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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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ter Landschaftsblätter herausgegeben, von denen zwei im Verlage von Bndeuö in
Düsseldorf nnter dem Titel "Morgen und Abend" erschienen sind. Und nun zu
den vier Jahreszeiten.

Das erste Bild zeigt uns den Frühling nnter südlichem, Italienischem
oder Griechischem Himmel. In der Mitte des Vordergrunds blinkt mit klarem
Wasserspiegel ein sanft fließender, zu einem kleinen Weiber sich rundender Bach.
Von einer Felsenlehne rechts, aus der ein edel construirtes Gemäuer, von einer
antiken Brüstung mit rundlichen Candelaberstäbcn bekrönt, sich erhebt, strömen ihm
frische Quellen zu. Hinter dem Wasser ragt eine Gruppe von fünf Pinien stolz
in die Lüfte, üppig umrankt von blühenden Schlinggewächsen. An ihrem Fuße
wuchern mächtige Farrn, und ziehen sich mit anderen großblättrigen Pflanzen hinab
bis zur Begrüßung der großen Rundblätter, welche auf dem Wasser schwimmen.
Links von den Pinien duftet ein prachtvoll blühender Fliederbaum, und rings
am Ufer mit Blüthen übersäete Sträucher, Rosen, Tulpen, Tausendschön und
hundert andere Blumen mit buntem Farbenschmuck auf saftig grünem Nasen.
Ein Gebüsch von srischtrcibender Cypresse streckt seine hellen Spitzen herein, und
beugt sich, links das Bild beschließend, über einen wilden Garten der üppigsten
Pflanzen. Weiter hin blickt man ans die Wipfel eines Hains, von einzelnen
Pinien überragt; rechts erhebt sich ein großartiger Prachtbau, ein von Säulen
getragener Palast in rein antikem Styl, und weiter hinüber dehnt sich links das
Feld, aus dem die ebenfalls antiken Formen einer fernen Stadt zu erblicken sind.
Wir können nicht mehr zweifeln, daß der Maler uns Jahrhunderte zurückgeführt
in die Glanzzeiten des Alterthums, und wir befinden uns vielleicht in dem herr¬
lichen Parke eines der mächtigen Paläste von Großgriechenland. Die Ahnung
eiuer menschlichen Schönheit haucht leise durch den duftigen Aufeuthalt, deun am
Ufer des weiherartigen Beckens liegt ein ausgebreiteter Teppich, und daraus stehe,?
Dclkrug und Salbgefäße in antiken Formen. Wir müssen die Badende im
Wasser vermuthen, unsern Augen durch den Rahmen des Bildes entzogen.

Indem wir von dem geschilderten Gemälde den Blick erheben, und über die
drei anderen, welche Sommer, Herbst und Winter darstellen, hinstreifen lassen,
suchen wir vergebeus nach dem Grunde, warum der Künstler seinen Frühling in
deu Süden und in das Alterthum verlegte. Er hatte nicht die Absicht, etwa
einen symbolische" Wechsel der Klimate, oder der geschichtlichen Zeiten in die
Folge der Jahreszeiten mit aufzunehmen, denn die drei übrigen Bilder tragen alle
schweizerisches oder Deutsches Gepräge aus der neuern Zeit, und so müssen
Kir denn eine Laune annehmen, wo wir Gründe vermissen. Das Bild ist an
si") in Erfindung und Ausführung wunderschön, aber in den tctralogischcn Cyklus
""it es nicht harmonisch passen.

Mit dem fortschreitenden Gange der Jahreszeiten verbindet sich der Fort¬
schritt im Lause der Tagessonne. Auf dem Bilde des Frühlings haben wir zu-


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ter Landschaftsblätter herausgegeben, von denen zwei im Verlage von Bndeuö in
Düsseldorf nnter dem Titel „Morgen und Abend" erschienen sind. Und nun zu
den vier Jahreszeiten.

Das erste Bild zeigt uns den Frühling nnter südlichem, Italienischem
oder Griechischem Himmel. In der Mitte des Vordergrunds blinkt mit klarem
Wasserspiegel ein sanft fließender, zu einem kleinen Weiber sich rundender Bach.
Von einer Felsenlehne rechts, aus der ein edel construirtes Gemäuer, von einer
antiken Brüstung mit rundlichen Candelaberstäbcn bekrönt, sich erhebt, strömen ihm
frische Quellen zu. Hinter dem Wasser ragt eine Gruppe von fünf Pinien stolz
in die Lüfte, üppig umrankt von blühenden Schlinggewächsen. An ihrem Fuße
wuchern mächtige Farrn, und ziehen sich mit anderen großblättrigen Pflanzen hinab
bis zur Begrüßung der großen Rundblätter, welche auf dem Wasser schwimmen.
Links von den Pinien duftet ein prachtvoll blühender Fliederbaum, und rings
am Ufer mit Blüthen übersäete Sträucher, Rosen, Tulpen, Tausendschön und
hundert andere Blumen mit buntem Farbenschmuck auf saftig grünem Nasen.
Ein Gebüsch von srischtrcibender Cypresse streckt seine hellen Spitzen herein, und
beugt sich, links das Bild beschließend, über einen wilden Garten der üppigsten
Pflanzen. Weiter hin blickt man ans die Wipfel eines Hains, von einzelnen
Pinien überragt; rechts erhebt sich ein großartiger Prachtbau, ein von Säulen
getragener Palast in rein antikem Styl, und weiter hinüber dehnt sich links das
Feld, aus dem die ebenfalls antiken Formen einer fernen Stadt zu erblicken sind.
Wir können nicht mehr zweifeln, daß der Maler uns Jahrhunderte zurückgeführt
in die Glanzzeiten des Alterthums, und wir befinden uns vielleicht in dem herr¬
lichen Parke eines der mächtigen Paläste von Großgriechenland. Die Ahnung
eiuer menschlichen Schönheit haucht leise durch den duftigen Aufeuthalt, deun am
Ufer des weiherartigen Beckens liegt ein ausgebreiteter Teppich, und daraus stehe,?
Dclkrug und Salbgefäße in antiken Formen. Wir müssen die Badende im
Wasser vermuthen, unsern Augen durch den Rahmen des Bildes entzogen.

Indem wir von dem geschilderten Gemälde den Blick erheben, und über die
drei anderen, welche Sommer, Herbst und Winter darstellen, hinstreifen lassen,
suchen wir vergebeus nach dem Grunde, warum der Künstler seinen Frühling in
deu Süden und in das Alterthum verlegte. Er hatte nicht die Absicht, etwa
einen symbolische» Wechsel der Klimate, oder der geschichtlichen Zeiten in die
Folge der Jahreszeiten mit aufzunehmen, denn die drei übrigen Bilder tragen alle
schweizerisches oder Deutsches Gepräge aus der neuern Zeit, und so müssen
Kir denn eine Laune annehmen, wo wir Gründe vermissen. Das Bild ist an
si«) in Erfindung und Ausführung wunderschön, aber in den tctralogischcn Cyklus
""it es nicht harmonisch passen.

Mit dem fortschreitenden Gange der Jahreszeiten verbindet sich der Fort¬
schritt im Lause der Tagessonne. Auf dem Bilde des Frühlings haben wir zu-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/7>, abgerufen am 23.07.2024.