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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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Mißgriffe alle patriotische" Vorschläge und Hoffnungen in weite Ferne gerückt,
mit den Dualismus unter Russischer Vermittelung, wie früher, zur unabwendbaren
Ausführung und vor der Hand zur absoluten Nothwendigkeit gemacht."

Soweit der negirende Theil der Brochure. Die Praxis der mittclköni-
glicheu Politik in der Deutschen Frage ist von andern Standpunkten aus bereits
so vollkommen gerichtet, daß die verdammende Kritik wahrlich kaum von irgend
welcher Bedeutung erscheinen kann. Ihr Auftreten an dieser Stelle, ihr Auf-
fassen durch einen Vertreter dieser Partei der aristokratischen Contrerevolution --
dies ist, unsres Erachtens, das einzig Wichtige daran. Und namentlich der hi¬
storischen Analogie halber. Gerade dieselbe Partei der aristokratischen Contre-
revolution war 18/>8, als die Autoritäten der allgemeinen Bewegung rath- und
chatlos gegenüberstanden, vollkommen verschwunden. Sie stand nirgends wache¬
haltend und abwehrend vor den Thronen und Cabineteu. Als sie durch
die Aufnahme der triarchischen Idee ihre speciellen Zwecke möglicher Weise ge¬
fördert sah, haben just ihre Organe derselben mit glühendem Eifer das Wort
geredet; denn soviel war ihr klar, daß eine machtvolle Einheit Deutschlands na-
turnothwendig ihre Ansprüche vernichten werde, daß dieselben in dem große"
Bildungsprocesse spurlos verschwinden würden. Eine gewisse Spaltung war die
Grundbedingung der Möglichkeit ihrer Nesurrection, und diese lag in der Tri-
archie; namentlich auch darin, daß in zwei Machtpotenzcn dieser Triarchie das
katholische Element alleinherrschend, dadurch im Gesammtorganismus, wie bei
jeder Einzelfrage der national-politischen Organisation des Uebergewichts voll¬
kommen sicher war. Sie, nebst dem katholischen Klerus, erschien damals im
Publicum sogar als einzige und ausschließliche Allianz der Nheinbünduerischc"
Cabinetspolitik. Die Rccvnstructivu des Bundestags vernichtete anch ihre Hoff¬
nungen; so steht sie nun heute gerade als heftigste Anklägerin der triarchischen
Gouveruementalpolitik gegenüber; denn wahrlich, derber ist dieselbe wol kaum in
der Zeit ihrer Blüthe von der Demokratie gegeißelt, herber wol kaum von der
unitarischen Partei beurtheilt worden, als in den oben angeführten Stellen ge¬
schah. So zuverlässig sind diese Gruppen, welche sich ausschließlich als Kämpfer
des Monarchismus zu berühmen pflegen.

Dies negirende Resultat, die Lehre, welche es den Negiernngsgewalten giebt,
ist auch das Bedeutendste an der Parteistimme, die wir hören. Die organisato¬
rischen Gedanken über die triarchische Zukunft Deutschlands sind so schwach, "is
die über die konstitutionelle Organisation der Einzelstaaten der Zukunft unhaltbar.
Jene fassen sich ganz einfach in dem Salze zusammen: alle Einzelstaaten des süd-
wcstdeutschen Theiles von Deutschland müssen zu Bayerns Gunsten mediatisirt
werden. Warum aber diese Mediatistrnng vor dem Throne Bayerns stillstehen
soll, worin Bayerns Berechtigung zu so gewaltsamen Acten liege, welches die
conservative Rechtfertigung der Idee eines so vollständig revolutionairen Nmstnr-


Mißgriffe alle patriotische» Vorschläge und Hoffnungen in weite Ferne gerückt,
mit den Dualismus unter Russischer Vermittelung, wie früher, zur unabwendbaren
Ausführung und vor der Hand zur absoluten Nothwendigkeit gemacht."

Soweit der negirende Theil der Brochure. Die Praxis der mittclköni-
glicheu Politik in der Deutschen Frage ist von andern Standpunkten aus bereits
so vollkommen gerichtet, daß die verdammende Kritik wahrlich kaum von irgend
welcher Bedeutung erscheinen kann. Ihr Auftreten an dieser Stelle, ihr Auf-
fassen durch einen Vertreter dieser Partei der aristokratischen Contrerevolution —
dies ist, unsres Erachtens, das einzig Wichtige daran. Und namentlich der hi¬
storischen Analogie halber. Gerade dieselbe Partei der aristokratischen Contre-
revolution war 18/>8, als die Autoritäten der allgemeinen Bewegung rath- und
chatlos gegenüberstanden, vollkommen verschwunden. Sie stand nirgends wache¬
haltend und abwehrend vor den Thronen und Cabineteu. Als sie durch
die Aufnahme der triarchischen Idee ihre speciellen Zwecke möglicher Weise ge¬
fördert sah, haben just ihre Organe derselben mit glühendem Eifer das Wort
geredet; denn soviel war ihr klar, daß eine machtvolle Einheit Deutschlands na-
turnothwendig ihre Ansprüche vernichten werde, daß dieselben in dem große»
Bildungsprocesse spurlos verschwinden würden. Eine gewisse Spaltung war die
Grundbedingung der Möglichkeit ihrer Nesurrection, und diese lag in der Tri-
archie; namentlich auch darin, daß in zwei Machtpotenzcn dieser Triarchie das
katholische Element alleinherrschend, dadurch im Gesammtorganismus, wie bei
jeder Einzelfrage der national-politischen Organisation des Uebergewichts voll¬
kommen sicher war. Sie, nebst dem katholischen Klerus, erschien damals im
Publicum sogar als einzige und ausschließliche Allianz der Nheinbünduerischc»
Cabinetspolitik. Die Rccvnstructivu des Bundestags vernichtete anch ihre Hoff¬
nungen; so steht sie nun heute gerade als heftigste Anklägerin der triarchischen
Gouveruementalpolitik gegenüber; denn wahrlich, derber ist dieselbe wol kaum in
der Zeit ihrer Blüthe von der Demokratie gegeißelt, herber wol kaum von der
unitarischen Partei beurtheilt worden, als in den oben angeführten Stellen ge¬
schah. So zuverlässig sind diese Gruppen, welche sich ausschließlich als Kämpfer
des Monarchismus zu berühmen pflegen.

Dies negirende Resultat, die Lehre, welche es den Negiernngsgewalten giebt,
ist auch das Bedeutendste an der Parteistimme, die wir hören. Die organisato¬
rischen Gedanken über die triarchische Zukunft Deutschlands sind so schwach, "is
die über die konstitutionelle Organisation der Einzelstaaten der Zukunft unhaltbar.
Jene fassen sich ganz einfach in dem Salze zusammen: alle Einzelstaaten des süd-
wcstdeutschen Theiles von Deutschland müssen zu Bayerns Gunsten mediatisirt
werden. Warum aber diese Mediatistrnng vor dem Throne Bayerns stillstehen
soll, worin Bayerns Berechtigung zu so gewaltsamen Acten liege, welches die
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[0358] Mißgriffe alle patriotische» Vorschläge und Hoffnungen in weite Ferne gerückt, mit den Dualismus unter Russischer Vermittelung, wie früher, zur unabwendbaren Ausführung und vor der Hand zur absoluten Nothwendigkeit gemacht." Soweit der negirende Theil der Brochure. Die Praxis der mittclköni- glicheu Politik in der Deutschen Frage ist von andern Standpunkten aus bereits so vollkommen gerichtet, daß die verdammende Kritik wahrlich kaum von irgend welcher Bedeutung erscheinen kann. Ihr Auftreten an dieser Stelle, ihr Auf- fassen durch einen Vertreter dieser Partei der aristokratischen Contrerevolution — dies ist, unsres Erachtens, das einzig Wichtige daran. Und namentlich der hi¬ storischen Analogie halber. Gerade dieselbe Partei der aristokratischen Contre- revolution war 18/>8, als die Autoritäten der allgemeinen Bewegung rath- und chatlos gegenüberstanden, vollkommen verschwunden. Sie stand nirgends wache¬ haltend und abwehrend vor den Thronen und Cabineteu. Als sie durch die Aufnahme der triarchischen Idee ihre speciellen Zwecke möglicher Weise ge¬ fördert sah, haben just ihre Organe derselben mit glühendem Eifer das Wort geredet; denn soviel war ihr klar, daß eine machtvolle Einheit Deutschlands na- turnothwendig ihre Ansprüche vernichten werde, daß dieselben in dem große» Bildungsprocesse spurlos verschwinden würden. Eine gewisse Spaltung war die Grundbedingung der Möglichkeit ihrer Nesurrection, und diese lag in der Tri- archie; namentlich auch darin, daß in zwei Machtpotenzcn dieser Triarchie das katholische Element alleinherrschend, dadurch im Gesammtorganismus, wie bei jeder Einzelfrage der national-politischen Organisation des Uebergewichts voll¬ kommen sicher war. Sie, nebst dem katholischen Klerus, erschien damals im Publicum sogar als einzige und ausschließliche Allianz der Nheinbünduerischc» Cabinetspolitik. Die Rccvnstructivu des Bundestags vernichtete anch ihre Hoff¬ nungen; so steht sie nun heute gerade als heftigste Anklägerin der triarchischen Gouveruementalpolitik gegenüber; denn wahrlich, derber ist dieselbe wol kaum in der Zeit ihrer Blüthe von der Demokratie gegeißelt, herber wol kaum von der unitarischen Partei beurtheilt worden, als in den oben angeführten Stellen ge¬ schah. So zuverlässig sind diese Gruppen, welche sich ausschließlich als Kämpfer des Monarchismus zu berühmen pflegen. Dies negirende Resultat, die Lehre, welche es den Negiernngsgewalten giebt, ist auch das Bedeutendste an der Parteistimme, die wir hören. Die organisato¬ rischen Gedanken über die triarchische Zukunft Deutschlands sind so schwach, "is die über die konstitutionelle Organisation der Einzelstaaten der Zukunft unhaltbar. Jene fassen sich ganz einfach in dem Salze zusammen: alle Einzelstaaten des süd- wcstdeutschen Theiles von Deutschland müssen zu Bayerns Gunsten mediatisirt werden. Warum aber diese Mediatistrnng vor dem Throne Bayerns stillstehen soll, worin Bayerns Berechtigung zu so gewaltsamen Acten liege, welches die conservative Rechtfertigung der Idee eines so vollständig revolutionairen Nmstnr-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/358>, abgerufen am 02.07.2024.