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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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von diesen nach längerm oder kürzeren Aufenthalte, wo nicht an Geld, wenigstens
an Erfahrung reicher in ihre Heimath zurückkehren, >in großer Theil gewöhnt
sich doch so an das üppige Leben, findet auch allmählich eine so günstige Stellung,
daß er für immer bleibt. In der That sind es gar nicht vereinzelte Fälle, wo
man einen Deutschen als großen Handelsherrn, als Chef des Hauses und Inhaber
einer Viertel- oder halben Million kennen lernt, der vor zwanzig und einigen Jahren
als Commis, in mehr als bescheidenem Aufzuge die Stadt zuerst betrat; ener-
gischer Wille und Ausdauer, Speculationsgeist "ud sparsamer Sinu, ein günstiger
Todesfall oder eine glückliche Heirath endlich führten ihn zu seinem Ziele. In
den Familien solcher Männer erhält sich das Deutsche Element natürlich vor¬
wiegend, wenn auch nicht unvermischt; meist lernen die Kinder schon von frühester,
Jugend an die beiden Hauptsprachen von den Aeltern wie von der übrigen Um¬
gebung; aber Deutsche Ausbildung durch Deutsche Lehrer wird ihnen doch vor¬
zugsweise zu Theil; Sitte und Charakter erhält mir einen leichten fremdländischen
Anstrich. Daneben bleiben selbst der Jugend in den ursprünglich fremden
Familien der mittleren und höheren Stände selten die Deutsche Sprache Md
Nationalität ganz entzogen, denn nur die Volks- und Elementarschulen sind
Italienisch oder für die Griechen Griechisch; eine große Anzahl von Erziehungs¬
anstalten, Privatinstituten, endlich die höhere Staatsschule, das Gymnasium sind
wesentlich Deutsch, und berücksichtigen die anderen Sprachen nur mehr oder weniger,
je nach dem allgemeinen Bedürfniß oder der Geburt und dem Wunsche der ein-
zelnen Zöglinge; so ist es auch, um noch ans eine der tüchtigsten und einflu߬
reichsten Pflanzstätten hinzuweisen, in der Schule der Fall, welche die zwei ver¬
einigten protestantischen Gemeinden zunächst für die Bedürfnisse ihrer Mitglieder,
doch ohne strenge konfessionelle Beschränkung, errichtet haben. Die eine der bei¬
den Gemeinden besteht, wie sie sich auch als reformirten oder Helvetischen Bekennt¬
nisses bezeichnet, wirklich fast aus lauter Schweizern, und Diese verdienen in sofern
eine besondere Erwähnung, als sie vorzngöiveise nicht allein zusammenzuhalten,
sondern auch in Lebensart und Gesinnung den heimathlichen, wenn man will na¬
tionalen Charakter tren zu bewahren pflegen. Meist kommen sie als Kaufleute,
Kaffeesteder, Bäcker und Konditoren hie.her, führen ein arbeitsames, mäßiges
Leben, und wissen die erworbenen Schätze mit besonderer Zähigkeit festzuhalten;
oft kehrt das Familienhaupt noch in späterem Alter in die geliebte Heimath zurück,
indem es seinen Kindern oder einem andern seiner jüngeren Landsleute das" Eta¬
blissement zur Ausbeute überläßt, das ihm dieselbe Gelegenheit wie dem Vorgänger
bietet, sein Glück zu machen.

Aus den westlichen Cantonen der Schweiz, und so eng zu dem letzterwähnte"
Kreise gehörend, sind auch die meiste" Franzosen, die man hier findet; ihre Zahl
ist überhaupt uicht groß, nur wenige Handelsfirmen zeigen uns Namen Derselben;
einzelne junge Kaufleute, Sprachlehrer und Bonnen sind sonst die Vertreter der


von diesen nach längerm oder kürzeren Aufenthalte, wo nicht an Geld, wenigstens
an Erfahrung reicher in ihre Heimath zurückkehren, >in großer Theil gewöhnt
sich doch so an das üppige Leben, findet auch allmählich eine so günstige Stellung,
daß er für immer bleibt. In der That sind es gar nicht vereinzelte Fälle, wo
man einen Deutschen als großen Handelsherrn, als Chef des Hauses und Inhaber
einer Viertel- oder halben Million kennen lernt, der vor zwanzig und einigen Jahren
als Commis, in mehr als bescheidenem Aufzuge die Stadt zuerst betrat; ener-
gischer Wille und Ausdauer, Speculationsgeist »ud sparsamer Sinu, ein günstiger
Todesfall oder eine glückliche Heirath endlich führten ihn zu seinem Ziele. In
den Familien solcher Männer erhält sich das Deutsche Element natürlich vor¬
wiegend, wenn auch nicht unvermischt; meist lernen die Kinder schon von frühester,
Jugend an die beiden Hauptsprachen von den Aeltern wie von der übrigen Um¬
gebung; aber Deutsche Ausbildung durch Deutsche Lehrer wird ihnen doch vor¬
zugsweise zu Theil; Sitte und Charakter erhält mir einen leichten fremdländischen
Anstrich. Daneben bleiben selbst der Jugend in den ursprünglich fremden
Familien der mittleren und höheren Stände selten die Deutsche Sprache Md
Nationalität ganz entzogen, denn nur die Volks- und Elementarschulen sind
Italienisch oder für die Griechen Griechisch; eine große Anzahl von Erziehungs¬
anstalten, Privatinstituten, endlich die höhere Staatsschule, das Gymnasium sind
wesentlich Deutsch, und berücksichtigen die anderen Sprachen nur mehr oder weniger,
je nach dem allgemeinen Bedürfniß oder der Geburt und dem Wunsche der ein-
zelnen Zöglinge; so ist es auch, um noch ans eine der tüchtigsten und einflu߬
reichsten Pflanzstätten hinzuweisen, in der Schule der Fall, welche die zwei ver¬
einigten protestantischen Gemeinden zunächst für die Bedürfnisse ihrer Mitglieder,
doch ohne strenge konfessionelle Beschränkung, errichtet haben. Die eine der bei¬
den Gemeinden besteht, wie sie sich auch als reformirten oder Helvetischen Bekennt¬
nisses bezeichnet, wirklich fast aus lauter Schweizern, und Diese verdienen in sofern
eine besondere Erwähnung, als sie vorzngöiveise nicht allein zusammenzuhalten,
sondern auch in Lebensart und Gesinnung den heimathlichen, wenn man will na¬
tionalen Charakter tren zu bewahren pflegen. Meist kommen sie als Kaufleute,
Kaffeesteder, Bäcker und Konditoren hie.her, führen ein arbeitsames, mäßiges
Leben, und wissen die erworbenen Schätze mit besonderer Zähigkeit festzuhalten;
oft kehrt das Familienhaupt noch in späterem Alter in die geliebte Heimath zurück,
indem es seinen Kindern oder einem andern seiner jüngeren Landsleute das" Eta¬
blissement zur Ausbeute überläßt, das ihm dieselbe Gelegenheit wie dem Vorgänger
bietet, sein Glück zu machen.

Aus den westlichen Cantonen der Schweiz, und so eng zu dem letzterwähnte«
Kreise gehörend, sind auch die meiste» Franzosen, die man hier findet; ihre Zahl
ist überhaupt uicht groß, nur wenige Handelsfirmen zeigen uns Namen Derselben;
einzelne junge Kaufleute, Sprachlehrer und Bonnen sind sonst die Vertreter der


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[0072] von diesen nach längerm oder kürzeren Aufenthalte, wo nicht an Geld, wenigstens an Erfahrung reicher in ihre Heimath zurückkehren, >in großer Theil gewöhnt sich doch so an das üppige Leben, findet auch allmählich eine so günstige Stellung, daß er für immer bleibt. In der That sind es gar nicht vereinzelte Fälle, wo man einen Deutschen als großen Handelsherrn, als Chef des Hauses und Inhaber einer Viertel- oder halben Million kennen lernt, der vor zwanzig und einigen Jahren als Commis, in mehr als bescheidenem Aufzuge die Stadt zuerst betrat; ener- gischer Wille und Ausdauer, Speculationsgeist »ud sparsamer Sinu, ein günstiger Todesfall oder eine glückliche Heirath endlich führten ihn zu seinem Ziele. In den Familien solcher Männer erhält sich das Deutsche Element natürlich vor¬ wiegend, wenn auch nicht unvermischt; meist lernen die Kinder schon von frühester, Jugend an die beiden Hauptsprachen von den Aeltern wie von der übrigen Um¬ gebung; aber Deutsche Ausbildung durch Deutsche Lehrer wird ihnen doch vor¬ zugsweise zu Theil; Sitte und Charakter erhält mir einen leichten fremdländischen Anstrich. Daneben bleiben selbst der Jugend in den ursprünglich fremden Familien der mittleren und höheren Stände selten die Deutsche Sprache Md Nationalität ganz entzogen, denn nur die Volks- und Elementarschulen sind Italienisch oder für die Griechen Griechisch; eine große Anzahl von Erziehungs¬ anstalten, Privatinstituten, endlich die höhere Staatsschule, das Gymnasium sind wesentlich Deutsch, und berücksichtigen die anderen Sprachen nur mehr oder weniger, je nach dem allgemeinen Bedürfniß oder der Geburt und dem Wunsche der ein- zelnen Zöglinge; so ist es auch, um noch ans eine der tüchtigsten und einflu߬ reichsten Pflanzstätten hinzuweisen, in der Schule der Fall, welche die zwei ver¬ einigten protestantischen Gemeinden zunächst für die Bedürfnisse ihrer Mitglieder, doch ohne strenge konfessionelle Beschränkung, errichtet haben. Die eine der bei¬ den Gemeinden besteht, wie sie sich auch als reformirten oder Helvetischen Bekennt¬ nisses bezeichnet, wirklich fast aus lauter Schweizern, und Diese verdienen in sofern eine besondere Erwähnung, als sie vorzngöiveise nicht allein zusammenzuhalten, sondern auch in Lebensart und Gesinnung den heimathlichen, wenn man will na¬ tionalen Charakter tren zu bewahren pflegen. Meist kommen sie als Kaufleute, Kaffeesteder, Bäcker und Konditoren hie.her, führen ein arbeitsames, mäßiges Leben, und wissen die erworbenen Schätze mit besonderer Zähigkeit festzuhalten; oft kehrt das Familienhaupt noch in späterem Alter in die geliebte Heimath zurück, indem es seinen Kindern oder einem andern seiner jüngeren Landsleute das" Eta¬ blissement zur Ausbeute überläßt, das ihm dieselbe Gelegenheit wie dem Vorgänger bietet, sein Glück zu machen. Aus den westlichen Cantonen der Schweiz, und so eng zu dem letzterwähnte« Kreise gehörend, sind auch die meiste» Franzosen, die man hier findet; ihre Zahl ist überhaupt uicht groß, nur wenige Handelsfirmen zeigen uns Namen Derselben; einzelne junge Kaufleute, Sprachlehrer und Bonnen sind sonst die Vertreter der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/72>, abgerufen am 23.07.2024.