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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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zu überwölbe". Aber auch durch einzelne am Saume der Gruppen ausgestellte
Bäume können diese eine Leichtigkeit und Schönheit der Umrisse erhalten, die
man dnrch Einbiegungen und Vorsprünge allein nicht erreicht.

Glücklich der Garten, welchen ein Fluß, Bach oder Teich berührt. Das
aber ist ein seltenes Glück. Auch lebendige Quellen springen nicht überall zu
Tage, und in den meisten Fallen muß Röhrwasser oder eine Cisterne dem Be¬
dürfniß der durstigen Pflanzen abhelfen. Wo aber das Wasser zur Decoration des
Hansgartens gebraucht werden kann, da soll man sich dennoch hüten, zu viel Wasser
in den Garten zu leiten. Ein großes Becken oder ein Teich im kleinen Garten ist
lächerlich. Ist aber ein Wasserspiegel möglich, so muß dem Becken eine solche Form
gegeben werden, daß eS von keiner Seite ganz übersehen werden kann. Dies geschieht
dadurch, daß man dem Ufer mehrere natürlich aussehende Biegungen und Buchten
giebt, so daß es überall scheint, als reichte das Wasser uoch weiter, oder als
seien die Vorsprünge Inseln. Ein solcher auögebnchtetcr Spiegel muß mit reichen
und dichten Pflanzungen von Gehölz umgeben sein; nur ein großer Wasserspiegel
imponirt, wenn er frei ist, kleinere erscheinen unbedeutend, wenn sie in baumloser
Ebene oder zwischen Erhöhungen liegen; außerdem machen sie den Eindruck der,
stillen, sinnigen Ruhe und verlangen Absonderung. Besonders da muß die An¬
pflanzung des Ufers dicht sein, wo eine solche täuschende Bucht einlauft, welche
die Grenzen des Wassers versteckt. An einzelnen Stellen des Gartens aber soll
man die möglichst größte Wasserfläche übersehen können; auch müssen die Ufer
flach und bis an den Wasscrrand grün sein, um die Täuschung über die Größe
ZU unterhalten. Schlingpflanzen klettern hier und da an den Aesten der über¬
hängenden Bänme hinauf und fallen in malerischen Gewinden über das Wasser.
Vergißmeinnicht, Nymphäen und Iris blühen an passenden Stellen im Wasser.
^ Der kleinere Garten vermag noch einen schmalen lebendigen Back zu tra¬
gen. Freilich darf dieser nicht ängstlich durch deu ganzen Garten hin und her
gezogen sein; er muß zwanglos erscheinen und bescheiden verschwinden, er muß
durch geschickt angebrachte Hindernisse, Steine n. s. w. verführt werden, ämsig
und wohlwollend zu murmeln. Träges und kümmerlich fließendes Wasser aber
^it man nicht zur Decoration benutzen. -- Auch der kleinste Garten kann noch
^>res Wasser geschmückt werden; der Springbrunnen gehört bekanntlich zu den
schönsten architektonischen Formen der Umgebung des Hauses, sowol in prächtigem
weißem Marmorbassin, als in bescheidener Einfassung mit blauen Vergißmeinnicht,
sowol in der Form eines glänzenden Strahls, einer Glocke oder eines Straußes,
als in der einfachen Gestalt eines lieblich rieselnden Quells.

Aber auch, wo der Nutzen das Hauptaugenmerk einer Gartenanlage ist, sollte
Schönheitssinn des Menschen so viel als möglich das Bedürfniß dnrch an-
'uuthige Formen zu adeln suchen. Und überall ist das möglich, oft mit sehr ge.
^uger Mühe. Sogar beim kleinen Gemüsegarten, wie unschön auch die Gestalten


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zu überwölbe». Aber auch durch einzelne am Saume der Gruppen ausgestellte
Bäume können diese eine Leichtigkeit und Schönheit der Umrisse erhalten, die
man dnrch Einbiegungen und Vorsprünge allein nicht erreicht.

Glücklich der Garten, welchen ein Fluß, Bach oder Teich berührt. Das
aber ist ein seltenes Glück. Auch lebendige Quellen springen nicht überall zu
Tage, und in den meisten Fallen muß Röhrwasser oder eine Cisterne dem Be¬
dürfniß der durstigen Pflanzen abhelfen. Wo aber das Wasser zur Decoration des
Hansgartens gebraucht werden kann, da soll man sich dennoch hüten, zu viel Wasser
in den Garten zu leiten. Ein großes Becken oder ein Teich im kleinen Garten ist
lächerlich. Ist aber ein Wasserspiegel möglich, so muß dem Becken eine solche Form
gegeben werden, daß eS von keiner Seite ganz übersehen werden kann. Dies geschieht
dadurch, daß man dem Ufer mehrere natürlich aussehende Biegungen und Buchten
giebt, so daß es überall scheint, als reichte das Wasser uoch weiter, oder als
seien die Vorsprünge Inseln. Ein solcher auögebnchtetcr Spiegel muß mit reichen
und dichten Pflanzungen von Gehölz umgeben sein; nur ein großer Wasserspiegel
imponirt, wenn er frei ist, kleinere erscheinen unbedeutend, wenn sie in baumloser
Ebene oder zwischen Erhöhungen liegen; außerdem machen sie den Eindruck der,
stillen, sinnigen Ruhe und verlangen Absonderung. Besonders da muß die An¬
pflanzung des Ufers dicht sein, wo eine solche täuschende Bucht einlauft, welche
die Grenzen des Wassers versteckt. An einzelnen Stellen des Gartens aber soll
man die möglichst größte Wasserfläche übersehen können; auch müssen die Ufer
flach und bis an den Wasscrrand grün sein, um die Täuschung über die Größe
ZU unterhalten. Schlingpflanzen klettern hier und da an den Aesten der über¬
hängenden Bänme hinauf und fallen in malerischen Gewinden über das Wasser.
Vergißmeinnicht, Nymphäen und Iris blühen an passenden Stellen im Wasser.
^ Der kleinere Garten vermag noch einen schmalen lebendigen Back zu tra¬
gen. Freilich darf dieser nicht ängstlich durch deu ganzen Garten hin und her
gezogen sein; er muß zwanglos erscheinen und bescheiden verschwinden, er muß
durch geschickt angebrachte Hindernisse, Steine n. s. w. verführt werden, ämsig
und wohlwollend zu murmeln. Träges und kümmerlich fließendes Wasser aber
^it man nicht zur Decoration benutzen. — Auch der kleinste Garten kann noch
^>res Wasser geschmückt werden; der Springbrunnen gehört bekanntlich zu den
schönsten architektonischen Formen der Umgebung des Hauses, sowol in prächtigem
weißem Marmorbassin, als in bescheidener Einfassung mit blauen Vergißmeinnicht,
sowol in der Form eines glänzenden Strahls, einer Glocke oder eines Straußes,
als in der einfachen Gestalt eines lieblich rieselnden Quells.

Aber auch, wo der Nutzen das Hauptaugenmerk einer Gartenanlage ist, sollte
Schönheitssinn des Menschen so viel als möglich das Bedürfniß dnrch an-
'uuthige Formen zu adeln suchen. Und überall ist das möglich, oft mit sehr ge.
^uger Mühe. Sogar beim kleinen Gemüsegarten, wie unschön auch die Gestalten


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[0143] zu überwölbe». Aber auch durch einzelne am Saume der Gruppen ausgestellte Bäume können diese eine Leichtigkeit und Schönheit der Umrisse erhalten, die man dnrch Einbiegungen und Vorsprünge allein nicht erreicht. Glücklich der Garten, welchen ein Fluß, Bach oder Teich berührt. Das aber ist ein seltenes Glück. Auch lebendige Quellen springen nicht überall zu Tage, und in den meisten Fallen muß Röhrwasser oder eine Cisterne dem Be¬ dürfniß der durstigen Pflanzen abhelfen. Wo aber das Wasser zur Decoration des Hansgartens gebraucht werden kann, da soll man sich dennoch hüten, zu viel Wasser in den Garten zu leiten. Ein großes Becken oder ein Teich im kleinen Garten ist lächerlich. Ist aber ein Wasserspiegel möglich, so muß dem Becken eine solche Form gegeben werden, daß eS von keiner Seite ganz übersehen werden kann. Dies geschieht dadurch, daß man dem Ufer mehrere natürlich aussehende Biegungen und Buchten giebt, so daß es überall scheint, als reichte das Wasser uoch weiter, oder als seien die Vorsprünge Inseln. Ein solcher auögebnchtetcr Spiegel muß mit reichen und dichten Pflanzungen von Gehölz umgeben sein; nur ein großer Wasserspiegel imponirt, wenn er frei ist, kleinere erscheinen unbedeutend, wenn sie in baumloser Ebene oder zwischen Erhöhungen liegen; außerdem machen sie den Eindruck der, stillen, sinnigen Ruhe und verlangen Absonderung. Besonders da muß die An¬ pflanzung des Ufers dicht sein, wo eine solche täuschende Bucht einlauft, welche die Grenzen des Wassers versteckt. An einzelnen Stellen des Gartens aber soll man die möglichst größte Wasserfläche übersehen können; auch müssen die Ufer flach und bis an den Wasscrrand grün sein, um die Täuschung über die Größe ZU unterhalten. Schlingpflanzen klettern hier und da an den Aesten der über¬ hängenden Bänme hinauf und fallen in malerischen Gewinden über das Wasser. Vergißmeinnicht, Nymphäen und Iris blühen an passenden Stellen im Wasser. ^ Der kleinere Garten vermag noch einen schmalen lebendigen Back zu tra¬ gen. Freilich darf dieser nicht ängstlich durch deu ganzen Garten hin und her gezogen sein; er muß zwanglos erscheinen und bescheiden verschwinden, er muß durch geschickt angebrachte Hindernisse, Steine n. s. w. verführt werden, ämsig und wohlwollend zu murmeln. Träges und kümmerlich fließendes Wasser aber ^it man nicht zur Decoration benutzen. — Auch der kleinste Garten kann noch ^>res Wasser geschmückt werden; der Springbrunnen gehört bekanntlich zu den schönsten architektonischen Formen der Umgebung des Hauses, sowol in prächtigem weißem Marmorbassin, als in bescheidener Einfassung mit blauen Vergißmeinnicht, sowol in der Form eines glänzenden Strahls, einer Glocke oder eines Straußes, als in der einfachen Gestalt eines lieblich rieselnden Quells. Aber auch, wo der Nutzen das Hauptaugenmerk einer Gartenanlage ist, sollte Schönheitssinn des Menschen so viel als möglich das Bedürfniß dnrch an- 'uuthige Formen zu adeln suchen. Und überall ist das möglich, oft mit sehr ge. ^uger Mühe. Sogar beim kleinen Gemüsegarten, wie unschön auch die Gestalten 18*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/143>, abgerufen am 23.07.2024.