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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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tendant der königlichen Gärten in Bayern nach München, und wurde in den Adel¬
stand erhoben. Hier vollendete er die Anlage des englischen Gartens (sein
großartigstes Wert) und des Parks von Nymphe "bürg, und legte die Gär¬
ten vvnBiederstein und-Bogenhauseu an. Von auswärtigen Anlagen aus dieser
Zeit ist besouders Baden-Baden und Bieberich am Rhein zu erwähnen.
Er starb -I82!j, nachdem er 1818 auch als Schriftsteller aufgetreten war. Seine
"Beiträge zur bildenden Gartenkunst" waren nach ihrem Erscheinen das einzige
klare und praktisch geschriebene Buch über Gartenkunst und das erste der Art
in Deutschland. Diese Beiträge send mehr praktisch als theoretisch, und ein tieferes
Eingehen in das Wesen der Kunst wäre vielleicht gut gewesen; aber Sckell war
so sehr in Anspruch genommen, daß er wenig Zeit zum Schreiben hatte; er be¬
gnügte sich mit einer verständlichen Anleitung für Techniker. Sckell war der
erste deutsche Gärtner, welcher als Künstler dasteht und wirkliche Kunstwerke schuf-
Er verband hohe Bildung mit ausgezeichnetem Geschmack, und hatte die größten
praktischen Kenntnisse. Obschon er England viel verdankt, so hat er seine Stu¬
dien doch mehr an der Natur selbst als an der englischen Kunst gemacht. Er
war daher keineswegs ein blos nachahmendes Talent, sondern ein originell er¬
findendes. Seine Zeichnung war frei und ungezwungen und immer mit genauer
Berücksichtigung der Perspective ausgeführt, stets malerisch und natürlich, aber nie
regellos. Seine Waldsäume und Gruppirungen im Großen machen einen großartige"
Eindruck durch ihre El"fachheit ""d dabei ungesuchte Abwechselung der Formen.
Seine Wasserstücke sind wahre Muster, und sie kommen den besten in England
gleich"). Bor Allem sind aber seine Pflanzungen vom malerischen Gesichtspunkte
aus betrachtet unübertrefflich, und kein Künstler hat in der Malerei des Laub¬
werkes und Gruppirung der Gehölze mit Berücksichtigung der Farben so viel ge¬
leistet als Sckell. Seine Regeln über die Anwendung der Formen und Farbentöne bei
der Gruppirung der Gehölze sind von Vielen befolgt und in neuerer Zeit anch vom Aus¬
lande angenommen worden; es ist freilich auch viel Mißbrauch damit getrieben
worden, indem man die Absonderung und das massenhafte Auftreten der Banw-
arteu zu weit getrieben hat, was besonders bei den Sträuchern und in kleineren
Anlagen sehr mißfällig ist. Eigentliche Schüler Sckell's sind nicht bekannt,
wenigstens hat keiner von ihnen etwas Wichtiges geleistet. Aber die junge"
Landschaftsgärtner der Gegenwart haben ihm unendlich viel zu danken, und sind in
der That als seine Schüler zu betrachten.

In Sckell vereinigt sich die ganze Geschichte der Gartenkunst vom Ende
des vorigen bis gegen das erste Viertel des jetzigen Jahrhunderts in Dentschland.



*) Wer je Gelegenheit gehabt hat, die Anlagen von "Virginiawatcr", den See im Regent-
park lvou Nass angelegt) und andere gelungene künstliche Seen in England mit dem See
in Nymphenburg zu vergleichen, wird dem gewisi beistimmen.

tendant der königlichen Gärten in Bayern nach München, und wurde in den Adel¬
stand erhoben. Hier vollendete er die Anlage des englischen Gartens (sein
großartigstes Wert) und des Parks von Nymphe »bürg, und legte die Gär¬
ten vvnBiederstein und-Bogenhauseu an. Von auswärtigen Anlagen aus dieser
Zeit ist besouders Baden-Baden und Bieberich am Rhein zu erwähnen.
Er starb -I82!j, nachdem er 1818 auch als Schriftsteller aufgetreten war. Seine
„Beiträge zur bildenden Gartenkunst" waren nach ihrem Erscheinen das einzige
klare und praktisch geschriebene Buch über Gartenkunst und das erste der Art
in Deutschland. Diese Beiträge send mehr praktisch als theoretisch, und ein tieferes
Eingehen in das Wesen der Kunst wäre vielleicht gut gewesen; aber Sckell war
so sehr in Anspruch genommen, daß er wenig Zeit zum Schreiben hatte; er be¬
gnügte sich mit einer verständlichen Anleitung für Techniker. Sckell war der
erste deutsche Gärtner, welcher als Künstler dasteht und wirkliche Kunstwerke schuf-
Er verband hohe Bildung mit ausgezeichnetem Geschmack, und hatte die größten
praktischen Kenntnisse. Obschon er England viel verdankt, so hat er seine Stu¬
dien doch mehr an der Natur selbst als an der englischen Kunst gemacht. Er
war daher keineswegs ein blos nachahmendes Talent, sondern ein originell er¬
findendes. Seine Zeichnung war frei und ungezwungen und immer mit genauer
Berücksichtigung der Perspective ausgeführt, stets malerisch und natürlich, aber nie
regellos. Seine Waldsäume und Gruppirungen im Großen machen einen großartige»
Eindruck durch ihre El»fachheit »»d dabei ungesuchte Abwechselung der Formen.
Seine Wasserstücke sind wahre Muster, und sie kommen den besten in England
gleich"). Bor Allem sind aber seine Pflanzungen vom malerischen Gesichtspunkte
aus betrachtet unübertrefflich, und kein Künstler hat in der Malerei des Laub¬
werkes und Gruppirung der Gehölze mit Berücksichtigung der Farben so viel ge¬
leistet als Sckell. Seine Regeln über die Anwendung der Formen und Farbentöne bei
der Gruppirung der Gehölze sind von Vielen befolgt und in neuerer Zeit anch vom Aus¬
lande angenommen worden; es ist freilich auch viel Mißbrauch damit getrieben
worden, indem man die Absonderung und das massenhafte Auftreten der Banw-
arteu zu weit getrieben hat, was besonders bei den Sträuchern und in kleineren
Anlagen sehr mißfällig ist. Eigentliche Schüler Sckell's sind nicht bekannt,
wenigstens hat keiner von ihnen etwas Wichtiges geleistet. Aber die junge«
Landschaftsgärtner der Gegenwart haben ihm unendlich viel zu danken, und sind in
der That als seine Schüler zu betrachten.

In Sckell vereinigt sich die ganze Geschichte der Gartenkunst vom Ende
des vorigen bis gegen das erste Viertel des jetzigen Jahrhunderts in Dentschland.



*) Wer je Gelegenheit gehabt hat, die Anlagen von „Virginiawatcr", den See im Regent-
park lvou Nass angelegt) und andere gelungene künstliche Seen in England mit dem See
in Nymphenburg zu vergleichen, wird dem gewisi beistimmen.
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[0388] tendant der königlichen Gärten in Bayern nach München, und wurde in den Adel¬ stand erhoben. Hier vollendete er die Anlage des englischen Gartens (sein großartigstes Wert) und des Parks von Nymphe »bürg, und legte die Gär¬ ten vvnBiederstein und-Bogenhauseu an. Von auswärtigen Anlagen aus dieser Zeit ist besouders Baden-Baden und Bieberich am Rhein zu erwähnen. Er starb -I82!j, nachdem er 1818 auch als Schriftsteller aufgetreten war. Seine „Beiträge zur bildenden Gartenkunst" waren nach ihrem Erscheinen das einzige klare und praktisch geschriebene Buch über Gartenkunst und das erste der Art in Deutschland. Diese Beiträge send mehr praktisch als theoretisch, und ein tieferes Eingehen in das Wesen der Kunst wäre vielleicht gut gewesen; aber Sckell war so sehr in Anspruch genommen, daß er wenig Zeit zum Schreiben hatte; er be¬ gnügte sich mit einer verständlichen Anleitung für Techniker. Sckell war der erste deutsche Gärtner, welcher als Künstler dasteht und wirkliche Kunstwerke schuf- Er verband hohe Bildung mit ausgezeichnetem Geschmack, und hatte die größten praktischen Kenntnisse. Obschon er England viel verdankt, so hat er seine Stu¬ dien doch mehr an der Natur selbst als an der englischen Kunst gemacht. Er war daher keineswegs ein blos nachahmendes Talent, sondern ein originell er¬ findendes. Seine Zeichnung war frei und ungezwungen und immer mit genauer Berücksichtigung der Perspective ausgeführt, stets malerisch und natürlich, aber nie regellos. Seine Waldsäume und Gruppirungen im Großen machen einen großartige» Eindruck durch ihre El»fachheit »»d dabei ungesuchte Abwechselung der Formen. Seine Wasserstücke sind wahre Muster, und sie kommen den besten in England gleich"). Bor Allem sind aber seine Pflanzungen vom malerischen Gesichtspunkte aus betrachtet unübertrefflich, und kein Künstler hat in der Malerei des Laub¬ werkes und Gruppirung der Gehölze mit Berücksichtigung der Farben so viel ge¬ leistet als Sckell. Seine Regeln über die Anwendung der Formen und Farbentöne bei der Gruppirung der Gehölze sind von Vielen befolgt und in neuerer Zeit anch vom Aus¬ lande angenommen worden; es ist freilich auch viel Mißbrauch damit getrieben worden, indem man die Absonderung und das massenhafte Auftreten der Banw- arteu zu weit getrieben hat, was besonders bei den Sträuchern und in kleineren Anlagen sehr mißfällig ist. Eigentliche Schüler Sckell's sind nicht bekannt, wenigstens hat keiner von ihnen etwas Wichtiges geleistet. Aber die junge« Landschaftsgärtner der Gegenwart haben ihm unendlich viel zu danken, und sind in der That als seine Schüler zu betrachten. In Sckell vereinigt sich die ganze Geschichte der Gartenkunst vom Ende des vorigen bis gegen das erste Viertel des jetzigen Jahrhunderts in Dentschland. *) Wer je Gelegenheit gehabt hat, die Anlagen von „Virginiawatcr", den See im Regent- park lvou Nass angelegt) und andere gelungene künstliche Seen in England mit dem See in Nymphenburg zu vergleichen, wird dem gewisi beistimmen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/388>, abgerufen am 23.07.2024.