste geleistet hat, wieder zurück¬
bringt. -- Seit 1734 sammelt der Sperberhaier Damm das Wasser des nach einem
frühern Brockenwirthe benannten Gerlachsbaches vom Bruchberge für die Claus¬
thaler Bergabhänge. Das merkwürdigste Wasserwerk des Oberharzschen Berg¬
baues aber ist die tiefe Wasserstrecke, ein unterirdischer Canal bei Clausthal,
der 1360 Fuß unter dem Markte dieser Stadt zur Schifffahrt benutzt wird,
hauptsächlich um Erde auf Kähnen von einem Schacht zum andern zu schaffen.
Durch eine Wassersäulenmaschine, welche in einem 1177 Fuß tiefen, senkrechten
Schachte der Grube Silbersegen errichtet ist, werden die gesammelten Wasser aus
der tiefen Wasserstrecke auf deu 360 Fuß höhern "tiefen Georgstollen" gehoben,
aus dem sie abfließen, so daß die Wassersäulenmaschine mit jedem Satze 70 Knbik-
snß Grundwasser hebt; der "tiefe Georgstollen" erstreckt sich zur Ableitung der
in den tiefern Gruben sich sammelnden Grundwasser drei Stunden weit im Ge¬
birge aufwärts und besteht seit 1799. -- Der Bau der bezeichneten drei oder
vier bergmännischen Wasserwerke zusammen genommen erforderte die Summe von
i'82,1i'A Thalern und einen Zeitraum von S2 Jahren.

Diese Wasserwerke, so weit sie überhaupt auf der Oberfläche der Erde sicht¬
bar sind, geben dem Oberharz schon einen eigenthümlichen Charakter. Man denke
sich dazu den hellen Wiederhall der Axt des Holzhauers, die einförmig und
laut dnrch die Einsamkeit der Wälder hinklappernden Kohlenkarren, von denen
jeder mit einem Riesenpferde bespannt ist, ans dem ein Fuhrmann mit breit-
krämpigem Hute sitzt, dessen Gesicht noch schwärzer ist, als das schwarze Holzgeflecht
seines Karrens; er versteht aufs Kunstvollste mit seiner Peitsche förmliche Sym¬
phonien zu klatschen, um an den engen Hohlwegen sich den ihm entgegen kom¬
menden College", schon von Weitem anzumelden; und endlich unweit des dampfenden
Meilers*) nach Altgermanischcr Sitte am rinnenden Quell die mit grünem Rasen



Neuerdings kommen die sogenannten concentrirten Köhlereien ans, wobei zu bemerken ist.
daß ein Meiler im Harz wol dreimal kleiner ist als in Tyrol,

unter einander verbinden, aus welchen der Damm besteht, und mit zerfallenem
Granitsande wurden die Lücken ausgefüllt. Hinter diesem unzerstörbaren Walle
ward ein Teich geschaffen, ö,000 Fuß lang, 300 breit und 60 tief, und die Wasser
des Brvckenfeldes füllten ihn bereitwillig. Durch einen Graben, der an der östlichen
Seite des Nehberges mehrere Stunden lang hinabgeleitet worden, bekommen die
Andreasberger Bergwerke das nöthige Wasser in geregelter Weise, und im Teiche
selbst ist oberhalb eine Niederung seines Randes vorhanden, die, sobald das Bassin
überfüllt ist, die wilde Fluth ausläßt und der in der Nähe fließenden Oder zuführt.
Auch der 3767 Lachter lange Rehberger Graben ist durch Holzbau und Granit-
mafsen geschützt. Er endet in einem i00 Lachter langen Canal, welcher dnrch den
Röhrenberg geht; nachdem sein Wasser über die Andreasberger Kunsträder hin¬
weggerollt ist, füllt es unterhalb dieser Bergstadt die sogenannte Sperrlntter,
die der Oder ihr Wasser, nachdem es seine Dienste geleistet hat, wieder zurück¬
bringt. — Seit 1734 sammelt der Sperberhaier Damm das Wasser des nach einem
frühern Brockenwirthe benannten Gerlachsbaches vom Bruchberge für die Claus¬
thaler Bergabhänge. Das merkwürdigste Wasserwerk des Oberharzschen Berg¬
baues aber ist die tiefe Wasserstrecke, ein unterirdischer Canal bei Clausthal,
der 1360 Fuß unter dem Markte dieser Stadt zur Schifffahrt benutzt wird,
hauptsächlich um Erde auf Kähnen von einem Schacht zum andern zu schaffen.
Durch eine Wassersäulenmaschine, welche in einem 1177 Fuß tiefen, senkrechten
Schachte der Grube Silbersegen errichtet ist, werden die gesammelten Wasser aus
der tiefen Wasserstrecke auf deu 360 Fuß höhern „tiefen Georgstollen" gehoben,
aus dem sie abfließen, so daß die Wassersäulenmaschine mit jedem Satze 70 Knbik-
snß Grundwasser hebt; der „tiefe Georgstollen" erstreckt sich zur Ableitung der
in den tiefern Gruben sich sammelnden Grundwasser drei Stunden weit im Ge¬
birge aufwärts und besteht seit 1799. — Der Bau der bezeichneten drei oder
vier bergmännischen Wasserwerke zusammen genommen erforderte die Summe von
i'82,1i'A Thalern und einen Zeitraum von S2 Jahren.

Diese Wasserwerke, so weit sie überhaupt auf der Oberfläche der Erde sicht¬
bar sind, geben dem Oberharz schon einen eigenthümlichen Charakter. Man denke
sich dazu den hellen Wiederhall der Axt des Holzhauers, die einförmig und
laut dnrch die Einsamkeit der Wälder hinklappernden Kohlenkarren, von denen
jeder mit einem Riesenpferde bespannt ist, ans dem ein Fuhrmann mit breit-
krämpigem Hute sitzt, dessen Gesicht noch schwärzer ist, als das schwarze Holzgeflecht
seines Karrens; er versteht aufs Kunstvollste mit seiner Peitsche förmliche Sym¬
phonien zu klatschen, um an den engen Hohlwegen sich den ihm entgegen kom¬
menden College», schon von Weitem anzumelden; und endlich unweit des dampfenden
Meilers*) nach Altgermanischcr Sitte am rinnenden Quell die mit grünem Rasen



Neuerdings kommen die sogenannten concentrirten Köhlereien ans, wobei zu bemerken ist.
daß ein Meiler im Harz wol dreimal kleiner ist als in Tyrol,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/504>, abgerufen am 01.09.2024.