Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

baut angehört und unter ihrer Controle steht, so ging dies nnr durch Bestechung
der Beamten, aber es ging, weil in Polen Alles geht, was das Gebiet der
Politik nicht berührt. Der Erste hat, wie man sagt, bei dein Pacht von 3 Millio¬
nen jedes Jahr eine Million gewonnen, und der Zweite eben so viel. Das sind
Rechncnräthsel, die die Polnischen Schimpfer und Raucher, in Verbindung mit den
Beamten der Bank, am Besten zu lösen im Stande sind. Welcher Staatswucher
in Betreff des Tabaks mit dem Volke getrieben wird, geht aus den Tabakspreisen
hervor. Der billigste und schlechteste Rauchtabak ist derselbe, den man in Preu¬
ßen das Pfund zu 3 Groschen kauft. In Polen heißt er Dreikönigstabak und
kostet 2-/2 Gulden. Die nächst bessere Sorte stammt aus Ungarn, steht dem
Preußischen Sechsgroschentabak gleich, und kostet i> Gulden (16 gGr.), und die
dritte oder beste currente Sorte tohter 1 Thaler und vergleicht sich dem Preußi¬
schen 8 Groschentabak. Bei dem Schnupstabak ist der Unterschied noch auffallen¬
der: die schlechteste Sorte, die sich kaum genießen läßt, kostet das Pfund 10 gGr.,,
die nächste 20 gGr., und die beste 1 Thlr. 8 gGr. Diese Sorte ist aus dem
Tabak bereitet, welche" die Regie zu 8 gGr. das Pfund alljährlich in einem
Quantum vou 600 Centnern aus Frankreich bezieht. Sie gewinnt also, uuberechnct,
daß sie sich uoch durch'Beimischung geringerer Gattungen einen Vortheil verschafft,
an jedem Pfund einen ganzen Thaler'; der Vortheil der Vermischung aber ist noch
viel wesentlicher. Dazu ist in Erwägung zu ziehen, daß das Polnische Pfund
le'ichter als das Deutsche ist, und der Polnische Centner nur 100 Pfund hat.
Genug, der Tabaksappetit des Volks wird durch einen furchtbaren Wucher gestraft.

Viel nachtheiliger für Handel und Gewerbe siud die auf den Rohprodncten
des Landes,- besonders den Erzen ruhenden Monopole, denn auch die Bergwerke
siud der Speculation von Privatpersonen überlassen, und die Regierung übt nur
durch die Staatsbank eine gewisse Aufsicht und Controle aus. Zink und Eisen,
an denen Polen besonders so außerordentlich reich ist, könnten, wären sie riethe
Gegenstände des Monopols, auf den dritten Theil ihres Preises zurückgehen, und
welche Wohlthat dies für die Landwirthschaft sein würde, erkennt Der, welcher Pole"
durchreiste, und die Plage mit den erbärmlichen hölzernen Acker- und Wirthschafts'
gerathen mit ansah. An den Rüstwagen des Bauers findet man nicht ein Loth
Eisen, denn das Eisen ist zu theuer. Sein Pflug hat mir eine schmale eiserne
Schiene als Schneide am Schaar; sein Spaten ist von Holz und hat als Schneide
nur einen messerbreiten eisernen Streifen; einen eisernen Rechen, eine eiserne
Egge kennt man gar nicht, denn sie wären viel zu kostbar, um möglich zu seu^
Statt der Nägel hat man hölzerne Pflöcke, die Ketten bestehen aus gedrehten
Weidcndrnthen, und die Pferde durchweg gehen barfuß, mit Ausnahme etwa derer,
welche fortwährend auf der Chaussee zu lausen haben. Diesen läßt man wenig¬
stens zwei Hilfe beschlagen. Die Landwirthschaft leidet daher ungeheuer, denn
nicht blos, daß durch die fortwährende Anfertigung von neuen Wirthschaft^


baut angehört und unter ihrer Controle steht, so ging dies nnr durch Bestechung
der Beamten, aber es ging, weil in Polen Alles geht, was das Gebiet der
Politik nicht berührt. Der Erste hat, wie man sagt, bei dein Pacht von 3 Millio¬
nen jedes Jahr eine Million gewonnen, und der Zweite eben so viel. Das sind
Rechncnräthsel, die die Polnischen Schimpfer und Raucher, in Verbindung mit den
Beamten der Bank, am Besten zu lösen im Stande sind. Welcher Staatswucher
in Betreff des Tabaks mit dem Volke getrieben wird, geht aus den Tabakspreisen
hervor. Der billigste und schlechteste Rauchtabak ist derselbe, den man in Preu¬
ßen das Pfund zu 3 Groschen kauft. In Polen heißt er Dreikönigstabak und
kostet 2-/2 Gulden. Die nächst bessere Sorte stammt aus Ungarn, steht dem
Preußischen Sechsgroschentabak gleich, und kostet i> Gulden (16 gGr.), und die
dritte oder beste currente Sorte tohter 1 Thaler und vergleicht sich dem Preußi¬
schen 8 Groschentabak. Bei dem Schnupstabak ist der Unterschied noch auffallen¬
der: die schlechteste Sorte, die sich kaum genießen läßt, kostet das Pfund 10 gGr.,,
die nächste 20 gGr., und die beste 1 Thlr. 8 gGr. Diese Sorte ist aus dem
Tabak bereitet, welche» die Regie zu 8 gGr. das Pfund alljährlich in einem
Quantum vou 600 Centnern aus Frankreich bezieht. Sie gewinnt also, uuberechnct,
daß sie sich uoch durch'Beimischung geringerer Gattungen einen Vortheil verschafft,
an jedem Pfund einen ganzen Thaler'; der Vortheil der Vermischung aber ist noch
viel wesentlicher. Dazu ist in Erwägung zu ziehen, daß das Polnische Pfund
le'ichter als das Deutsche ist, und der Polnische Centner nur 100 Pfund hat.
Genug, der Tabaksappetit des Volks wird durch einen furchtbaren Wucher gestraft.

Viel nachtheiliger für Handel und Gewerbe siud die auf den Rohprodncten
des Landes,- besonders den Erzen ruhenden Monopole, denn auch die Bergwerke
siud der Speculation von Privatpersonen überlassen, und die Regierung übt nur
durch die Staatsbank eine gewisse Aufsicht und Controle aus. Zink und Eisen,
an denen Polen besonders so außerordentlich reich ist, könnten, wären sie riethe
Gegenstände des Monopols, auf den dritten Theil ihres Preises zurückgehen, und
welche Wohlthat dies für die Landwirthschaft sein würde, erkennt Der, welcher Pole»
durchreiste, und die Plage mit den erbärmlichen hölzernen Acker- und Wirthschafts'
gerathen mit ansah. An den Rüstwagen des Bauers findet man nicht ein Loth
Eisen, denn das Eisen ist zu theuer. Sein Pflug hat mir eine schmale eiserne
Schiene als Schneide am Schaar; sein Spaten ist von Holz und hat als Schneide
nur einen messerbreiten eisernen Streifen; einen eisernen Rechen, eine eiserne
Egge kennt man gar nicht, denn sie wären viel zu kostbar, um möglich zu seu^
Statt der Nägel hat man hölzerne Pflöcke, die Ketten bestehen aus gedrehten
Weidcndrnthen, und die Pferde durchweg gehen barfuß, mit Ausnahme etwa derer,
welche fortwährend auf der Chaussee zu lausen haben. Diesen läßt man wenig¬
stens zwei Hilfe beschlagen. Die Landwirthschaft leidet daher ungeheuer, denn
nicht blos, daß durch die fortwährende Anfertigung von neuen Wirthschaft^


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0018" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280635"/>
          <p xml:id="ID_45" prev="#ID_44"> baut angehört und unter ihrer Controle steht, so ging dies nnr durch Bestechung<lb/>
der Beamten, aber es ging, weil in Polen Alles geht, was das Gebiet der<lb/>
Politik nicht berührt. Der Erste hat, wie man sagt, bei dein Pacht von 3 Millio¬<lb/>
nen jedes Jahr eine Million gewonnen, und der Zweite eben so viel. Das sind<lb/>
Rechncnräthsel, die die Polnischen Schimpfer und Raucher, in Verbindung mit den<lb/>
Beamten der Bank, am Besten zu lösen im Stande sind. Welcher Staatswucher<lb/>
in Betreff des Tabaks mit dem Volke getrieben wird, geht aus den Tabakspreisen<lb/>
hervor. Der billigste und schlechteste Rauchtabak ist derselbe, den man in Preu¬<lb/>
ßen das Pfund zu 3 Groschen kauft. In Polen heißt er Dreikönigstabak und<lb/>
kostet 2-/2 Gulden. Die nächst bessere Sorte stammt aus Ungarn, steht dem<lb/>
Preußischen Sechsgroschentabak gleich, und kostet i&gt; Gulden (16 gGr.), und die<lb/>
dritte oder beste currente Sorte tohter 1 Thaler und vergleicht sich dem Preußi¬<lb/>
schen 8 Groschentabak. Bei dem Schnupstabak ist der Unterschied noch auffallen¬<lb/>
der: die schlechteste Sorte, die sich kaum genießen läßt, kostet das Pfund 10 gGr.,,<lb/>
die nächste 20 gGr., und die beste 1 Thlr. 8 gGr. Diese Sorte ist aus dem<lb/>
Tabak bereitet, welche» die Regie zu 8 gGr. das Pfund alljährlich in einem<lb/>
Quantum vou 600 Centnern aus Frankreich bezieht. Sie gewinnt also, uuberechnct,<lb/>
daß sie sich uoch durch'Beimischung geringerer Gattungen einen Vortheil verschafft,<lb/>
an jedem Pfund einen ganzen Thaler'; der Vortheil der Vermischung aber ist noch<lb/>
viel wesentlicher. Dazu ist in Erwägung zu ziehen, daß das Polnische Pfund<lb/>
le'ichter als das Deutsche ist, und der Polnische Centner nur 100 Pfund hat.<lb/>
Genug, der Tabaksappetit des Volks wird durch einen furchtbaren Wucher gestraft.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_46" next="#ID_47"> Viel nachtheiliger für Handel und Gewerbe siud die auf den Rohprodncten<lb/>
des Landes,- besonders den Erzen ruhenden Monopole, denn auch die Bergwerke<lb/>
siud der Speculation von Privatpersonen überlassen, und die Regierung übt nur<lb/>
durch die Staatsbank eine gewisse Aufsicht und Controle aus. Zink und Eisen,<lb/>
an denen Polen besonders so außerordentlich reich ist, könnten, wären sie riethe<lb/>
Gegenstände des Monopols, auf den dritten Theil ihres Preises zurückgehen, und<lb/>
welche Wohlthat dies für die Landwirthschaft sein würde, erkennt Der, welcher Pole»<lb/>
durchreiste, und die Plage mit den erbärmlichen hölzernen Acker- und Wirthschafts'<lb/>
gerathen mit ansah. An den Rüstwagen des Bauers findet man nicht ein Loth<lb/>
Eisen, denn das Eisen ist zu theuer. Sein Pflug hat mir eine schmale eiserne<lb/>
Schiene als Schneide am Schaar; sein Spaten ist von Holz und hat als Schneide<lb/>
nur einen messerbreiten eisernen Streifen; einen eisernen Rechen, eine eiserne<lb/>
Egge kennt man gar nicht, denn sie wären viel zu kostbar, um möglich zu seu^<lb/>
Statt der Nägel hat man hölzerne Pflöcke, die Ketten bestehen aus gedrehten<lb/>
Weidcndrnthen, und die Pferde durchweg gehen barfuß, mit Ausnahme etwa derer,<lb/>
welche fortwährend auf der Chaussee zu lausen haben. Diesen läßt man wenig¬<lb/>
stens zwei Hilfe beschlagen. Die Landwirthschaft leidet daher ungeheuer, denn<lb/>
nicht blos, daß durch die fortwährende Anfertigung von neuen Wirthschaft^</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0018] baut angehört und unter ihrer Controle steht, so ging dies nnr durch Bestechung der Beamten, aber es ging, weil in Polen Alles geht, was das Gebiet der Politik nicht berührt. Der Erste hat, wie man sagt, bei dein Pacht von 3 Millio¬ nen jedes Jahr eine Million gewonnen, und der Zweite eben so viel. Das sind Rechncnräthsel, die die Polnischen Schimpfer und Raucher, in Verbindung mit den Beamten der Bank, am Besten zu lösen im Stande sind. Welcher Staatswucher in Betreff des Tabaks mit dem Volke getrieben wird, geht aus den Tabakspreisen hervor. Der billigste und schlechteste Rauchtabak ist derselbe, den man in Preu¬ ßen das Pfund zu 3 Groschen kauft. In Polen heißt er Dreikönigstabak und kostet 2-/2 Gulden. Die nächst bessere Sorte stammt aus Ungarn, steht dem Preußischen Sechsgroschentabak gleich, und kostet i> Gulden (16 gGr.), und die dritte oder beste currente Sorte tohter 1 Thaler und vergleicht sich dem Preußi¬ schen 8 Groschentabak. Bei dem Schnupstabak ist der Unterschied noch auffallen¬ der: die schlechteste Sorte, die sich kaum genießen läßt, kostet das Pfund 10 gGr.,, die nächste 20 gGr., und die beste 1 Thlr. 8 gGr. Diese Sorte ist aus dem Tabak bereitet, welche» die Regie zu 8 gGr. das Pfund alljährlich in einem Quantum vou 600 Centnern aus Frankreich bezieht. Sie gewinnt also, uuberechnct, daß sie sich uoch durch'Beimischung geringerer Gattungen einen Vortheil verschafft, an jedem Pfund einen ganzen Thaler'; der Vortheil der Vermischung aber ist noch viel wesentlicher. Dazu ist in Erwägung zu ziehen, daß das Polnische Pfund le'ichter als das Deutsche ist, und der Polnische Centner nur 100 Pfund hat. Genug, der Tabaksappetit des Volks wird durch einen furchtbaren Wucher gestraft. Viel nachtheiliger für Handel und Gewerbe siud die auf den Rohprodncten des Landes,- besonders den Erzen ruhenden Monopole, denn auch die Bergwerke siud der Speculation von Privatpersonen überlassen, und die Regierung übt nur durch die Staatsbank eine gewisse Aufsicht und Controle aus. Zink und Eisen, an denen Polen besonders so außerordentlich reich ist, könnten, wären sie riethe Gegenstände des Monopols, auf den dritten Theil ihres Preises zurückgehen, und welche Wohlthat dies für die Landwirthschaft sein würde, erkennt Der, welcher Pole» durchreiste, und die Plage mit den erbärmlichen hölzernen Acker- und Wirthschafts' gerathen mit ansah. An den Rüstwagen des Bauers findet man nicht ein Loth Eisen, denn das Eisen ist zu theuer. Sein Pflug hat mir eine schmale eiserne Schiene als Schneide am Schaar; sein Spaten ist von Holz und hat als Schneide nur einen messerbreiten eisernen Streifen; einen eisernen Rechen, eine eiserne Egge kennt man gar nicht, denn sie wären viel zu kostbar, um möglich zu seu^ Statt der Nägel hat man hölzerne Pflöcke, die Ketten bestehen aus gedrehten Weidcndrnthen, und die Pferde durchweg gehen barfuß, mit Ausnahme etwa derer, welche fortwährend auf der Chaussee zu lausen haben. Diesen läßt man wenig¬ stens zwei Hilfe beschlagen. Die Landwirthschaft leidet daher ungeheuer, denn nicht blos, daß durch die fortwährende Anfertigung von neuen Wirthschaft^

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/18
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/18>, abgerufen am 23.07.2024.