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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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"Na mi hüer (höre) to, dat is dat letzte Wvurt (Wort), ick gäve Die den
Stufstiert und twiutig Lugedours (Lvuisd'vrs). Schlah in," sagte endlich der
Pferdehändler.

Der Schulz that der Form nach, als bedenke er sich noch etwas, sagte
dann aber, "Topp, dee Handel is afmackt", und schlug schallend in die darge¬
botene Rechte ein.

Mit einer Thräne im Auge empfing Jochen den Befehl, den Hengst zu dem
Pferde des Rößl'aunes, den "Stufstiert" aber in seinen Stall zu ziehen. Seinen
Liebling, den Hengst zu missen, den er schon als "Sngfahlen" (Saugefülleu) ge¬
wartet und gepflegt hatte, der jetzt so schön herausgefüttert war. Wie hübsch hatte
^ es sich ausgedacht, wenn er beim Korneinfahren den Hengst vorne hätte, und
"ur mit der Peitsche zu klatschen brauche. Und statt dessen nun so einen "sties-
gejägten" Stnmpfschwanz. Sein ganzes schönes Gespann wurde dadurch verunziert.
Aber den armen Burschen sollte heute noch ein viel härterer Schlag treffen.

Der alte ,,Schule" war über deu guten Handel sichtlich aufgeräumt, -- denn
der eingetauschte Stumpfschwanz war noch ein gutes kräftiges Thier, nur jetzt in
der Stadt etwas steif geworden, -- und trank ans den vortheilhaften Handel ein
Glas Kümmel nach dem andern. "Hüür (höre) mal, Schule, ick will noch neuen
anderen Handel mit Die macken", sagte endlich nach manchem Hin- und Her¬
reden der Roßkamm.

"Wat denn för eenen, wise Du nienen Sadelschimmel noch?"

"Nee, dat nich, aber gles mie bien Liesch to Frnu."

"Micr Liesch!" fragte erstaunt der Schulze.

"Ja, dee Diern gesollt mie got, un ick bün een Mann, der een Frnu drücken
^"u, denn Sieb mien arme Frnu dodt is, will dee Wirthschaft gar niet "üehr
^du. Du weest, ick baw Huus un Hos, un ock een paar dusend Dcchler. Mie
üuuieu näheer (nachher) so in Kumpagnie handeln. To Frühjahr hebben se in
Sweriu ümmer vahl (viele) Stier to nicht jagt, denn dat lange Hollen för dat
Knmmcdieuhuus gript dat Veeh an, denn komm man se wullfeel köpen, un wenn
wie se dann im Sommer up bien Koppeln jagen, so verkvpen wie se up den
Hambvrger Markt wedder ganz got. -- Na sag, Schule, wise Du mie Dien
Dochder gäben."

Der Schulz kratzte sich im Haar, und erwog, was bei dem vorgeschlagenen
^vmpagniehandel Alles zu verdienen wäre. Auch schmeichelte es seiner Eitelkeit,
em Mann in der Stadt seine Tochter zur Fran haben wollte. Nach einer
com Pause, während spähend des Pferdehändlers Blick aus ihm ruhte, ant¬
wortete er daher: "Ja, Du kannst mien Dochder kriechen, wo vahl Athener not
Die aber gäben?"

"Ick meen fvftheinhnnnert Daler."

"Nee, dat is mie to vahl, ncigeuhnunert (neunhundert) will ick gaben."


„Na mi hüer (höre) to, dat is dat letzte Wvurt (Wort), ick gäve Die den
Stufstiert und twiutig Lugedours (Lvuisd'vrs). Schlah in," sagte endlich der
Pferdehändler.

Der Schulz that der Form nach, als bedenke er sich noch etwas, sagte
dann aber, „Topp, dee Handel is afmackt", und schlug schallend in die darge¬
botene Rechte ein.

Mit einer Thräne im Auge empfing Jochen den Befehl, den Hengst zu dem
Pferde des Rößl'aunes, den „Stufstiert" aber in seinen Stall zu ziehen. Seinen
Liebling, den Hengst zu missen, den er schon als „Sngfahlen" (Saugefülleu) ge¬
wartet und gepflegt hatte, der jetzt so schön herausgefüttert war. Wie hübsch hatte
^ es sich ausgedacht, wenn er beim Korneinfahren den Hengst vorne hätte, und
"ur mit der Peitsche zu klatschen brauche. Und statt dessen nun so einen „sties-
gejägten" Stnmpfschwanz. Sein ganzes schönes Gespann wurde dadurch verunziert.
Aber den armen Burschen sollte heute noch ein viel härterer Schlag treffen.

Der alte ,,Schule" war über deu guten Handel sichtlich aufgeräumt, — denn
der eingetauschte Stumpfschwanz war noch ein gutes kräftiges Thier, nur jetzt in
der Stadt etwas steif geworden, — und trank ans den vortheilhaften Handel ein
Glas Kümmel nach dem andern. „Hüür (höre) mal, Schule, ick will noch neuen
anderen Handel mit Die macken", sagte endlich nach manchem Hin- und Her¬
reden der Roßkamm.

„Wat denn för eenen, wise Du nienen Sadelschimmel noch?"

„Nee, dat nich, aber gles mie bien Liesch to Frnu."

„Micr Liesch!" fragte erstaunt der Schulze.

„Ja, dee Diern gesollt mie got, un ick bün een Mann, der een Frnu drücken
^»u, denn Sieb mien arme Frnu dodt is, will dee Wirthschaft gar niet »üehr
^du. Du weest, ick baw Huus un Hos, un ock een paar dusend Dcchler. Mie
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Sweriu ümmer vahl (viele) Stier to nicht jagt, denn dat lange Hollen för dat
Knmmcdieuhuus gript dat Veeh an, denn komm man se wullfeel köpen, un wenn
wie se dann im Sommer up bien Koppeln jagen, so verkvpen wie se up den
Hambvrger Markt wedder ganz got. — Na sag, Schule, wise Du mie Dien
Dochder gäben."

Der Schulz kratzte sich im Haar, und erwog, was bei dem vorgeschlagenen
^vmpagniehandel Alles zu verdienen wäre. Auch schmeichelte es seiner Eitelkeit,
em Mann in der Stadt seine Tochter zur Fran haben wollte. Nach einer
com Pause, während spähend des Pferdehändlers Blick aus ihm ruhte, ant¬
wortete er daher: „Ja, Du kannst mien Dochder kriechen, wo vahl Athener not
Die aber gäben?"

"Ick meen fvftheinhnnnert Daler."

„Nee, dat is mie to vahl, ncigeuhnunert (neunhundert) will ick gaben."


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[0461] „Na mi hüer (höre) to, dat is dat letzte Wvurt (Wort), ick gäve Die den Stufstiert und twiutig Lugedours (Lvuisd'vrs). Schlah in," sagte endlich der Pferdehändler. Der Schulz that der Form nach, als bedenke er sich noch etwas, sagte dann aber, „Topp, dee Handel is afmackt", und schlug schallend in die darge¬ botene Rechte ein. Mit einer Thräne im Auge empfing Jochen den Befehl, den Hengst zu dem Pferde des Rößl'aunes, den „Stufstiert" aber in seinen Stall zu ziehen. Seinen Liebling, den Hengst zu missen, den er schon als „Sngfahlen" (Saugefülleu) ge¬ wartet und gepflegt hatte, der jetzt so schön herausgefüttert war. Wie hübsch hatte ^ es sich ausgedacht, wenn er beim Korneinfahren den Hengst vorne hätte, und "ur mit der Peitsche zu klatschen brauche. Und statt dessen nun so einen „sties- gejägten" Stnmpfschwanz. Sein ganzes schönes Gespann wurde dadurch verunziert. Aber den armen Burschen sollte heute noch ein viel härterer Schlag treffen. Der alte ,,Schule" war über deu guten Handel sichtlich aufgeräumt, — denn der eingetauschte Stumpfschwanz war noch ein gutes kräftiges Thier, nur jetzt in der Stadt etwas steif geworden, — und trank ans den vortheilhaften Handel ein Glas Kümmel nach dem andern. „Hüür (höre) mal, Schule, ick will noch neuen anderen Handel mit Die macken", sagte endlich nach manchem Hin- und Her¬ reden der Roßkamm. „Wat denn för eenen, wise Du nienen Sadelschimmel noch?" „Nee, dat nich, aber gles mie bien Liesch to Frnu." „Micr Liesch!" fragte erstaunt der Schulze. „Ja, dee Diern gesollt mie got, un ick bün een Mann, der een Frnu drücken ^»u, denn Sieb mien arme Frnu dodt is, will dee Wirthschaft gar niet »üehr ^du. Du weest, ick baw Huus un Hos, un ock een paar dusend Dcchler. Mie üuuieu näheer (nachher) so in Kumpagnie handeln. To Frühjahr hebben se in Sweriu ümmer vahl (viele) Stier to nicht jagt, denn dat lange Hollen för dat Knmmcdieuhuus gript dat Veeh an, denn komm man se wullfeel köpen, un wenn wie se dann im Sommer up bien Koppeln jagen, so verkvpen wie se up den Hambvrger Markt wedder ganz got. — Na sag, Schule, wise Du mie Dien Dochder gäben." Der Schulz kratzte sich im Haar, und erwog, was bei dem vorgeschlagenen ^vmpagniehandel Alles zu verdienen wäre. Auch schmeichelte es seiner Eitelkeit, em Mann in der Stadt seine Tochter zur Fran haben wollte. Nach einer com Pause, während spähend des Pferdehändlers Blick aus ihm ruhte, ant¬ wortete er daher: „Ja, Du kannst mien Dochder kriechen, wo vahl Athener not Die aber gäben?" "Ick meen fvftheinhnnnert Daler." „Nee, dat is mie to vahl, ncigeuhnunert (neunhundert) will ick gaben."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/461>, abgerufen am 04.07.2024.