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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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Donnerstag vor Aschermittwoch um die vierte Nachmittagsstunde dem Corso zu, stellte
mich zu Eck einer Ä?traßcnmündnng auf, und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
Eigentlich warm sie mir in Gestalt sehr geschmackloser, oft sogar anwidernd schmuziger,
meist unweiblich weiblicher Masken schon entgegengekommen; indessen die Corsofahrten
selbst sollte ich doch erst von der Stelle aus, wo ich Posto gefaßt, kennen lernen. Ich
sah zwei Wagenreihen, die eine in der Richtung von der Piazza della Borsa zur
Piazza delle legue, die andere in umgekehrter Richtung sich bewegend, zwischen einer
zu beiden Seiten spalierbildcudcn, gedrängten Menschenmenge lcichcnzugfcicrlich den
Corso entlang fahren. Die Balcone der Häuser ächzten unter dichten Gruppen man-
nichfaltiger lebender Bilder, und in den Fenstern lagen die Zuschcmcrkopfe, wie Bom¬
ben auf den Excrcirplätzen und Wällen der Festungen, hoch über einander geschichtet.
Die Wagen selbst waren mitunter recht plump, mehrentheils wol leidlich hübsch, nur
selten wahrhaft elegant; die davvrgespanntcn Rosse, größtentheils Arbeitspferde, d. h.
die nämlichen, welche Wochentags von früh bis spät die KausSmannsgütcr von und
zu Hafen schleppen; die zur Schau sitzenden Damen endlich beziehungsweise gegen
ihre Wagen contrastirend, nur mitunter wirkliche Schönheiten, der Mehrzahl
nach leidlich hübsch, nicht selten anch herzlich häßlich. Glücklich die Letzten! sie hat¬
ten außer von einem zärtlichen Sohne oder Bruder oder Hausfreunde keine Con-
scttiwürsc zu befahren, und kamen mit heiler Haut davon; aber wehe den Schö¬
nen,- wenn entgegenkommende oder verfolgende junge und alte Herren, mit pfund-
schweren Düten voll Consetti beladen, durch einige Handvoll rücksichtslos aus Haupt
und Gesicht geschleuderten Zuckcrschrotcs ihren Reizen zur Gegenwehr reizende Hul¬
digungen darbringen; doppelt wehe ihnen, wenn etwa zwei zu beiden Seiten der Straße
auf dem Anstand stehende Verehrer oder Vcrchrergruppcn sie ins Kreuzfeuer nehmen;
ja dreifach wehe, wenn nnn zufällig gar der Carrosscnzug durch einen aus einer Seiten¬
gasse neu einlenkenden und sich anschließenden Wagen ins Stocken geräth und die durch
der Damen hartnäckige Gegenwehr und Zurückwürfe zu noch hitzigerem Angriffe auf¬
gestachelter Belagerer auf Bock und Tritt und Axe des Wagens springen und von
oben, von vorn und hinten, von rechts und links die nun in die müde gewordenen
Hände begrabenen Häupter der Schönen überschütten/

Da hilft dann kein Widerstreben mehr; es muß capitulirt, es muß eine Blume, ein
Blumenstrauß oder irgend etwas Anderes geopfert werden, was die Eroberer besänf¬
tige und belohne zugleich, und womit als mit einer Trophäe prahlend sie endlich sich
zurückziehen, um bei irgend einem der in den Straßen feilbietenden Confettihändlcr
frische Munition zu kaufen. Denken Sie sich zu den oben geschilderten, oft recht drol¬
ligen Auftritten einige in den Wagen selbst nur dann und wann zum Vorschein kom¬
mende CharaktermaSken, einen Harlekin, ein kleines Mädchen ü la rooooo gekleidet
und frisirt, ein kleines Knäbchen als Chinese maskirt; denken Sie sich eine rechts und
links ab und zu fluthende Menge, darunter zahlreiche, aber größtentheils absurde, oft
widerliche Masken, in Einem fort schreiend, je zuweilen auch eine ohrzerreißende Musik
aufführend; -- denken Sie sich eine Anzahl muthwilliger Vertreter der in der ganzen
Welt und zu allen Zeiten sich gleich bleibenden lieben Gassenjugend, wie sie mit Blitzes¬
schnelle über die rings verstreuten Bomboni herfallen, und unter den Rädern der Wagen,
unter den Hufen der Rosse sie ausklauben; -- denken Sie sich endlich als ambulante
Zugabe der all unser irdisches Thun und Treiben mütterlich überwachenden Vorsehung
"Polizei" etwelche ab und zu reitende Gendarmen, und Sie haben ein ziemliches getreues
Bild von den Triester Corsofahrten, wie es an dem gedachten Tage sich mir darbot.
Ol'wol nun diese Donnerstags- nur eine erste Probefahrt, und noch dazu das Wetter
ungünstig war, so fand ich doch die in den Nachmittagsstunden der letzten drei FaschingS-
t"ge statthabenden Haupt-Cvrsvfahrtcn von jener ersten wenig unterschieden, nur daß,
weil die Bora so gefällig gewesen war, etwas minder heftig zu wehen, und den unver-
hüllten Blick der schon lcnzlich lächelnden Sonne uns zu gönnen, eine noch größere


Donnerstag vor Aschermittwoch um die vierte Nachmittagsstunde dem Corso zu, stellte
mich zu Eck einer Ä?traßcnmündnng auf, und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
Eigentlich warm sie mir in Gestalt sehr geschmackloser, oft sogar anwidernd schmuziger,
meist unweiblich weiblicher Masken schon entgegengekommen; indessen die Corsofahrten
selbst sollte ich doch erst von der Stelle aus, wo ich Posto gefaßt, kennen lernen. Ich
sah zwei Wagenreihen, die eine in der Richtung von der Piazza della Borsa zur
Piazza delle legue, die andere in umgekehrter Richtung sich bewegend, zwischen einer
zu beiden Seiten spalierbildcudcn, gedrängten Menschenmenge lcichcnzugfcicrlich den
Corso entlang fahren. Die Balcone der Häuser ächzten unter dichten Gruppen man-
nichfaltiger lebender Bilder, und in den Fenstern lagen die Zuschcmcrkopfe, wie Bom¬
ben auf den Excrcirplätzen und Wällen der Festungen, hoch über einander geschichtet.
Die Wagen selbst waren mitunter recht plump, mehrentheils wol leidlich hübsch, nur
selten wahrhaft elegant; die davvrgespanntcn Rosse, größtentheils Arbeitspferde, d. h.
die nämlichen, welche Wochentags von früh bis spät die KausSmannsgütcr von und
zu Hafen schleppen; die zur Schau sitzenden Damen endlich beziehungsweise gegen
ihre Wagen contrastirend, nur mitunter wirkliche Schönheiten, der Mehrzahl
nach leidlich hübsch, nicht selten anch herzlich häßlich. Glücklich die Letzten! sie hat¬
ten außer von einem zärtlichen Sohne oder Bruder oder Hausfreunde keine Con-
scttiwürsc zu befahren, und kamen mit heiler Haut davon; aber wehe den Schö¬
nen,- wenn entgegenkommende oder verfolgende junge und alte Herren, mit pfund-
schweren Düten voll Consetti beladen, durch einige Handvoll rücksichtslos aus Haupt
und Gesicht geschleuderten Zuckcrschrotcs ihren Reizen zur Gegenwehr reizende Hul¬
digungen darbringen; doppelt wehe ihnen, wenn etwa zwei zu beiden Seiten der Straße
auf dem Anstand stehende Verehrer oder Vcrchrergruppcn sie ins Kreuzfeuer nehmen;
ja dreifach wehe, wenn nnn zufällig gar der Carrosscnzug durch einen aus einer Seiten¬
gasse neu einlenkenden und sich anschließenden Wagen ins Stocken geräth und die durch
der Damen hartnäckige Gegenwehr und Zurückwürfe zu noch hitzigerem Angriffe auf¬
gestachelter Belagerer auf Bock und Tritt und Axe des Wagens springen und von
oben, von vorn und hinten, von rechts und links die nun in die müde gewordenen
Hände begrabenen Häupter der Schönen überschütten/

Da hilft dann kein Widerstreben mehr; es muß capitulirt, es muß eine Blume, ein
Blumenstrauß oder irgend etwas Anderes geopfert werden, was die Eroberer besänf¬
tige und belohne zugleich, und womit als mit einer Trophäe prahlend sie endlich sich
zurückziehen, um bei irgend einem der in den Straßen feilbietenden Confettihändlcr
frische Munition zu kaufen. Denken Sie sich zu den oben geschilderten, oft recht drol¬
ligen Auftritten einige in den Wagen selbst nur dann und wann zum Vorschein kom¬
mende CharaktermaSken, einen Harlekin, ein kleines Mädchen ü la rooooo gekleidet
und frisirt, ein kleines Knäbchen als Chinese maskirt; denken Sie sich eine rechts und
links ab und zu fluthende Menge, darunter zahlreiche, aber größtentheils absurde, oft
widerliche Masken, in Einem fort schreiend, je zuweilen auch eine ohrzerreißende Musik
aufführend; — denken Sie sich eine Anzahl muthwilliger Vertreter der in der ganzen
Welt und zu allen Zeiten sich gleich bleibenden lieben Gassenjugend, wie sie mit Blitzes¬
schnelle über die rings verstreuten Bomboni herfallen, und unter den Rädern der Wagen,
unter den Hufen der Rosse sie ausklauben; — denken Sie sich endlich als ambulante
Zugabe der all unser irdisches Thun und Treiben mütterlich überwachenden Vorsehung
„Polizei" etwelche ab und zu reitende Gendarmen, und Sie haben ein ziemliches getreues
Bild von den Triester Corsofahrten, wie es an dem gedachten Tage sich mir darbot.
Ol'wol nun diese Donnerstags- nur eine erste Probefahrt, und noch dazu das Wetter
ungünstig war, so fand ich doch die in den Nachmittagsstunden der letzten drei FaschingS-
t"ge statthabenden Haupt-Cvrsvfahrtcn von jener ersten wenig unterschieden, nur daß,
weil die Bora so gefällig gewesen war, etwas minder heftig zu wehen, und den unver-
hüllten Blick der schon lcnzlich lächelnden Sonne uns zu gönnen, eine noch größere


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[0367] Donnerstag vor Aschermittwoch um die vierte Nachmittagsstunde dem Corso zu, stellte mich zu Eck einer Ä?traßcnmündnng auf, und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Eigentlich warm sie mir in Gestalt sehr geschmackloser, oft sogar anwidernd schmuziger, meist unweiblich weiblicher Masken schon entgegengekommen; indessen die Corsofahrten selbst sollte ich doch erst von der Stelle aus, wo ich Posto gefaßt, kennen lernen. Ich sah zwei Wagenreihen, die eine in der Richtung von der Piazza della Borsa zur Piazza delle legue, die andere in umgekehrter Richtung sich bewegend, zwischen einer zu beiden Seiten spalierbildcudcn, gedrängten Menschenmenge lcichcnzugfcicrlich den Corso entlang fahren. Die Balcone der Häuser ächzten unter dichten Gruppen man- nichfaltiger lebender Bilder, und in den Fenstern lagen die Zuschcmcrkopfe, wie Bom¬ ben auf den Excrcirplätzen und Wällen der Festungen, hoch über einander geschichtet. Die Wagen selbst waren mitunter recht plump, mehrentheils wol leidlich hübsch, nur selten wahrhaft elegant; die davvrgespanntcn Rosse, größtentheils Arbeitspferde, d. h. die nämlichen, welche Wochentags von früh bis spät die KausSmannsgütcr von und zu Hafen schleppen; die zur Schau sitzenden Damen endlich beziehungsweise gegen ihre Wagen contrastirend, nur mitunter wirkliche Schönheiten, der Mehrzahl nach leidlich hübsch, nicht selten anch herzlich häßlich. Glücklich die Letzten! sie hat¬ ten außer von einem zärtlichen Sohne oder Bruder oder Hausfreunde keine Con- scttiwürsc zu befahren, und kamen mit heiler Haut davon; aber wehe den Schö¬ nen,- wenn entgegenkommende oder verfolgende junge und alte Herren, mit pfund- schweren Düten voll Consetti beladen, durch einige Handvoll rücksichtslos aus Haupt und Gesicht geschleuderten Zuckcrschrotcs ihren Reizen zur Gegenwehr reizende Hul¬ digungen darbringen; doppelt wehe ihnen, wenn etwa zwei zu beiden Seiten der Straße auf dem Anstand stehende Verehrer oder Vcrchrergruppcn sie ins Kreuzfeuer nehmen; ja dreifach wehe, wenn nnn zufällig gar der Carrosscnzug durch einen aus einer Seiten¬ gasse neu einlenkenden und sich anschließenden Wagen ins Stocken geräth und die durch der Damen hartnäckige Gegenwehr und Zurückwürfe zu noch hitzigerem Angriffe auf¬ gestachelter Belagerer auf Bock und Tritt und Axe des Wagens springen und von oben, von vorn und hinten, von rechts und links die nun in die müde gewordenen Hände begrabenen Häupter der Schönen überschütten/ Da hilft dann kein Widerstreben mehr; es muß capitulirt, es muß eine Blume, ein Blumenstrauß oder irgend etwas Anderes geopfert werden, was die Eroberer besänf¬ tige und belohne zugleich, und womit als mit einer Trophäe prahlend sie endlich sich zurückziehen, um bei irgend einem der in den Straßen feilbietenden Confettihändlcr frische Munition zu kaufen. Denken Sie sich zu den oben geschilderten, oft recht drol¬ ligen Auftritten einige in den Wagen selbst nur dann und wann zum Vorschein kom¬ mende CharaktermaSken, einen Harlekin, ein kleines Mädchen ü la rooooo gekleidet und frisirt, ein kleines Knäbchen als Chinese maskirt; denken Sie sich eine rechts und links ab und zu fluthende Menge, darunter zahlreiche, aber größtentheils absurde, oft widerliche Masken, in Einem fort schreiend, je zuweilen auch eine ohrzerreißende Musik aufführend; — denken Sie sich eine Anzahl muthwilliger Vertreter der in der ganzen Welt und zu allen Zeiten sich gleich bleibenden lieben Gassenjugend, wie sie mit Blitzes¬ schnelle über die rings verstreuten Bomboni herfallen, und unter den Rädern der Wagen, unter den Hufen der Rosse sie ausklauben; — denken Sie sich endlich als ambulante Zugabe der all unser irdisches Thun und Treiben mütterlich überwachenden Vorsehung „Polizei" etwelche ab und zu reitende Gendarmen, und Sie haben ein ziemliches getreues Bild von den Triester Corsofahrten, wie es an dem gedachten Tage sich mir darbot. Ol'wol nun diese Donnerstags- nur eine erste Probefahrt, und noch dazu das Wetter ungünstig war, so fand ich doch die in den Nachmittagsstunden der letzten drei FaschingS- t"ge statthabenden Haupt-Cvrsvfahrtcn von jener ersten wenig unterschieden, nur daß, weil die Bora so gefällig gewesen war, etwas minder heftig zu wehen, und den unver- hüllten Blick der schon lcnzlich lächelnden Sonne uns zu gönnen, eine noch größere

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/367>, abgerufen am 02.07.2024.