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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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der städtischen Behörden versteht es sich von selbst, daß sie Italienisch geführt
werden; dasselbe aber gilt auch von der Unterhaltung in den meisten größeren
Vereinen oder geselligen Kreisen, ja selbst in der bedeutendsten geschlossenen
Gesellschaft, welche außer vortrefflichen Lesezimmern den Mitgliedern einige gemein¬
same Unterhaltungen bietet, ist eben mir der halbe Name Deutsch, seitdem sie sich
"Deutsches Castuo" nennt.

Dessenungeachtet machen die Deutschen einen Hauptbestandtheil der Bevöl¬
kerung ans, und, was wesentlich ist, ihre Sitte und Sprache greifen mehr und
mehr um sich. Um die Bedeutung des vaterländischen Elementes richtig zu würdigen,
müssen wir nämlich Dreierlei zumal ins Ange fassen, die Beamtenwelt, die Menge
der eingewanderten Kaufleute, Künstler und Handwerker, endlich den Unterricht
der Jugend in den vorzüglichsten Schulen. Trieft ist der Sitz deö Statthalters
.und des Oberlandesgerichts für Trieft. Görz und Jstrien, deö Landcömilitmr-
commando, des Mariuevbercommandv, der Centralseebehördc, der Finanzdircctton
für das Küstenland und Dalmatien, so wie vieler dazu gehörigen Unterbehörden
mit langen Namen und unzähligen Beamten. Diese sind nun zum größten Theile
nach Geburt und Sitte, uach Sprache und Sinnesart, Charakter und Bildung
Deutsche oder besser Oestreicher. Tritt man in ihre Kreise, so erinnern die
schwarzgelbe Farbe und Mundart, die "gebacknen Hahnerl" und das gemüthliche
Plauschen an die "eine Kaiserstadt"; sind sie auch gezwungen, in ihrem officiellen
Verkehr mit Italienern und Slaven zu verhandeln, im Grunde und mit der FamiKe
verlieren sie deu Wienerischen Charakter nicht. In ähnlicher Weise gehören auch die
Officiere des Landheeres wie der Marine meist zu den Deutschen, obgleich in den
l^ten JalMn unter raschem Wechsel bald Deutsche, bald Ungarische, Italienische,
Parische, Kroatische Truppen die Stadt mit ihrem Schutze beglückt haben. Die
Marine war natürlich früher, weil ursprünglich Vcuetianisch, ganz Italienisch;^etzt
s"rd die tüchtigsten, auch wol meisten Officiere Deutsche; die Bildungsanstalt der See-
cadetten ist wesentlich Deutsch, und selbst die meist fremdländischen Matrosen ans den
Kriegsschiffen hat man auf Deutsches Commando zu hören nicht ohne Erfolg gelehrt.

Aber nicht allein im Staatsdienste, von der Regierung gesandt, mehr noch
>">d aus allen Gauen des Vaterlandes kommen Deutsche aus freiem Antriebe
h'°her, ihr Glück zu macheu, weil in der schnell aufblühenden Stadt Mancher
Glück gemacht hat, oder weil der interessante Ausenthalt sie.reizte. Sie
kennen zu lernen giebt es keinen bessern Weg, als die Bierhäuser zu besuchen,
ihre Lieblings- und Sammelplätze bilden; der alte Deutsche Gerstenstrank
Greint sie da, während der Italiener zunächst immer seinem Weine, seinem Kaffee
oder Sorbetto treu bleibt. Handwerker, Gärtner, junge Kaufleute, Lehrer, Maler,Vnchbiuder und Buchhändler sind da aus Preußen und Bayern, ans Hannoverund Sachsen, ans Baden und Württemberg zu treffen, und selbst die kleinstenStaaten haben meist den einen oder andern Repräsentanten. Wenn auch viele


der städtischen Behörden versteht es sich von selbst, daß sie Italienisch geführt
werden; dasselbe aber gilt auch von der Unterhaltung in den meisten größeren
Vereinen oder geselligen Kreisen, ja selbst in der bedeutendsten geschlossenen
Gesellschaft, welche außer vortrefflichen Lesezimmern den Mitgliedern einige gemein¬
same Unterhaltungen bietet, ist eben mir der halbe Name Deutsch, seitdem sie sich
„Deutsches Castuo" nennt.

Dessenungeachtet machen die Deutschen einen Hauptbestandtheil der Bevöl¬
kerung ans, und, was wesentlich ist, ihre Sitte und Sprache greifen mehr und
mehr um sich. Um die Bedeutung des vaterländischen Elementes richtig zu würdigen,
müssen wir nämlich Dreierlei zumal ins Ange fassen, die Beamtenwelt, die Menge
der eingewanderten Kaufleute, Künstler und Handwerker, endlich den Unterricht
der Jugend in den vorzüglichsten Schulen. Trieft ist der Sitz deö Statthalters
.und des Oberlandesgerichts für Trieft. Görz und Jstrien, deö Landcömilitmr-
commando, des Mariuevbercommandv, der Centralseebehördc, der Finanzdircctton
für das Küstenland und Dalmatien, so wie vieler dazu gehörigen Unterbehörden
mit langen Namen und unzähligen Beamten. Diese sind nun zum größten Theile
nach Geburt und Sitte, uach Sprache und Sinnesart, Charakter und Bildung
Deutsche oder besser Oestreicher. Tritt man in ihre Kreise, so erinnern die
schwarzgelbe Farbe und Mundart, die „gebacknen Hahnerl" und das gemüthliche
Plauschen an die „eine Kaiserstadt"; sind sie auch gezwungen, in ihrem officiellen
Verkehr mit Italienern und Slaven zu verhandeln, im Grunde und mit der FamiKe
verlieren sie deu Wienerischen Charakter nicht. In ähnlicher Weise gehören auch die
Officiere des Landheeres wie der Marine meist zu den Deutschen, obgleich in den
l^ten JalMn unter raschem Wechsel bald Deutsche, bald Ungarische, Italienische,
Parische, Kroatische Truppen die Stadt mit ihrem Schutze beglückt haben. Die
Marine war natürlich früher, weil ursprünglich Vcuetianisch, ganz Italienisch;^etzt
s"rd die tüchtigsten, auch wol meisten Officiere Deutsche; die Bildungsanstalt der See-
cadetten ist wesentlich Deutsch, und selbst die meist fremdländischen Matrosen ans den
Kriegsschiffen hat man auf Deutsches Commando zu hören nicht ohne Erfolg gelehrt.

Aber nicht allein im Staatsdienste, von der Regierung gesandt, mehr noch
>">d aus allen Gauen des Vaterlandes kommen Deutsche aus freiem Antriebe
h'°her, ihr Glück zu macheu, weil in der schnell aufblühenden Stadt Mancher
Glück gemacht hat, oder weil der interessante Ausenthalt sie.reizte. Sie
kennen zu lernen giebt es keinen bessern Weg, als die Bierhäuser zu besuchen,
ihre Lieblings- und Sammelplätze bilden; der alte Deutsche Gerstenstrank
Greint sie da, während der Italiener zunächst immer seinem Weine, seinem Kaffee
oder Sorbetto treu bleibt. Handwerker, Gärtner, junge Kaufleute, Lehrer, Maler,Vnchbiuder und Buchhändler sind da aus Preußen und Bayern, ans Hannoverund Sachsen, ans Baden und Württemberg zu treffen, und selbst die kleinstenStaaten haben meist den einen oder andern Repräsentanten. Wenn auch viele


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[0071] der städtischen Behörden versteht es sich von selbst, daß sie Italienisch geführt werden; dasselbe aber gilt auch von der Unterhaltung in den meisten größeren Vereinen oder geselligen Kreisen, ja selbst in der bedeutendsten geschlossenen Gesellschaft, welche außer vortrefflichen Lesezimmern den Mitgliedern einige gemein¬ same Unterhaltungen bietet, ist eben mir der halbe Name Deutsch, seitdem sie sich „Deutsches Castuo" nennt. Dessenungeachtet machen die Deutschen einen Hauptbestandtheil der Bevöl¬ kerung ans, und, was wesentlich ist, ihre Sitte und Sprache greifen mehr und mehr um sich. Um die Bedeutung des vaterländischen Elementes richtig zu würdigen, müssen wir nämlich Dreierlei zumal ins Ange fassen, die Beamtenwelt, die Menge der eingewanderten Kaufleute, Künstler und Handwerker, endlich den Unterricht der Jugend in den vorzüglichsten Schulen. Trieft ist der Sitz deö Statthalters .und des Oberlandesgerichts für Trieft. Görz und Jstrien, deö Landcömilitmr- commando, des Mariuevbercommandv, der Centralseebehördc, der Finanzdircctton für das Küstenland und Dalmatien, so wie vieler dazu gehörigen Unterbehörden mit langen Namen und unzähligen Beamten. Diese sind nun zum größten Theile nach Geburt und Sitte, uach Sprache und Sinnesart, Charakter und Bildung Deutsche oder besser Oestreicher. Tritt man in ihre Kreise, so erinnern die schwarzgelbe Farbe und Mundart, die „gebacknen Hahnerl" und das gemüthliche Plauschen an die „eine Kaiserstadt"; sind sie auch gezwungen, in ihrem officiellen Verkehr mit Italienern und Slaven zu verhandeln, im Grunde und mit der FamiKe verlieren sie deu Wienerischen Charakter nicht. In ähnlicher Weise gehören auch die Officiere des Landheeres wie der Marine meist zu den Deutschen, obgleich in den l^ten JalMn unter raschem Wechsel bald Deutsche, bald Ungarische, Italienische, Parische, Kroatische Truppen die Stadt mit ihrem Schutze beglückt haben. Die Marine war natürlich früher, weil ursprünglich Vcuetianisch, ganz Italienisch;^etzt s"rd die tüchtigsten, auch wol meisten Officiere Deutsche; die Bildungsanstalt der See- cadetten ist wesentlich Deutsch, und selbst die meist fremdländischen Matrosen ans den Kriegsschiffen hat man auf Deutsches Commando zu hören nicht ohne Erfolg gelehrt. Aber nicht allein im Staatsdienste, von der Regierung gesandt, mehr noch >">d aus allen Gauen des Vaterlandes kommen Deutsche aus freiem Antriebe h'°her, ihr Glück zu macheu, weil in der schnell aufblühenden Stadt Mancher Glück gemacht hat, oder weil der interessante Ausenthalt sie.reizte. Sie kennen zu lernen giebt es keinen bessern Weg, als die Bierhäuser zu besuchen, ihre Lieblings- und Sammelplätze bilden; der alte Deutsche Gerstenstrank Greint sie da, während der Italiener zunächst immer seinem Weine, seinem Kaffee oder Sorbetto treu bleibt. Handwerker, Gärtner, junge Kaufleute, Lehrer, Maler,Vnchbiuder und Buchhändler sind da aus Preußen und Bayern, ans Hannoverund Sachsen, ans Baden und Württemberg zu treffen, und selbst die kleinstenStaaten haben meist den einen oder andern Repräsentanten. Wenn auch viele

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/71>, abgerufen am 23.07.2024.