Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

mehrmals lauwarmes Wasser, das in einem großen Bassin im Saale floß, mit
einem Eimer über den ganzen Körper goß. Jetzt mußte ich mich auf einen Tep¬
pich hinlegen, der Badediener salbte mir den ganzen Körper mit dichtem, weißem
Schaum ein, der sehr nach bittern Mandeln roch, und begann nnn meine Glieder
zu recken, zu trete", zu drücken, zu reiben, zu schlagen, als wenn er mir eine
ganz andere Gestalt verleihen wollte. Bald reckte er meine Gelenke, daß diese
laut knackten, dann pampte er mit seinen Händen ans mir herum, gleichwie der
Bäcker den frischen Brodteig verarbeitet. Alle diese Behandlung verursachte mir
aber nicht den mindesten Schmerz, im Gegentheil, eine augenehme, sast ein¬
schläfernde Empfindung. Bisweilen rieb er mich auch mit Handschuhen, die aus
grobem Haartuch gemacht zu sein schienen, oder klaschte mich mit einem Wedel,' der aus Alocsaseru bestand. Wiederholtes Begießen mit warmem und zuletzt mit
kaltem Wasser endete endlich diese Operation, worauf ich, in eine Anzahl erwärm¬
ter, weicher Tücher und Laken gewickelt, mich ans einen Teppich in der ersten
Halle hinlegte, und eine halbe Stunde ruhte. Mau fühlt sich unendlich wohl
und erleichtert, wenn man aus einem solchen Maurischer Bade kommt; alle Glie¬
der sind gelenkig, und der ganze Körper ist wie nen geboren.

Nach dem Bade besuchte ich, um meinen'Tag recht nach Landessitte zu be¬
schließen, ein Arabisches Kaffeehaus. Eine hohe, mit schönen Marmorsäulen, die
aber schmuzig und verfallen aussahen, verzierte Rotunde bildete das einzige Ge¬
mach des Hauses, dessen weite Thür sich auf einen kleinen Hof öffnete, mit
Marmorfliesen gepflastert, in der Mitte eine kleine Fontaine, um welche Orangen¬
bäume in Kübeln standen; dieser Hof bildete in der heißen Jahreszeit einen an¬
genehmen, kühlen Aufenthaltsort. Rings an den Wänden sowol der Rotunde
wie des Hofes war eine Menge großer, breiter, rother Polster, die wol an 1V2
Fuß hoch waren, hingelegt. Ans diesen Polstern hockten mit untergeschla¬
genen Beinen an 20 -- 2!i Türken, größtentheils schon bejahrtere Männer
mit langen, weißen Bärten; aus einer oft 7 -- 8 Fuß laugen Pfeife mit kleinem
wehen Thonkvpf, das lauge Rohr in der Mitte, wo die Hand es anfaßt, mit
schon gestickten Sammet umzogen, das Mundstück von hellgvldnem Bernstein, blies
jeder derselben gut riechende Dampfwolken in kleinen bläulichen Ringeln in die Luft.
Es geschah in ganz regelmäßigen, ziemlich langsamen Pausen, und ich machte mir
den Spaß, einige Zeit nachzuzählen, in wie viel Secunden ein alter Türke, der mir
.^"nächst saß, den Dampf wieder von sich blies, und fand, daß dies ganz genau sich
wiederholte. Einige der Türken spielten mit großen Steinen ans einem Schachbret eine
Art Spiel, welches mir viele Aehnlichkeit mit unsrem Damenspiel zu haben schien.
Schweigsam wie Statuen saßen sie alle da. Der Französische Officier, mit dem
ich dieses Kaffeehaus besuchte, war mit einem Türken dort, einem reichen Vieh-
Uefercmteu, näher bekannt, und redete ihn auf Arabisch an. Die Antworten
waren zwar sehr höflich und angemessen, aber möglichst kurz und abgebrochen.


Grenzbote". M, 18!". 4?

mehrmals lauwarmes Wasser, das in einem großen Bassin im Saale floß, mit
einem Eimer über den ganzen Körper goß. Jetzt mußte ich mich auf einen Tep¬
pich hinlegen, der Badediener salbte mir den ganzen Körper mit dichtem, weißem
Schaum ein, der sehr nach bittern Mandeln roch, und begann nnn meine Glieder
zu recken, zu trete«, zu drücken, zu reiben, zu schlagen, als wenn er mir eine
ganz andere Gestalt verleihen wollte. Bald reckte er meine Gelenke, daß diese
laut knackten, dann pampte er mit seinen Händen ans mir herum, gleichwie der
Bäcker den frischen Brodteig verarbeitet. Alle diese Behandlung verursachte mir
aber nicht den mindesten Schmerz, im Gegentheil, eine augenehme, sast ein¬
schläfernde Empfindung. Bisweilen rieb er mich auch mit Handschuhen, die aus
grobem Haartuch gemacht zu sein schienen, oder klaschte mich mit einem Wedel,' der aus Alocsaseru bestand. Wiederholtes Begießen mit warmem und zuletzt mit
kaltem Wasser endete endlich diese Operation, worauf ich, in eine Anzahl erwärm¬
ter, weicher Tücher und Laken gewickelt, mich ans einen Teppich in der ersten
Halle hinlegte, und eine halbe Stunde ruhte. Mau fühlt sich unendlich wohl
und erleichtert, wenn man aus einem solchen Maurischer Bade kommt; alle Glie¬
der sind gelenkig, und der ganze Körper ist wie nen geboren.

Nach dem Bade besuchte ich, um meinen'Tag recht nach Landessitte zu be¬
schließen, ein Arabisches Kaffeehaus. Eine hohe, mit schönen Marmorsäulen, die
aber schmuzig und verfallen aussahen, verzierte Rotunde bildete das einzige Ge¬
mach des Hauses, dessen weite Thür sich auf einen kleinen Hof öffnete, mit
Marmorfliesen gepflastert, in der Mitte eine kleine Fontaine, um welche Orangen¬
bäume in Kübeln standen; dieser Hof bildete in der heißen Jahreszeit einen an¬
genehmen, kühlen Aufenthaltsort. Rings an den Wänden sowol der Rotunde
wie des Hofes war eine Menge großer, breiter, rother Polster, die wol an 1V2
Fuß hoch waren, hingelegt. Ans diesen Polstern hockten mit untergeschla¬
genen Beinen an 20 — 2!i Türken, größtentheils schon bejahrtere Männer
mit langen, weißen Bärten; aus einer oft 7 — 8 Fuß laugen Pfeife mit kleinem
wehen Thonkvpf, das lauge Rohr in der Mitte, wo die Hand es anfaßt, mit
schon gestickten Sammet umzogen, das Mundstück von hellgvldnem Bernstein, blies
jeder derselben gut riechende Dampfwolken in kleinen bläulichen Ringeln in die Luft.
Es geschah in ganz regelmäßigen, ziemlich langsamen Pausen, und ich machte mir
den Spaß, einige Zeit nachzuzählen, in wie viel Secunden ein alter Türke, der mir
.^"nächst saß, den Dampf wieder von sich blies, und fand, daß dies ganz genau sich
wiederholte. Einige der Türken spielten mit großen Steinen ans einem Schachbret eine
Art Spiel, welches mir viele Aehnlichkeit mit unsrem Damenspiel zu haben schien.
Schweigsam wie Statuen saßen sie alle da. Der Französische Officier, mit dem
ich dieses Kaffeehaus besuchte, war mit einem Türken dort, einem reichen Vieh-
Uefercmteu, näher bekannt, und redete ihn auf Arabisch an. Die Antworten
waren zwar sehr höflich und angemessen, aber möglichst kurz und abgebrochen.


Grenzbote». M, 18!». 4?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0377" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280464"/>
          <p xml:id="ID_996" prev="#ID_995"> mehrmals lauwarmes Wasser, das in einem großen Bassin im Saale floß, mit<lb/>
einem Eimer über den ganzen Körper goß. Jetzt mußte ich mich auf einen Tep¬<lb/>
pich hinlegen, der Badediener salbte mir den ganzen Körper mit dichtem, weißem<lb/>
Schaum ein, der sehr nach bittern Mandeln roch, und begann nnn meine Glieder<lb/>
zu recken, zu trete«, zu drücken, zu reiben, zu schlagen, als wenn er mir eine<lb/>
ganz andere Gestalt verleihen wollte. Bald reckte er meine Gelenke, daß diese<lb/>
laut knackten, dann pampte er mit seinen Händen ans mir herum, gleichwie der<lb/>
Bäcker den frischen Brodteig verarbeitet. Alle diese Behandlung verursachte mir<lb/>
aber nicht den mindesten Schmerz, im Gegentheil, eine augenehme, sast ein¬<lb/>
schläfernde Empfindung. Bisweilen rieb er mich auch mit Handschuhen, die aus<lb/>
grobem Haartuch gemacht zu sein schienen, oder klaschte mich mit einem Wedel,' der aus Alocsaseru bestand. Wiederholtes Begießen mit warmem und zuletzt mit<lb/>
kaltem Wasser endete endlich diese Operation, worauf ich, in eine Anzahl erwärm¬<lb/>
ter, weicher Tücher und Laken gewickelt, mich ans einen Teppich in der ersten<lb/>
Halle hinlegte, und eine halbe Stunde ruhte. Mau fühlt sich unendlich wohl<lb/>
und erleichtert, wenn man aus einem solchen Maurischer Bade kommt; alle Glie¬<lb/>
der sind gelenkig, und der ganze Körper ist wie nen geboren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_997" next="#ID_998"> Nach dem Bade besuchte ich, um meinen'Tag recht nach Landessitte zu be¬<lb/>
schließen, ein Arabisches Kaffeehaus. Eine hohe, mit schönen Marmorsäulen, die<lb/>
aber schmuzig und verfallen aussahen, verzierte Rotunde bildete das einzige Ge¬<lb/>
mach des Hauses, dessen weite Thür sich auf einen kleinen Hof öffnete, mit<lb/>
Marmorfliesen gepflastert, in der Mitte eine kleine Fontaine, um welche Orangen¬<lb/>
bäume in Kübeln standen; dieser Hof bildete in der heißen Jahreszeit einen an¬<lb/>
genehmen, kühlen Aufenthaltsort. Rings an den Wänden sowol der Rotunde<lb/>
wie des Hofes war eine Menge großer, breiter, rother Polster, die wol an 1V2<lb/>
Fuß hoch waren, hingelegt. Ans diesen Polstern hockten mit untergeschla¬<lb/>
genen Beinen an 20 &#x2014; 2!i Türken, größtentheils schon bejahrtere Männer<lb/>
mit langen, weißen Bärten; aus einer oft 7 &#x2014; 8 Fuß laugen Pfeife mit kleinem<lb/>
wehen Thonkvpf, das lauge Rohr in der Mitte, wo die Hand es anfaßt, mit<lb/>
schon gestickten Sammet umzogen, das Mundstück von hellgvldnem Bernstein, blies<lb/>
jeder derselben gut riechende Dampfwolken in kleinen bläulichen Ringeln in die Luft.<lb/>
Es geschah in ganz regelmäßigen, ziemlich langsamen Pausen, und ich machte mir<lb/>
den Spaß, einige Zeit nachzuzählen, in wie viel Secunden ein alter Türke, der mir<lb/>
.^"nächst saß, den Dampf wieder von sich blies, und fand, daß dies ganz genau sich<lb/>
wiederholte. Einige der Türken spielten mit großen Steinen ans einem Schachbret eine<lb/>
Art Spiel, welches mir viele Aehnlichkeit mit unsrem Damenspiel zu haben schien.<lb/>
Schweigsam wie Statuen saßen sie alle da. Der Französische Officier, mit dem<lb/>
ich dieses Kaffeehaus besuchte, war mit einem Türken dort, einem reichen Vieh-<lb/>
Uefercmteu, näher bekannt, und redete ihn auf Arabisch an. Die Antworten<lb/>
waren zwar sehr höflich und angemessen, aber möglichst kurz und abgebrochen.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbote». M, 18!». 4?</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0377] mehrmals lauwarmes Wasser, das in einem großen Bassin im Saale floß, mit einem Eimer über den ganzen Körper goß. Jetzt mußte ich mich auf einen Tep¬ pich hinlegen, der Badediener salbte mir den ganzen Körper mit dichtem, weißem Schaum ein, der sehr nach bittern Mandeln roch, und begann nnn meine Glieder zu recken, zu trete«, zu drücken, zu reiben, zu schlagen, als wenn er mir eine ganz andere Gestalt verleihen wollte. Bald reckte er meine Gelenke, daß diese laut knackten, dann pampte er mit seinen Händen ans mir herum, gleichwie der Bäcker den frischen Brodteig verarbeitet. Alle diese Behandlung verursachte mir aber nicht den mindesten Schmerz, im Gegentheil, eine augenehme, sast ein¬ schläfernde Empfindung. Bisweilen rieb er mich auch mit Handschuhen, die aus grobem Haartuch gemacht zu sein schienen, oder klaschte mich mit einem Wedel,' der aus Alocsaseru bestand. Wiederholtes Begießen mit warmem und zuletzt mit kaltem Wasser endete endlich diese Operation, worauf ich, in eine Anzahl erwärm¬ ter, weicher Tücher und Laken gewickelt, mich ans einen Teppich in der ersten Halle hinlegte, und eine halbe Stunde ruhte. Mau fühlt sich unendlich wohl und erleichtert, wenn man aus einem solchen Maurischer Bade kommt; alle Glie¬ der sind gelenkig, und der ganze Körper ist wie nen geboren. Nach dem Bade besuchte ich, um meinen'Tag recht nach Landessitte zu be¬ schließen, ein Arabisches Kaffeehaus. Eine hohe, mit schönen Marmorsäulen, die aber schmuzig und verfallen aussahen, verzierte Rotunde bildete das einzige Ge¬ mach des Hauses, dessen weite Thür sich auf einen kleinen Hof öffnete, mit Marmorfliesen gepflastert, in der Mitte eine kleine Fontaine, um welche Orangen¬ bäume in Kübeln standen; dieser Hof bildete in der heißen Jahreszeit einen an¬ genehmen, kühlen Aufenthaltsort. Rings an den Wänden sowol der Rotunde wie des Hofes war eine Menge großer, breiter, rother Polster, die wol an 1V2 Fuß hoch waren, hingelegt. Ans diesen Polstern hockten mit untergeschla¬ genen Beinen an 20 — 2!i Türken, größtentheils schon bejahrtere Männer mit langen, weißen Bärten; aus einer oft 7 — 8 Fuß laugen Pfeife mit kleinem wehen Thonkvpf, das lauge Rohr in der Mitte, wo die Hand es anfaßt, mit schon gestickten Sammet umzogen, das Mundstück von hellgvldnem Bernstein, blies jeder derselben gut riechende Dampfwolken in kleinen bläulichen Ringeln in die Luft. Es geschah in ganz regelmäßigen, ziemlich langsamen Pausen, und ich machte mir den Spaß, einige Zeit nachzuzählen, in wie viel Secunden ein alter Türke, der mir .^"nächst saß, den Dampf wieder von sich blies, und fand, daß dies ganz genau sich wiederholte. Einige der Türken spielten mit großen Steinen ans einem Schachbret eine Art Spiel, welches mir viele Aehnlichkeit mit unsrem Damenspiel zu haben schien. Schweigsam wie Statuen saßen sie alle da. Der Französische Officier, mit dem ich dieses Kaffeehaus besuchte, war mit einem Türken dort, einem reichen Vieh- Uefercmteu, näher bekannt, und redete ihn auf Arabisch an. Die Antworten waren zwar sehr höflich und angemessen, aber möglichst kurz und abgebrochen. Grenzbote». M, 18!». 4?

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/377
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/377>, abgerufen am 04.07.2024.